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Unter Interesse von lateinisch interesse teilnehmen versteht man in der Politikwissenschaft und Sozialwissenschaft einen recht vielfaltig verwendeten aber als grundlegend erachteten Begriff der Eigenverortung und damit verbundenen Zielen von Individuen und sozialen Gruppen sowohl im gesellschaftlichen Ganzen als auch allgemein in der ubergreifenden Umgebung Der Begriff ist fur die sozialwissenschaftlicher Empirie und Theoriebildung zentral weil davon ausgegangen wird dass Menschen immer von ihren Interessen geleitet handeln Insofern gilt er nachgerade als genuin anthropologische Kategorie 1 Das Problem mehrerer in einer Person existierender sich aber widersprechender Interessen bezeichnet man als Interessenkonflikt Inhaltsverzeichnis 1 Wortgeschichte 2 Arten von Interessen 3 Interessenvertretungen 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseWortgeschichte BearbeitenErstmals verwendet wird das Wort im Corpus iuris civilis das der ostromische Kaiser Justinian I in den Jahren 528 bis 534 zusammenstellen liess In der Rechtssprache des Hochmittelalters wurde es in der Bedeutung Zins verwendet Seit dem 16 Jahrhundert wird darunter zunehmend Vorteil oder Nutzen verstanden Ideengeschichtlich begann hiermit die Ablosung der Grundvorstellung das Handeln der Menschen sei durch kollektive Normen oder transzendente Werte motiviert die eine individualistische Gesellschaftstheorie ermoglichte 2 Bis zur Aufklarung entwickelten sich verschiedene Staats und Morallehren in denen die unterschiedlichen Interessen der nun als selbststandig handelnd gedachten Burger als legitim anerkannt und gefragt wurde wie sie sich zu einem Gemeinwohl verbinden lassen Davon abweichend wurde der Begriff in der religiosen Terminologie Spaniens negativ verstanden und stand als Synonym fur sundige Egozentrik 3 Der deutsche Staatsrechtslehrer Lorenz von Stein 1815 1890 nannte das Interesse das Prinzip der Gesellschaft fur den Soziologen Max Weber 1864 1920 ist es Bedingung menschlichen Handelns Seitdem sehen die Sozialwissenschaften in den Interessen der Menschen deren zentrale Handlungsmotivation 4 Arten von Interessen BearbeitenUnterschieden werden a manifeste und latente Interessen Als manifest werden die Interessen bezeichnet die einer politischen Auseinandersetzung artikuliert werden und in Interessengruppen oder Parteien artikuliert werden Nicht artikulierte Interessen bezeichnet man als latent von lateinisch latere verborgen sein Damit sind Bedurfnisse und Wunsche gemeint die bestimmten gesellschaftlichen Gruppen zugeschrieben werden und implizit gesellschaftlichen Einfluss ausuben konnen b subjektive und objektive Interessen Subjektiv sind diejenigen Interessen die eine Person oder eine Gruppe als die ihrigen wahrnimmt und nach denen sie Verhalten ausrichtet Als objektive Interessen werden essentielle Bedurfnisse einer Gruppe bezeichnet die sich ihrer noch nicht bewusst ist Die Denkfigur des objektiven Interesses spielte im Marxismus Leninismus eine wichtige Rolle zur Legitimation der sozialistischen Kaderpartei die fur sich in Anspruch nahm die objektiven Interessen der Arbeiterklasse zu vertreten und diese deswegen auch fuhren zu durfen selbst wenn sie subjektiv ganz andere Interessen formulierte 5 Die Annahme dass Menschen das Recht haben ihre subjektiven Interessen zu verfolgen bildet dagegen den Kern der modernen Pluralismustheorie 6 c partikulare und universale Interessen Als universal werden Interessen bezeichnet die von allen Individuen einer Gruppen geteilt werden Gemeinwohl Hierbei ist umstritten ob sie mit einem empirisch schwer messbaren Gemeinwillen gleichzusetzen sind oder in einer demokratischen Interessenaggregation erst gefunden werden mussen Partikularinteressen dagegen sind solche die nur von gesellschaftlichen Teilgruppen unterschiedlich vertreten