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Israelitische Religionsgesellschaft auch Adass Jisroel bzw Adass Jisroel hebraisch עדת ישראל nach 2 Mose 12 oder Adass Jeschurun עדת ישורון nach 5 Mose 32 15 wortlich ubersetzt Gemeinschaft Israels so nannten sich neu orthodoxe judische Austrittsgemeinden ab den 1860er Jahren im deutschsprachigen Raum Hervorgegangen aus Minjanim die sich gegen Modernisierungen des liberalen Reformjudentums wie Orgelmusik und gemischten Chorgesang in der Synagoge oder Anderungen im Gebetbuch wandten und in Abgrenzung zur Gemeindeorthodoxie die als strengglaubige Gruppe dennoch in der Einheitsgemeinde verblieb etablierte sich die Austrittsorthodoxie ab etwa 1870 auch rechtlich in Form eigener Korperschaften Vorbild war die von Samson Raphael Hirsch geleitete Kehilla in Frankfurt am Main Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Grosse Gemeinden 2 1 Berlin 2 2 Frankfurt am Main 2 3 Karlsruhe 2 4 Kopenhagen 2 5 Koln 2 6 Konigsberg in Preussen 2 7 Mainz 2 8 Munchen 2 9 Nurnberg 2 10 Wien 2 11 Zurich 3 Hochschulen Zeitungen und Organisationen 4 Literatur 5 Einzelnachweise 6 WeblinksGeschichte BearbeitenBereits in der Mitte des 19 Jahrhunderts gab es vor allem von Frankfurt am Main aus orthodoxe Bestrebungen nach dem Prinzip Tora im derech erez Dieser programmatische Satz hebraisch יפה תלמוד תורה עם דרך ארץ aus Spruche der Vater 2 2 lasst sich frei ubersetzen als Pladoyer fur das Studium der Religionsgesetze zusammen mit Aufmerksamkeit fur die Erfordernisse der Gegenwart Betont werden dabei die praktischen Gesichtspunkte der Halacha die Lebensweise nach den im Schulchan Aruch kodifizierten Geboten Anders als die Altorthodoxie polnisch galizischer Pragung in der mehr das wiederholende Lernen und der emotionale Bezug zum aschkenasischen Brauchtum im Mittelpunkt standen suchten die Neuorthodoxen zeitgenossisch oft als Israeliten tituliert einen mehr rationalistischen reflektierten Zugang zur Religion der Vater und hatten meist einen deutsch osterreichischen teils ungarischen Hintergrund Einer der fruhesten Initiatoren der Bewegung war Jakob Ettlinger aus Karlsruhe stammender Rabbiner in Altona und Lehrer von S R Hirsch und Esriel Hildesheimer An Raw Hildesheimer wird der enge Bezug zum deutsch ungarischen Judentum deutlich Aus Halberstadt geburtig hatte er seine Laufbahn im damals ungarischen Eisenstadt begonnen und bildete spater am Rabbinerseminar in Berlin zahlreiche Kandidaten aus Ungarn aus die die Austrittsorthodoxie entscheidend mitpragten Mit dem von Eduard Lasker erkampften preussischen Gesetz vom 28 Juli 1876 betr den Austritt aus den Synagogengemeinden Austrittsgesetz wurde es toratreuen Juden moglich sich aus religiosen Bedenken ohne Austritt aus dem Judentum selbst von der kritisierten Einheitsgemeinde zu losen und eigene Gemeindestrukturen zu bilden Nach dem Frankfurter Modell und unter dem starken Einfluss der Schriften von S R Hirsch bildeten sich Gemeinden mit eigenen Synagogen u a in Berlin Heilbronn Karlsruhe Koln Mainz Wiesbaden Washington Heights New York City Wien Schiffschul und Zurich Nur wenige der osteuropaischen Rabbiner die mit den Migrationsstromen seit dem spaten 19 Jahrhundert und den Fluchtlingswellen vor den Pogromen in Polen und der Ukraine nach Deutschland kamen schlossen sich den Neuorthodoxen an Ihre Anhangerschaft mit Wurzeln im Chassidismus und heimisch in der jiddischen Sprache erhielt von den hochdeutsch sprechenden westlich gebildeten Mitgliedern der Frankfurter Austrittsbewegung mancherlei Hilfen zur Integration trafen aber auch wegen ihres manchmal als laut und ungehobelt empfundenen Auftretens auf Ablehnung Wahrend so die Ostjuden mit ihren Talmud Gelehrten