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Die Harnstoff Extraktiv Kristallisation ist ein Verfahren zur Abtrennung linearer Paraffine aus Kohlenwasserstoffgemischen durch Bildung von Harnstoff n Paraffin Clathraten Die Trennung dient hauptsachlich der Erniedrigung des Stockpunkts von Mineralolprodukten als Nebenprodukte fallen n Paraffine in hoher Reinheit an Das Verfahren wird auch bei Fettsauren deren Estern und Fettalkoholen angewendet etwa zur Abtrennung von Omega n Fettsauren 2 Neben Harnstoff findet Thioharnstoff in dem Verfahren Anwendung Struktur einer Einschlussverbindung von Harnstoff und 1 6 Dichlorhexan Sauerstoff Stickstoff Chlor Kohlenstoff Wasserstoff 1 Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Rohstoffe 3 Verfahren 4 Produkte 5 Mechanismus 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenIm Jahr 1939 erkannte F Bengen dass Harnstoff mit einer grossen Zahl von aliphatischen Verbindungen verschiedener Art wie Kohlenwasserstoffen Fettsauren Estern Alkoholen Aldehyden und Ketonen Einschlussverbindungen bildete 3 Die Reaktionspartner des Harnstoffs mussten eine Kettenstruktur aufweisen Die Struktur der Kette musste weitgehend gerade sein und sechs oder mehr Kohlenstoffatome aufweisen um eine Reaktion zuzulassen Cyclische Verbindungen oder Aromaten gingen keine Reaktion ein Bengen erkannte dass sich die Bildung der Einschlussverbindungen dazu nutzen liess unverzweigte von verzweigten Kohlenwasserstoffen abzutrennen 4 Die Aufklarung der Struktur der Einschlussverbindungen gelang durch Rontgendiffraktometrie 5 Das bereits 1940 von Bengen zum Patent angemeldete Verfahren wurde im Folgejahr von der BASF gekauft und vermarktet 6 Zu Beginn der 1950er Jahre wurde das Verfahren fur die Abtrennung von Linolsaure und Olsaure aus ungeniessbaren Fettsauregemischen angewandt 7 Die Trennung erfolgte uber die Methylester die durch Umesterung der fetten Ole mit Methanol hergestellt wurden Die Ausbeute glich der herkommlicher Tieftemperatur Kristallisationsverfahren konnte aber bei Umgebungstemperatur durchgefuhrt werden Rohstoffe Bearbeiten nbsp Tetracosan C24H50 eine typische ParaffinkomponenteStatt n Alkanen konnen sich auch unverzweigte Fettsauren mit mehr als vier Kohlenstoffatomen sowie ihre Ester und unverzweigte Fettalkohole in den Kanalen des kristallisierten Harnstoffs einlagern Die ursprungliche Entdeckung des Verfahrens ging auf eine Untersuchung uber die Fette in Milch zuruck 3 Eine Abweichung von der geradkettigen Molekulgeometrie z B durch C C Doppelbindungen im Molekul fuhrt zu einer weniger stabilen Einlagerung So bildet Stearinsaure C18 0 stabilere Harnstoff Addukte im Vergleich zur Olsaure C18 1 cis 9 oder Linolsaure C18 2 cis 9 cis 12 Eine Verzweigung im Fettsauremolekul oder eine Autoxidation im Rahmen des Fettverderbs fuhren bei den Fettsauren zu einer grossen Abweichung von der geradkettigen Molekulstruktur so dass diese Verbindungen keine Harnstoff Addukte bilden Dies wird im Rahmen der Fettsaure Analytik zur Abtrennung oder Anreicherung spezieller Fettsauren verwendet 8 Nur methylverzweigte Kohlenwasserstoffe etwa Paraffingatsch aus der Fischer Tropsch Synthese konnen mittels Harnstoff Extraktiv Kristallisation nicht weiter in n und iso Alkane zerlegt werden 9 Verfahren Bearbeiten nbsp HarnstoffDie Abtrennung von langkettigen n Paraffinen mit Kettenlangen von etwa 20 bis 30 Kohlenstoffatomen konnen kaum durch destillative Verfahren aus Paraffingemischen entfernt werden da die dafur notwendigen Temperaturen zum Teil Crack Reaktionen verursachen Eine Abtrennung der langkettigen n Paraffine mit Molekularsieben ist aufgrund der Porengrosse ebenfalls nicht moglich 10 Zur Abtrennung der n Paraffine aus dem Kohlenwasserstoffgemisch wird dieses mit Harnstoff mit dem etwa 20 fachen molaren Uberschuss versetzt Dieser kristallisiert in einer hexagonalen Kristallstruktur mit circa 5 5 bis 5 8 A grossen Kanalen 11 In diese Kanale lagern sich n Paraffine ein Ist der prozentuale Anteil der n Paraffine im Gemisch hoch wird dieses mit einem Losungsmittel verdunnt Allgemein verlauft die Reaktion nach dem Schema H a r n s t o f f A d d u k t k o m p o n e n t e H a r n s t o f f a d d u k t displaystyle