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Das Lawson Kriterium nach John Lawson ist eine physikalische Bedingung dafur dass eine in einem Plasma ablaufende Kernfusionsreaktion sich selbst tragt d h sich in einer makroskopischen Brennstoffmenge selbsttatig aufrechterhalt Vereinfacht gesagt muss der im Plasma bleibende Anteil der freigesetzten Fusionsleistung mindestens so gross sein wie die Verlustleistung des Plasmas Das Kriterium wurde ursprunglich fur die Fusion von Deuterium und Tritium DT formuliert kann aber grundsatzlich auch auf andere Fusionsbrennstoffe verallgemeinert werden Die Art des Plasmaeinschlusses etwa Fusion mittels magnetischen Einschlusses oder Tragheitsfusion spielt dafur keine Rolle 1 Alle Versuche das Lawson Kriterium in einer kontrollierten Reaktion zu erreichen scheiterten bisher 2016 daran dass die Plasmavolumina zu klein waren und zu schnell abkuhlten um einen dauerhaft ablaufenden Fusionsprozess zu ermoglichen Erreicht werden sollte es mit dem Ursprungsentwurf fur ITER der in dieser Grosse jedoch nicht bewilligt wurde Bei seinem Nachfolger DEMO soll es moglich werden Auch bei Tragheitsfusionsexperimenten wurde die Erfullung des Kriteriums die Zundung noch nicht erreicht Inhaltsverzeichnis 1 DT Plasma im Gleichgewicht 2 Das Tripelprodukt 3 Verluste durch Bremsstrahlung 4 Literatur 5 EinzelnachweiseDT Plasma im Gleichgewicht BearbeitenSiehe auch Fusion mittels magnetischen Einschlusses Das Kriterium ergibt sich aus einem Gleichgewicht In einem DT Plasma muss der von den entstehenden Alphateilchen getragene Anteil P f a displaystyle P f alpha nbsp der Fusionsleistung gleich der Verlustleistung P v displaystyle P v nbsp des Plasmas sein Die bei der Fusionsreaktion freigesetzten Neutronen verlassen da sie elektrisch neutral sind das Plasma sofort und ihre kinetische Energie von 14 1 MeV dient dann der Energiegewinnung Die elektrisch geladenen Alphateilchen geben dagegen durch Stosse ihre Bewegungsenergie von 3 5 MeV noch im Plasma ab sie heizen also das Plasma mit einer Leistung P f a displaystyle P f alpha nbsp Gleichzeitig verliert das Plasma Energie durch Bremsstrahlung und Transport dies ist die Verlustleistung P v displaystyle P v nbsp Im Gleichgewicht ist P f a P v displaystyle P f alpha P v nbsp Erfullt ein DT Plasma diese Bedingung zundet es brennt dann ohne Energiezufuhr weiter und liefert seinerseits Energie als kinetische Neutronenenergie In Kernwaffen und auch in Tragheitsfusions Reaktoren muss das Kriterium erfullt sein In Magneteinschluss Fusionsreaktoren muss es dagegen nicht vollstandig erfullt werden eine gewisse standig notige Fremdheizung mit z B einigen Prozent der gewonnenen Neutronenenergie hatte sogar den Vorteil eine zusatzliche Steuermoglichkeit der Reaktion zu bieten 2 Die Alphateilchen Leistung betragt bei einem DT Plasma P f a n 1 n 2 s v ϵ V displaystyle P f alpha n 1 n 2 langle sigma v rangle epsilon V nbsp mit den Teilchendichten n i displaystyle n i nbsp der beiden Reaktionspartner der uber die Geschwindigkeitsverteilung der Teilchen gemittelten Kernreaktionsrate s v displaystyle langle sigma v rangle nbsp Teilchengeschwindigkeit multipliziert mit dem geschwindigkeitsabhangigen Wirkungsquerschnitt dem auf das Alphateilchen entfallenden Teil der freiwerdenden Energie pro Fusion ϵ displaystyle epsilon nbsp und dem Plasmavolumen V displaystyle V nbsp Die im Plasma enthaltene thermische Energie ist W 3 n e k B T V displaystyle W 3 n e k mathrm B T V nbsp mit der Elektronendichte n e displaystyle n e nbsp der Boltzmannkonstante k B displaystyle k mathrm B nbsp und der Temperatur T displaystyle T nbsp Strahlungs und Teilchentransportvorgange bewirken eine Verlustleistung P v displaystyle P v nbsp Der Quotient aus der thermischen Energie und der Verlustleistung hat die Dimension einer Zeit und wird als Energieeinschlusszeit t E displaystyle tau E nbsp bezeichnet t E W P v displaystyle tau E frac W P v nbsp Zum Erreichen des selbsttatigen Brennens muss