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Das Interventionsverbot ist eines der Grundprinzipien des Volkerrechts Er verbietet einem Staat die Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Inhalt des Verbotes 2 1 Anerkennung des Grundsatzes 2 2 Elemente des Interventionsverbotes 2 3 Abgrenzung 2 4 Anwendungsfalle 3 Geltung im Rahmen von Internationalen Organisationen 4 Literatur 5 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenAuch wenn das Interventionsverbot schon seit dem Westfalischen Frieden durch das Prinzip der Staatssouveranitat in der Staatenordnung anerkannt war wurde es erstmals im Jahre 1758 von Emer de Vattel in seinem Werk Le droit des gens ou principes de la loi naturelle konkret benannt Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs nutzen das Interventionsverbot uberwiegend ehemalige Kolonien und aufstrebende Nationen so die noch junge USA in der sog Monroe Doktrin 1823 1 zum Schutze vor militarischer Einmischung wirtschaftlich und militarisch uberlegener Staaten Erst nach Grundung der Vereinten Nationen wurde der Grundsatz auch explizit auf nicht militarische Einmischung bezogen da nun die kriegerische Einmischung durch das in Art 2 Nr 4 der Charta der Vereinten Nationen verankerte Gewaltverbot verboten war und das Interventionsverbot dafur nun nicht mehr herangezogen werden musste Seitdem wurde es nicht nur in vielen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen bestatigt so vor allem in der Friendly Relations Declaration vom 24 Oktober 1970 2 sondern auch der Internationale Gerichtshof hat in seinem Nicaragua Urteil 1986 das Prinzip anerkannt wenn auch nicht abschliessend beschrieben 3 Heute kommt dem Interventionsverbot wieder zusatzliche Relevanz zu da Staaten insbesondere wirtschaftlich eng verflochten sind und somit okonomische diplomatische und politische Einflussnahmen zur Tagesordnung gehoren denen durch das Interventionsverbot Grenzen gesetzt werden Inhalt des Verbotes BearbeitenAnerkennung des Grundsatzes Bearbeiten Das Interventionsverbot gilt als Volkergewohnheitsrecht Zwar normiert die Charta der Vereinten Nationen das zwischenstaatliche Interventionsverbot nicht ausdrucklich Es ist jedoch Konsens dass das Interventionsverbot aus dem Grundsatz der souveranen Gleichheit der UN Mitgliedstaaten gem Art 2 Nr 1 UN Charta abzuleiten ist 4 Als Gewohnheitsrecht gilt es auch fur und gegen Nicht Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen Elemente des Interventionsverbotes Bearbeiten Das Interventionsverbot besteht aus zwei Elementen Der Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Staates und der Anwendung oder Androhung von Zwang 5 Eine innere Angelegenheit des Staates auch domaine reserve genannt betrifft nach dem Urteil des Internationalen Gerichtshofs zu Nicaragua 6 zumindest das Recht des Staats in seinen inneren und ausseren Angelegenheiten grundsatzlich frei ohne ausseren Zwang zu entscheiden insbesondere in der Wahl des politischen sozialen und kulturellen Systems und der Bestimmung der Aussenpolitik Der durch das Verbot geschutzte Bereich ist veranderbar und kann von Staat zu Staat unterschiedlich weit zu bestimmen sein Insbesondere konnen sich Staaten durch volkerrechtliche Vertrage zu einem bestimmten Verhalten verpflichten dadurch wird die Angelegenheit internationalisiert und ist dann nicht mehr nur Sache des Staates selbst Wann unzulassiger Zwang vorliegt ist noch immer umstritten und stellt die eigentliche Kernproblematik 7 des Interventionstatbesttandes dar Sowohl die Abgrenzung zum Gewaltverbot als auch zum zulassigen Druck gelegentlich auch Interzession genannt ist noch nicht abschliessend geklart 8 Adressaten des Verbotes sind nur Staaten Handeln Private zum Beispiel multinationale Unternehmen konnen sie nicht fur einen Verstoss gegen das Interventionsverbot verantwortlich gemacht werden Moglicherweise sind ihre Handlungen aber einem Staat im Rahmen der Staatenveranwortung zuzurechnen 9 Abgrenzung Bearbeiten In der Praxis hat sich eine Abgrenzung nach oben bezuglich bewaffneter Gewalt und nach unten hinsichtlich zulassiger Einwirkung auf andere Staaten eingeburgert 10 Nach oben ist das Interventionsverbot vom Gewaltverbot abzugrenzen Die genaue Unterscheidung ist umstritten da eine Gewaltanwendung de facto eine Intervention mit militarischer Gewalt also gleichzeitig eine Einmischung darstellt Da das Gewaltverbot aber genauer reglementiert und in Umfang und Anwendung prazisiert wurde ist eine genaue Abgrenzung nicht erforderlich Solche Falle sind durch die Regelungen bezuglich militarischer Gewalt abgedeckt insbesondere durch das in Art 51 der UN Charta normierte Recht zur Selbstverteidigung 11 Nach unten ist die Abgrenzung ebenso umstritten Es ist insofern klar dass nicht jede Einflussnahme eines Staates unzulassig ist Daher ist zwischen unzulassigem Zwang und einer zulassigen Ausubung von Druck zu unterscheiden Weder die Handllungspraxis der