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Der Inzuchtkoeffizient kurz IK oder F siehe auch Koeffizient Beizahl Vorzahl berechnet die Wahrscheinlichkeit dass sich bei Nachkommen von bereits eng biologisch verwandten Eltern dieselbe zufallig ausgewahlte Erbinformation findet wie bei dem letzten gemeinsamen Vorfahren der beiden Elternteile Der Koeffizient entspricht rund der Halfte des Verwandtschaftskoeffizienten der beiden Elternteile zueinander weil sie jeweils nur 50 ihres Erbgutes vererben Vollstandige Ubereinstimmung der Erbanlagen im Vergleich zu ihren Eltern besteht bei Nachkommen von eineiigen Zwillingen oder bei Klonen Kopien weil diese bereits genetisch identische Individuen sind folglich haben sie auch einen Inzuchtkoeffizienten von 1 2 50 Demgegenuber betragt die statistische Wahrscheinlichkeit dass zwei beliebige nicht eng verwandte Individuen aus derselben Bevolkerungsgruppe die gleiche per Zufall ausgesuchte Erbinformation besitzen und diese gemeinsam an ihre Nachkommen vererben rund 3 1 Genetisch ausgedruckt trifft der Inzuchtkoeffizient eine mathematische Vorhersage daruber inwieweit ein Nachkomme an einem beliebigen Ort auf einem Chromosom Locus zwei gleiche Zustandsformen eines Gens Allele von beiden Vorfahren geerbt hat Reinerbigkeit Homozygotie 2 Entwickelt wurde die Berechnung in den 1920er Jahren vom US amerikanischen Genetiker Sewall Wright siehe unten Da ein erhohter Inzuchtkoeffizient zu einer hoheren Reinerbigkeit der Nachkommen fuhrt und die meisten Erbkrankheiten rezessiv vererbt werden kann es bei regional oder sozial eingegrenzten Populationen oder Bevolkerungsgruppen die sich nur oder vorwiegend untereinander paaren zu Erbkrankheiten in endogamen Populationen kommen siehe auch Erbkrankheiten bei menschlicher Inzucht Humangenetische Beratung Inhaltsverzeichnis 1 Ubersicht 2 Schatzverfahren 3 Anwendung in der Zucht 4 Berechnung 4 1 Exakte Methode nach Wright 4 2 Berechnung uber Isonomiekoeffizienten 4 3 Weitere Methoden 5 Siehe auch 6 Literatur 7 EinzelnachweiseUbersicht BearbeitenDie Wahrscheinlichkeit der genetischen Ubereinstimmung steigt bei naherer Blutsverwandtschaft der Elternteile und sie sinkt je mehr Generationen der letzte gemeinsame Vorfahre zuruckliegt Die folgende Tabelle der Inzuchtkoeffizienten berechnet sich aus den Verwandtschaftskoeffizienten geteilt durch 2 weil sich die Werte auf die zukunftigen Kinder der miteinander verwandten Individuen beziehen also 1 Generation nach vorne Paarung Verwandtschaftskoeffizient R 3 Inzuchtkoeffizient fur Nachkommen F IK 3 eineiige Zwillinge oder zwei Klone 1 100 1 0000000 100 Ubereinstimmung 1 200 50 4 Elternteil Kind 1 200 0 5000000 0 50 1 400 25 Bruder Schwester 1 200 0 5000000 0 50 1 400 25 Halbbruder Halbschwester 1 400 0 2500000 0 25 1 800 12 50 Grosselternteil Enkelkind 1 400 0 2500000 0 25 1 800 12 50 Onkel Tante Neffe Nichte 1 400 0 2500000 0 25 1 800 12 50 Cousin Cousine 1 Grades 1 800 0 1250000 0 12 5 1 160 0 6 25 Onkel Tante Neffe Nichte 2 Grades 1 160 0 0625000 00 6 25 1 320 0 3 125 Cousin Cousine 2 Grades 1 320 0 0312500 00 3 125 1 640 0 1 56 Cousin Cousine 3 Grades 1 128 0 0078125 00 0 78125 1 256 0 0 39 zwei zufallige Individuen aus derselben Bevolkerungsgruppe 00000 0 0600000 00 6 statist Ubereinstimmungen 00000 0 2 4 statistische Ubereinstimmungen 1 3 Cousins und CousinenDer Abstand der Cousins Cousinen 1 Grades normal zu den Cousins Cousinen 2 Grades verschiebt sich um gleich 2 Verwandtschaftsgrade In der direkten Linie der Vorfahren geht es 1 Generation zuruck zu ihren gemeinsamen Voreltern den Urgrosseltern oder nur zu einem Urgrosselternteil und dann in den beiden Familienzweigen Seitenlinien wieder 1 vor zur gegenwartigen Generation siehe auch direkte und seitliche Verwandtschaft Entsprechend betragen die Werte der entfernten Cousins nur noch ein Viertel im Vergleich zu denen 1 Grades Bei Cousins 3 Grades 2 zuruck 2 vor sinken die Werte weit unter den statistischen Durchschnitt und sind vernachlassigbar