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Julius Moses geboren 2 Juli 1868 in Posen gestorben 24 September 1942 im KZ Theresienstadt war ein deutscher Politiker USPD SPD Mitglied des Reichstages sowie sozialmedizinisch und sozialpolitisch engagierter Arzt in der Weimarer Republik Julius Moses Inhaltsverzeichnis 1 Biographie 2 Politischer Werdegang 3 Gedenken 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseBiographie BearbeitenGeboren wurde er als Sohn des judischen Schneiders Isidor Moses 1837 1892 und der Pauline 1843 1907 geb Levin Er wuchs in armlichen Verhaltnissen auf Vier seiner acht Geschwister starben jung Nach dem Abitur 1888 studierte er Medizin an der Universitat Greifswald wo er 1892 mit einer Dissertation uber die Hamophilie promoviert wurde 1893 eroffnete er eine Privatpraxis in Berlin Nord Er heiratete 1896 Gertrud Moritz 1874 1943 Opfer des Holocaust sie hatten drei Kinder Dem Sohn Erwin Moses 1897 1976 gelang die Emigration ebenso dem Sohn und spateren Rontgenarzt Rudi Moser 1898 1979 die Tochter Vera 1900 1943 wurde Opfer des Holocaust Das Ehepaar trennte sich 1913 und Moses lebte ab 1916 mit Elfriede Nemitz 1893 1979 sie hatten zwei Kinder darunter den spateren Bremer Politiker Kurt Nemitz 1925 2015 Moses und Elfriede Nemitz waren gezwungen sich 1935 nach dem Erlass der nationalsozialistischen Rassengesetze zu trennen 1895 hielt Moses seine erste politische Rede bei der Marzfeier des Deutsch Freisinnigen Arbeitervereines und forderte dort ein Denkmal fur die Gefallenen von 1848 1902 begann die judische Epoche von Julius Moses 1902 bis 1910 war er Herausgeber des wochentlich in Berlin erscheinenden Generalanzeigers fur die gesamten Interessen des Judentums mit einer Auflagenstarke von 25 000 von 1904 bis 1906 erschien die satirische Zeitung Schlemiel 1910 wurde er Herausgeber des Hausarztes Organ des Verbandes der Hausarztvereine in Berlin Auf seine Anregung hin schrieb Thomas Mann 1907 den Essay Die Losung der Judenfrage Dieser entstand im Rahmen einer von Moses veranlassten Intellektuellenbefragung und wurde zusammen mit 97 weiteren Stellungnahmen prominenter Personlichkeiten aus Kunst Kultur Literatur Wissenschaft und Politik veroffentlicht Anders als in den vorausgegangenen Intellektuellenbefragungen von Isidor Singer und Hermann Bahr sprach sich in der Umfrage von Moses erstmals eine betrachtliche Anzahl von Teilnehmern fur eine zionistische Losung der Judenfrage aus Auch Moses selbst sympathisierte zu diesem Zeitpunkt mit dem Zionismus 1931 war Moses Mitglied des Arbeitsausschusses des Hauptausschusses der Arbeiterwohlfahrt Er beteiligte sich im Rahmen seiner Expertise mit Beitragen zur Gesundheitspolitik in der Zeitschrift Arbeiterwohlfahrt 1 Nach der Machtubertragung an die Nationalsozialisten befand sich Moses von Juni bis Dezember 1933 in Schutzhaft 2 Nach dem Erlass der nationalsozialistischen Rassengesetze 1935 trennte er sich von seiner nichtjudischen Lebensgefahrtin Im gleichen Jahr wurde Moses gezwungen in ein Judenhaus im Berliner Bezirk Tiergarten zu ziehen 1938 wurde ihm die Zulassung als praktischer Arzt entzogen Moses wurde am 7 Juli 1942 ins KZ Theresienstadt deportiert und starb dort Ende September 1942 unter ungeklarten Umstanden Ein uberlebender Haftling berichtete er habe Moses im August in einem Zimmer auf dem Boden liegend nur notdurftig mit einer Decke zugedeckt sehr unter nagendem Hunger leidend aber voller Hoffnung auf eine bessere Zukunft 3 angetroffen Politischer Werdegang Bearbeiten nbsp Gedenktafeln