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Harry Wilde 16 Juli 1899 in Zwickau 1 22 Februar 1978 in Hohenbrunn bei Munchen 2 eigentlich Harry Paul Schulze 3 daher auch als Harry Schulze Wilde bezeichnet weitere Pseudonyme Harry Schulze Hegner H S Hegner war ein deutscher Journalist und Schriftsteller Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Wirken 1 1 Jugend und Weimarer Republik 1899 bis 1933 1 2 NS Zeit und Emigration 1933 bis 1947 1 3 Spatere Jahre 1947 bis 1978 2 Bewertung und Kritik 3 Einzelnachweise 4 Schriften 5 Literatur 6 WeblinksLeben und Wirken BearbeitenJugend und Weimarer Republik 1899 bis 1933 Bearbeiten Wilde wurde als Sohn des evangelischen Metzgers und Gastwirts Paul Schulze 1870 1937 und dessen Ehefrau Klara Hegner 1875 1947 geboren 3 Nach einer kaufmannischen Lehre nahm Harry Wilde am Ersten Weltkrieg teil Nach dem Krieg verdiente er seinen Lebensunterhalt mit den verschiedensten Berufen Um 1920 trat er in Weimar und Erfurt als Stadt und Museumsfuhrer sowie als Jugendverbandsleiter erstmals an die Offentlichkeit Als begeisterter Anhanger der Bundischen Jugend schloss er sich den Inflationsheiligen Friedrich Muck Lamberty und Ludwig Christian Haeusser an 3 Im Jahre 1920 hielt er als Harry Schulze Hegner seinen ersten Vortrag uber Das Banner der deutschen Arbeiterjugend 4 Um 1922 23 war er unter anderem mit Theodor Plievier befreundet mit dem zusammen er die Gruppe der Christrevolutionare leitete Danach begab er sich auf Wanderschaft In Hamburg fand er nach einem Abenteuer mit einem Bauarbeiter Anschluss an Walter Serno und Werner Helwig Danach stand er in Dusseldorf als Schauspieler auf der Buhne der Jungen Aktion 3 Er arbeitete auch als Schauspieler bei Erwin Piscator 1926 begann Schulze der bis 1932 der Kommunistischen Partei Deutschlands angehorte als Journalist fur die linke Presse zu arbeiten Ab 1928 konzentrierte er sich darauf Plievier als Privatsekretar und Ghostwriter zu unterstutzen 3 Im Dezember 1928 nahm die Freundschaft mit Golo Mann ihren Anfang die im Fruhjahr 1932 auf gemeinsamen Wanderungen durch den Odenwald ihren Hohepunkt erreichte 5 NS Zeit und Emigration 1933 bis 1947 Bearbeiten Nach dem Reichstagsbrand 27 Februar 1933 wurde er verhaftet und verhort Nach seinen Angaben nutzte er die unerwartete Entlassung zu Flucht Uber Dresden wo er von einer schrulligen Tante Ludwig Renns erwartet wurde 6 reiste er nach Wien und Prag 3 Peter Becher und Sigrid Canz zufolge gelang es ihm obwohl bereits verhaftet in Berlin einen Personenzug zu besteigen der ihn in Grenznahe brachte Dort sei es ihm gelungen sich mit gestohlenen Katalogen und Bestellscheinen als Reprasentant einer Radiofirma ausgebend und von einem ortskundigen Sozialdemokraten gefuhrt im Erzgebirge uber die Grune Grenze in die Tschechoslowakei zu entkommen 7 In Prag nahm er Fuhlung zur Moskauer Komintern um Johannes R Becher und Willi Munzenberg auf Diese gaben ihm wahrscheinlich den Auftrag 3 in Amsterdam Nachforschungen uber Marinus van der Lubbe anzustellen den sie falschlicherweise fur einen homosexuellen Erfullungsgehilfen Ernst Rohms und anderer NS Grossen hielten 6 In Amsterdam erlebte er eine tiefe achtmonatige Freundschaft mit Jef Last Mit ihm zusammen verfasste er den van der Lubbe Roman Kruisgang der Jeugd 1939 der sich weit von gegebenen Klischeevorstellungen Munzenbergs und anderer Braunbuch Autoren entfernte Er gehorte auch zum engeren Zirkel um Klaus Mann mit dem er einige sexuelle und erotische Erlebnisse teilte 3 Dieser vermerkt zum 7 Januar 1935 dass er sich in Lasts Zimmer mit einem sehr lieben Kind getroffen habe und setzt hinzu Das Netteste seit langem 8 Insgesamt lebte Wilde in diesen Jahren nacheinander in Osterreich Frankreich