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Pastoraltheologie ist eine Spezialdisziplin im Facherkanon der christlichen Theologie Ihre genaue Abgrenzung ist konfessionell unterschiedlich In der Katholischen Theologie wurde der Begriff im 18 Jahrhundert durch Franz Stephan Rautenstrauch gepragt und bis ins 20 Jahrhundert meist als deckungsgleich mit der gesamten Praktischen Theologie verstanden erst in jungerer Zeit setzte sich auch hier die Bezeichnung Praktische Theologie durch In der Evangelischen Theologie versteht man darunter seit Friedrich Schleiermacher einen Teilbereich der Praktischen Theologie namlich die Lehre von Wesen Amt Beruf und Rolle des Pfarrers Vorlesungen aus der Pastoraltheologie von Johann Michael Sailer Munchen 1793 Titelseite Inhaltsverzeichnis 1 Thematik und Aufgabe 2 Pastoraltheologie als Berufstheorie des Pfarramtes 2 1 Grundsatze aus der Confessio Augustana 2 2 Aktuelle praktisch theologische Reflexion 3 Literatur Auswahl 4 EinzelnachweiseThematik und Aufgabe Bearbeiten nbsp Titelseite der Pastoral Theologie von Johann Georg Fetzer 1908 mit einem Bibelwort zur Aufgabe des HirtenDie Pastoraltheologie sucht auf solider lehrmassiger Grundlage die theologische Relevanz des Glaubens fur die seelsorgliche pastorale Begleitung und Betreuung in den kirchlichen Grundvollzugen von Martyria Zeugnis des Wortes Diakonia Dienst der Liebe Diakonie und Leiturgia gottesdienstliche Feier Liturgie fruchtbar zu machen Dadurch sollen insbesondere die Hirten pastores zusammen mit ihren anderen Mitarbeitern befahigt werden die Losung der menschlichen Probleme im Lichte der Offenbarung zu suchen ihre ewige Wahrheit auf die wandelbare Welt menschlicher Dinge anzuwenden und sie in angepasster Weise den Menschen unserer Zeit mitzuteilen Optatam totius Nr 16 Die Pastoraltheologie braucht zur Erreichung ihres Zieles die interdisziplinare Zusammenarbeit woraus sich Spezialdisziplinen ableiten wie Pastoralanthropologie Pastoralmedizin Pastoralpsychologie Pastoralpadagogik und Pastoralsoziologie Pastoraltheologie als Berufstheorie des Pfarramtes BearbeitenGrundsatze aus der Confessio Augustana Bearbeiten Artikel 5 der CA sieht im Predigtamt eine von Gott gegebene Moglichkeit Glauben zu erlangen nach dem Prinzip fides ex auditu der Glaube kommt aus dem Horen Um diesen Glauben zu erlangen hat Gott das Predigtamt eingesetzt Artikel 14 bestimmt dass die offentliche Lehre und Predigt sowie Reichung der Sakramente durch das Kirchenregiment bzw kirchliche Amt geschehen soll wofur eine ordnungsgemasse Berufung erforderlich ist Artikel 28 formuliert fur Kirchenleitung den Grundsatz non vi sed verbo nicht durch Gewalt sondern mit dem Wort Die Leitung sollte also nichts gewaltsam durchsetzen sondern immer um Gewinnung durch Worte bemuht sein Dieser Artikel oder Abschnitt bedarf einer grundsatzlichen Uberarbeitung Naheres sollte auf der Diskussionsseite angegeben sein Bitte hilf mit ihn zu verbessern und entferne anschliessend diese Markierung Aktuelle praktisch theologische Reflexion Bearbeiten nbsp Pastoraltheologie Grundlagen Herausforderungen EntwurfeUlrike Wagner Rau entwirft in ihrem Beitrag in Praktische Theologie Ein Lehrbuch 2017 unter dem Stichwort Pastoraltheologie eine Berufstheorie des Pfarramtes 1 Besonders herausfordernd seien die Ressourcenknappheit die konzeptionelles Denken erfordert die Lebensform in der Privates und Berufliches austariert werden muss die Auflosung der Zuordnung einer Pfarrperson zu nur einer Parochie und die meist nicht vorauszusetzende Vertrautheit von Menschen mit der christlichen Religionspraxis was eine theologische und kommunikative Kompetenz erfordert Zu den Strukturbedingungen des Pfarrberufs