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Die La Hoguette Gruppe oder La Hoguette Kultur haufig auch La Hoguette Gruppe ist eine archaologische Kultur bzw Fundgruppe der altesten Jungsteinzeit in Ostfrankreich Benannt ist sie nach dem franzosischen Ort La Hoguette im Departement Calvados in der Normandie am aussersten Westrand des bekannten Verbreitungsgebietes Der Name wurde 1983 vom franzosischen Prahistoriker Christian Jeunesse in die archaologische Forschung eingefuhrt Tumulus de la HoguetteBei der La Hoguette Gruppe handelt es sich um die alteste keramikfuhrende Gruppe in der Region bei Radiokohlenstoffdatierungen im Wesentlichen von 5800 bis 5500 v Chr Vereinzelt ist die Keramik bis in die Zeit der spaten Linearbandkeramik nachgewiesen Westlich davon existieren gleichzeitig die Kulturgruppe Villeneuve Saint Germain VSG franzosisch Neolithique ancien und die an der Loiremundung verbreitete Gruppe Neolithique ancien atlantique Alle drei sind Auslaufer Epikardial der in Sudfrankreich und im westmediterranen Raum verbreiteten Cardial oder Impressokultur Die La Hoguette Gruppe gilt indes als Hirtenkultur Inhaltsverzeichnis 1 Verbreitung 2 Materielle Kultur 3 Siedlungen 4 Graber 5 Wirtschaftsweise 6 Linearbandkeramik La Hoguette und Limburg 7 Literatur 8 Anmerkungen 9 WeblinksVerbreitung BearbeitenDie La Hoguette Gruppe geht auf die westliche Ausbreitungsroute der Landwirtschaft nach Europa zuruck Wahrend die starker vom Feldbau gepragte Kultur der Linearbandkeramiker 1 uber die Agais und den Balkan kam breiteten sich die mehr auf Viehhaltung basierenden Kenntnisse der La Hoguette Kultur uber Nordafrika und den westlichen Mittelmeerraum aus 2 Die La Hoguette Gruppe war hauptsachlich im Einzugsgebiet von Maas Mosel und Rhein verbreitet Im Westen liegen nur zwei Fundstellen an der Maas und die namengebende Fundstelle im Departement Calvados westlich der Seine Mundung Im Suden bildet die Grotte du Gardon Dep Ain nordlich von Lyon den entferntesten Fundpunkt und im Norden ist der Lauf der Lippe die Grenze Die Ostgrenze bilden die Funde aus Franken 2010 wurde in einer bandkeramischen Siedlung bei Uffenheim auch La Hoguette Keramik geborgen Die Konzentration der Funde im Uberschneidungsgebiet mit der Linearbandkeramik LBK ist wahrscheinlich nicht reprasentativ fur die ehemalige Gesamtverbreitung indem von den Tragern der La Hoguette Gruppe offenbar kaum Gruben angelegt wurden An der Oberflache verwittern Scherben sehr schnell bleiben also nur in geschutzter Lage wie in Hohlen Grotte du Gardon oder Bavans unter einem jungeren Grosssteingrab La Hoguette oder an einem Hangfuss einsedimentiert Liestal Bad Cannstatt erhalten Das Fehlen massiver und haufiger Bodeneingriffe unterscheidet die Trager der La Hoguette Gruppe wie die Erzeuger der Limburger Keramik siehe unten deutlich von den Bandkeramikern Gelangten La Hoguette Scherben aber in bandkeramische Gruben so blieben sie dort erhalten Dies impliziert direkte Kontakte zwischen den Kulturen oder die nachtragliche Nutzung eines aufgelassenen Siedlungsplatzes von La Hoguette durch Bandkeramiker Im linksrheinischen Verbreitungsgebiet findet man La Hoguette Keramik eher zusammen mit einer jungeren Bandkeramik oder selbststandig im ostlichen Verbreitungsgebiet dagegen fast immer vergesellschaftet mit einer stilistisch alteren Bandkeramik Materielle Kultur BearbeitenVon der La Hoguette Gruppe ist kaum mehr als ihre Keramik bekannt die sich in Farbe Form und Dekor deutlich von der Bandkeramik unterscheidet Diese ist durch