gelten P f a P v displaystyle P f alpha geq P v nbsp Mit der Annahme dass beide Reaktionspartner in gleichen Mengen vorhanden sind also die gleiche Teilchendichte haben und quasi vollstandig ionisiert sind n 1 n 2 1 2 n e n 1 n 2 n e 2 4 displaystyle n 1 n 2 approx frac 1 2 n e quad leftrightarrow quad n 1 n 2 frac n e 2 4 nbsp folgt das Lawson Kriterium n e t E 12 k B T s v ϵ displaystyle n e tau E geq frac 12 k mathrm B T langle sigma v rangle epsilon nbsp Bei vorgegebener Temperatur ergibt sich also der Mindestwert des Produkts aus Teilchendichte n und Energieeinschlusszeit t E displaystyle tau E nbsp fur die selbsttatig brennende Fusionsreaktion Dieses Produkt ist eine Funktion der Temperatur die fur jede Fusionsreaktion etwas anders verlauft aber immer ein absolutes Minimum hat Fur die DT Reaktion beispielsweise erhalt man n e t E 1 5 10 20 m 3 s displaystyle n e tau E geq 1 5 cdot 10 20 mathrm m 3 s nbsp wobei das Minimum bei einer Temperatur von ungefahr 25 keV liegt Das Tripelprodukt BearbeitenAnstelle von n e t E displaystyle n e tau E nbsp wird meistens das sogenannte Tripelprodukt n e t E T displaystyle n e tau E T nbsp als Mass fur das Erreichen der Zundbedingung verwendet Das Lawson Kriterium lautet dann n e t E T 12 k B T 2 s v ϵ displaystyle n e tau E T geq frac 12 k B T 2 langle sigma v rangle epsilon nbsp Dieses hat den Vorteil dass das Minimum von n e t E T displaystyle n e tau E T nbsp als Funktion der Temperatur bei ca 14 keV liegt mit n e t E T 2 8 10 21 m 3 s k e V displaystyle n e tau E T 2 8 cdot 10 21 mathrm m 3 s keV nbsp dem Wert der ungefahr notwendig ist um einen Fusionsreaktor zu betreiben Verluste durch Bremsstrahlung BearbeitenInsbesondere hoch ionisierte Verunreinigungen im Plasma z B C 6 F e 20 displaystyle mathrm C 6 mathrm Fe 20 nbsp fuhren zu einem Energieverlust durch Bremsstrahlung Der fur eine Zundung notwendige Wert des Tripelproduktes liegt dadurch hoher Die Bremsstrahlungsverluste sind gegeben durch P B c 1 n e 2 Z e f f T V displaystyle P B c 1 n e 2 Z mathrm eff sqrt T V nbsp mit der Konstanten c 1 1 59 10 40 W m 3 K 1 2 displaystyle c 1 1 59 cdot 10 40 mathrm W m 3 K frac 1 2 nbsp und der effektiven Ladung Z e f f 1 n e s Z s 2 n s displaystyle Z mathrm eff frac 1 n e sum s Z s 2 n s nbsp die Summe lauft uber alle Ionenspezies des Plasmas Fur eine selbststandig ablaufende Fusionsreaktion ergibt sich damit aus der Bedingung P f a P v P B displaystyle P f alpha geq P v P B nbsp wobei P v displaystyle P v nbsp hier nur den Verlust durch Transportvorgange beschreibt das Kriterium n e t E T 12 k B T 2 s v ϵ 4 c 1 Z e f f T displaystyle n e tau E T geq frac 12k mathrm B T 2 langle sigma v rangle epsilon 4c 1 Z mathrm eff sqrt T nbsp Ohne Verunreinigungen d h Z e f f 1 displaystyle Z mathrm eff 1 nbsp ergibt sich damit am Minimum der Wert n e t E T 3 10 21 m 3 s k e V displaystyle n e tau E T 3 cdot 10 21 mathrm m 3 s keV nbsp Enthalt das Plasma z B 0 5 Verunreinigung durch F e 20 displaystyle mathrm Fe 20 nbsp d h Z e f f 2 9 displaystyle Z mathrm eff 2 9 nbsp so erhoht sich der Wert des Tripelproduktes am Minimum auf n e t E T 3 3 10 21 m 3 s k e V displaystyle n e tau E T 3 3 cdot 10 21 mathrm m 3 s keV nbsp Es wird also schwieriger die fur eine Zundung notwendigen Bedingungen zu erreichen Literatur BearbeitenJ D Lawson Some Criteria for a Power Producing Thermonuclear Reactor In Proceedings of the Physical Society Section B 70 1957 S 6 10 doi 10 1088 0370 1301 70 1 303 Erweiterte Version des A E R E report GP R 1807 December 1955 declassified April 9th 1957Einzelnachweise Bearbeiten T J M Boyd J J Sanderson The Physics of Plasmas Cambridge University Press 2003 ISBN 0 521 45290 2 Seite 3 4 Weston M Stacey Fusion An Introduction to the Physics and Technology of Magnetic Confinement Fusion Wiley VCH 2010 ISBN 978 3 527 40967 9 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Seite 8 9 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Lawson Kriterium amp oldid 230704145