und ihrer religiosen Hingabe im aufgeklarten Westen eher isoliert blieben distanzierten sich wiederum diejenigen Familien die zur Gemeindeorthodoxie hielten und dem Wurzburger Raw Seligmann Bar Bamberger folgten der unter den Orthodoxen fur den Verbleib in den angestammten Gemeinden warb So blieb die Austrittsorthodoxie doch auf einzelne Familien des gehobenen Burgertums beschrankt und fand trotz ihrer Offenheit gegenuber anderen Stromungen keinen grossen Widerhall 1938 zerstorten die Nazis in ihrem Einflussbereich durch die Novemberpogrome 1938 und darauf folgende Zwangsmassnahmen und Plunderungen die Israelitische Religionsgesellschaft und ihre Schwestergemeinden Die einzige Austrittsgemeinde in Deutschland ist derzeit 2014 der 2013 gegrundete Israelitische Synagogen Gemeinde Adass Jisroel zu Berlin K d o R in Berlin Grosse Gemeinden Bearbeiten nbsp Synagoge der Israelitischen Religionsgesellschaft in Karlsruhe um 1900Berlin Bearbeiten Die Synagoge Adass Jisroel gegrundet 1869 befand sich zunachst in der Gipsstrasse ab 1904 in der Artilleriestrasse 31 spater Tucholskystrasse 40 in Berlin Mitte Esriel Hildesheimer 1822 1899 war ihr erster Rabbiner 1880 wurde ein eigener Friedhof in Weissensee angelegt Die Kehilla wurde 1885 als Korperschaft des offentlichen Rechts anerkannt was 1997 nach einem Rechtsstreit mit dem Land Berlin durch den Bundesgerichtshof bestatigt wurde 2013 grundete sich der Kahal Adass Jisroel in der Tradition der Austrittsgemeinde Siehe Hauptartikel Israelitische Synagogen Gemeinde Adass Jisroel zu Berlin Frankfurt am Main Bearbeiten Der erste Synagogenbau der deutschsprachigen Austrittsorthodoxie entstand um 1853 in der Frankfurter Schutzenstrasse Der Nachfolgebau Friedberger Anlage 5 6 1905 1907 erbaut war einer der geraumigsten judischen Sakralbauten Europas Erst 1928 wurde die Frankfurter Israelitische Religionsgesellschaft eine eigenstandige Korperschaft Karlsruhe Bearbeiten Die Karlsruher Israelitische Religionsgesellschaft Adass Jeschurun etablierte sich 1869 70 nach erfolgreichem Rechtsstreit 1 damit war sie formal die erste im deutschsprachigen Raum die die Trennung konsequent vollzog Die Austrittler erwarben 1872 ihren eigenen Friedhof 1881 wurde die Synagoge in der Karl Friedrich Strasse 16 erbaut Siehe Hauptartikel Israelitische Religionsgesellschaft Karlsruhe Kopenhagen Bearbeiten In Kopenhagen gab es zwei Austrittsgemeinden von denen heute nur noch eine existiert Die erste Austrittsgemeinde entstand 1845 gegrundet wegen Konflikten um die Reformen des Oberrabbiners Abraham Alexander Wolff Sie befand sich in der Laederstraede in der Kopenhagener Innenstadt Diese Synagoge existierte bis in die 1960er Jahre Die zweite Austrittsgemeinde Machsike Hadas entstand 1910 nach einem Konflikt des damaligen Oberrabbiners Tobias Lewenstein mit der Einheitsgemeinde Lewenstein und seinen Anhangern war die Einheitsgemeinde zu liberal Nach mehreren Umzugen ist die Gemeinde heute in der Ole Suhrsgade zu finden Das Synagogengebaude im Innenhof wurde 1958 gebaut Koln Bearbeiten 1884 weihte die Kolner Austrittsgemeinde in der St Apern Str 29 31 ein eigenes Bet und Lehrhaus ein 1908 erhielt die Kolner Kultusvereinigung Adass Jeschurun als Korperschaft rechtliche Selbstandigkeit Aus ihren Kreisen heraus initiiert waren ein Lehrerseminar mit angeschlossener Ubungsschule Moriah ab 1907 und das private Jawne Gymnasium ab 1919 Konigsberg in Preussen Bearbeiten 1893 eroffnete die Konigsberger Austrittsgemeinde Adass Jisroel in der Synagogenstrasse 14 15 eine orthodoxe Synagoge Das Innere der orthodoxen Synagoge wurde beim Novemberpogrom verwustet 2 Da aber die anderen beiden Synagogen die Alte und die Neue Synagoge der liberalen Gemeinde