am ReichstagMoses trat 1912 in die Sozialdemokratische Partei ein Er setzte sich zur Verbreitung von sexualhygienischen Kenntnissen und Verhutungsmassnahmen ein Mit seinem propagierten Gebarstreik machte er sich in konservativen Kreisen ausserst unbeliebt wegen demographischer Ziele der Militaristen die sich eine militarische Uberlegenheit Deutschlands durch hohe Geburtenziffern wunschten 1913 wurde er Mitglied eines sozialdemokratischen Feuerbestattungsvereines und nahm an der Grundung des Sozialdemokratischen Arzte Vereins teil Von 1920 bis 1932 war er Reichstagsabgeordneter Er gehorte zuerst dem Vorstand der USPD an Seit 1922 war er im Parteivorstand der SPD tatig 1924 bis 1933 war er Herausgeber des Kassenarztes Dort engagierte er sich fur eine Reform der gesamten Gesundheitspflege im radikalsozialen Sinn Nadav ein Er forderte bessere soziale Bedingungen fur die Arbeiterklasse Er wehrte sich gegen den 218 gegen Frauenarbeit wahrend der Schwangerschaft und gegen die herrschende Wohnungsnot 1928 veroffentlichte er zahlreiche Artikel in sozialdemokratischen Zeitschriften uber bekanntgewordene Menschenversuche 1930 war er massgeblich an der Entwicklung von Richtlinien fur neuartige Heilbehandlung und fur die Vornahme wissenschaftlicher Versuche am Menschen beteiligt Er war ein fruhzeitiger Warner vor den Planen Adolf Hitlers und dessen Anschauungen uber die arztlichen Aufgaben 1931 publiziert er uber die gesundheitlichen Folgen von Langzeitarbeitslosigkeit Im Reichstag wo Moses der gesundheitspolitische Sprecher der SPD Fraktion war 1 trat er fur eine starke Gesundheitspolitik ein wie in dieser Rede vom 6 Marz 1931 Gesundheitspolitik ist ein Teil vielleicht sogar der wichtigste der allgemeinen Politik Ich habe immer auf dem Standpunkt gestanden dass wir alle unsere politischen Massnahmen alle Gesetzesvorlagen alle Beschlusse in den Ausschussen immer nach den Auswirkungen beurteilen sollen die sie auf die Volksgesundheit haben Gedenken Bearbeiten nbsp Julius Moses StolpersteinSeit 1992 erinnert in Berlin in der Nahe des Reichstags eine der 96 Gedenktafeln fur von den Nationalsozialisten ermordete Reichstagsabgeordnete an Moses Vor seinem ehemaligen Wohnhaus in Berlin Moabit Bundesratufer 9 ist ein Stolperstein verlegt Literatur BearbeitenAstrid Blome et al Hrsg Die Losung der Judenfrage Eine Rundfrage von Julius Moses im Jahre 1907 Ed Lumiere Bremen 2010 ISBN 978 3 934686 83 0 Holger Boning Volksarzt und Prophet des Schreckens Julius Moses Ein judisches Leben in Deutschland Ed Lumiere Bremen 2016 ISBN 978 3 943245 40 0 Rezension auf H Soz Kult Holger Feldmann Marth Moses Julius In Neue Deutsche Biographie NDB Band 18 Duncker amp Humblot Berlin 1997 ISBN 3 428 00199 0 S 205 f Digitalisat Dieter Fricke Der Briefwechsel des ehemaligen Reichstagsabgeordneten Dr Julius Moses In Dieter Fricke Judisches Leben in Berlin und Tel Aviv 1933 bis 1939 Von Bockel Hamburg 1997 ISBN 3 928770 87 X Thomas Grafe Der Hegemonieverlust des Liberalismus Die Judenfrage im Spiegel der Intellektuellenbefragungen 1885 1912 In Jahrbuch fur Antisemitismusforschung 25 2016 S 73 100 Norbert Jachertz Julius Moses Medizin ohne Politik gibt es nicht In Deutsches Arzteblatt Band 103 Nr 6 2006 S A 328 B 287 C 2720 Nicole Mayer Ahuja Massenerwerbslosigkeit Sozialpolitik und die gesundheitlichen Folgen Die Arztebefragung des Reichstagsabgeordneten Dr Julius Moses aus dem Krisenjahr 1931 Neuere Medizin und Wissenschaftsgeschichte Band 10 Centaurus Pfaffenweiler 1999 Daniel Nadav Julius Moses seine judische