Einstichverzierungen in Bandern oder Girlanden gekennzeichnet die teilweise von plastischen Leisten begleitet sind Ahnliche Einstichverzierungen aber ohne plastische Zusatze finden sich auch in der west mediterranen Cardial oder Impressokultur Die einzig gute Parallele bietet allerdings nur die schwierig datierbare Fundstelle Leucate Correge Languedoc Typisch ist daruber hinaus die Knochenmagerung der Tonware die sich auch bei der chronologisch teilweise jungeren Limburg Gruppe und in der Blicquy und Villeneuve Saint Germain Gruppe findet Die Knochenmagerung stellt ein Element dar das sich im westlichen Mittelmeerraum bestenfalls vereinzelt zeigt Ein kultureller Einfluss der Trager der Cardial oder Impressokultur auf die Trager der La Hoguette Gruppe und damit eine Herkunft aus dem westlichen Mittelmeerraum und eine sehr fruhe Rhoneaufwarts gerichtete Wanderung sei es von Ideen Kulturtechniken oder Personen ist dennoch sehr wahrscheinlich Die lithische Industrie ist mit triangularen Pfeilspitzen in Bruchenbrucken und Bad Cannstatt belegt Dorsal reduzierte Klingen mit glatten und niemals facettierten Schlagflachenresten deuten auf mittelsteinzeitliche Traditionen wie sie in der Schweiz und Sudostfrankreich belegt sind 3 Siedlungen BearbeitenBisher wurde La Hoguette Keramik vor allem in Siedlungen der altesten und alteren Bandkeramik gefunden es gibt jedoch auch Funde zusammen mit jungerer Bandkeramik die fast ausnahmslos im westlichen Verbreitungsgebiet liegen Es gibt nur wenige Fundorte in denen La Hoguette Keramik nicht zusammen mit Bandkeramik gefunden wurde der eponyme Fundort La Hoguette im Dep Calvados Frankreich Anrochte und Bad Sassendorf Deutschland Liestal Hurlistrasse Schweiz Scherben und walzenformiges langes Beil Grotte du Gardon Dep Ain Frankreich Fundstelle Wilhelma in Bad Cannstatt 4 Sweikhuizen Provinz Limburg NiederlandeEin im Museum Alzey gezeigtes reich verziertes eiformiges Gefass der Gruppe La Hoguette aus Dautenheim Kreis Alzey Worms entstammt mit Resten von funf weiteren Gefassen einer Altgrabung mit unklaren Fundumstanden Weitere Fundorte sind Assenheim Friedberg Bruchenbrucken Goddelau Gerlingen Nackenheim Graber BearbeitenGraber oder Skelettfunde liegen bisher nicht vor Allerdings zeigt die Neudatierung der Schadelfunde aus dem Hohlenstein bei Asselfingen im Lonetal nordostlich von Ulm dass die Opfer sehr nahe an den Beginn der Neolithisierung des Gebietes angesiedelt werden mussen An den ca 7 800 Jahre alten Schadeln eines 20 bis 30 jahrigen Mannes einer etwa 20 jahrigen Frau und eines etwa 4 jahrigen missgebildeten Kindes Wasserkopf stellte man fest dass der Hals von vorne nach hinten durchgetrennt war Die Erwachsenen weisen im Bereich der Schlafen Schlagmarken wie von Keulenhieben auf Das Kind wurde durch einen Schlag aufs Hinterhaupt getotet Ob die Schadel mittelsteinzeitlichen Jagern und Sammlern oder Angehorigen der La Hoguette Gruppe zuzurechnen sind lasst sich mit der Datierung allein nicht entscheiden Wirtschaftsweise BearbeitenFunde aus der Wilhelma Stuttgart belegen die Kenntnis von Haustieren Vielleicht wurde auch der Borstenmohn von den Tragern der La Hoguette Kultur aus dem Mittelmeerraum nach Westeuropa gebracht Schon vor Jahrzehnten war aufgefallen dass Mohn der vom westlichen Mittelmeer stammt nur im westlichen Bereich der Linearbandkeramik angebaut wurde War 1982 noch unerklarlich wie Mohnsamen von Spanien oder Sudfrankreich ins Rheinland gelangten so ist mit der La Hoguette Gruppe ein moglicher Transporteur vorhanden Die La Hoguette Keramik