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Heinrich Weber 20 Oktober 1888 in Rollinghausen heute Ortsteil von Recklinghausen 29 August 1946 in Munster war ein deutscher katholischer Theologe Sozialethiker und Caritaswissenschaftler sowie Hochschullehrer Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Nachleben 3 Schriften Auswahl 4 Literatur 5 Fussnoten 6 WeblinksLeben BearbeitenHeinrich Weber war der Spross einer seit Generationen in der Region Recklinghausen ansassigen Lehrerfamilie Er hatte drei Geschwister Zunachst ging er auf die von seinem Vater als Hauptlehrer gefuhrte Volksschule dann an das humanistisch ausgerichtete Gymnasium Petrinum Recklinghausen 1 Nach dem 1908 erlangten Reifezeugnis studierte Weber Philosophie und Theologie an der Universitat Munster Am 1 Juni 1912 weihte ihn Felix von Hartmann damals Bischof von Munster und spater Kolner Kardinal und Erzbischof zum Priester Anschliessend war er als Kaplan in Munster tatig Im Ersten Weltkrieg war er als Sanitater in der Vermisstennachforschung und als Lazarettpfarrer eingesetzt Am 17 Dezember 1916 wurde Weber Diozesansekretar des im selben Jahr gegrundeten Caritasverbandes des Bistums Munster Er organisierte dort die Kinderlandverschickung von rund 60 000 Stadtkindern Ab 1916 unterrichtete er an der Sozialen Frauenschule eine der Vorlauferinnen der heutigen KatHo NRW in Munster Volkswirtschaftslehre und Wohlfahrtskunde Nebenher hielt er in kirchlichen Kreisen viele Vortrage zu Themen aus dem Bereich Soziales und Wohlfahrtspflege Zugleich begann er noch im selben Jahr an der Munsteraner Universitat Rechts und Staatswissenschaften zu studieren Seine Promotion zum Dr rer pol erfolgte 1919 bei dem Wirtschaftswissenschaftler Josef Schmole Referat und dem Soziologen und Staatswissenschaftler Johann Plenge Korreferat In seiner Dissertation Das Lebensrecht der Wohlfahrtspflege trat er fur eine freie Wohlfahrtspflege in Erganzung zu einer ausschliesslich staatlich gelenkten Organisation ein 1920 wurde er zunachst zum Geschaftsfuhrer des neu gegrundeten Ausschusses fur Jugend und Wohlfahrtspflege am Staatswissenschaftlichen Institut ernannt und kurz darauf zum Direktor des Caritasverbandes des Bistums Munster In dieser Funktion war er Mitglied im Zentralrat und Zentralvorstand des Deutschen Caritasverbandes Im Folgejahr habilitierte er sich wiederum in Munster als Privatdozent fur Soziales Fursorgewesen In seiner Habilitationsschrift Akademiker und Wohlfahrtspflege im deutschen Volksstaat forderte er die Einfuhrung des Lehrfaches Wohlfahrtskunde an Universitaten Seine Antrittsvorlesung hielt er am 13 Dezember 1921 uber Die Wohlfahrtspflege als Resultate der Wirtschafts und Staatsentwicklung Ebenfalls 1921 wurde Weber Vorsitzender des Fachausschusses Caritaswissenschaft des Deutschen Caritasverbandes Bereits ein Jahr spater promovierte er an der Universitat Tubingen bei dem Moral und Pastoraltheologen Otto Schilling zum Dr theol mit dem Thema Die religios ethischen Grundlagen der Fursorgearbeit in Judentum und Christentum Noch 1922 erhielt er vom preussischen Kultusminister Carl Heinrich Becker die Berufung auf eine ordentliche Professur an der rechts und staatswissenschaftlichen Fakultat in Munster verbunden mit einem Lehrauftrag fur christliche Gesellschaftslehre an der katholisch theologischen Fakultat Nachfolger von Franz Hitze der Weber selbst fur die kurzzeitig vakante Position vorgeschlagen hatte Schon 1922 promovierte Benedikt Kreutz der Prasident des Deutschen Caritasverbandes bei ihm Ab 1923 bis 1936 war Heinrich Weber Erster Vorsitzender des Diozesan Caritasverbandes Munster 1923 verfasste er einen Kommentar zum 1924 in Kraft tretenden Reichsjugendwohlfahrtsgesetz in dem er die Wichtigkeit einer Erganzung rein reagierender