Diese niedrigen Werte reprasentieren die geringen genetischen Uberbleibsel der ursprunglichen Urgrosseltern oder eines Urgrosselternteils die zwei Kinder in die Welt setzten die ihrerseits die zwei unterschiedlichen Seitenlinien der Cousins 3 Grades begrundeten VerwandtenbevorzugungDie Hohe des Verwandtschafts koeffizienten spielt auch eine Rolle zur Erklarung von selbstlosen Handlungen Altruismus bei Menschen und Tieren oder in der sozialen Erbfolge siehe Verwandtenselektion In der Soziobiologie und der Psychobiologie erlaubt die Hohe des Verwandtschafts koeffizienten von Individuen entsprechende Vorhersagen uber ihre Verhaltensweisen die dem eigenen Gen einen hoheren Erfolg bei der Fortpflanzung sichern Schatzverfahren BearbeitenFur Gruppen oder Populationen ist die Bildung eines Mittelwertes uber alle ihre Angehorigen moglich Um ihren Inzuchtkoeffizienten berechnen zu konnen muss der Grad der Blutsverwandtschaft ihrer Vorfahren bekannt sein Dabei sind Aussagen nur in einer bestimmten zeitlichen Tiefe moglich denn mit zunehmenden Generationen werden alle Berechnungen durch fehlende belegte Vorfahren oder durch Ahnenverlust zu Schatzungen mit mehr oder weniger grossen statistischen Fehlern Um Inzuchtkoeffizienten bei Einzelpersonen sozialen Gruppen oder Bevolkerungsteilen grob zu schatzen kann die Familiennamenhaufigkeit ihrer Vorfahren ausgewertet werden Hatten zwei Elternteile vor ihrer Eheschliessung denselben Namen Isonymie wird auf einen hoheren Inzuchtkoeffizienten geschlossen Anwendung in der Zucht BearbeitenIn der Tierzucht existieren Daten fur viele Arten und Rassen die einen nachteiligen Zusammenhang zwischen Inzuchtkoeffizient und Leistungsverlust aufzeigen beispielsweise bezuglich Milchleistung Fruchtbarkeit oder Preisgeldern dies wird Inzuchtdepression genannt Verringerung der Fitness In solchen Fallen geht es in der Zucht darum den Inzuchtkoeffizienten moglichst niedrig zu halten Andererseits kann Inzucht auf einen Vorfahren mit besonders guter Leistung auch zu einer Erhohung dieser Leistung bei seinen Nachkommen fuhren die den nachteiligen Einfluss der Inzuchtdepression uberwiegt In solchen Fallen geht es um ein Gleichgewicht zwischen der inzuchtbedingten Leistungssteigerung und der auftretenden Inzuchtdepression In Populationen die einer vollstandigen Inzuchterholung unterliegen Purging besteht kein Zusammenhang mehr zwischen Inzuchtkoeffizient und Inzuchtdepression Berechnung BearbeitenExakte Methode nach Wright Bearbeiten Inzuchtkoeffizienten konnen auf mehrere Arten berechnet werden Die exakte aufwendige Berechnung liefert die Formel des US amerikanischen Genetikers Sewall Wright die er in den 1920er Jahren entwickelte 5 F I 1 2 n 1 n 2 1 1 F A i displaystyle F I sum left frac 1 2 right n 1 n 2 1 cdot 1 F A i nbsp n 1 displaystyle n 1 nbsp Anzahl der Generationen vom Vater zum gemeinsamen Vorfahren n 2 displaystyle n 2 nbsp Anzahl der Generationen von der Mutter zum gemeinsamen Vorfahren F A i displaystyle F A i nbsp Inzuchtkoeffizient des gemeinsamen VorfahrenBerechnung uber Isonomiekoeffizienten Bearbeiten Da die Formel nach Wright die Inzuchtkoeffizienten der einzelnen Vorfahren mit einbezieht wird fur die Berechnung nach Wright je nach Anzahl Generationen schnell eine sehr hohe Rechenleistung notig Fur eine weniger aufwendige Berechnung existiert daher folgende Naherungsformel I K 1 2 n 1 n 2 1 displaystyle IK sum frac 1 2 n 1 n 2 1 nbsp I K displaystyle IK nbsp Isonomiekoeffizient Naherung des Inzuchtkoeffizienten n 1 displaystyle n 1 nbsp Generationen zwischen Vater und gemeinsamen Vorfahren n 2 displaystyle n 2 nbsp Generationen zwischen Mutter und gemeinsamen VorfahrenDas wird fur jeden mehrfach auftretenden Vorfahren berechnet und dann summiert Dabei werden Vorfahren nur dann mehrmals eingerechnet wenn sie uber andere Vorfahren einfliessen die Eltern eines mehrfachen Vorfahren werden also nicht eingerechnet da diese bereits mit dem Vorfahren eingehen Der Inzuchtkoeffizient der