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Der physikalische Effekt der Isomerieverschiebung aussert sich darin dass die Lagen der Spektrallinien in Atomspektren verschiedener Isomere eines chemischen Elements sich unterscheiden Weisen die Spektrallinien infolge der magnetischen Momente der Atomkerne auch Hyperfeinstruktur auf bezieht sich die Verschiebung auf die Schwerpunkte der Linien Der Effekt tritt auch bei Gammaspektren auf und heisst dann auch Mossbauer Isomerieverschiebung Die Isomerieverschiebung liefert wichtige Informationen uber Kernstruktur und uber das physikalische chemische und biologische Umfeld von Atomen Es wurde vorgeschlagen den Effekt auch zur Untersuchung etwaiger zeitlicher Anderungen von Naturkonstanten zu verwenden 1 Inhaltsverzeichnis 1 Isomerieverschiebung der Atomspektren 2 Terminologie 3 Isomerie versus Isotopieverschiebung in Atomspektren 4 Die Isomerieverschiebung und das Schalenmodell 5 Mossbauer Isomerieverschiebung 6 EinzelnachweiseIsomerieverschiebung der Atomspektren BearbeitenDie Isomerieverschiebung der Atomspektren ist die Energie oder Frequenzverschiebung in den Atomspektren als Folge der Substitution eines Kernisomers durch ein anderes Der Effekt wurde 1956 von Weiner vorausgesagt 2 3 und 1959 zum ersten Mal experimentell beobachtet 4 Die von Weiner entwickelte Theorie kommt auch in der Erklarung der Mossbauer Isomerieverschiebung zum Tragen Terminologie BearbeitenDie ersten Arbeiten uber Isomerieverschiebung bezogen sich auf Atomspektren und verwendeten den Begriff Kernisomerieverschiebung von Spektrallinien nuclear isomeric shift on spectral lines Nach der Entdeckung des Mossbauer Effekts wurde die Isomerieverschiebung auch in Gammaspektren nachgewiesen und wird dort auch Mossbauer Isomerieverschiebung genannt Weitere Einzelheiten uber die Entdeckungsgeschichte und die verwendete Terminologie finden sich bei Weiner 5 6 Isomerie versus Isotopieverschiebung in Atomspektren BearbeitenAtomare Spektrallinien entstehen bei Ubergangen von Elektronen zwischen verschiedenen atomaren Energieniveaus E displaystyle E nbsp die von Photonenemission begleitet werden Atomare Niveaus sind eine Manifestation der elektromagnetischen Wechselwirkung zwischen Elektronen und Kernen Die Energieniveaus zweier Atome deren Kerne verschiedene Isotope desselben Elements sind unterscheiden sich trotz gleicher Kernladungszahl Z displaystyle Z nbsp wegen der verschiedenen Neutronenzahlen N displaystyle N nbsp Diese Unterschiede fuhren zur Isotopieverschiebung der Spektrallinien Bei Kernisomeren sind Protonen und Neutronenzahlen gleich aber der Quantenzustand der Kerne ist verschieden Die elektrischen Ladungsverteilungen im Kern unterscheiden sich Dies bewirkt eine Differenz d f displaystyle delta varphi nbsp der entsprechenden elektrostatischen Kernpotentiale f displaystyle varphi nbsp die zu einer Differenz D E displaystyle Delta E nbsp in den atomaren Energieniveaus fuhrt Die Isomerieverschiebung der atomaren Spektrallinien ist gegeben durch D E e d f ps 2 d t displaystyle Delta E text e int delta varphi left psi right 2 text d tau nbsp Hier ist ps displaystyle psi nbsp die Wellenfunktion des am Ubergang beteiligten Elektrons mit seiner elektrischen Ladung e displaystyle e nbsp negative Elementarladung Die Integration wird uber die Elektronenkoordinaten durchgefuhrt Isotopie und Isomerieverschiebung sind beide Folgen der endlichen Dimensionen des Atomkerns Die Isotopieverschiebung wurde experimentell entdeckt und dann theoretisch erklart Die Isomerieverschiebung hingegen wurde vorausgesagt und erst spater im Experiment