zahlen v a seine Eigenart als Gesinnungsberuf Spannung von Glaube und Zweifel die offentliche Kommunikation des Evangeliums als zentrale Aufgabe mit viel Spielraum die Residenzpflicht die lebenslang gultige Ordination die akademische Ausbildung samt Fortbildung im Vikariat und weiteren Reflexionsangeboten danach die Privilegierung gegenuber anderen kirchlichen Berufen und die Leitungsfunktion in den meisten kirchlichen Aufgabenbereichen oft Kirchenvorstand Geschaftsfuhrung von Kindergarten Friedhof Als unterschiedliche Formen des Pfarrdienstes gibt es Gemeindepfarrstellen mit ortsgemeindlichen Tatigkeiten Funktionspfarrstellen mit der Spezialisierung auf eine bestimmte Aufgabe z B Krankenhaus oder Gefangnisseelsorge Medienarbeit Pfarrdienste in hoheren Ebenen der Kirchenleitung Dekane Superintendenten Propste Teildienstverhaltnisse und Pfarrdienste im Ehrenamt Als Herausforderung gilt die Rollendiffusion Im Pfarramt fallt es teilweise nicht leicht zwischen der personlichen und beruflichen Rolle zu unterscheiden weil die Privatsphare nicht immer strikt vom Beruf zu trennen ist Empirisch gesehen hangen das Bild von Kirche und Pfarrperson stark zusammen was z B daran deutlich wird dass personliche Kontakte zwischen Kirchenmitgliedern und Pfarrperson meist positiv in Erinnerung bleibt wahrend Mitglieder ohne Kontakt zur Pfarrperson eine hohere Austrittsneigung haben Das Selbstverstandnis von Pfarrern entspricht grosstenteils den Erwartungen der Mitglieder In Seelsorge und Verkundigung liegen meist die Arbeitsschwerpunkte die oft mit hoher Zufriedenheit ausgefuhrt werden Das Bild des Pfarrberufs wird seit dem 18 und 19 Jahrhundert kulturell in Belletristik konstruiert heutzutage auch in Film und Fernsehen was die Erwartungshaltung der Offentlichkeit an die Pfarrperson nachhaltig pragt Neutestamentlich besteht eine Spannung zwischen besonderer Berufung der Nachfolgenden Jesu durch besondere Aufgaben Verkundigung Heilung Sundenvergebung und antihierarchischen Ansatzen z B Jesu Einstellung zum Rangstreit die sich in gewisser Weise im evangelischen Amtsverstandnis der Reformation darin fortsetzt dass einerseits die Ordination ein Leben lang gilt und zur offentlichen Kommunikation des Evangeliums spezifisch qualifiziert aber andererseits das Amtsverstandnis nicht sakramental katholisch sondern funktional Pfarrberuf hat dieselbe Stellung wie alle anderen Berufe ist Durch den Wandel des Pfarramtsverstandnisses in der Reformation wurde der Pfarrer primar zum Schriftgelehrten mit der primaren Aufgabe der Schriftauslegung in Predigt Bildung Seelsorge der daher nicht nur Berufung Begabung und Charisma mitbringen sollte sondern nun auch v a eine theologische Bildung bei der es gilt wissenschaftlich kritische und fromme Wirklichkeitszugange in einer Person zu vereinen Im 19 Jahrhundert kommt es zu einer zunehmenden Professionalisierung des Pfarrberufs dadurch dass die regelmassige Besoldung eine Konzentration auf die geistlichen Aufgaben ermoglichte weil der Pfarrer sich nicht mehr auf wirtschaftliche Einkunfte etwa aus der Landwirtschaft verlassen musste wohingegen schon ab der zweiten Halfte des 19 Jahrhunderts eine Deprofessionalisierung zu beobachten ist die mit der Ausdifferenzierung von Berufen und somit mit der Auslagerung von Aufgaben lehramtliche medizinische pflegerische sozialpadagogische an andere einhergeht Aufgrund von Subjektivierung und Individualisierung mussen im 20 Jahrhundert Pfarrer sich starker auf die Subjektivitat des Gegenubers einstellen und aufgrund der Ausdifferenzierung der Gesellschaft sind die Lebens und Arbeitswelten weniger uberschaubar zudem kommen neue Aufgaben fur die Pfarrpersonen Erwachsenenbildner