Jugendfursorge um die Vorbeugung Jugendpflege heute wurde man Jugendsozialarbeit sagen hervorhob 1924 ubernahm er gemeinsam mit Werner Friedrich Bruck die Leitung des 1924 gegrundeten Instituts fur Wirtschafts und Sozialwissenschaften der Nachfolgeeinrichtung des von Johann Plenge gefuhrten Staatswissenschaftlichen Instituts Er gab dort in Zusammenwirken mit Werner Friedrich Bruck und anderen zahlreiche Schriftenreihen und Einzelpublikationen vor allem zum Themenkreis Fursorge und Arbeitsmarkt heraus Zusammen mit Richard Woldt leitete er auch das Seminar fur Gewerkschaftswesen an seinem Institut 1924 wurde Weber auch die Lehre der wirtschaftlichen Staatswissenschaften Volkswirtschaft ubertragen Weber wurde gemeinsam mit Bruck sowohl Studienleiter als auch Mitglied des Verwaltungsrates der neu gegrundeten Westfalischen Verwaltungsakademie die eng mit dem Institut fur Wirtschafts und Sozialwissenschaften verbunden war 1925 ruckte er in die Position des geschaftsfuhrenden Direktors Weber initiierte 1929 auch den Westfalische Wandererdienst Wanderarbeiter und Obdachlosenunterstutzung eine Fachabteilung der Diozesanverbande Munster und Paderborn und wurde dessen Vorsitzender Ebenfalls 1929 ernannte man ihn zum Vorsitzenden der Finanzkommission des Deutschen Caritasverbandes 1930 verfasst er das Lehrwerk Einfuhrung in die Sozialwissenschaften in dem er ein eigenes System der Sozialwissenschaft entwarf das als Vorlaufer und bedeutende Grundlage der wissenschaftlichen Sozialarbeit der neuen Teildisziplin der praktischen Sozialwissenschaften angesehen wird Da er sie mit moraltheologischen und pastoraltheologischen Erkenntnissen verknupfte trug er so auch wesentlich zur Begrundung der Caritaswissenschaft bei Gemeinsam mit dem Hygieniker Karl Wilhelm Jotten der spater auch rassenhygienische Formulierungen gebrauchte gab Weber 1932 ein Lehrbuch der Gesundheitsfursorge heraus in dem er neben einer Betonung der Gesundheits und Behindertenfursorge die Sozialhygiene als Gegenpol zur Rassenhygiene setzte Nach der Machtergreifung wurde er auf Betreiben und Drohungen der Nationalsozialisten in die katholisch theologische Fakultat versetzt und musste die Leitung des Instituts fur Wirtschafts und Sozialwissenschaften abgeben Noch im Dezember 1934 verteidigte Weber unter Verweis auf das Reichskonkordat vom 20 Juli 1933 das Recht der Kirche auf Durchfuhrung von Caritasarbeit als Wesensbestandteil der kirchlichen Aufgaben und Zwecke Wer die Caritas der Kirche zerschlagen will muss zuerst die Kirche selbst zerschlagen Zeitschrift Caritas Dezember 1934 Unter dem Druck des NSD Studentenbundes gab Weber 1935 eine Tatigkeit im Forderausschuss des Studentenwerkes Munster e V auf Im selben Jahr setzte ihn Kardinal Karl Joseph Schulte als ehrenamtlichen Leiter der Bischoflichen Finanzkammer der Kirchenprovinz Koln mit Sitz in Munster ein Gleichfalls noch 1935 kritisiert Weber offentlich einen Amtsleiter im Hauptamt fur Volkswohlfahrt der die kirchliche Caritas auf Betreuung der Erbkranken und Asozialen beschranken wollte Zum Wintersemester wurde Weber dann auf einen Lehrstuhl fur Caritaswissenschaft an der katholisch theologischen Fakultat der Universitat Breslau zwangsversetzt wohl um seinen grossen Einfluss im Westfalischen zu unterbinden Seinen Lehrstuhl in Munster ubernahm Peter Tischleder Die Kirche uberliess Weber aber nach wie vor von Breslau aus die Leitung der Munsteraner Finanzkammer Im November 1936 begann er in Breslau mit den ersten Ausbildungen fur kunftig in der Kirchenverwaltung tatige Geistliche ausserdem betrieb er umfangreiche Forschungen und war als Gutachter tatig 1937 wurde ihm zusatzlich die Professur fur Pastoraltheologie ubertragen Bis 1938 arbeitete Weber an der Herausgabe eines mehrbandigen Lehr und Handbuches zur