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Laubwiesen Geholzwiesen nach der Region ihres Hauptvorkommens auch als baltische Laubwiesen bezeichnet entstanden durch vielseitige und intensive Nutzung und Forderung der Ressourcen von Waldern im siedlungsnahen Raum Unter dem lichten Schirm von Altbaumen befindet sich eine zweite lockere Baumschicht und eine ebenfalls weitstandige Strauchschicht Im Gegensatz zu den Verhaltnissen in echten Waldern ist die Krautschicht dicht und es fehlt eine Streuauflage Laubwiese auf den AlandinselnLaubwiese in EstlandLaubwiese auf Gotland Inhaltsverzeichnis 1 Verbreitung 2 Arten 3 Nutzungsformen 3 1 Harken 3 2 Mahd 3 3 Schneiteln 3 4 Nachweide 3 5 Holznutzung 4 Geschichte 5 Naturschutz 6 Verwandte Okosysteme 7 Weiterfuhrende LiteraturVerbreitung BearbeitenLaubwiesen sind uber das sudliche Schweden die Alandinseln und Sudfinnland sowie Estland Lettland und Litauen verbreitet Ihre Nordgrenze wird ungefahr durch die nordliche Arealgrenze der Gemeinen Esche Fraxinus excelsior markiert Arten BearbeitenIn der Bodenvegetation findet man Zittergras Briza media Echter Schaf Schwingel Festuca ovina Gelber Frauenschuh Cypripedium calceolus Fuchsknabenkraut Dactylorhiza fuchsii Holunderknabenkraut Dactylorhiza sambucina Stattliches Knabenkraut Orchis mascula Grosses Zweiblatt Listera ovata Blutroter Storchschnabel Geranium sanguineum Sonnenroschen Helianthemum nummularium Sumpf Kreuzblume Polygala amarella Echte Schlusselblume Primula veris Mehlprimel Primula farinosa Kleiner Klappertopf Rhinanthus minor Grosser Klappertopf R serotinus Teufelsabbiss Succisa pratensis Farberscharte Serratula tinctoria Blaugras Sesleria coerulea Kleines Madesuss Filipendula hexapetala Rotschwingel Festuca rubra Blaugrune Segge Carex flacca Wiesenflockenblume Centaurea jacea Stangellose Kratzdistel Cirsium acaule Die Baumschichten werden gebildet aus Gemeiner Esche Fraxinus excelsior Birke Betula pendula Stieleiche Quercus robur Winterlinde Tilia cordata Bergulme Ulmus glabra Schwedischer Vogelbeere Sorbus intermedia In der Strauchschicht dominiert Gemeine Hasel Corylus avellana neben den Jungpflanzen der genannten Baumarten Die Vegetation der Laubwiesen wird neben dem Nutzungsregime naturlich auch von den Standortverhaltnissen gepragt Kalkreiche Auspragungen unterscheiden sich deutlich von eher sauren Nutzungsformen BearbeitenFur den Erhalt der Werte dieser alten Wiesenform ist es sehr wichtig die charakteristischen Merkmale und Strukturen in traditioneller Weise zu nutzen Harken Bearbeiten Im Fruhling Ende April bis in den Mai hinein wird um dem frisch spriessenden Gras Luft zu geben die Wiese abgeharkt Eine verrottende Laubschicht als Mulchdecke wurde die Heuertrage drastisch zuruckgehen lassen Gleichzeitig bewirkt das Abharken eine Aushagerung Konkurrenzschwache Arten konnen sich etablieren Im Fruhjahr noch unter Wasser stehende Teile der Wiese werden nach dem Trockenfallen geharkt Altes Laub Zweige und Aste werden in kleinen Haufen auf weniger produktiven Bereichen der Wiese verbrannt Traditionell werden diese Haufen auch auf alte Baumstubben gepackt und dort verbrannt oder in der Nahe von Gebuschen wo die Grasdecke nur schutter ist Wenn viel Laub anfallt haben diese Feuerstellen nur wenige Meter Abstand voneinander Es wurden ublicherweise keine grossen Feuer entfacht Auf Gotland wurden Harken verwendet deren Stiel aus Kiefer bestand und der Zinken tragende Teil aus Esche Er war mit zwei oder drei Bogen aus Ebereschen oder Kornelkirschholz am Stiel befestigt Die Zinken bestanden aus Kornel Eschen oder Fliederholz Zur Unterscheidung bemalte jede Familie ihre Harken mit bestimmten Farbkombinationen In der Wachstumsphase nach dem Harken bis zur Mahd wird die Wiese nicht mehr betreten und auf keinen Fall beweidet Es ist ausgesprochen wichtig in dieser Zeit Tritteinwirkungen auf die Wiesenvegetation zu vermeiden Mahd Bearbeiten Der gunstigste Zeitpunkt fur die Heumahd liegt auf Mineralbodenstandorten in der zweiten Julihalfte wenn die