Freizeitunterhalter Gestalter des Gemeinwesens hinzu Was die Geschlechterfragen betrifft ist festzuhalten dass erst seit der Weimarer Verfassung Frauen die Moglichkeit zum Theologiestudium hatten wobei die ersten Ordinationen von Frauen erst wahrend des Zweiten Weltkrieges in der Bekennenden Kirche vollzogen wurden Die im Bonner Grundgesetz verankerte Forderung nach Gleichberechtigung von Mann und Frau okumenische Impulse und die Neue Frauenbewegung fuhrten schliesslich in den 1960ern 1970er Jahren zur Gleichberechtigung von Mann und Frau im Pfarramt das heute in der EKD mit ca 33 von Frauen vertreten wird wobei mehr Frauen in Teildienstverhaltnissen stehen und in Leitungsfunktionen nach wie vor unterreprasentiert sind Als geistliche Leiter tragen Pfarrpersonen eine theologische Gesamtverantwortung der sie in den Kernaufgaben Gottesdienst Predigt Seelsorge und Bildungsarbeit nachkommen sei es im Sinne der dialektischen Theologie Karl Barths als Zeuge mit dem Schwerpunkt der Verkundigung oder im Sinne von Ernst Lange als professioneller Nachbar der in Kasualien das Leben zu deuten weiss in Diakonie helfend handelt und insgesamt als ein religios sensibler Dialogpartner orientierende Werte vermitteln kann Die Qualitat des Pfarrberufs kann sowohl als eine geistliche die sich durch den Bezug zum Machtfeld des Heiligen auszeichnet Josuttis als auch als eine theologische gesehen werden durch die Pfarrpersonen selbstreflexiv und kritisch Bibeltexte fur Gegenwartsfragen unter Beachtung der eigenen Beschranktheit und mit einer Pluralitatskompetenz die offen fur verschiedene Positionen und Frommigkeitsstile ist erschliessen Isolde Karle beleuchtet das Pfarramt als eine Profession also als ein spezieller Beruf fur bestimmte Aufgaben mit entsprechenden Bildungsvoraussetzungen Uta Pohl Patalong sieht die Kernaufgabe der Pfarrperson in der Kommunikation des Evangeliums allerdings nicht im Sinne einer Reduktion auf Verkundigung sondern im Hinblick auf die vielfaltigen Aufgabenbereiche Ulrike Wagner Rau beschreibt andernorts die Aufgabe der offentlichen Kommunikation des Evangeliums auf der Schwelle 2 Das Amt kann nicht von der Person losgelost betrachtet werden wie im Berufsbild der dialektischen Theologie sondern sie beeinflussen sich gegenseitig sodass mit Meyer Blanck sagen kann das fur die Inszenierung des Evangeliums Prasenz und Authentizitat der Pfarrperson wesentlich sind Aktuell diskutiert werden die Auflosung der integralen Lebensform des Pfarrhauses die fruher berufliches und privates Leben stark verknupfte durch die gesellschaftlichen Veranderungen Berufstatigkeit von Mann und Frau einer Familie zugleich gleichgeschlechtliche Partnerschaften Single Haushalte aber einem Wandel unterliegt Arbeitszeitregelungen mit der Priorisierung von Schwerpunktfeldern des kirchlichen Arbeitens und das Verhaltnis vom Pfarramt zu anderen Aktiven in der Gemeinde Musizierende Padagogen Diakone Ehrenamtliche 3 4 die meist strukturell benachteiligt sind denen aber aufgrund des mangelnden theologischen Nachwuchses immer grossere Bedeutung zukommt Fur die Zukunft entsteht zum einen die Frage wie die Attraktivitat des Berufes fur den zurzeit zu knappen Nachwuchs bewahrt werden kann angesichts der gesamtgesellschaftlichen religiosen Lage Mitteleuropas zum anderen erwachst die Frage aus den 1980er Jahren neu inwiefern die Offentlichkeit des Pfarrberufes sich auch produktiv auf die lokale sozialraumliche Situation beziehen kann Literatur Auswahl BearbeitenPeter Bubmann Gemeinsam unterwegs im Namen des Herrn Eine pastoraltheologische Sicht auf das Miteinander kirchlicher Berufsgruppen in Praktische Theologie 54 2019 140 150 Peter Bubmann Pastorale Identitat