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Die sogenannte Inselregel auch Fosters Regel englisch Foster s rule genannt ist eine Hypothese zur Korpergrosse von Tierarten auf ozeanischen Inseln Die Regel besagt dass in Verwandtschaftsgruppen oder Kladen aus Arten mit durchschnittlich hoher Korpergrosse wie zum Beispiel Russeltieren Proboscidea die auf Inseln lebenden Vertreter kleiner sind als der Durchschnitt Inselverzwergung genannt In Verwandtschaftsgruppen mit Arten die normalerweise klein bleiben wie zum Beispiel Landschildkroten seien die auf Inseln lebenden Vertreter hingegen grosser als der Durchschnitt als Inselgigantismus bezeichnet Nach der Inselregel sind auf Inseln in Wirklichkeit vor allem mittelgrosse Arten im Vorteil Die Giganten und Zwerge besitzen eine auffallende Grosse nur wenn man sie mit nahe verwandten Arten des Festlands vergleicht Absolut betrachtet besitzen sie keine besonders extreme Grosse sie konnen sogar tatsachlich nahezu gleich gross sein Der Inselregel zufolge sollten Arten deren typische Vertreter auf dem Festland mittelgross sind diese Grosse auf Inseln beibehalten und weder Inselgigantismus noch Verzwergung aufweisen Dass die Varianz ein Mass fur die Abweichung der Messwerte vom Durchschnittswert der Korpermasse bei Saugetieren auf Inseln kleiner ist als auf dem Festland konnte dabei auch statistisch belegt werden 1 Inhaltsverzeichnis 1 Forschungsgeschichte 2 Grunde 3 Uberprufung 4 EinzelnachweiseForschungsgeschichte BearbeitenDie Hypothese der Inselverzwergung wurde zuerst von Palaontologen wie Dorothea Bate aufgestellt die auf Inseln im Mittelmeer Skelette von ausgestorbenen zwergwuchsigen Elefantenarten gefunden hatten 2 von denen spater weltweit immer auf Inseln zahlreiche weitere Arten auftauchten wie etwa das Zwergmammut Die geringe Korpergrosse von sonst riesenhaften Sauropoden wie zum Beispiel dem allerdings selbst erst spater entdeckten Europasaurus wurde bald darauf ebenso erklart 3 Merkwurdigerweise tauchten aber auf Inseln auch immer mehr lebende und fossile Arten auf die die grossten Vertreter ihrer jeweiligen Gattungen oder weiterer Verwandtschaftskreise waren wie etwa der Komodowaran oder der ausgestorbene Haastadler Neuseelands Der kanadische Okologe Bristol Foster untersuchte das Phanomen als erster vergleichend in einigen Ordnungen einer Tiergruppe der Saugetiere Er fand verbreitet Inselverzwergung bei den Raubtieren Carnivora den Hasenartigen Lagomorpha und den Paarhufern wahrend seinen Daten zufolge Inselgigantismus bei Nagetieren Rodentia und unsicher bei den Beuteltieren Marsupialia vorherrschte 4 Er spekulierte uber die verbindende Regelmassigkeit die zuerst durch den Evolutionsbiologen Leigh Van Valen Inselregel island rule genannt wurde 5 Die Inselregel wurde danach durch den Biogeographen Mark V Lomolino bei zahlreichen weiteren Gruppen untersucht und von ihm auf alle Wirbeltiergruppen verallgemeinert 6 Sie wird heute teilweise auch auf weitere Gruppen wie Insekten 7 angewandt Grunde BearbeitenFur die beobachteten Tendenzen bei der Korpergrosse sind verschiedene Hypothesen vorgeschlagen worden die sie mit den besonderen okologischen Bedingungen auf Inseln 8 9 6 in Verbindung bringen die dort in vielen Fallen eine weit hohere Geschwindigkeit der morphologischen Evolution als auf dem Festland zu ermoglichen scheinen Inseln besitzen vergleichbar grossen Regionen des Festlands gegenuber fast immer weniger Arten pro Flache Besonders hoch spezialisierte Arten mit enger okologischer Nische konnen Inseln kaum erfolgreich kolonisieren weil sie auf eine besondere Lebensgemeinschaft zu ihrer Existenz angewiesen sind oder weil die Insel fur eine minimale uberlebensfahige Population schlicht nicht gross genug ist Inseln bieten vielen Tierarten auch nur wenige Nahrungs Ressourcen wodurch kleinere Individuen mit geringerem Appetit bevorzugt sind Gleichzeitig fehlen aber fur viele Arten spezialisierte Rauber insbesondere grosse rauberische Saugetiere so dass ihre ublichen Beutetiere auf Inseln grosser und damit