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Als Inzucht beim Menschen wird die Fortpflanzung relativ naher Blutsverwandter miteinander bezeichnet Inzest ist dagegen der Geschlechtsverkehr relativ naher Blutsverwandter unabhangig von der Fortpflanzung Die Heirat unter Verwandten unabhangig von Geschlechtsverkehr und Fortpflanzung wird als Verwandtenheirat bezeichnet Sie ist in vielen Landern gesetzlich beschrankt Inhaltsverzeichnis 1 Inzucht beim Menschen und Erbkrankheiten 1 1 Theoretisches Risiko des Auftretens einer rezessiven Erbkrankheit 1 2 Abschatzung des realen Risikos 1 3 Humangenetische Beratung 1 4 Mogliche positive Auswirkungen 2 Siehe auch 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseInzucht beim Menschen und Erbkrankheiten BearbeitenErkenntnisse der Humangenetik und Vererbungslehre lassen darauf schliessen dass Inzucht beim Menschen die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Erbkrankheiten erhoht Dies konnte zu der Hypothese fuhren dass genetische Gesundheit durch besonders familienfremde Partnerwahl erzielt werden konne Mehr als die Halfte der beim Menschen bekannten Erbkrankheiten werden rezessiv vererbt Das bedeutet sie treten durch das gleichzeitige Vorhandensein der gesunden Erbanlage vom anderen Elternteil nicht als Merkmal in Erscheinung Viele Menschen tragen deshalb ohne es zu wissen Anlagen fur eine Erbkrankheit in sich sind aber trotzdem gesund Personen sind dann Konduktoren da sie auch die gesunde Erbinformation besitzen und diese dominant ist Solche rezessiven Erbkrankheiten konnen nur dann bei gemeinsamen Nachkommen ausbrechen wenn beide Elternteile dieselbe genetische Information fur krank in sich tragen und beide diese identische Erbinformation an dasselbe Kind weitergeben Theoretisches Risiko des Auftretens einer rezessiven Erbkrankheit Bearbeiten Bei vollburtigen gesunden Geschwistern die beide Trager derselben rezessiven Erbkrankheit sind wobei das Risiko dass beide Geschwister den Gendefekt eines Elternteils aufweisen fur gewohnlich 25 fur jeden Gendefekt ist findet sich die krankhafte Auspragung des Gens Allel bei den Madchen in 50 ihrer Eizellen und bei den Jungen in 50 der Spermien Wenn diese Geschwister spater miteinander Kinder zeugen werden durch die verschiedenen Kombinationsmoglichkeiten insgesamt 75 ihrer Kinder das Gen fur die Krankheit erben Mendelsche Regeln wobei 25 es von beiden Eltern homozygot erhalten und deshalb erkranken 50 haben ein gesundes und ein krankes Gen heterozygot bleiben also gesund 25 haben von beiden Eltern das gesunde Gen homozygot gesund und vererben die Krankheitsanlage somit nicht weiter Demgegenuber ist das Risiko erbkranke Kinder zu zeugen bei nicht miteinander blutsverwandten Paaren erheblich geringer weil sehr viel seltener die Trager desselben kranken Gens zusammenkommen Das durchschnittliche Risiko fur die Vererbung einer Erbkrankheit betragt bei nicht blutsverwandten Partnern rund 3 Prozent da die Wahrscheinlichkeit sehr gering ist dass beide dieselbe kranke Erbinformation in sich tragen Gehoren aber beide Partner einer Familie an in der die Erbanlage fur eine Erbkrankheit vorhanden ist steigt die Wahrscheinlichkeit dass ein Kind von beiden Elternteilen die Erbkrankheit ubertragen bekommt Das Risiko fur das Auftreten einer vorhandenen Erbkrankheit betragt fur Paare 1 2 3 00000000n 2 4 bei nicht blutsverwandten Partnern statistischer Durchschnitt 0 1 64 0 1 56 bei