Caritaswissenschaft In diesem betonte er nochmals den Gegensatz zwischen den Auffassungen des Nationalsozialismus und der katholischen Kirche zur Caritas Im Sinne des Christentums ist jeder Mensch auch der fernste unser Nachster gleichviel auf welchem Erdteil er wohnt welchem Volke welcher Rasse welcher Nation welchem Stande und welcher Klasse er angehort S 145ff Durch kriegsbedingte Umstande ist nur der erste Band dieses Werkes heute erhalten Der Breslauer Kardinal Adolf Bertram beauftragte Weber mit der Organisation und Planung des Instituts fur kirchliche Verwaltung und Finanzwirtschaft das mehrere Schriftenreihen zur Kirchenverwaltung herausgab Allein 1940 41 fertigte das Institut mehr als 800 Gutachten zu unterschiedlichsten Rechtsfragen Gemeinsam mit Benedict Kreutz trug Weber auch bis 1945 zum finanziellen Uberleben des Caritasverbandes bei dem bis 1938 nach und nach alle Subventionen gestrichen sowie die Gemeinnutzigkeit abgesprochen worden war und das zugleich mit hohen Steuerzahlungen belegt wurde Nach Kriegsende ubernahm Weber wieder den Lehrstuhl fur Volkswirtschaft unter besonderer Berucksichtigung der sozialen Caritaswissenschaften an der Fakultat fur Rechts und Staatswissenschaften der Universitat Munster Nach Webers Tod blieb der Lehrstuhl fur Christliche Sozialwissenschaften zunachst mehrere Jahre vakant und wurde dann Joseph Hoffner dem spateren Bischof von Munster und Kardinal von Koln ubertragen Weber begrundete daruber hinaus 1946 zusammen mit Unternehmern aus der Industrie und Kommunalpolitikern aus dem Ruhrgebiet die von dem Soziologen und Arbeitswissenschaftler Otto Neuloh initiierte und in Dortmund angesiedelte Sozialforschungsstelle an der Universitat Munster und wurde deren erster Direktor Auf Antrag von Weber wurde die Forschungsstelle dem Institut fur Wirtschafts und Sozialwissenschaften in Munster angegliedert Nachleben BearbeitenIn Hamburg besteht ein Heinrich Weber Forschungskreis e V der sich zum Ziel gesetzt hat Leben und Werk von Heinrich Weber zu erforschen Prasident des Vereins ist Manfred Hermanns In Recklinghausen zeichnet Webers ehemalige Schule das Gymnasium Petrinum besonders engagierte Schuler mit dem Heinrich Weber Preis aus 2 Schriften Auswahl BearbeitenSozial caritative Frauenberufe Freiburg i Br Caritas Verl 1918 2 Aufl 1919 Das Lebensrecht der Wohlfahrtspflege Staatswissenschaftliche Beitrage 6 Essen Baedeker 1920 Akademiker und Wohlfahrtspflege im Volksstaat Habil Schr Essen Baedeker 1922 Die Wohlfahrtspflegerin Am Scheidewege Berufsbilder hrsg von Hans Vollmer Berlin Wilmersdorf Paetel 1922 Die religios ethischen Grundlagen der Fursorgearbeit im Judentum und Christentum Theol Diss der Univ Tubingen 1922 unveroffentl Manuskript im Univ archiv Tubingen UAT 184 Jugendfursorge im Deutschen Reich Einfuhrung in Wesen und Aufgaben der Jugendfursorge und das neue Reichsjugendwohlfahrtsgesetz Schriften zur deutschen Politik 6 7 Freiburg i Br Herder 1923 Grundsatzliches zur Neuregelung des offentlichen Unterstutzungswesens In Soziale Praxis und Archiv fur Volkswohlfahrt Jg XXXII 1923 Sp 131 136 Das kommunale Jugendamt Koln Kommunal Schriften Verl 1924 Die Zusammenarbeit der offentlichen und privaten Wohlfahrtspflege In Gegenwartsfragen der Wohlfahrtspflege Beitrage zur sozialen Fursorge 1 Munster Aschendorff 1925 S 109 122 Die Westfalische Verwaltungsakademie In Das Beamtenbildungswesen und die Westfalische Verwaltungsakademie H 1 der Schriftenreihe der Westf Verwaltungsakademie hrsg von W erner F riedrich Bruck u H einrich Weber Munster Verl der Westf Verwaltungsakademie 1925 S 25 38 Abbau der Wohlfahrtspflege Schriften der Kommunalpolitischen Vereinigung 4 Koln Kommunal Schriften Verl o J 1926 Die Herrschaft christlicher Grundsatze im Wirtschaftsleben In Die Reden gehalten