langsamer und auffalliger werden konnen 10 Da weniger Arten vorhanden sind ist auch die interspezifische Konkurrenz zwischen den Arten tendenziell geringer Dadurch konnten Arten die auf dem Festland nur eine enge Nische besetzen in Abwesenheit der Konkurrenten generalistischer und damit auch grosser oder kleiner werden wenn durch die Konkurrenz vorgegebene Zwange entfallen Haastadler und Komodowaran konnten sich etwa aus kleineren Vorfahren moglicherweise besser auf Inseln entwickeln auf denen die Konkurrenz von jagenden Saugetieren geringer war Ein weiterer moglicher Grund liegt darin dass ozeanische Inseln insbesondere weit vom Festland entfernte vulkanische oder Koralleninseln nur Arten beherbergen konnen die die Entfernung vom nachsten Festland oder anderen schon besiedelten Lebensraum zurucklegen konnten Dadurch ist nicht nur die Artenzusammensetzung teilweise starker vom Zufall bestimmt sondern die Wahrscheinlichkeit der Kolonisierung kann auch selbst von der Korpergrosse abhangen Uberprufung BearbeitenDie Hypothese hat seit ihrer Aufstellung grosse Aufmerksamkeit gefunden und ist von zahlreichen Forschern im Rahmen von Metastudien getestet worden Dabei wurden neben den klassischen Beispielen immer mehr Gruppen in die Analyse mit einbezogen Die Regel wurde zum Beispiel auch fur Primaten bestatigt 11 Dennoch verhalten sich nicht alle Tiergruppen dieser Erwartung entsprechend In einer grossen Analyse haben Shai Meiri und Kollegen 12 einen gewaltigen Datensatz zur Korpermasse von Vogeln Saugetieren und Schuppenkriechtieren auf Inseln und Festlandern zusammengetragen und die Inselregel damit uberpruft Dabei wurden Auffalligkeiten in einigen Gruppen bestatigt So waren tatsachlich die grossten Vertreter zahlreicher Vogelgattungen und Kriechtierfamilien haufiger auf Inseln lebend als zufallig zu erwarten ware Bei den Saugetieren war Inselverzwergung bei zahlreichen ausgestorbenen und lebenden Gruppen gut nachweisbar wahrend klare Falle von Inselgigantismus kaum vorkamen Dabei waren die besten Ubereinstimmungen bei Gruppen feststellbar die generell grosser sind insbesondere an ausgestorbenen Formen Als Aussterbeursache dieser besonderen Inselfaunen ist in fast allen Fallen der Mensch entweder nachgewiesen oder hoch wahrscheinlich wie etwa die Moas Neuseelands oder die Elefantenvogel Madagaskars Bei vielen Gruppen war allerdings ein Effekt der Inseln auf die Korpergrosse uberhaupt nicht nachweisbar Einige Falle bestatigen zwar Gigantismus und Verzwergung sind aber mit der Inselregel in ihrer ublichen Form kaum erklarbar So scheinen bei Nagetieren sowohl extrem grosse wie auch extrem kleine Formen auf Inseln haufiger zu sein als auf dem Festland also die Varianz grosser wahrend die Inselregel eine kleinere Varianz vorhersagen wurde 13 Wahrend es also einige Beispiele gibt die gut mit der Inselregel erklarbar sind sind die Belege fur eine generelle Geltung der Regel eher zweifelhaft Den Kritikern zufolge 12 beruht ihr Erfolg moglicherweise sogar teilweise auf einem Wahrnehmungseffekt Giganten und Zwerge exotischer Inselfaunen ziehen moglicherweise einfach mehr Aufmerksamkeit auf sich als vergleichbar grosse oder kleine Arten entlegener Festlandsregionen Einzelnachweise Bearbeiten Trevor D Price amp Albert B Phillimore 2007 Reduced major axis regression and the island rule Journal of Biogeography 34 1998 1999 D M A Bate 1907 On elephant remains from Crete with description of Elephas creticus sp n Proceedings of the Zoological Society of London 77 238 250 F Nopcsa 1914 Uber das Vorkommen der Dinosaurier in Siebenburgen Verhandlungen der zoologisch botanischen Gesellschaft Wien 54 12 14 J B Foster 1964 Evolution of Mammals on Islands Nature 202 234 235 L Van Valen 1973 Pattern and the balance of nature Evolutionary Theory 1 31 49 a b Mark V Lomolino 2005 Body size evolution in insular vertebrates generality of the island rule Journal of Biogeography 32 1683 1699 S L Chown amp K J Gaston 2010 Body size variation in insects a 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