blutsverwandten Cousin Cousine 2 Grades 0 1 16 0 6 25 bei blutsverwandten Cousin Cousine 1 Grades 00 1 8 12 50 bei blutsverwandten Onkel Nichte Tante Neffe Grosselternteil Enkelkind oder Halbgeschwister 00 1 4 25 00 fur blutsverwandte Vater Tochter Mutter Sohn oder vollburtige Bruder SchwesterDiese Angaben entsprechen den sogenannten Inzuchtkoeffizienten die sich aus dem halben genetischen Verwandtschaftskoeffizienten zwischen zwei Personen berechnen Ubereinstimmung der Erbanlagen 1 Bezuglich der Vererbung von Erbkrankheiten muss auch zwischen dominanten und rezessiven Erbinformationen unterschieden werden Das grosste Risiko fur das Auftreten von genetisch bedingten Krankheiten liegt bei den gemeinsamen Nachkommen von Blutsverwandten die ihrerseits voneinander abstammen oder Geschwister sind zwischen diesen besteht in Deutschland ein Eheverbot Bei Partnern die Cousin und Cousine 1 Grades sind ist das Risiko viel geringer aber noch doppelt so hoch wie bei nicht verwandten Paaren Ab Cousin Cousine 2 Grades gemeinsame Vorfahren sind die Urgrosseltern entspricht das Risiko etwa dem von unverwandten Paaren Unabhangig davon vererben die heterozygoten Trager einer rezessiven Erbkrankheit auch mit einem nicht verwandten homozygot gesunden Partner das Gen fur die Krankheit an 50 ihrer gemeinsamen Kinder weiter die dann ebenfalls wieder heterozygote Trager der Erbanlage Konduktoren werden Abschatzung des realen Risikos Bearbeiten Jeder Mensch tragt durchschnittlich etwa sechs rezessiv vererbte krankheitsauslosende Allele Zustandsvarianten eines Genes 4 Zwischen vollburtigen Geschwistern beziehungsweise zwischen Eltern und ihren Kindern betragt die Wahrscheinlichkeit 50 Trager des gleichen krankheitsauslosenden Allels zu sein Dadurch kann davon ausgegangen werden dass fur etwa drei Gene das Geschwisterpaar beziehungsweise ein Elternteil und sein Kind heterozygot das gleiche krankheitsauslosendes Allel tragen Die Wahrscheinlichkeit fur ein jedes von ihnen bei einem gemeinsam gezeugten Kind eine Erbkrankheit auszulosen betragt 25 hingegen wird zu 75 das Kind die Erbkrankheit nicht phanotypisch verkorpern Daher lasst sich errechnen dass mit einer Wahrscheinlichkeit von rund 42 ein Kind einer solchen Beziehung kein phanotypischer Trager irgendeiner Erbkrankheit mit einer gleich grossen Wahrscheinlichkeit Trager einer mit etwa 14 Wahrscheinlichkeit zweier und mit etwa 2 Wahrscheinlichkeit homozygoter Trager aller drei Erbkrankheiten wird Formel 0 75 Gen 1 0 75 Gen 2 0 75 Gen 3 0 421875 Allerdings konnen solche Werte nur als ungefahre Orientierung taugen und geben die wahrscheinlichsten Wahrscheinlichkeiten an da mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit einzelne Personen auch Trager von deutlich mehr oder weniger Erbkrankheiten sein konnen Personliche Risikoabwagungen sind darum nur nach einer Sequenzierung beider potentieller Elternteile moglich Erst sie erlaubt auch uberhaupt die Schwere und Art der Krankheiten einzuschatzen Fur abnehmende Verwandtschaftsgrade sinkt auch die abschatzbare realistische Wahrscheinlichkeit dafur ein eine oder mehrere Erbkrankheit phanotypisch tragendes Kind zu bekommen bei einer Verbindung zwischen Halbgeschwistern Onkel und Tante oder Grosseltern und Enkeln werden etwa 66 der Kinder keine Erbkrankheit phanotypisch tragen bei einer Verbindung zwischen Cousin Cousine 1 Grades 81 zwischen Tante Onkel und Neffe Nicht 2 Grades 90 zwischen Cousin Cousine 2 