einzelnen Vorfahren wird nicht berucksichtigt wodurch der erhaltene Naherungswert eher zu niedrig wird Weitere Methoden Bearbeiten Andere Berechnungsmethoden besonders fur sehr grosse Populationen geeignet uber 100 000 Individuen sind die Inzuchtberechnung nach Quaas 1976 6 nach Meuwissen 1992 7 sowie nach van Raden 1992 8 Ihr Vorteil gegenuber der Methode nach Wright liegt in der wesentlich schnelleren Berechnung guter Naherungen des Inzuchtkoeffizienten auch bei sehr grossem Datenumfang Siehe auch BearbeitenAhnenverlustkoeffizient einzelne Vorfahren treten gleichzeitig in mehreren Ahnenpositionen auf Inzucht beim MenschenLiteratur BearbeitenAllgemein Horst Krausslich Gottfried Brem Hrsg Tierzucht und allgemeine Landwirtschaftslehre fur Tiermediziner Enke Stuttgart 1997 ISBN 3 432 26621 9 Adrian Morris Srb Ray David Owen Robert Stuart Edgar General Genetics 2 Auflage Freeman San Francisco London 1965 Library of Congress 65 19558 englisch Methoden Th Meuwissen Z Luo Computing Inbreeding Coefficients in Large Populations In Genet Sel Evol Band 24 1992 S 305 313 englisch PMC 2711146 freier Volltext R L Quaas Computing the diagonal elements and inverse of a large numerator relationship matrix In Biometrics Band 32 1976 S 949 953 englisch Vorschau JSTOR 2529279 P M van Raden Accounting for Inbreeding and Crossbreeding in Genetic Evaluation of Large Populations In Journal of Dairy Science Band 75 Nr 11 1992 S 3136 3144 englisch online auf journalofdairyscience org Sewall Wright Coefficients of Inbreeding and Relationship In The American Naturalist Band 56 1922 S 330 338 englisch Volltext JSTOR 2456273 Einzelnachweise Bearbeiten a b Hansjakob Muller u a Medizinische Genetik Familienplanung und Genetik In Schweizer Medizin Forum Jahrgang 5 Nr 24 Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften Basel 2005 S 639 641 hier S 640 PDF 123 kB 3 Seiten auf medicalforum ch Memento vom 29 Marz 2018 im Internet Archive Zitat Genetische Risiken bei Verwandtenehen Korperliche und geistige Behinderung einschliesslich fruhkindlicher Sterblichkeit unter den Nachkommen verwandter Eltern Basisrisiko in der Bevolkerung ca 3 Andrew Read Dian Donnai Angewandte Humangenetik De Gruyter Berlin 2008 ISBN 978 3 11 020867 2 S 251 britische Erstveroffentlichung 2007 Seitenvorschau in der Google Buchsuche Zitat Der Inzuchtkoeffizient eines Menschen beschreibt den Anteil an Loci von denen man erwarten kann dass der Betreffende aufgrund der Blutsverwandtschaft seiner Eltern hier homozygot ist und beschreibt auch die Wahrscheinlichkeit dafur dass der Betreffende an einem beliebigen Locus zwei Gene geerbt hat die aufgrund ihrer Herkunft identisch sind a b c Jan Murken u a Inzuchts und Verwandtschaftskoeffizient bei verschiedenen Verwandtschaftsverhaltnissen In Humangenetik 7 vollstandig uberarbeitete Auflage Georg Thieme Verlag 2006 ISBN 978 3 13 139297 8 S 252 Tabelle dort auch die genauen Formeln Seitenvorschau in der Google Buchsuche F M Lancaster The coefficient of inbreeding F and its applications Nicht mehr online verfugbar In Genetic And Quantitative Aspects Of Genealogy 2015 archiviert vom Original am 3 April 2021 abgerufen am 1 Juni 2020 englisch siehe den Abschnitt The Closest Form of Inbreeding sowie Tabelle 19 nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www genetic genealogy co uk Vergleiche dazu auch das Punnett Quadrat Kombinationsquadrat Sewall Wright Coefficients of Inbreeding and Relationship In The American Naturalist Band 56 1922 S 330 338 englisch JSTOR 2456273 R L Quaas Computing the diagonal elements and inverse of a large numerator relationship matrix In Biometrics Band 32 1976 S 949 953 englisch Vorschau JSTOR 2529279 Th Meuwissen Z Luo Computing Inbreeding Coefficients in Large Populations In Genet Sel Evol Band 24 1992 S 305 313 englisch PMC 2711146 freier Volltext P M van Raden Accounting for Inbreeding and Crossbreeding in Genetic Evaluation of Large 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