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Indirekte Strategie englisch Indirect approach auch Strategie des indirekten Ansatzes ist ein Ausdruck aus dem Bereich der Strategie den Basil Liddell Hart in seinen militarhistorischen Arbeiten uber den Ersten Weltkrieg benutzt hat Die Bedeutung dieses Begriffes liegt darin dass Manover bzw psychologische Kriegsfuhrung direkten Kampfhandlungen an der Front vorgezogen werden Dies steht im Gegensatz zur Theorie von Carl von Clausewitz die im Ersten Weltkrieg Anwendung fand Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund 2 Indirekte Strategie 2 1 Positive Prinzipien 2 2 Negative Prinzipien 3 Einflusse und Kritik 4 Einzelnachweise 5 Literatur 6 WeblinksHintergrund BearbeitenGeneral Carl von Clausewitz einer der Begrunder der modernen Kriegsfuhrung betonte die Bedeutung der militarischen Strategie in der Fuhrung von Schlachten Er vertrat die Ansicht die Schlacht sei das Zentrum des Krieges der entscheidende Punkt auf den alle strategischen Bemuhungen hinzielen mussen Logistik Manover wie auch Tauschungsmanover sollten nur einen besseren Ausgangspunkt in der Schlacht bieten in der die Truppen aufeinanderstossen und der Ausgang eines Feldzuges durch physische Gewalt entschieden wird Dementsprechend stellte sich Clausewitz gegen uberraschende oder irrefuhrende Massnahmen Clausewitz Lehren gewannen grossen Einfluss und dienten als Anregung fur die Kriegsplane der europaischen Armeen im 19 Jahrhundert Vor allem fuhrende deutsche Militars wie Moltke der Altere Moltke der Jungere und Alfred von Schlieffen sahen sich als Schuler von Clausewitz Im Ersten Weltkrieg stellte sich heraus dass diese Strategie keine Resultate erbrachte Die Entwicklung neuer Waffen wie des Maschinengewehrs und der Ausbau von Festungsanlagen steigerten das Risiko eines Frontalangriffs auf befestigte Stellungen und forderten zwangslaufig viele Opfer In zahlreichen Schlachten wie der Schlacht um Verdun und der Schlacht an der Somme kamen Zehntausende ums Leben bevor sie feindliche Stellungen erreichen konnten Die daraus entstehende Pattsituation auf dem Schlachtfeld wurde als Grabenkrieg bekannt Indirekte Strategie BearbeitenLiddell Hart diente im Ersten Weltkrieg als Offizier in der britischen Armee und wurde in der Schlacht an der Somme verwundet Nach dem Ersten Weltkrieg veroffentlichte er Militarartikel in denen er dazu aufrief sich aus der Sackgasse der Schlachtenfuhrung zu befreien In seinem 1929 erschienenen Buch The decisive wars of history das 1941 erweitert und unter dem Titel The strategy of indirect approach herausgegeben wurde analysierte er zahlreiche Kriege im Laufe der Geschichte vom antiken Griechenland uber das Romische und Byzantinische Reich das Mittelalter die Franzosische Revolution und die Koalitionskriege bis zum Ersten Weltkrieg Liddell Hart argumentierte dass der Krieg nicht nur wie Clausewitz argumentierte durch Leugnung der Kampffahigkeit des Feindes entschieden werde sondern auch indem der Kampfwille des Feindes geleugnet wird wobei der mentale Faktor im Krieg weitaus wichtiger sei als der physische Liddell Hart sah den Angriff auf feindliche Streitkrafte nicht als ideale Losung an und meinte eine moglichst perfekte Strategie sei zu erreichen indem eine Entscheidung ohne wirklichen Kampf getroffen wurde Die indirekte Strategie beruht auf der Annahme dass der beim gegnerischen Kommandeur hervorgerufene Eindruck wichtiger ist als der tatsachliche Zustand seiner Streitkrafte Wenn sich der Schluss aufdrangt dass die eigenen Streitkrafte unterlegen sind konnen sich daraus falsche Entscheidungen ergeben wie zum Beispiel ein vorzeitiger Ruckzug oder eine unnotige Kapitulation Den Eindruck erhalten die Kommandeure in erster Linie aus der Moral der Kampfenden und weniger aus der herrschenden strategischen Situation Gelingt es einem Soldaten die feindlichen Streitkrafte zu verwirren und zu demoralisieren wird er sich in jedem Fall durchsetzen Zu diesem Zweck legte Liddell Hart den Schwerpunkt auf Tauschungsmanover und Uberraschungen Clausewitz hielt Uberraschungen fur eine Verschwendung