Holland Belgien 1936 Luxemburg 1937 erneut in Frankreich 9 wo er 1940 in das sudfranzosische Internierungslager Camp de Gurs gebracht wurde 3 bevor er 1942 aus dem deutschbesetzten Frankreich in die Schweiz entkommen konnte 9 Nach dem Krieg fasste er seine im Lager gemachten sozialpsychologischen Erfahrungen in einer kleinen Schrift zusammen in der er zugleich Ratschlage fur die Einrichtung sozialer Notlager in der Nachkriegszeit geben wollte Hierin trennt er scharf zwischen vorubergehender Lagerhomosexualitat heute Situative Homosexualitat und angeborener Homosexualitat die er als unheilbare Triebabweichung bezeichnet 10 Spatere Jahre 1947 bis 1978 Bearbeiten Nach seiner Ruckkehr nach Deutschland grundete Wilde 1947 in Munchen die Zeitschrift Echo der Woche und 1948 mit Rolf Kauka die Munchener Verlagsbuchhandlung Harry Schulze Wilde amp Co die vorwiegend Kriminalliteratur vertrieb Fur den Rowohlt Verlag verfasst er als Harry Wilde eine Reihe von Bildbiographien In seiner 1971 erschienenen rororo Monographie uber Walther Rathenau deutet er dessen unterdruckte homosexuellen Neigungen als Schlussel zur Gesamtpersonlichkeit 11 Aus diesem Grund liess der Verlag die zweite Auflage von einem anderen Verfasser erstellen der alle Ergebnisse Wildes ignorierte Sein Werk Das Schicksal der Verfemten 1969 stellt die erste literarische Auseinandersetzung mit der Homosexuellenverfolgung durch die Nationalsozialisten dar Das Werk Die Reichskanzlei 1933 1945 bietet einen feuilletonistischen Uberblick uber diese Zeit deutscher Geschichte 3 Privat lebte er zuruckgezogen zusammen mit Plieviers Familie der Witwe Margret Plievier und Plieviers Tochter Cordelia sowie mit seinem Chauffeur Joachim Klose 6 Sein letztes Werk uber die Inflationsheiligen der Weimarer Republik konnte er nicht abschliessen und ubergab kurz vor seinem Tod die von Plievier geerbten Materialien Ulrich Linse der sie zur Monographie Barfussige Propheten 1983 verarbeitet 3 Bewertung und Kritik BearbeitenWildes historische Darstellungen und Biographien konnen einerseits den Vorzug fur sich in Anspruch nehmen in einem journalistisch flussigen Stil geschrieben und so auch fur einen Personenkreis aus Nicht Fachleuten gut lesbar und leicht verstandlich zu sein Seine Berichte uber die geschichtlichen Ereignisse der 1920er und 1930er Jahre besitzen ausserdem insofern ein hohes Mass an Unmittelbarkeit und Authentizitat als sie aus der Warte eines Mannes verfasst sind der die beschriebenen Vorgange als Zeitzeuge selbst miterlebte und sie nicht bloss aus geschriebenen Quellen und Erzahlungen Dritter rekonstruiert zumal Wilde fur sich in Anspruch nehmen kann dass er das politische Geschehen uber das er in der Ruckschau berichtet zu der Zeit als es sich abspielte aufgrund seines Berufs als Journalist wirklich bewusst verfolgt zu haben Wilde kann die haufig reflektierten Ereignisse der Zeit von 1919 bis 1945 somit wie relativ wenige Autoren von der Grundlage direkten personlichen Miterlebens nacherzahlen und durch das Wissen eines gut informierten Journalisten anreichern Andererseits neigt Wilde bei seinen historischen Schilderungen dazu sich nicht kritisch mit seinen Quellen auseinanderzusetzen und vieles was er als Journalist in Weimar und spater in der Emigration dem Horensagen nach oder als Gerucht erfuhr ungepruft als gesichertes Wissen in seine Geschichtsdarstellungen zu ubernehmen Eine zeitgenossische Rezension der 1960er Jahre brachte dies auf die Formel Wo die tatsachliche Geschichte aufhort und wo die Geschichten des Autors Hegner alias Schulze Wilde anfangen vermoge kein Leser zu sagen 12 Einzelnachweise Bearbeiten Hochschule fur Politische Wissenschaften Politische Studien Jg 18 1967 S 128 Bruno Jahn Die deutschsprachige