Epoche In Arbeiterbewegung und Geschichte Festschrift fur Shlomo Na aman zum 70 Geburtstag Hrsg von Hans Peter Harstick Arno Herzig Hans Pelger Trier 1983 S 82 100 Schriften aus dem Karl Marx Haus 29 Daniel Nadav Julius Moses 1868 1942 und die Politik der Sozialhygiene in Deutschland Bleicher Gerlingen 1985 Kurt Nemitz Julius Moses und die Gebarstreik Debatte 1913 In Jahrbuch des Instituts fur Deutsche Geschichte Herausgegeben und eingeleitet von Walter Grab Band 2 1973 Tel Aviv 1973 S 321 335 Kurt Nemitz Die Bemuhungen zur Schaffung eines Reichsgesundheitsministeriums in der ersten Phase der Weimarer Republik 1918 1922 In Medizinhistorisches Journal Band 16 1981 S 424 445 Kurt Nemitz Das geistige Erbe sinnvoll wahren Zur Erinnerung an den Arzt und Parlamentarier Dr Julius Moses Sonderdruck aus Medizin und Judentum Vortrage auf der Gedachtnisveranstaltung in Dresden aus Anlass des Novemberpogroms 1938 Eigenverlag des Vereins fur regionale Geschichte und Politik Dresden e V Sonderheft der Historischen Blatter Dresden 1994 Andreas Jens Reuland Menschenversuche in der Weimarer Republik Books on demand GmbH Norderstedt 2004 ISBN 3 8334 1823 0 Dissertation Heidelberg 2003 unter dem Titel Humanexperimente in der Weimarer Republik und Julius Moses Kampf gegen die Experimentierwut Michael Schneider Hrsg Julius Moses Schrittmacher der sozialdemokratischen Gesundheitspolitik in der Weimarer Republik Vortrage anlasslich der Ausstellungseroffnung am 15 Dezember 2005 in der Friedrich Ebert Stiftung Berlin Gesprachskreis Geschichte Bd 65 Friedrich Ebert Stiftung Historisches Forschungszentrum Bonn 2006 ISBN 3 89892 474 2 PDF 7 5 MB Martin Schumacher Hrsg M d R Die Reichstagsabgeordneten der Weimarer Republik in der Zeit des Nationalsozialismus Politische Verfolgung Emigration und Ausburgerung 1933 1945 Eine biographische Dokumentation 3 erheblich erweiterte und uberarbeitete Auflage Droste Dusseldorf 1994 ISBN 3 7700 5183 1 Moses Julius In Lexikon deutsch judischer Autoren Band 17 Meid Phil Hrsg vom Archiv Bibliographia Judaica De Gruyter Berlin u a 2009 ISBN 978 3 598 22697 7 S 161 166 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Julius Moses Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wikisource Julius Moses Quellen und Volltexte Literatur von und uber Julius Moses im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Julius Moses in der Datenbank der Reichstagsabgeordneten Biografie von Julius Moses In Wilhelm H Schroder Sozialdemokratische Parlamentarier in den deutschen Reichs und Landtagen 1876 1933 BIOSOP Andreas Jens Reuland Menschenversuche in der Weimarer Republik Memento vom 15 Januar 2014 im Internet Archive Dissertationsauszug 2005 Einzelnachweise Bearbeiten a b Nachhaltigkeit AWO Veroffentlichung AWO Bundesverband e V abgerufen am 14 Februar 2022 Martin Schumacher Hrsg M d R Die Reichstagsabgeordneten der Weimarer Republik in der Zeit des Nationalsozialismus Politische Verfolgung Emigration und Ausburgerung 1933 1945 Droste Verlag Dusseldorf 1991 ISBN 3 7700 5162 9 S 403 Bericht von Hermann Wolff in Das Parlament Nr 51 vom 16 Dezember 1988 S 12 Zitiert bei Schumacher M d R S 403 Normdaten Person GND 118761501 lobid OGND AKS LCCN n85309087 VIAF 22288670 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Moses JuliusKURZBESCHREIBUNG deutscher Politiker SPD MdRGEBURTSDATUM 2 Juli 1868GEBURTSORT PosenSTERBEDATUM 24 September 1942STERBEORT KZ Theresienstadt Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Julius Moses Politiker amp oldid 236711977