von Ressourcen da ihr Nutzen nur von kurzer Dauer sei Diesen Punkt bestatigte auch Liddell Hart meinte jedoch eine Uberraschung konne so grossen Eindruck hervorrufen dass der Krieg dadurch entschieden wurde Liddell Hart wandte sich gegen Frontalangriffe und Scharmutzel mit feindlichen Streitkraften Er vertrat jedoch die Meinung dass Manover uber feindliche Grenzen hinweg Bombenangriffe auf Ziele im Hinterland Kleinkriegsfuhrung oder Angriffe auf feindliche Versorgungslinien von entscheidender Bedeutung seien da die Streitkrafte in solchen Fallen weit mehr beeindruckt wurden als es der eigentlichen Bedeutung des Manovers entspricht Liddell Hart fuhrte aus dass ein Angriff nicht unbedingt am wichtigsten Punkt zu erfolgen habe an dem sich die meisten Krafte des Gegners konzentrieren sondern an einer unerwarteten Stelle an der wenig Widerstand zu erwarten sei und ein Durchbruch zu dichtem Schlachtennebel fuhren konne Zudem legte er Wert auf Flexibilitat und Improvisation um eine Situation schnell auszunutzen und den Feind zu verwirren Folgende Prinzipien fuhrte Liddell Hart in seinem Buch aus 1 Positive Prinzipien Bearbeiten Passe dein Ziel deinen Mitteln an Behalte dein Ziel stets im Auge und passe gleichzeitig deinen Plan den Bedingungen an Wahle die am wenigsten erwartete Linie oder Route Nutze die Linie des geringsten Widerstandes Schlag eine Linie ein die dir alternative Ziele eroffnet Stelle sicher dass sowohl dein Plan als auch deine Einschatzungen flexibel sind und sich den Umstanden anpassen konnen Negative Prinzipien Bearbeiten Fuhre keinen entscheidenden Schlag aus solange dein Gegner auf der Hut ist Starte nach einem Fehlschlag keinen neuen Angriff auf der gleichen Linie oder in der gleichen Form Einflusse und Kritik BearbeitenDie indirekte Strategie wurde von mehreren Generalen nach dem Ersten Weltkrieg ubernommen Insbesondere in Deutschland war die Armeefuhrung aufgrund der einschrankenden Bedingungen des Versailler Vertrages und der militarischen Unterlegenheit offen fur neue Strategien Der deutsche Blitzkrieg zu Beginn des Zweiten Weltkriegs basiert unter anderem auf dem Sichelschnittplan einer indirekten Strategie die im Rahmen des Westfeldzuges im Mai 1940 praktiziert wurde Auch im weiteren Kriegsverlauf wurden indirekte Strategien angewandt zum Beispiel in der Operation Uranus bei der deutsche Armeen durch die Rote Armee in der Schlacht von Stalingrad eingekesselt wurden Die indirekte Strategie steht auch im Zentrum der asymmetrischen Kriegfuhrung des Terrorismus und der Guerilla Taktik die darin besteht den Feind aus dem Hinterhalt anzugreifen ihn um sein Gleichgewicht zu bringen oder seine Moral zu schwachen anstatt ihn ernsthaft zu verletzen Auch die Strategie von Langstreckenraketen bezieht sich auf den indirekten Ansatz da der Einsatz solcher Raketen in vielen Fallen darauf abzielt den Feind in Panik zu versetzen und seine Widerstandskraft zu brechen Kritiker der indirekten Strategie weisen darauf hin dass Liddell Hart am Ersten Weltkrieg teilnahm der durch eine extrem direkte Strategie gepragt war Seine Theorie vertrat eine extrem entgegengesetzte Richtung in durchaus fragwurdiger Weise In der aktuellen Militartheorie wird der direkten Auseinandersetzung je nach Bedarf wieder mehr Bedeutung beigemessen die indirekte Strategie dient vor allem als gedankliche Anregung Liddell Harts Theorien haben eine wiederholte Bestatigung durch die Praxis erfahren 2 Einzelnachweise Bearbeiten The Strategy of Indirect Approach Kapitel XII S 213 215 Werner Hahlweg Clausewitz bei Liddell Hart In Archiv fur Kulturgeschichte 41 1959 S 101 Literatur BearbeitenBasil Liddell Hart The Strategy of Indirect Approach Faber and Faber Ltd London 1954 Strategie Deutsch von Horst Jordan Rheinischer Verlag Wiesbaden 1954 Werner Hahlweg Clausewitz bei Liddell Hart Ein unbekannter Clausewitz Brief in Wolverton Park In Archiv fur Kulturgeschichte 41 1959 S 100 106 Weblinks BearbeitenThe Strategy of Indirect Approach by Liddell Hart Internet Archive Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Indirekte Strategie amp oldid 224473799