wird von manchen Forschern daruber hinaus mit fruhen menschlichen Einflussen auf die Vegetation in Verbindung gebracht Verschiedene botanische und pollenanalytische Untersuchungen zeigen dass die Menschen nordlich der Alpen schon vor der Bandkeramik Walder rodeten und Pflanzen anbauten Allerdings beginnt dieser Prozess wie Funde aus Wallisellen bei Zurich belegen nicht erst mit dem Beginn von La Hoguette in Mitteleuropa sondern bereits um 6900 v Chr Das bedeutet dass bereits ca 1500 Jahre vor der Durchsetzung des Ackerbaues in Mitteleuropa aber auch 1000 Jahre vor dem Beginn der sudfranzosischen Cardial oder Impressokultur zumindest Grundprinzipien des Pflanzenanbaues in Mitteleuropa bekannt waren Wie und auf welchen Wegen diese Kenntnisse und Pflanzensamen vom Nahen Osten in das Gebiet nordlich der Alpen gelangten ist unbekannt Linearbandkeramik La Hoguette und Limburg BearbeitenIm Osten ihres Verbreitungsgebiets Oberrheingebiet Rheinland mittlerer Neckar und Mainfranken tritt die La Hoguette Keramik meist vergesellschaftet mit altester gelegentlich auch alterer Bandkeramik auf Die Frage inwieweit La Hoguette eine vielleicht sogar aus dem Sudwesten zugewanderte Personengruppe widerspiegelt Problem der ethnischen Deutung oder es sich lediglich um einen konkurrierenden Stil innerhalb einer Gesellschaft handelt ist noch nicht eindeutig beantwortet Deutlich werden beim derzeitigen Forschungsstand Kontakte zwischen den beiden Kulturen Abgesehen von der haufigen Vergesellschaftung bei der sich auch die regional unterschiedlichen Erhaltungsbedingungen auswirken konnten sind aus den altestbandkeramischen Fundorten Goddelau Bruchenbrucken und Zilgendorf beispielsweise altestbandkeramische Imitationen von La Hoguette Verzierungen bekannt aus Friedberg Bruchenbrucken auch unverzierte La Hoguette Keramik die man da sonst weitgehend fehlend als direkten bandkeramischen Einfluss auf LaHoguette Topferei werten konnte Das relativ schnelle Verschwinden der La Hoguette Kultur im Osten des Verbreitungsgebietes kann eventuell auf die uberlegenere technische Ausstattung der Bandkeramiker zuruckgefuhrt werden die vermutlich bereits mit Ochse und Pflug arbeiteten wobei sich dann allerdings die Frage stellt warum ihre Kultur im Westen bis ans Ende der Bandkeramik uberlebt haben soll Schwierig einzuschatzen ist das Verhaltnis zwischen der La Hoguette Gruppe und der Limburger Gruppe heute auch Rhein Maas Schelde Mesolithikum genannt die wenn auch weniger ausgepragt wie La Hoguette Elemente des Cardials beinhaltet Der Fundschwerpunkt der Limburger Gruppe liegt im Nordwesten der Verbreitungszone von La Hoguette innerhalb von dessen ursprunglichem Verbreitungsgebiet wie der selbststandige Fundplatz Sweikhuizen in Niederlandisch Limburg beweist Da die Limburger Keramik nur in alter bis jungerbandkeramischem Fundkontext westlich des Rheins auftritt stellt sich seit einiger Zeit die Frage ob sich darin zumindest eine lokale zeitliche Abfolge La Hoguette Limburg spiegelt oder ob es sich dabei um eine unabhangige Epicardial Gruppe handelt Gegenwartig scheint es so als ware die Limburger Gruppe als eigenstandige Regionalgruppe zu sehen was sich auch am Verbreitungsbild der asymmetrischen Trapezklingen zeigt Seit dem ausgehenden Mesolithikum kristallisiert sich in Mitteleuropa Bipolaritat heraus in der im nachmaligen Limburger Raum rechts lateralisierte im Hoguette Raum dagegen links lateralisierte Trapeze vorherrschen Anknupfungspunkte der La Hoguette Keramik an die westmediterrane Cardial oder Impressokeramik