nachgewiesen 7 Bei der Isotopieverschiebung ist die Berechnung der Wechselwirkungsenergie zwischen Elektronen und Kernen ein relativ einfaches elektromagnetisches Problem Bei Isomeren ist sie schwieriger weil die Isomerieanregung von der starken Wechselwirkung bedingt wird Dies erklart zum Teil warum die Isomerieverschiebung nicht fruher entdeckt wurde die adaquate Theorie und insbesondere das Schalenmodell wurde erst Ende der 1940er und Anfang der 1950er Jahre entwickelt Auch der experimentelle Nachweis dieses Effekts wurde erst durch eine neue Technik ermoglicht die Spektroskopie von metastabilen isomeren Kernzustanden die ebenfalls erst in den 1950er Jahren entwickelt wurde Zum Unterschied von der Isotopieverschiebung die in erster Naherung unabhangig von der Struktur der Kerne ist hangt die Isomerieverschiebung von dieser Struktur ab Deshalb erhalt man aus der Isomerieverschiebung weitergehende Information als aus der Isotopieverschiebung Die uber die Isomerieverschiebung mogliche Messung der Differenz der Kernradien zwischen angeregtem und Grundzustand ist einer der empfindlichsten Tests von Kernmodellen Daruber hinaus stellt die Isomerieverschiebung in Kombination mit dem Mossbauereffekt ein einzigartiges Instrument dar das auch in vielen anderen Gebieten ausserhalb der Physik Anwendungen gefunden hat Die Isomerieverschiebung und das Schalenmodell BearbeitenIm Rahmen des Schalenmodells gibt es eine Klasse von Isomeren bei denen ein einzelnes als optisches bezeichnetes Nukleon die Differenz der Ladungsverteilungen von zwei isomeren Zustanden bewirkt 2 3 Das gilt insbesondere fur Kerne mit ungeraden Protonen und geraden Neutronenzahlen in der Nahe geschlossener Schalen zum Beispiel bei In 115 fur das der Effekt von Weimer 2 berechnet und vorausgesagt wurde dass er weit grosser als die naturliche Linienbreite und somit messbar sein sollte Der Wert der drei Jahre spater gemessenen 4 Verschiebung bei Hg 197 lag ziemlich nahe an dem fur In115 berechneten Bei Hg 197 im Unterschied zu In 115 ist jedoch das optische Nukleon ein Neutron und nicht ein Proton und die Wechselwirkung Elektron freies Neutron ist viel kleiner ist als die Wechselwirkung Elektron freies Proton daher war ein hundertmal kleinerer Effekt erwartet worden Diese Diskrepanz erklart sich dadurch dass optische Nukleonen nicht freie sondern gebundene Teilchen sind Die Messergebnisse konnten im Rahmen der Weimerschen Theorie erklart werden indem man dem optischen Neutron eine effektive elektrische Ladung Z A displaystyle Z A nbsp zuschrieb 8 Mossbauer Isomerieverschiebung BearbeitenDie Mossbauer Isomerieverschiebung ist die in der Gammaspektroskopie beobachtete Verschiebung von Spektrallinien beim Vergleich zweier verschiedener Kernisomeriezustande in zwei verschiedenen physikalischen chemischen oder biologischen Umgebungen Sie ist eine Folge des kombinierten Effekts des ruckstossfreien Mossbauerubergangs zwischen zwei Kernisomeriezustanden und des Ubergangs zwischen zwei atomaren Zustanden in dem gegebenen Medium Die Isomerieverschiebung der atomaren Spektrallinien hangt von der Elektronenwellenfunktion ps displaystyle psi nbsp und der Differenz d f displaystyle delta varphi nbsp der elektrostatischen Potentiale f der zwei Isomeriezustanden ab Fur ein gegebenes Kernisomer in zwei verschiedenen Umgebungen z B verschiedene physikalische Phasen oder verschieden chemische Kombinationen unterscheiden sich auch die entsprechenden Elektronenwellenfunktionen Aus diesem Grunde gibt es zusatzlich zur Isomerieverschiebung der Spektrallinien die vom Unterschied der Isomeriezustande der