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Das Lepraheim Memel war ein Leprosenhaus in Preussisch Litauen Im 20 Jahrhundert war es das einzige in Europa Einweihung des Lepraheims Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Gebaude 1 2 Pflege 1 3 Konigsberg 2 Siehe auch 3 Literatur 4 Weblinks 5 Orte 6 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten nbsp Josef CallenbergIm Kreis Memel war das Trachom unter Schulkindern epidemieartig verbreitet Einige Schulen mussten geschlossen werden 1898 gab es noch 470 granulomatose Kinder 1913 waren es 15 Falle Schrecklicher war das Auftreten der Lepra Im Konigreich Preussen wurde 1848 der erste Leprakranke des Konigreichs gemeldet Eine Magd aus dem angrenzenden Samogitien hatte die Infektionskrankheit nach Aschpurwen O 1 gebracht und im Laufe von vier Jahren den Bauern seine Frau und die drei Kinder infiziert 1 1863 brachte ein judischer Handler die Lepra nach Bommelsvitte O 2 Ein schameitischer Knecht schleppte sie 1880 nach Karkelbeck ein O 3 Von Aschpurwen breitete sich die Lepra nach Wannaggen O 4 und anderen Dorfern und schliesslich nach Schmelz O 5 aus 36 Erkrankungen entstanden aus diesem Herd Ein zweiter Herd bildete sich mit Zentrum Wittauten O 6 Er hatte 15 Kranke im Gefolge Die anderen Herde blieben kleiner Als zwei Kinder in der Memeler Sandwehr erkrankten wurde die medizinische Fachwelt aufmerksam Auf dem Internationalen Congress der Hautarzte von 1892 erstattete Eduard Arning eingehenden Bericht uber das Vorkommen von Lepra im Kreis Memel 2 Grossere Aufmerksamkeit erregte der Memeler Arzt Julius Pindikowski der in der Deutschen Medizinischen Wochenschrift ein Verzeichnis der im Kreis Memel an der Lepra Verstorbenen und der dort lebenden Aussatzigen veroffentlichte Wohl als erster hatte er daran gedacht dass im Kreis Memel ein Leprosorium benotigt wurde 3 Zum Studium der Epidemie bereiste Alfred Blaschko 1896 das infizierte Gebiet Blaschko hielt den Kreis Grobin und uberhaupt das Gouvernement Kurland und das Gouvernement Kowno fur den Ausgangspunkt der Memeler Epidemie 1 Ihm folgte im September desselben Jahres Robert Koch den der preussische Kultusminister entsandt hatte Begleitet wurde Koch von Peter Urbanowicz dem Koniglichen Kreisphysikus in Memel 4 Koch sollte die Ausdehnung der Seuche feststellen und geeignete Mittel zu ihrer Abwehr angeben Wie Koch kam die 1897 nach Berlin einberufene internationale Leprakonferenz zu dem Schluss dass das grundlichste und am schnellsten wirkende Mittel zur Unterdruckung des Uebels die unbedingte Absonderung der Leprakranken sei und dass diese Isolierung nur durch ein unter arztlicher Leitung stehendes Lepraheim erzielt werden konne 5 Nach Planen von Josef Callenberg gebaut wurde es am 18 Juli 1899 in Gegenwart von Kultusminister Robert Bosse und Oberprasident Wilhelm von Bismarck eingeweiht 6 7 Den Staat Preussen hatte es 97 500 Mark gekostet Ein Bett kostete also 4 432 Mark 1 Bei der Einweihung wurden 15 Kranke aufgenommen 1907 wurde ein Fall im Kreis Heydekrug gemeldet 1 Durch die strikte Isolierung verschwand die Krankheit aus dem Gebiet In das Lepraheim wurden spater Kranke aus ganz Deutschland gebracht Zwei kamen aus Paris und Java 8 Beim Einfall der Russen zu Beginn des Ersten Weltkriegs wurde das Lepraheim geplundert Als der Friedensvertrag von Versailles die Abtretung des Memellandes erzwang blieb die Konigsberger Diakonie fur das Lepraheim verantwortlich 9 Die Plane fur den Bau eines neuen Lepraheims wurden aufgegeben weil die Unterbringung