Grades 95 usw tendiert also gegen die Wahrscheinlichkeit der durchschnittlichen Bevolkerung Zu beachten ist dass es noch andere Ursachen von Behinderungen als nur genetische Erbgange gibt so uberwiegt irgendwann die Wahrscheinlichkeit etwa durch Sauerstoffmangel unter der Geburt ein behindertes Kind zu bekommen wahrend eine Erbkrankheit nicht unbedingt zwingend eine Behinderung bedeutet etwa bei durch eine entsprechende Diat verhinderten Folgen von einer der haufigsten Erbkrankheiten in Mitteleuropa der Phenylketonurie Zudem sind die Wahrscheinlichkeiten fur das Auftreten von Erbkrankheiten insofern Hochstwerte als etwa eine Kombination mehrerer sehr schwerer Erbkrankheiten in einem Grossteil der Falle uberhaupt nicht erst zur Geburt eines Kindes fuhrt da die Folgen fur den heranwachsenden Organismus unter Umstanden bereits im Mutterleib so gross sind dass es zu einer in einem fruhen Stadium oft gar nicht bemerkten Fehlgeburt kommt Humangenetische Beratung Bearbeiten Hauptartikel Humangenetische Beratung Genetische Beratungsstellen weisen auch in den betroffenen Landern darauf hin dass Kinder von blutsverwandten Paaren das grossere Risiko einer Erbkrankheit oder Behinderung haben als Kinder nicht miteinander verwandter Paare siehe dazu auch die Erbkrankheitsrisiken 2 3 nbsp Anteil von Verwandtenheiraten einschliesslich Cousins 2 Grades US National Center for Biotechnology Information 2012 5 Bei der Entdeckung von Erbkrankheiten wie der Bluterkrankheit spielte die Stammbaumanalyse eine bedeutende Rolle da in Familienstammbaumen mit Verwandtenehen Erbkrankheiten stark gehauft auftraten Auch bei einer humangenetischen Beratung fur Betroffene oder deren Angehorige ist eine Stammbaumanalyse hilfreich Um das Risiko von Erbkrankheiten genauer einschatzen zu konnen werden Ahnenlisten aus mutter und vaterseitigen biologischen Abstammungslinien erstellt Mogliche positive Auswirkungen Bearbeiten Aus Daten der vom Pharmaunternehmen DeCODE Genetics durchgefuhrten Studie der genetischen und sozialen Bevolkerungsverzweigung Islands ist ersichtlich dass Frauen im fruhen 19 Jahrhundert die mit einem Cousin dritten oder vierten Grades verheiratet waren deutlich an der Spitze der kinderreichsten Mutter standen So hatten beispielsweise Frauen die mit einem Cousin dritten Grades verheiratet waren im rechnerischen Durchschnitt 4 04 Kinder und 9 17 Enkel wahrend Frauen die mit einem Cousin achten oder weiter entfernten Grades verheiratet waren nur 3 34 Kinder und 7 31 Enkel hatten Wenn sich diese Daten erharten lassen konnte dies bedeuten dass es fur Kinder und in Folge fur Enkelanzahl eine optimale familiare Distanz geben konnte 6 7 8 Siehe auch BearbeitenErbkrankheiten in endogamen Populationen Erbkrankheiten beim AdelLiteratur BearbeitenArthur P Wolf William H Durham Hrsg Inbreeding Incest and the Incest Taboo The State of Knowledge at the Turn of the Century Stanford University Press Stanford 2005 ISBN 0 8047 5141 2 englisch Arnold Egenter Uber den Grad der Inzucht in einer Schwyzer Berggemeinde und die damit zusammenhangende Haufung rezessiver Erbschaden Albinismus Schwachsinn Schizophrenie u a In Archiv der Julius Klaus Stiftung fur Vererbungsforschung Sozialanthropologie und Rassenhygiene Zurich Band 9 Heft 3 4 1934 S 365 406 Dissertation Universitat Zurich Medizinische Fakultat 1934 DNB 570116767 Weblinks BearbeitenCigdem Akyol Inzest Cousin und Cousine als Eltern In Zeit Online 23 Juli 