Staaten noch die Judikate des Internationalen Gerichtshofes haben den Begriff des Zwangs aber klarer definiert Im Zusammenhang mit wirtschaftlichem Zwang sprach der UN Generalsekretar davon dass es im internationalen Recht keinen klaren Konsens daruber gibt wann wirtschaftliche Zwangsmassnahmen unzulassig sind trotz einschlagiger Vertrage Erklarungen und Resolutionen internationaler Organisationen die versuchen Normen zu entwickeln die den Einsatz solcher Massnahmen begrenzen 12 Daher lasst sich bisher in einer Grauzone nur im Einzelfall unterscheiden wann die Grenze zur Intervention erreicht ist Anwendungsfalle Bearbeiten Es ist generell anerkannt dass kein Staat in einem anderen Staat auf einen Regimewechsel regime change hinwirken darf Auch die Destabilisierung durch subversives Verhalten ist untersagt Als Beispiel werden oft vom eigenen Territorium aus gesendete grenzuberschreitende Rundfunkaufrufe genannt mit denen die Bevolkerung des anderen Landes zum Sturz der eigenen Regierung aufgefordert wird 13 Verboten ist insofern auch die Unterstutzung von Aufstandischen etwa durch Finanzierung Ausbildung oder Versorgung mit Waffen wie der Internationale Gerichtshof im Nicaragua Urteil 1986 feststellte Auch die Parteinahme gegen die herrschende Regierung in einem Burgerkrieg ist unzulassig Die vorzeitige verfruhte Anerkennung eines territorialen Gebildes kann einen Verstoss gegen das Interventionsverbot begrunden wenn der vermeintliche Staat in Wahrheit noch Bestandteil eines anderen Staates ist 14 Kein Konsens ist bisher gefunden ab wann der Einsatz von Wirtschaftssanktionen so des Wirtschaftsboykotts die Verhangung eines Embargos oder das Einfrieren auslandischer Konten unter das Interventionsverbot fallen kann Geltung im Rahmen von Internationalen Organisationen BearbeitenIm Rahmen der Vereinten Nationen bestimmt Art 2 Nr 7 der Charta der Vereinten Nationen dass sich die Organe der Vereinten Nationen nicht in Angelegenheiten der Mitgliedsstaaten einmischen durfen Ahnliche Verbote finden sich beispielsweise in Art 3 der Charta der Organisation Amerikanischer Staaten oder Art 2 der Charta des Verbandes Sudostasiatischer Nationen ASEAN Literatur BearbeitenTobias Trautner Die Einmischung in innere Angelegenheiten und die Intervention als eigenstandige Verbotstatbestande im Volkerrecht Peter Lang Verlag 1999 Menschenrechte und die Frage der Einmischung in innere Angelegenheiten Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages 16 April 2008 PDF Marco Athen Der Tatbestand des volkerrechtlichen Interventionsverbots Baden Baden 2017 Brun Otto Bryde Die Intervention mit wirtschaftlichen Mitteln In Ingo von Munch Hrsg Staatsrecht Volkerrecht Europarecht Festschrift fur Hans Jurgen Schlochauer zum 75 Geburtstag am 28 Marz 1981 Berlin New York 1981 S 227 245 Detlev Christian Dicke Die Intervention mit wirtschaftlichen Mitteln Baden Baden 1978 Matthias Valta Staatenbezogene Wirtschaftssanktionen zwischen Souveranitat und Menschenrechten Tubingen 2019 Einzelnachweise Bearbeiten Jurgen v Prellwitz Das Prinzip der Nichteinmischung als Grundlage der interamerikanischen Beziehung Zeitschrift fur Politik 1960 S 110 133 2625 XXV Erklarung uber Grundsatze des Volkerrechts betreffend freundschaftliche Beziehungen und Zusammenarbeit zwischen den Staaten im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen PDF auf un org IGH 27 6 1986 ICJ Reports 1986 124 Rn 242 https www icj cij org en case 70 judgments Military and Paramilitary Activities in and against Nicaragua Nicaragua United States of America General List No 70 Torsten Stein Christian von Buttlar Markus Kotzur Volkerrecht 14 Aufl Munchen 2017 Rn 635 Andreas von Arnauld Volkerrecht 4 Aufl Heidelberg 2017 Rn 351 IGH 27 6 1986 ICJ Reports 1986 124 Rn 205 Military and Paramilitary Activities in and against Nicaragua Nicaragua United States of America General List No 70 abrufbar unter https www icj cij org en case 70 judgments Marco Athen Der Tatbestand des volkerrechtlichen Interventionsverbots Baden Baden 2017 S 233 Thomas Oppermann Nichteinmischung in innere Angelegenheiten Zur Abgrenzung der Nichteinmischung gegenuber Intervention und Interzession Archiv des Volkerrechts 1970 S 321 342 Torsten Stein Christian von Buttlar Markus Kotzur Volkerrecht 14 Aufl Munchen 2017 Rn 647 So schon fruh Axel Gerlach Die Intervention Versuch einer Definition Hamburg 1967 S 107 Philip Kunig Prohibition of Intervention in Rudiger Wolfrum Hrsg Max Planck Encyclopedias of International Law Rn 6 Note by the Secretary General Economic measures as a means of political and economic coercion against developing countries 1993 abgerufen am 15 April 2023 englisch Torsten Stein Christian von Buttlar Markus Kotzur Volkerrecht 14 Aufl Munchen 2017 Rn 647 Meinhard Schroder In Vitzthum Proelss Hrsg Volkerrecht 8 Auflage 2019 S 752 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Interventionsverbot Volkerrecht amp oldid 233221630