Kerne bedingt ist eine Verschiebung infolge der zwei verschiedenen Umgebungen 9 Aus experimentellen Grunden werden die letzteren Quelle beziehungsweise Absorber genannt Diese kombinierte Verschiebung ist die Mossbauer Isomerieverschiebung Sie wird mathematisch mit dem gleichen Formalismus wie die Kernisomerieverschiebung der Atomspektren beschrieben ausser dass man jetzt statt einer zwei Elektronenwellenfunktionen von Quelle ps Quelle displaystyle psi text Quelle nbsp und Absorber ps Absorber displaystyle psi text Absorber nbsp und die Differenz zwischen den jeweiligen Verschiebungen zu betrachten hat D E D E Quelle D E Absorber e d f ps Quelle 2 ps Absorber 2 d t displaystyle Delta E Delta E text Quelle Delta E text Absorber text e int delta varphi left psi text Quelle 2 psi text Absorber 2 right mathrm d tau nbsp Die erste Messung der Isomerieverschiebung in der Gammaspektroskopie mit Hilfe des Mossbauer Effekts erfolgte 1960 10 Dieser Effekt liefert wichtige und ausserst genaue Informationen sowohl uber die Isomeriezustande als auch uber die physikalischen chemischen und biologischen Umgebungen der Atome Damit fand die Isomerieverschiebung wichtige Anwendungen in so verschiedenen Gebieten wie Atomphysik Festkorperphysik Kernphysik Chemie Biologie Metallurgie Mineralogie Geologie Mond und Marsforschung 11 Die Kernisomerieverschiebung wurde auch in myonischen Atomen nachgewiesen 12 In diesen Atomen wird ein Myon vom angeregten Kern eingefangen und es findet dann ein Ubergang vom angeregten Atomzustand in den Grundzustand statt in einem Zeitintervall das kleiner ist als die Lebensdauer des angeregten Kernisomeriezustandes Einzelnachweise Bearbeiten J C Berengut V V Flambaum Testing Time Variation of Fundamental Constants using a 229Th Nuclear Clock In Nuclear Physics News Band 20 Nr 3 31 August 2010 S 19 22 doi 10 1080 10619127 2010 506119 a b c R Weiner Nuclear isomeric shift on spectral lines In Il Nuovo Cimento Band 4 Nr 6 Dezember 1956 S 1587 1589 doi 10 1007 BF02746390 a b R M Weiner Phys Rev 114 1959 256 Zhur Eksptl I Teoret Fiz 35 1958 284 englische Ubersetzung Soviet Phys JETP 35 8 1959 196 a b Adrian C Melissinos Sumner P Davis Dipole and Quadrupole Moments of the Isomeric Hg197 Nucleus Isomeric Isotope Shift In Physical Review Band 115 Nr 1 1 Juni 1959 S 130 137 doi 10 1103 PhysRev 115 130 Richard M Weiner Analogies in physics and life a scientific autobiography World Scientific New Jersey 2008 ISBN 978 981 279 082 8 G K Shenoy F E Wagner Mossbauer isomer shifts North Holland Pub Co Amsterdam New York 1978 ISBN 0 444 10802 5 S 1 Fizicheskii Encyclopeditskii Slovar Sovietskaia Encyclopaedia Physikalisches Enzyklopadisches Worterbuch Sowjetenzyklopadie Moskau 1962 S 144 D A Shirley Nuclear Applications of Isomeric Shifts In D H Compton A H Schoen Hrsg Proc Int Conf on the Mossbauer Effect Saclay 1961 John Wiley amp Sons New York 1961 S 258 D A Shirley Application and Interpretation of Isomer Shifts In Reviews of Modern Physics Band 36 Nr 1 1 Januar 1964 S 339 351 doi 10 1103 RevModPhys 36 339 O C Kistner A W Sunyar Evidence for Quadrupole Interaction of Fe57m and Influence of Chemical Binding on Nuclear Gamma Ray Energy In Physical Review Letters Band 4 Nr 8 15 Marz 1960 S 412 415 doi 10 1103 PhysRevLett 4 412 G K Shenoy F E Wagner Mossbauer isomer shifts North Holland Pub Co Amsterdam New York 1978 ISBN 0 444 10802 5 siehe auch J Hufner F Scheck C S Wu Muonic Atoms In V W Hughes C S Wu Hrsg Muon Physics Band 1 Academic Press 1977 S 202 304 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Isomerieverschiebung amp oldid 213801076