2012 abgerufen am 18 August 2019 enge Verwandte die ein Kind zeugen gehen ein hohes Risiko ein Antje Schmelcher Verwandtenehen Daruber spricht und forscht man nicht In FAZ net 6 Juni 2011 abgerufen am 18 August 2019 viele Kinder mit Erbkrankheiten stammen aus Verwandtenehen Einzelnachweise Bearbeiten a b Jan Murken u a Inzuchts und Verwandtschaftskoeffizient bei verschiedenen Verwandtschaftsverhaltnissen In Humangenetik 7 vollstandig uberarbeitete Auflage Georg Thieme Verlag 2006 ISBN 978 3 13 139297 8 S 252 Tabelle dort auch die genauen Formeln Seitenansicht in der Google Buchsuche a b Hansjakob Muller u a Medizinische Genetik Familienplanung und Genetik In Schweizer Medizin Forum Jahrgang 5 Nr 24 Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften Basel 2005 S 639 641 hier S 640 PDF 123 kB 3 Seiten Archiviert via WebCite Memento vom 4 Januar 2015 auf WebCite Ausserhalb von Mitteleuropa sind Ehen unter Verwandten relativ weit verbreitet bei etwa 20 der Weltbevolkerung stellen sie sogar die bevorzugte Form der Heirat dar Tabelle 2 Genetische Risiken bei Verwandtenehen Verwandte 1 Grades Vater Tochter Bruder Schwester 50 Cousin Cousine 1 Grades 6 Cousin Cousine 2 Grades 4 Studien haben gezeigt dass die gemeinsamen Nachkommen von Verwandten hohere genetische Risiken tragen als diejenigen von Nicht Verwandten Bei Cousin und Cousine 1 Grades ist das Risiko fur korperliche und geistige Behinderungen im Vergleich zum Risiko in der normalen Bevolkerung noch doppelt so gross Die schwere degenerative Nervenkrankheit Tay Sachs tritt in der ashkenasim judischen Bevolkerung haufiger auf als anderswo Entsprechend gross ist das Risiko fur das Auftreten dieser Krankheit mit autosomal rezessivem Erbgang bei Paaren dieser Herkunft a b Janine Flocke Migranten Verwandt verlobt verheiratet In Zeit Online 27 Marz 2007 abgerufen am 18 August 2019 Zitat Denn oft ist das Risiko einer Fehlbildung auch unter Cousin und Cousine hoher als gedacht Das ist vor allem dann der Fall wenn die Vorfahren des Paares auch schon miteinander blutsverwandt waren Manche Familien heiraten seit Generationen nur untereinander sagt Yasemin Yadigaroglu Der Berliner Gynakologe und Experte fur Pranataldiagnostik Rolf Becker hat festgestellt dass rund 8 Prozent der Kinder von behandelten Migrantinnen geistig oder korperlich behindert waren https www sueddeutsche de wissen risikofaktor inzest was steckt hinter dem tabu 1 270521 H Hamamy Consanguineous marriages Preconception consultation in primary health care settings In Journal of community genetics Band 3 Nummer 3 Juli 2012 S 185 192 doi 10 1007 s12687 011 0072 y PMID 22109912 PMC 3419292 freier Volltext Agnar Helgason u a An Association Between the Kinship and Fertility of Human Couples In Science Band 319 Nr 5864 Februar 2008 S 813 816 doi 10 1126 science 1150232 PMID 18258915 englisch dpa Meldung Wissenschaft Ehe zwischen Cousins und Cousinen sehr fruchtbar In Handelsblatt 7 Februar 2008 abgerufen am 14 Dezember 2013 Audrey Grayson Iceland s Kissing Cousins Breed More Kids In ABC News 8 Februar 2008 abgerufen am 14 Dezember 2013 englisch Dr Kari Stefansson senior author of the paper on the study But in spite of the fact that bringing together two alleles of a recessive trait may be bad there is clearly some biological wisdom in the union of relatively closely related people Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Inzucht beim Menschen amp oldid 235278824