im Miteinander der Berufsgruppen in Stephan Mikusch Alexander Proksch Hg Identitaten im Pfarramt Denkanstosse aus Theorie und Praxis Leipzig 2019 ISBN 978 3 374 06204 1 25 45 Peter Bubmann Amt Amter und Dienst der Kommunikation des Evangeliums aktuelle Herausforderungen in der Amterfrage in Annette Noller Ellen Eidt Heinz Schmidt Hg Diakonat theologische und sozialwissenschaftliche Perspektiven auf ein kirchliches Amt Diakonat Theoriekonzepte und Praxisentwicklung 4 Stuttgart 2013 ISBN 978 3 17 022338 7 S 85 104 Johann Michael Sailer Vorlesungen aus der Pastoraltheologie Munchen 1793 Walter Furst Friedemann Merkel Pastoraltheologie In Theologische Realenzyklopadie TRE Band 26 de Gruyter Berlin New York 1996 ISBN 3 11 015155 3 S 70 83 Herbert Haslinger Pastoraltheologie Schoningh Paderborn 2015 ISBN 978 3 8385 8519 2 Eberhardt Hauschildt Allgemeines Priestertum und ordiniertes Amt Ehrenamtliche und Berufstatige Ein Vorschlag zur Strukturierung verwickelter Debatten Pastoraltheologie 102 2013 S 388 407 Jan Hermelink Kirche leiten in Person Beitrage zur evangelischen Pastoraltheologie Arbeiten zur Praktischen Theologie 54 Leipzig 2014 ISBN 978 3374037506 Manfred Josuttis Die Einfuhrung in das Leben Pastoraltheologie zwischen Phanomenologie und Spiritualitat Gutersloh 1996 ISBN 978 3579020846 Isolde Karle Der Pfarrberuf als Profession Eine Berufstheorie im Kontext der modernen Gesellschaft Gutersloh 2001 ISBN 978 3783132571 Michael Klessmann Das Pfarramt Einfuhrung in Grundfragen der Pastoraltheologie Neukirchen Vluyn 2012 ISBN 978 3788725877 Christian Moller Einfuhrung in die Praktische Theologie Tubingen 2004 ISBN 3 7720 3012 2 Norbert Mette Einfuhrung in die katholische Praktische Theologie Darmstadt 2005 ISBN 3 534 15200 X Annette Noller Diakonat und Kirchenreform Empirische historische und ekklesiologische Dimensionen einer diakonischen Kirche Stuttgart 2016 ISBN 978 3170289178 Gerhard Rau Pastoraltheologie In Religion in Geschichte und Gegenwart RGG 4 Auflage Band 6 Mohr Siebeck Tubingen 2003 Sp 996 1000 Herbert Pachmann Pfarrer sein Ein Beruf und eine Berufung im Wandel Gottingen 2011 ISBN 978 3525630235 Ulrike Wagner Rau Auf der Schwelle Das Pfarramt im Prozess kirchlichen Wandels Stuttgart 2009 ISBN 978 3170197039 Heribert Wahl Hrsg Den Sprung nach vorn neu wagen Pastoraltheologie nach dem Konzil Ruckblicke und Ausblicke Wurzburg 2009 Studien zur Theologie und Praxis der Seelsorge Band 80 Die grosste katholische Fachzeitschrift fur Pastoral und Gemeindearbeit im deutschen Sprachraum ist der Anzeiger fur die Seelsorge der im Freiburger Verlag Herder erscheint Die wichtigsten wissenschaftlichen katholischen Fachzeitschriften sind Diakonia im Verlag Herder und Lebendige Seelsorge im Echter Verlag Die wichtigsten evangelischen Fachzeitschriften sind Pastoraltheologie mit Gottinger Predigtmeditationen PTh und Wege zum Menschen WzM beide im Verlag Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen Einzelnachweise Bearbeiten Ulrike Wagner Rau Pastoraltheologie In Kristian Fechtner Jan Hermelink Martina Kumlehn Ulrike Wagner Rau Hrsg Praktische Theologie Ein Lehrbuch Verlag W Kohlhammer Stuttgart 2017 S 105 127 Ulrike Wagner Rau Auf der Schwelle S 119 Peter Bubmann Gemeinsam unterwegs im Namen des Herrn Eine pastoraltheologische Sicht auf das Miteinander kirchlicher Berufsgruppen Hrsg Praktische Theologie Nr 54 2019 S 140 150 Peter Bubmann Pastorale Identitat im Miteinander der Berufsgruppen In Stephan Mikusch Alexander Proksch Hrsg Identitaten im Pfarramt Denkanstosse aus Theorie und Praxis Leipzig 2019 ISBN 978 3 374 06204 1 S 25 45 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Pastoraltheologie amp oldid 233796377