ausgebrannt waren diente ein als Gebetsraum hergerichteter Gemeindesaal in Adass Jisroels Synagogenbau danach den Konigsberger Juden als Versammlungsort zum Gebet 3 Mainz Bearbeiten 1879 erbaute die Israelitische Religionsgesellschaft in Mainz auf Initiative ihres Predigers Raw Marcus Meyer Lehmann in der Flachsmarktstrasse 23 eine eigene Synagoge in der 300 Menschen Platz fanden 4 Ihr Architekt war der Mainzer Stadtbaumeister Eduard Kreyssig Munchen Bearbeiten In der zweiten Halfte des 19 Jahrhunderts gab es bereits eine orthodoxe Stromung die sich 1876 von der Hauptgemeinde lossagte und 1892 in der Herzog Rudolf Strasse eine eigene Synagoge Ohel Jakob errichtete Ihr erster Rabbiner war Heinrich Ehrentreu nbsp Zerstorte Synagoge Ohel Jakob in Munchen 1938Nurnberg Bearbeiten 1874 als Verein in der Einheitsgemeinde gegrundet baute sich Adas Jisroel bzw die Israelitische Religionsgesellschaft 1902 eine eigene Synagoge in der Essenweinstrasse 7 nbsp Synagoge Adas Jisroel in NurnbergWien Bearbeiten Aus einem kleinen Bethaus hervorgegangen wurde von 1858 bis 1864 die Wiener Schiffschul mit ihrer Organisation Adas Jisroel errichtet Sie war eine der fruhesten Kehillot der Austrittsbewegung Erster Rabbiner war Salomon Schlomo Salman Spitzer 1811 1893 der bereits seit 1853 der Gemeinschaft vorstand und aufgrund seiner Ablehnung von Modernisierungen stets in Konflikt mit der Wiener Israelitischen Kultusgemeinde stand Sein Ansuchen zur Grundung einer eigenen Austrittsgemeinde wurde 1874 vom kaiserlichen Ministerium abgelehnt Weitere Ansatze diese auch rechtlich zu etablieren blieben bis in die Gegenwart erfolglos Zurich Bearbeiten Siehe Hauptartikel Israelitische Religionsgesellschaft Zurich Hochschulen Zeitungen und Organisationen BearbeitenMehrere Jeschiwot stehen in engem Zusammenhang mit der Austrittsorthodoxie Esriel Hildesheimer grundete 1873 das Rabbinerseminar in Berlin Salomon Breuer Schwiegersohn des S R Hirsch initiierte 1893 die Talmud Hochschule in Frankfurt Die Agudas Jisroel als ideologische und politische Interessenvertretung sowie Zeitungen wie Jeschurun gegrundet von S R Hirsch Der Israelit gegrundet von Marcus Lehmann Mainz und die in Wien und Bratislava erscheinende Judische Presse gehorten ebenfalls in diesen Kontext nbsp Synagoge Adass Jeschurun in KolnLiteratur BearbeitenMordechai Breuer Judische Orthodoxie im Deutschen Reich 1871 1918 Sozialgeschichte einer religiosen Minderheit Hrsg vom Leo Baeck Institut Frankfurt Jud Verlag bei Athenaum 1986 ISBN 3 7610 0397 8 Adass Jisroel in Judisches Lexikon Hrsg von Georg Herrlitz und Bruno Kirschner Berlin 1927 Bd 1 Sp 89ff u o Der Israelit 1860 1938 Online VersionEinzelnachweise Bearbeiten B Rosenthal Heimatgeschichte der badischen Juden Buhl Konkordia 1927 S 373 Michael Wieck Zeugnis vom Untergang Konigsbergs Ein Geltungsjude berichtet 11990 Munchen Beck 82005 Beck sche Reihe Bd 1608 S 81 ISBN 3 406 51115 5 Michael Wieck Zeugnis vom Untergang Konigsbergs Ein Geltungsjude berichtet 11990 Munchen Beck 82005 Beck sche Reihe Bd 1608 S 81 and 194 ISBN 3 406 51115 5 vgl Bericht zur Einweihung in Der Israelit Nr 23 1879 S 1 ff Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Israelitische Religionsgesellschaft Sammlung von Bildern Adas Jisroel in Nurnberg PDF Datei 87 kB Agudas Jisroel Adass Jeschurun Koln Kahal Adass Jisroel Berlin 1 2 Vorlage Toter Link www jgmainz de Synagoge Flachsmarktstrasse Mainz Seite nicht mehr abrufbar festgestellt im Juli 2021 Suche in Webarchiven Ohel Jakob Munchen Adas Jisroel Schiffschul Wien Israelitische Religionsgesellschaft Karlsruhe Alemannia Judaica Abgerufen von https de wikipedia org w index php 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