Biomasse am grossten ist Eine alte gotlandische Bauernregel sagt dass der gunstigste Zeitpunkt fur die Mahd herangekommen ist wenn die Samen des Klappertopfs eine auf Grasern schmarotzende Art aus der Familie der Rachenblutler Scrophulariaceae rasseln Nach der Mahd trocknet das Gras einige Tage und wird taglich gewendet Spater wird es zu kleinen Haufen geharkt um endgultig zu trocknen Heu von schattigen Flachen wird in offenere Bereiche der Wiese getragen Es durfen keine Heureste auf der Flache verbleiben Sie wurden ebenfalls verrotten und die Grasvegetation ersticken Durch den spaten Mahdtermin werden Pflanzenarten gefordert die relativ spat bluhen und auf Fortpflanzung uber Samen angewiesen sind Diese fallen wahrend des Trocknens und Heuwendens aus und tragen so entscheidend zur Reproduktion der Vegetation bei Ursprunglich wurden Sensen verwendet Heute kommen Traktoren mit Mahbalken zum Einsatz Mit der Sense werden nur noch fur Traktoren unzugangliche Bereiche gemaht Messermahwerke schneiden gleichmassig und glatt Niedrigwuchsige Arten bleiben bis auf die Blutentriebe meist verschont und treiben nach kurzer Zeit erneut Schnell fahrende Kreisel und Schlegelmahwerke reissen die Pflanzenteile mehr ab als dass sie schneiden Niedrigwuchsige wenig regenerationsfahige Arten werden durch diese Gerate starker beeintrachtigt als bei der Mahd mit Mahbalken Schneiteln Bearbeiten Als Schneiteln wird die Ernte von Laubheu bezeichnet In historischer Zeit wurden die Baume in Intervallen von drei bis sechs Jahren beschnitten und die belaubten Zweige als Winterfutter getrocknet Lange Zeit nicht beschnittene Baume drohen auseinanderzubrechen Aus landschaftspflegerischer Sicht reichen heute Intervalle von vier bis neun Jahren Langer sollten die Abschnitte nicht sein weil sonst die Aste zu gross werden und die entsprechend grossen Schnittwunden schlecht heilen Ausserdem wird die Beschattung zu gross und die Bodenvegetation lost sich auf Nachweide Bearbeiten Im Herbst einige Wochen nach der Heuernte konnen fur eine kurze Periode Haustiere den zweiten Aufwuchs abweiden Diese Nachweide ist fordernd fur die Wiesenvegetation weil die Tiere die bei der Heuernte ausgefallenen Samen in den Boden treten und so viel mehr Samen in das Keimbett gelangen und so ihre Keimungswahrscheinlichkeit erhoht wird Mit Beginn der Herbstniederschlage werden die Tiere von der Weide genommen um Trittschaden am aufgeweichten Boden zu vermeiden Um keine Geilstellen entstehen zu lassen wurden die Dunghaufen traditionellerweise im Fruhjahr mit einem Kruckstock auf der Wiese zerstreut Holznutzung Bearbeiten Holz wurde im Herbst Winter oder zeitigen Fruhjahr eingeschlagen Es gab wertvolles Bauholz fur die Wohn oder Wirtschaftsgebaude Zaunpfahle Werkzeugstiele Fassreifen Speichen Radfelgen und vieles mehr Auflichten ist Voraussetzung fur uppiges Wachstum der krautigen Vegetation und eine reiche Heuernte Ohne Holzentnahme wurde aus einer Laubwiese in wenigen Jahren ein geschlossener Wald entstehen Mit Beginn des 20 Jh wurden die meisten Laubwiesen immer schattiger Die Produktivitat der Wiesen die ihr Optimum bei einem gewissen Beschattungsgrad haben der nicht uberschritten werden darf sank Als Richtwert fur eine Pflegenutzung konnen 35 Bestockungsgrad mit Geholzen gelten Besonderer Wert wurde fruher auf den Schnitt der Haselbusche gelegt Sie sollen eine strikt aufrechte Form behalten um moglichst wenig Schatten zu werfen Entsprechend wurden regelmassig tote alte und herabhangende Aste entfernt Geschichte BearbeitenSchneitelmesser oder Laubsicheln zur Gewinnung von Laubheu sind seit der spaten vorromischen Eisenzeit also seit rund 2000 Jahren bekannt und haben sich seitdem in ihrer Form kaum verandert Als Gertel bezeichnete Haumesser werden in der forstlichen Kulturpflege verwendet oder sind in Landern in denen Laubheu noch heute geerntet wird in Eisenwarenhandlungen zu finden Laubwiesen in ihrer heutigen Artenzusammensetzung konnen aber auch erst mit der Verbreitung der Sense als Erntegerat im baltischen