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Eine judische Gemeinde besteht in Straubing seit der Mitte des 13 Jahrhunderts Sie bildet trotz ihrer wechsel und mitunter leidvollen Geschichte das Zentrum judischen Lebens in Niederbayern Ihre Synagoge ist die einzige verbliebene in Niederbayern Daher umfasst das Gemeindegebiet ganz Niederbayern mit Filialorten in Deggendorf Landshut Passau Plattling und Vilshofen Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Mittelalter bis 1906 1 2 1907 bis 1932 1 3 1933 bis 1945 1 4 Nach 1945 2 Siehe auch 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenMittelalter bis 1906 Bearbeiten Die Existenz von Juden in der Stadt Straubing ist seit Mitte des 13 Jahrhunderts belegt Formal unterlagen diese der Rechtsprechung der bayerischen Herzoge des Herzogtums Bayern Straubing beziehungsweise nach 1425 des Herzogtums Bayern Munchen Mehrfach erlitt die Gemeinde jedoch Verfolgung und schwere Pogrome Die von Deggendorf ausgehende Verfolgung von Juden sprang gegen Ende des Jahres 1338 auch auf Straubing uber und endete mit Plunderungen und Mord an Juden durch Verbrennen Der Herzog griff in die judenfeindlichen Umtriebe nicht ein und befreite stattdessen die Burger per Dekret von allen Schulden an Juden Bereits wenige Jahre spater wurden erneut alle judischen Personen wahrend der Judenverfolgungen zur Zeit des Schwarzen Todes 1348 49 ermordet Nach den Pogromen der Pestzeit liessen sich ab 1366 wieder einige judische Familien in der Stadt nieder Trotz der schweren Verfolgungen und Diskriminierungen im taglichen Leben bluhte das geistige und kulturelle Leben der judischen Gemeinde in der Folgezeit auf Das judische Viertel der Stadt lag bis in die Neuzeit in der Judengasse heute Rosengasse Da ihnen der Zugang zu traditionellen Zunftberufen verwehrt war waren auch die Straubinger Juden wie in den meisten anderen Stadten Europas vor allem in Geldhandel und Finanzgewerbe tatig Der bedeutendste Geldhandler des 15 Jahrhunderts war der von den Herzogen mit Privilegien ausgestattete Michel von Straubing Vermutlich im Jahr 1442 wurden einige Jahre nach Regierungsantritt Herzog Albrechts alle Juden aus Straubing vertrieben Sie flohen zumeist in die umliegenden Stadte Landshut und Regensburg Damit kam das judische Leben in der Stadt Straubing ab Mitte des 15 Jahrhunderts fur nahezu 400 Jahre zum Erliegen Erst im Zuge der Etablierung von universellen Burgerrechten konnten sich ab Mitte des 19 Jahrhunderts wieder judische Menschen in der Stadt niederlassen 1867 wurden 4 judische Einwohner gezahlt 1871 22 1880 36 1890 41 Nachdem die Zahl judischer Familien in Straubing stetig anstieg wurde 1897 unter Vorsitz des Bankiers Salomon Lippmann ein Betsaal und damit eine judische Gemeinde im eigentlichen Sinne gegrundet 1907 bis 1932 Bearbeiten nbsp Einladung zur Einweihung der Synagoge aus dem Jahr 1907Das Jahr 1907 markiert einen Meilenstein in der judischen Geschichte Straubings da in diesem Jahr die bis heute bestehende Synagoge in der Wittelsbacherstrasse 2 errichtet wurde Sie wurde nach Planen des Architekten Hans Dendl im neoromanischen Stil in nur funf Monaten erbaut und vom Regensburger Bezirksrabbiner betreut Unter den Gefallenen des Ersten Weltkrieges befanden sich auch einige Mitglieder der Straubinger judischen Gemeinde 1923 wurde ein judischer Friedhof angelegt