deuten sicher auf Einflusse die in der Linearbandkeramik mit ihrem donaulandischen Hintergrund fremd erscheinen Gegen Ende der Bandkeramik treten vermehrt Elemente auf die vermuten lassen dass die Bandkeramik ihrerseits mediterranen Einflussen unterworfen war was sich besonders in der West Ost Drift des Tremolierstichmusters auf der Bandkeramik offenbart Interessanterweise treten mit der Cerny Kultur und Blicquy und Villeneuve Saint Germain Gruppe VSG im Pariser Becken mittelneolithische Nachfolgegruppen des RRBP Rubane recent du Bassin Parisien auf die darauf schliessen lassen dass eine Synthese zwischen Cardialeinflussen der Bandkeramik sowie der Limburger Kultur stattgefunden hat Mit fortschreitendem Quellenstand zeigt sich dass die fruhneolithische Bevolkerung Mitteleuropas in einem regen Austausch stand Literatur BearbeitenAllgemein Maria Cladders Die Tonware der altesten Bandkeramik Untersuchungen zur zeitlichen und raumlichen Gliederung Universitatsforschungen zur prahistorischen Archaologie Band 72 Habelt Bonn 2001 ISBN 3 7749 2990 4 Zugleich Frankfurt am Main Universitat Dissertation 1995 Claude Constantin Fin du Rubane ceramique du Limbourg et post Rubane Le neolithique le plus ancien en Bassin Parisien et en Hainaut British Archaeological Reports International Series 273 2 Bande B A R Oxford 1985 ISBN 0 86054 346 3 Zugleich Paris Universitat Paris I Dissertation 1983 Christian Jeunesse La Ceramique de la Hoguette Un nouvel element non rubane du Neolithique ancien de l Europe du Nord Ouest In Cahiers Alsaciens d Archeologie d Art et d Histoire Band 30 1987 S 5 33 Digitalisat Jens Luning Ulrich Kloos Siegfried Albert Westliche Nachbarn der bandkeramischen Kultur Die Keramikgruppen La Hoguette und Limburg In Germania Band 67 Nr 2 1989 S 355 420 Ernst Probst Deutschland in der Steinzeit Jager Fischer und Bauern zwischen Nordseekuste und Alpenraum Bertelsmann Munchen 1991 ISBN 3 570 02669 8 S 269 Jurg Sedlmeier Neue Erkenntnisse zum Neolithikum in der Nordwestschweiz In AS Archaologie der Schweiz Band 26 Nr 4 2003 S 2 14 Digitalisat Zum fruhen Anbau Christiane Erny Rodmann Eduard Gross Klee Jean Nicolas Haas Stefanie Jacomet Heinrich Zoller Fruher human impact und Ackerbau im Ubergangsbereich Spatmesolithikum Fruhneolithikum im schweizerischen Mittelland In Jahrbuch der Schweizerischen Gesellschaft fur Ur und Fruhgeschichte Band 80 1997 S 27 56 Digitalisat Corrie C Bakels Der Mohn die Linearbandkeramik und das westliche Mittelmeergebiet In Archaologisches Korrespondenzblatt Band 12 Nr 1 1982 S 11 13 Digitalisat Anmerkungen Bearbeiten Jens Luning Ulrich Kloos Siegfried Albert Westliche Nachbarn der bandkeramischen Kultur Die Keramikgruppen La Hoguette und Limburg In Germania Band 67 Nr 2 1989 S 355 420 Almut Bick Die Steinzeit Theiss WissenKompakt Theiss Stuttgart 2006 ISBN 3 8062 1996 6 Andreas Tillmann Kontinuitat oder Diskontinuitat Zur Frage einer bandkeramischen Landnahme im sudlichen Mitteleuropa in Archaologische Informationen 16 1993 157 187 Hans Christoph Strien Andreas Tillmann Die La Hoguette Fundstelle von Stuttgart Bad Cannstatt Archaologie In Birgit Gehlen Martin Heinen Andreas Tillmann Hrsg Zeit Raume Gedenkschrift fur Wolfgang Taute Archaologische Berichte 14 Band 2 Selbstverlag der Deutschen Gesellschaft fur Ur und Fruhgeschichte e V Bonn 2001 ISBN 3 7749 3023 6 S 673 681 Digitalisat Weblinks Bearbeitenbaselland ch fruheste steinzeitliche Bauern im Ergolztal Karte Abgerufen von https de wikipedia org w index php title La Hoguette Gruppe amp oldid 230057232