der wenigen Kranken in Absonderungsabteilungen von Krankenhausern als ausreichend und billiger angesehen wurde 1 1942 kam das Lepraheim in den Besitz der Regierung in Gumbinnen 10 Gebaude Bearbeiten nbsp Lepraheim bei Memel nbsp GrundrissDas Lepraheim lag 2 km nordlich von Memel in einer Fichten und Birkenschonung Vom Kunstgewerbemuseum Berlin entworfen und von Otto March ausgefuhrt zierte ein Sgraffito die Front des Verwaltungsgebaudes Christus heilt einen Aussatzigen Das Heim konnte 8 Manner und 8 Frauen ab 1909 22 Kranke aufnehmen Die Zahl der bis zum 30 September 1944 gemeldeten Falle belief sich auf 42 Manner und 52 Frauen 10 11 Dicht bei Memel aber doch tief in der Einsamkeit des Plantagenwaldes leuchtete zwischen hohen dunklen Baumen ganz uberraschend ein weisser Giebel mit einer Turmuhr uber dem Dach Ging man naher heran um mehr zu erspahen so erblickte man ringsum nur einen hohen Bretterzaun Aber hinter diesem geheimnisvollen Zaun befand sich ein traumhaft schones Paradies ein herrlicher Garten mit den lieblichsten Blumen Und mitten in dieser Pracht umrahmt von duftendem Flieder stand ein helles freundliches Haus Es gab kaum ein schoneres und idyllischeres Platzchen als dieses wie verzauberte Gebaude und seinen grossen Blumengarten Ringsum rauschte durch Zeit und Ewigkeit der Seewind in die Gipfel Geheimnisvoll raunte die Ostsee uber das Seetief hinweg bis zu diesem Platz Und an stillen Sommerabenden schluchzten und jauchzten die Sprosser in die Nacht Die grosse Gottesnatur ist barmherzig und wohlwollend auch hier machte sie keinen Unterschied Sie ist fur alle da Aber trotzdem lief uns ein kalter Schauer uber den Rucken wenn wir zufallig hier vorbei kamen Dieses Paradies war namlich das Memeler Lepraheim Hier lebten Menschen die lebendig begraben wurden die die Welt abgeschrieben hatte Sie wussten dass sie mit der Aussenwelt nichts mehr gemein hatten dass jeder Fremde vor ihnen fliehen wurde Sie hatten keine Hoffnung mehr ihre Heimatstadt ihr Geburtsdorf ihr Elternhaus wiederzusehen Fur sie gab es nur noch ein Drin kein Draussen mit Wanderungen und Reisen mit Meer und Bergen N N 12 Pflege Bearbeiten nbsp Krankenzimmer nbsp AufenthaltsraumDie arztliche Leitung des Heimes und die Behandlung der Kranken war stets dem jeweiligen Kreisarzt Amtsarzt als Seuchenspezialisten ubertragen Das waren Dr Urbanowicz und wohl als letzter Dr Kurt Schneider Das Arztzimmer war ausgestattet mit einem Lagerungsgestell fur die Untersuchung der Kranken chirurgischen Bestecken fur Amputationen und einem Apparat zur Reinkultur der Leprabazillen 7 Die beiden Krankenschwestern kamen aus dem Konigsberger Diakonissen Mutterhaus der Barmherzigkeit Der einen oblag auch die Leitung und Wirtschaftsfuhrung des Heimes An sonstigem Personal gab es eine Kochin ein Hausmadchen und einen Hausmann Ab August 1907 pflegte die Diakonisse Emilie Uszkoreit 8 Oktober 1873 in Stonuponen die Kranken in Krieg und Frieden uber 37 Jahre Unter den Bewohnern waren auch solche die sich in den Tropen infiziert hatten Konigsberg Bearbeiten Bei der Evakuierung Memels musste das Lepraheim im Oktober 1944 geraumt werden 9 Auf einem Prahm wurden die Kranken uber drei Tage nach Konigsberg uberfuhrt und der Obhut des Diakonissen Krankenhauses der Barmherzigkeit ubergeben Als die Festung Konigsberg am 9 April 1945 gefallen war wurden die letzten elf Bewohner des Leprosoriums in das deutsche Seuchenkrankenhaus gebracht Untergebracht war es in der ehemaligen Nervenklinik an der Alten Pillauer Landstrasse Sie wurden