in den offentlichen und geschlossenen Versammlungen der 65 Generalversammlung der Katholiken Deutschlands zu Breslau 21 25 August 1926 Wurzburg Frankische Gesellschaftsdruckerei 1926 91 97 Wieder abgedruckt in Franz Furger Hrsg Akzente christlicher Sozialethik Schwerpunkte und Wandel in 100 Jahren Christlicher Sozialwissenschaften an der Univ Munster Munster Lit 1995 S 41 48 Das kommunale Jugendamt 2 Aufl Koln Kommunal Schriften Verl 1927 Die katholische Anstaltsfursorge im Bistum Munster Dusseldorf Lindner o J 1928 Caritas und Wirtschaft Freiburg i Br Caritasverl 1930 Einfuhrung in die Sozialwissenschaften Berlin Gersbach amp Sohn o J 1930 zus mit Peter Tischleder Handbuch der Sozialethik Bd 1 Wirtschaftsethik Essen Baedeker 1931 Streit und Wahrheit um die deutsche Sozialversicherung Freiburg Caritas Verl 1931 Betriebsfuhrung in caritativen Anstalten Der Wirtschaftsprufer 5 Berlin Julius Springer 1933 Das Wesen der Caritas Caritaswissenschaft Bd 1 Freiburg Caritas Verl 1938 Literatur BearbeitenBarbara Dunkel Verena Fesel Wohlfahrtspflege Volkspflege Fursorge regionale und uberregionale Forschungsergebnisse der Sozialen Arbeit zwischen 1920 und 1970 Lit Munster 2001 ISBN 978 3 8258 5409 6 Manfred Hermanns Heinrich Weber Sozial und Caritaswissenschaftler in einer Zeit des Umbruchs Leben und Werk Echter Wurzburg 1998 ISBN 3 429 01971 0 Studien zur Theologie und Praxis der Caritas und sozialen Pastoral 11 Manfred Hermanns Heinrich Weber 1888 1946 In Jurgen Aretz Rudolf Morsey Anton Rauscher Hrsg Zeitgeschichte in Lebensbildern Aus dem deutschen Katholizismus des 19 und 20 Jahrhunderts Band 10 Aschendorff Verlag GmbH amp Co KG Munster 2001 ISBN 978 3 402 06112 1 S 91 114 Digitalisat Manfred Hermanns Sozialethik im Wandel der Zeit Personlichkeiten Forschungen Wirkungen des Lehrstuhls fur Christliche Gesellschaftslehre und des Instituts fur Christliche Sozialwissenschaften der Universitat Munster 1893 1997 Schoningh Paderborn u a 2006 ISBN 978 3 506 72989 7 insbesondere S 117 225 und S 465 474 Manfred Hermanns WEBER Heinrich In Biographisch Bibliographisches Kirchenlexikon BBKL Band 18 Bautz Herzberg 2001 ISBN 3 88309 086 7 Sp 1477 1491 Artikel Artikelanfang im Internet Archive Elli Reichert Wohlfahrt Wirtschaft Caritas Der Fursorgewissenschaftler Heinrich Weber Bautz Nordhausen 2008 ISBN 978 3 88309 473 1 Manfred Hermanns Heinrich Weber Theologe Sozialethiker und Caritaswissenschaftler 1888 1946 In Soziale Arbeit Zeitschrift fur soziale und sozialverwandte Gebiete 63 Jg 2014 H 4 S 122 132 Otto Gertzen Zum Gedenken an Heinrich Weber flurgesprache Universitat Munster 2015 Manfred Hermanns Weber Heinrich Wilhelm Sozial und Caritaswissenschaftler In Historische Kommission bei der bayerischen Akademie der Wissenschaften Hrsg Neue deutsche Biographie 27 Bd Berlin Duncker amp Humblot 2020 S 492 494 Fussnoten Bearbeiten Hans Georg Kollmann Zum dorflichen Umfeld Heinrich Webers und seiner Familie in Oberrollinghausen In Vestischer Kalender Jg 75 2004 S 150 166 Heinrich Weber Preis des Fordervereins Gymnasium Petrinum zu Recklinghausen PDF 82 kB abgerufen am 27 Juni 2020 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Heinrich Weber im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Website zu Heinrich Weber Memento vom 2 Marz 2013 im Internet Archive Normdaten Person GND 120564998 lobid OGND AKS LCCN n99016076 VIAF 25437022 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Weber HeinrichKURZBESCHREIBUNG deutscher katholischer Theologe Sozialethiker und CaritaswissenschaftlerGEBURTSDATUM 20 Oktober 1888GEBURTSORT Rollinghausen heute Ortsteil von Recklinghausen STERBEDATUM 29 August 1946STERBEORT Munster Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Heinrich Weber Caritaswissenschaftler amp oldid 239151359