Im Jahr 1925 zahlte die judische Gemeinde bereits 102 Personen Das judische Leben in Straubing florierte Es entstand eine Reihe judischer Vereine wie etwa die 1908 gegrundete Chewra Kadischa die wohltatige Ziele verfolgte und das Bestattungswesen innehatte und ein Israelitischer Frauenverein 1932 lebten 115 judische Personen in Straubing Aus den umliegenden niederbayerischen Stadten gehorten ausserdem 45 Personen in Landshut 48 in Passau 21 in Vilshofen 15 in Deggendorf und 13 in Plattling der Straubinger Gemeinde an Weiterhin gab es zahlreiche judische Geschafte und Gewerbebetriebe in der Stadt 1933 bis 1945 Bearbeiten Sofort nach der nationalsozialistischen Machtubernahme ging das neue Regime unverzuglich mit brutaler Gewalt gegen die 110 Straubinger Juden vor Im Marz 1933 wurde der Handler Otto Selz von SA Leuten in einen Wald bei Landshut verschleppt und ermordet Ab August 1933 war Juden das Baden in der Donau untersagt Judische Geschafte wurden mit einem generellen Boykott uberzogen dem sog Judenboykott dessen Einhaltung die NSDAP streng uberwachte In den folgenden Jahren emigrierten immer mehr Juden aus Straubing Am 9 November 1938 wurde wahrend des Novemberpogroms die Inneneinrichtung der Synagoge verwustet und ein judisches Geschaft geplundert Im Gegensatz zu vielen anderen reichsweiten Pogromen in Deutschland blieb die Synagoge selbst jedoch erhalten SS Leute hatten bereits Benzin bereitgestellt um die Synagoge in Brand zu setzen Ein Einspruch des Feuerwehrkommandanten der ein Ubergreifen der Flammen auf umliegende Gebaude befurchtete rettete die Synagoge in letzter Minute Alle judischen Manner und ein Teil der Frauen wurden verhaftet Von den 30 Gemeindemitgliedern die im April 1942 noch in Straubing lebten wurden 21 nach Piaski bei Lublin deportiert und ermordet funf im September 1942 und einer im Februar 1945 ins KZ Theresienstadt deportiert Nach 1945 Bearbeiten Unmittelbar nach Kriegsende wurde bei der Polizei eine Kiste abgegeben Sie enthielt die Torarollen Kerzenleuchter und verschiedene Kultgegenstande die bei der Sturmung und Plunderung der Synagoge wahrend des Novemberpogroms erbeutet worden waren Es liess sich nicht rekonstruieren welcher der SS Manner die Gegenstande heimlich in Sicherheit gebracht hatte und bis Kriegsende aufbewahrte Ausserdem kehrten kurz nach Kriegsende drei Mitglieder der ehemaligen judischen Gemeinde nach Straubing zuruck Im Februar 1946 grundeten Uberlebende von Konzentrationslagern sogenannte Displaced Persons die sich in Straubing zusammengefunden hatten eine neue judische Gemeinde Zuvor hatten im Mai 1945 etwa 700 Displaced Persons unter Leitung eines amerikanischen Rabbiners einen Dankgottesdienst in der noch schwer beschadigten Synagoge abgehalten Nach Grundung des Staates Israel 1948 verliess ein grosser Teil der judischen Personen die sich vorubergehend in Straubing niedergelassen hatten die Stadt Dennoch existierte die Gemeinde weiter 1976 umfasste sie 126 judische Personen mehr als zur Vorkriegszeit Anlasslich des 80 jahrigen Bestehens der Synagoge wurde eine weitreichende Renovierung durchgefuhrt Zum Synagogen Komplex gehoren auch ein Gemeindezentrum und eine Mikwe Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der Forderung judischer Zuwanderung durch die Bundesregierung stieg die Zahl der Gemeindemitglieder seit den 1990er Jahren stark