werden also etwa Lohnerhohungen oder senkungen Subventionierung verschiedener Wirtschaftszweige auf Kosten anderer Strassen und Wegebau fur Autos oder fur Fahrrader Kostenfreiheit fur den Besuch einer Kindertagesstatte oder fur ein Universitatsstudium 7 Da in der pluralistischen Gesellschaft alle Menschen ihre jeweiligen Interessen artikulieren sind nach dem Politikwissenschaftler Joachim Detjen alle Interessen vom Staat her gesehen immer partiell und konflikttrachtig keinesfalls jedoch allgemein Insofern suggeriere die Bezeichnung Universal oder Allgemeininteresse etwas Unzutreffendes Die Vorstellung eines Allgemeininteresses lasse sich nur retten wenn man eine hohere Instanz annimmt die uber allen Interessen steht selber aber kein eigenes Interesse hat Diese Instanz kann metaphysisch oder naturrechtlich sein also etwa als Menschenwurde Der Politikwissenschaftler Peter Massing schlagt in Anlehnung an Jurgen Habermas Theorie des kommunikativen Handelns eine diskursive Unterscheidung aller Interessen in rational allgemeine und irrational partikulare vor wobei allein letztere Geltung beanspruchen durften Dieser Ansatz wurde als lebensfremd kritisiert 8 Siehe auch Offentliches InteresseInteressenvertretungen BearbeitenOrganisierte Interessen sind ein essenzieller Bestandteil der politischen Landschaft Sie uben einen signifikanten Einfluss auf unsere Wahrnehmung sowie politische Einstellung zu den verschiedensten Politikfeldern aus Interessenvertretungen werden definiert als freiwillige oder erzwungene Zusammenschlusse von naturlichen oder juristischen Personen mit wenigstens einem Mindestmass an organisatorischer Verfasstheit und dem Zweck Interessen der Mitglieder entweder selbst zu verwirklichen oder durch Mitwirkung oder Einwirkung auf Gemeinschaftsentscheidungen durchzusetzen ohne selbst die Ubernahme politischer Verantwortung anzustreben 9 Literatur BearbeitenPeter Massing Peter Reichel Interesse und Gesellschaft Definitionen Kontroversen Perspektiven Piper Munchen 1977 Hartmut Neuendorff Der Begriff des Interesses Eine Studie zu den Gesellschaftstheorien von Hobbes Smith und Marx Suhrkamp Frankfurt 1973 ISBN 3 518 00608 8 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Interesse Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen nbsp Wikiquote Interesse ZitateEinzelnachweise Bearbeiten Joachim Detjen Interesse In Everhard Holtmann Hrsg Politik Lexikon 3 Auflage Oldenbourg Munchen 2000 ISBN 978 3 486 79886 9 S 271 274 hier S 271 Bernhard Thibaut Interesse In Dieter Nohlen Hrsg Lexikon der Politik Band 7 Politische Grundbegriffe Directmedia Berlin 2004 S 280 Joachim Detjen Interesse In Everhard Holtmann Hrsg Politik Lexikon 3 Auflage Oldenbourg Munchen 2000 S 271 274 hier S 271 ff Peter Massing Interesse In Dieter Nohlen Hrsg Lexikon der Politik Band 1 Politische Theorien Directmedia Berlin 2004 S 218 Interessenvertretung In Dieter Dowe Karlheinz Kuba et al Hrsg FDGB Lexikon Funktion Struktur Kader und Entwicklung einer Massenorganisation der SED 1945 1990 Dietz Berlin 2009 ISBN 978 3 86872 240 6 Zugriff am 28 August 2021 Joachim Detjen Interesse In Everhard Holtmann Hrsg Politik Lexikon 3 Auflage Oldenbourg Munchen 2000 S 271 274 hier S 273 Das Obige wo nicht anders angegeben nach Carsten Lenz Nicole Ruchlak Kleines Politik Lexikon Lehr und Handbucher der Politikwissenschaft Oldenbourg Munchen 2001 S 98 f Joachim Detjen Interesse In Everhard Holtmann Hrsg Politik Lexikon 3 Auflage Oldenbourg Munchen 2000 S 271 274 hier S 274 Heinz Sahner Vereine und Verbande in der modernen Gesellschaft In Heinrich Best Hrsg Vereine in Deutschland vom Geheimbund zur freien gesellschaftlichen Organisation Informationszentrum Sozialwissenschaften Bonn S 11 118 hier S 26 Normdaten Sachbegriff GND 4795237 4 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Interesse Politikwissenschaft amp oldid 239538546