Raum entstanden sein Diese traten ahnlich wie die Schneitelmesser in der spaten vorromischen Eisenzeit auf LEUBE 1990 KUKK und KULL 1997 vermuten dass laubwiesenahnliche Systeme schon vor der Einfuhrung der Sense entstanden Multifunktionelle Formen der Nutzung von Holz Laubfutter und Weideland auf ein und derselben Flache begannen sicher schon lange vorher nach Meinung der genannten Autoren schon vor ca 4000 Jahren Jedoch erst die Mahd mit der Sense kann die heute noch zu beobachtenden Artenkombinationen hervorgerufen haben Noch vor wenigen hundert Jahren waren Laubwiesen als hoch intensives und ausgeklugeltes Nutzungssystem im sudlichen Ostseeraum weit verbreitet Bevolkerungswachstum im 19 Jahrhundert Intensivierung der Landwirtschaft und damit einhergehende starkere Separation von Grunland und Wald verursachten das weitestgehende Verschwinden der Laubwiesen In Estland existierten im ausgehenden 19 Jh noch 850 000 ha Laubwiesen Heute sind es noch rund 1 000 ha Naturschutz BearbeitenDie hohe Biodiversitat nicht nur nach der Anzahl der Arten sondern auch ihre Seltenheit und Gefahrdung fuhrten zur Aufnahme der baltischen Laubwiesen in den Anhang I der Richtlinie 92 43 EWG des Rates vom 21 Mai 1992 zur Erhaltung der naturlichen Lebensraume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen FFH Richtlinie als sogenannter prioritarer Lebensraumtyp unter der Bezeichnung 6530 Fennoscandian wooded meadow In Schweden Finnland und den baltischen Staaten wurden zahlreiche Gebiete zum Schutz dieses Lebensraumtyps ausgewiesen Sehenswerte Laubwiesen guter Auspragung sind z B auf Oland Lilla Horns Lovang auf Gotland Allekvie Lovang auf den Alandinseln Tullarns Ang ostlich von Mariehamn und in Estland Allika Kreis Laane Laelatu Nedrema und Vahenurme letztere Kreis Parnu Hinweise auf Laubwiesen sudlich Berlins im Schobendorfer Busch findet man bei FISCHER W et al 1982 Verwandte Okosysteme BearbeitenVerwandte Okosysteme sind die viel weiter verbreiteten Waldweiden und Hutewalder Als Lebensraumtyp 9070 Fennoscandian wooded pastures nach Anhang 1 der FFH Richtlinie werden sie in den EU Mitgliedstaaten der borealen biogeographischen Zone geschutzt Das Prinzip der Holznutzung ist hier ahnlich dem in den Laubwiesen teilweise aber auch deutlich extensiver z B als reine Knuppelholznutzung der Mastbaume Die krautige Vegetation wird aber nur beweidet sodass auch hier die typischen Unterschiede zwischen Wiese und Weide deutlich werden Weiterfuhrende Literatur BearbeitenA Einarsson P Milberg Species richness and distribution in relation to light in wooded meadows and pastures in southern Sweden In Ann Bot Fennici Band 36 1999 S 99 107 W Fischer K H Grosser K H Mansik U Wegener Handbuch der Naturschutzgebiete der DDR Band 2 1982 C A Haggstrom Vegetation and soil of the wooded meadows in Nato Aland Acta Bot Fennica Band 120 1983 OCLC 503856831S 1 66 C A Haggstrom Protection of wooded meadows in Ăland problems methods and perspectives In Oulanka Reports Band 8 1988 S 88 95 T Kukk K Kull Wooded Meadows Puisniidud Estonia Maritima Band 2 1997 ISBN 9985 60 335 4 K Kull T Kukk A Lotman When culture supports biodiversity The case of wooded meadow In A Roepstorff N Bubandt K Kull Hrsg Imagining Nature Practices of Cosmology and Identity Aarhus University Press Aarhus 2003 S 76 96 pdf A Leube Studien zu Wirtschaft und Siedlung bei den germanischen Stammen im nordostlichen Mitteleuropa wahrend des 1 bis 5 6 Jahrhunderts unserer Zeit Habilitationsschrift Berlin 1990 RICHTLINIE 92 43 EWG DES RATES vom 21 Mai 1992 zur Erhaltung der naturlichen Lebensraume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen FFH Richtlinie L Wallin Plant Population Dynamics and Conservation in Wooded Hay Meadows Effects of Intensified Management Digital Comprehensive Summaries of Uppsala Dissertations from the Faculty of Science and Technology 282 Acta Universitatis Upsalensis Uppsala 2007 ISBN 978 91 554 6829 3 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Laubwiese amp oldid 217345358