an Die Gemeinde zahlte 2008 zirka 1 700 Mitglieder nbsp Stolpersteine vor dem Eingang der Straubinger SynagogeDurch die Verzehnfachung der Gemeindemitgliederzahl innerhalb von nur 20 Jahren waren die Raumlichkeiten zu klein geworden so dass im Jahr 2006 ein Erweiterungsbau auf dem Grundstuck der Synagoge fertiggestellt wurde Die Baukosten hierfur beliefen sich auf 870 000 Euro wovon die Bayerische Staatsregierung knapp die Halfte beisteuerte Neben einem neuen Gemeindesaal fur 250 Personen steht nun auch ein Archiv eine Bibliothek und ein Freizeitraum fur Jugendliche zur Verfugung Ausserdem wurde im Jahr 2002 ein neuer Friedhof im Stadtteil Lerchenhaid angelegt Im Jahr 2007 wurde im Beisein des bayerischen Staatsministers Erwin Huber sowie weiterer Personen des politischen kulturellen und geistlichen Lebens das hundertjahrige Bestehen der Synagoge in Straubing gefeiert Am 13 August 2008 und am 24 April 2013 verlegte der Kunstler Gunter Demnig insgesamt 18 Stolpersteine zum Gedenken an Straubinger Opfer der Vertreibung durch die Nationalsozialisten und der Shoah Stand 2021 hatte die Kultusgemeinde Straubing Niederbayern 819 Mitglieder 1 Shlomo Appel 1933 2013 betreute die Gemeinde 13 Jahre lang als Rabbiner 2 Israel Offmann 1925 2018 war als langjahriger Vorsitzender der Kultusgemeinde wesentlich an ihrem Wiederaufbau nach 1945 beteiligt Siehe auch BearbeitenJudischer Friedhof Straubing Liste der Stolpersteine in StraubingLiteratur BearbeitenAnita Unterholzner Straubinger Juden Judische Straubinger Straubing 1995 Guido Scharrer Straubing das judische Zentrum Niederbayerns Exkursionsblatter zur Geschichte und Kultur der Juden in Bayern Hg vom Haus der Bayerischen Geschichte o J 1995 96 Pinkas Hakehillot Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust Germany Bavaria Hg von Yad Vashem 1972 S 141 150 hebraisch Baruch Z Ophir Falk Wiesemann Die judischen Gemeinden in Bayern 1918 1945 Geschichte und Zerstorung 1979 S 64 74 Israel Schwierz Steinerne Zeugnisse judischen Lebens in Bayern Eine Dokumentation Hrsgg von der Bayerischen Landeszentrale fur politische Bildungsarbeit Munchen 1988 ISBN 3 87052 393 X S 333 334 Artikel zum 80 jahrigen Jubilaum der Synagoge in der Suddeutschen Zeitung Nr 209 vom 12 13 September 1987 S 25 Barbara Eberhardt Angela Hager Mehr als Steine Synagogen Gedenkband Bayern Band I Oberfranken Oberpfalz Niederbayern Oberbayern Schwaben Hrsg von Wolfgang Kraus Berndt Hamm und Meier Schwarz 2007 Synagogue Memorial Jerusalem Bd 3 Bayern Kunstverlag Josef Fink Lindenberg im Allgau ISBN 978 3 98870 411 3 S 321 343 Weblinks BearbeitenZur Geschichte der judischen Gemeinde in Straubing Grusswort von Staatsminister Huber zum Festakt anlasslich des 100 jahrigen Bestehens der Synagoge Straubing Niederbayern am 5 November 2007 PDF Dokument 24 kB Das Haus der Bayerischen Geschichte uber die judischen Gefallenen des Ersten Weltkriegs aus StraubingEinzelnachweise Bearbeiten Gemeinden Israelitische Kultusgemeinde Straubing Niederbayern K d o R In www zentralratderjuden de Abgerufen am 29 Marz 2021 Straubing trauert Rabbiner Shlomo Appel 80 jahrig verstorben In www juedische allgemeine de 2 Januar 2014 abgerufen am 1 Juni 2018 48 884166666667 12 566666666667 Koordinaten 48 53 3 N 12 34 0 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Judische Gemeinde Straubing amp oldid 232284193