Presse M Z Register 2005 S Seite 976 a b c d e f g h i j k Bernd Ulrich Hergemoller Mann fur Mann Ein biographisches Lexikon Suhrkamp Taschenbuch Hamburg 2001 ISBN 3 518 39766 4 Schulze Harry Wilde Harry S 650 Ulrich Linse S 95 Abbildung des Vortragsplakats es besteht Unklarheit aus welchem Buch a Barfussige Propheten Erloser der zwanziger Jahre Siedler Berlin 1983 ISBN 3 88680 088 1 wahrscheinlicher b Die Kommune der deutschen Jugendbewegung ein Versuch z Uberwindung d Klassenkampfes aus d Geist d burgerlichen Utopie die kommunist Siedlung Blankenburg bei Donauworth 1919 20 Beck Munchen 1973 ISBN 3 406 10805 9 Golo Mann Erinnerungen und Gedanken Eine Jugend in Deutschland Autobiographie S Fischer Frankfurt Main 1986 S 425 a b c Harry Wilde Theodor Plivier Nullpunkt der Freiheit Biographie Desch Munchen Wien Basel 1965 Flucht S 291ff Lubbe S 337 Privat S 443 Peter Becher Sigrid Canz Drehscheibe Prag Deutsche Emigranten 1933 1939 1989 S 28 Klaus Mann Tagebucher II Spangenberg Munchen 1989 Reinbek Rowohlt 1995 S 89 6 Januar 1935 S 90 7 Januar 1935 a b Jahrbuch fur internationale Germanistik 1975 S 159 Harry Wilde Sozialpsychologische Erfahrungen aus dem Lagerleben Probleme der sozialen Nachkriegszeit Band 3 von Friedrich Siegmund Schultze Hrsg Wiederaufbau und Erziehung Schriftenreihe Europa Verlag Zurich 1946 S 54f Harry Wilde Walther Rathenau in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten Reinbek 1971 rm180 Martin Broszat Schnulzen zum Dritten Reich In Die neue Gesellschaft Jahrgang 8 1961 S 69 Schriften BearbeitenFuhrer durch Mitteldeutschland Thuringen und seine Grenzgebiete Mit einer Ubersichtskarte 1923 veroffentlicht unter dem Namen Harry Schulze Hegner Fuhrer fur die wandernde Jugend 1924 Politische Geheimbunde im Volkergeschehen 1932 mit Eugen Lennhoff Sozialpsychologische Erfahrungen aus dem Lagerleben 1946 Die Machtergreifung Ein Bericht uber die Technik des nationalsozialistischen Staatsstreichs 1958 zusammen mit Hans Otto Meissner Der politische Mord 1962 China Schicksal unserer Kinder 1963 Theodor Plievier Nullpunkt der Freiheit 1965 Die Reichskanzlei 1933 1945 Anfang und Ende des Dritten Reiches 1959 veroffentlicht unter dem Namen H S Hegner Politische Morde unserer Zeit 1966 Leo Trotzki in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten Rowohlt Reinbek bei Hamburg 1969 ISBN 3 499 50157 0 Von der Negersklaverei zur Black Power Bewegung 1969 Der wahre Sieger Die russische Revolution und Leo Trotzki Das Schicksal der Verfemten Die Verfolgung der Homosexuellen im Dritten Reich und ihre Stellung in der heutigen Gesellschaft 1969 Rosa Luxemburg Ich war ich bin ich werde sein Molden Wien 1970 Walther Rathenau in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten 1971 Literatur BearbeitenL Kurowski Buch der Freunde Herausgegeben vom Komitee zum 70 Geburtstag von Harry Schulze 1969 Schulze Wilde Harry Paul in Werner Roder Herbert A Strauss Hrsg International Biographical Dictionary of Central European Emigres 1933 1945 Band 2 2 Munchen Saur 1983 S 1055Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Harry Wilde im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Literaturland Thuringen Vita Harry Wilde Nachlass Bundesarchiv NY 4290Normdaten Person GND 107428296 lobid OGND AKS LCCN nr2001008588 VIAF 119036618 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Wilde HarryALTERNATIVNAMEN Schulze Harry Paul wirklicher Name Hegner H S Pseudonym Schulze Hegner Harry Pseudonym Schulze Wilde Harry beschreibender Kunstname KURZBESCHREIBUNG deutscher Journalist und SchriftstellerGEBURTSDATUM 16 Juli 1899GEBURTSORT ZwickauSTERBEDATUM 22 Februar 1978STERBEORT Hohenbrunn Abgerufen 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