isoliert und von den Schwestern Eva und Kathe Leckschas aufopfernd betreut Beide Diakonissen waren schon lange im Memeler Lepraheim tatig gewesen und mit den Kranken evakuiert worden In den folgenden Monaten starben fast alle Erkrankten Am Leben blieb nur Carl Grimmeisen 18 September 1886 in Sao Paulo Bundesstaat der seine Kindheit in Brasilien verbracht und sich wohl in Ribeirao Preto infiziert hatte Seit 1903 im Memeler Lepraheim erblindete er mit 26 Jahren 13 Im Juni 1945 zog das Infektionskrankenhaus unter Wilhelm Starlingers Leitung in das Yorck Lazarett Nach ihrer Ausweisung aus Kaliningrad im April 1948 setzte sich Waltraud Keller fur Carl Grimmeisen und die Schwestern Leckschas ein Nach vielen Briefen an prominente Arzte und wichtige Institutionen erreichte sie beim Auswartigen Amt die Einreiseerlaubnis fur Grimmeisen Im Universitatskrankenhaus Hamburg Eppendorf sollte er behandelt werden Von Konigsberg hatte man ihn in das Leprosorium in Talsen bei Riga gebracht Die beiden Schwestern waren nach Deutschland evakuiert worden Grimmeisen ging es den Umstanden entsprechend gut Sein sehnlichster Wunsch war in die Heimat reisen und mit seinen gesunden Geschwistern sprechen zu konnen Er starb am 28 April 1954 in Talsen Ich bin 47 Jahre krank aber wenn ich gefragt werde ob ich dieses Leben noch einmal durchstehen mochte dann kann ich nur antworten ja auch mit der Lepra Carl GrimmeisenSiehe auch BearbeitenKonigsberg Preussen Sowjetunion Krankenhauser in Konigsberg SeuchenkrankenhauserLiteratur BearbeitenAndreas Juttemann Das preussische Lepraheim in Memel Klaipeda 1899 1944 Die Klapper 29 2021 S 18 23 Kurt Schneider Die Geschichte der Lepra im Kreise Memel und das Lepraheim in Memel R Schoetz Berlin 1942 Kurt Schneider Esslingen Das Vorkommen der Lepra im Kreise Memel und das deutsche Lepraheim bei Memel 1899 bis 1945 Der offentliche Gesundheitsdienst Heft 12 Marz 1953 Das Ostpreussenblatt vom 10 Oktober 1970 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Leprahauser in Deutschland Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Lepraheim in Memel GenWiki Victor Klingmuller K Gron Die Lepra 1930 Damals Memel Klaipeda heuteOrte Bearbeiten Aschpurwen Bommelsvitte Karkelbeck Wannaggen Schmelz WittautenEinzelnachweise Bearbeiten a b c d e Victor Klingmuller K Gron Die Lepra Deutschland 1 Illustrirte Zeitung Nr 2929 17 August 1899 J Pindikowski Mittheilung uber eine in Deutschland bestehende Lepraendemie DMW 19 1893 S 979 980 Peter Urbanowicz Ursprung und bisheriger Verlauf der Leprakrankheit im Kreise Memel Memel 1899 Robert Koch Die Lepra Erkrankungen im Kreise Memel Klinisches Jahrbuch VI 1898 Das neue Leprakrankenheim bei Memel In Illustrirte Zeitung Leipzig 17 August 1899 S 221 222 a b Ostpreussenblatt vom 10 Oktober 1970 Heinrich Albert Kurschat Das Buch vom Memelland Oldenburg 1968 S 351 a b Reinaldo Guilherme Bechler Leprabekampfung und Zwangsisolierung im ausgehenden 19 und fruhen 20 Jahrhundert wissenschaftliche Diskussion und institutionelle Praxis Diss Univ Wurzburg 2009 a b Lepraheim in Memel GenWiki Kurt Schneider Das Vorkommen von Lepra im Kreise Memel und das deutsche Lepraheim bei Memel 1899 bis 1945 Medizin in und aus Ostpreussen Nachdrucke aus den Rundbriefen der Ostpreussischen Arztfamilie 1945 1995 herausgegeben von Joachim Hensel S 409 410 Archiv der Arbeitsgemeinschaft der Memellandkreise e V Karl Grimmeisen Aus meinem Leben Memel 20 Januar 1920 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Lepraheim Memel amp oldid 235896923