mathrm Harnstoff Adduktkomponente rightleftharpoons Harnstoffaddukt nbsp Die Lage des Gleichgewichts ist abhangig von den Konzentrationen der Reaktanden dem Losungsmittel und der Temperatur 12 Die zur Bildung der Einschlussverbindungen notwendige Menge Harnstoff variiert von etwa 1 bis 0 8 Harnstoffmolekule pro Kohlenstoffatom in einer Kohlenstoffkette wobei die prozentual benotigte Menge mit wachsender Kettenlange kleiner wird Das Harnstoff zu Kohlenstoffverhaltnis beim n Hexan C6H14 betragt im Addukt 5 5 6 beim n Dodecan C12H26 9 7 12 12 Der Harnstoff wird in einer ubersattigten wassrigen Losung zugegeben um Verluste durch Adduktbildung wahrend des Prozesses auszugleichen Um zu hohe Konzentrationen an Addukten zu vermeiden wird das zu entparaffinierende Ol mit einem Losungsmittel wie Methylisobutylketon oder Methylenchlorid verdunnt Das Verhaltnis von Olphase zu Wasserphase betragt etwa 1 zu 0 5 12 Das Vermischen der Ol und Wasserphase geschieht bei leicht erhohten Temperaturen etwa 35 C Im Laufe der Reaktion wird auf Raumtemperatur abgekuhlt Fur die Bildung der Einschlussverbindungen sind niedrigere Temperaturen von Vorteil 12 nbsp Buste Lazăr EdeleanusDas gebildete Harnstoff Paraffinaddukt kann abfiltriert und dadurch von den iso Paraffinen und nicht paraffinischen Komponenten getrennt werden Durch Waschen mit dem verwendeten Losungsmittel wird ein fester Addukt Ruckstand erhalten der durch Behandlung mit heissem Wasser bei etwa 75 C wieder in eine Harnstofflosung und n Paraffine getrennt werden kann Das so erhaltene n Paraffin hat eine Reinheit von etwa 99 12 Verluste an Harnstoff sind nur gering die heisse Harnstofflosung kann direkt wieder in den Prozess zuruckgefuhrt werden Das Ol wird vom verwendeten Losungsmittel destillativ getrennt 12 Es wurden zwei industrielle Prozesse entwickelt in Japan der Nurex in Deutschland der Edeleanu Prozess die sich durch die Art der Harnstoff Zugabe sowie des Losungsmittels unterscheiden 13 Beim Nurex Prozess wird der Harnstoff in fester Form zugegeben wahrend beim Edeleanu Prozess eine gesattigte wassrige Harnstofflosung verwendet wird 14 Eine nach dem Nurex Prozess arbeitende Anlage die von Nippon Mining entwickelt wurde ging 1968 in Betrieb und hatte eine Kapazitat von 40 000 Tonnen pro Jahr Als Rohstoffe dienten Kerosin und Gasol 13 Produkte BearbeitenBei der Harnstoff Extraktiv Kristallisation entstehen zwei Produkte Die linearen Alkane dienen in verschiedenen chemisch technischen Prozessen etwa der Paraffinoxidation als Rohstoffe 15 Durch Paraffincracken der langerkettigen Paraffine werden kurzerkettige a Olefine erhalten 10 Die entparaffinierten Ole weisen einen geringeren Stockpunkt auf und finden in verschiedenen technischen Gebieten Anwendung etwa als tiefstockende Heiz und Schmierole Mechanismus Bearbeiten nbsp Querschnitt des Gitterhohlraums eines Harnstoff Paraffin Addukts 16 Die Bildung der Harnstoffeinschlussverbindungen erfolgt uber Wasserstoffbruckenbindung durch Selbstassoziation uber mehrere Wasserstoffbrucken Dabei konnte ein Templat gesteuerter Kristallwachstumsmechanismus nachgewiesen werden 17 Konventionelle Harnstoff Einschlussverbindungen mit Paraffinen kristallisieren in einer hexagonalen Wirtstunnelstruktur mit der Raumgruppe P6122 Nr 178 Vorlage Raumgruppe 178 oder P6522 Nr 179 Vorlage Raumgruppe 179 11 Das hexagonale Einschlussgitter des Harnstoffs kommt in zwei spiegelbildlichen Formen vor die durch Racematspaltung in ihre optischen Antipoden getrennt werden konnen 18 Die Alkane liegen in der Einschlussverbindung in anti Konformation vor mit geringen Anteilen an gauche Konformation 19 Die Zersetzung der Einschlussverbindungen wurde mittels Differentialthermoanalyse untersucht Der Zersetzungsmechanismus scheint korreliert mit der notigen Energie die das Gastmolekul aufbringen muss um aus dem Harnstoffkanal zu diffundieren 20 Die Tunnel der Thioharnstoffwirtsstruktur weisen eine grossere Querschnittsflache als die der Harnstoffwirtsstrukturen auf Dementsprechend finden sich bei der Verwendung von Thioharnstoff verzweigte und Cycloparaffine wie Cyclohexan als Gastmolekule wahrend n Paraffine wieder aus dem Hohlraum diffundieren 12 Daneben bildet Thioharnstoff auch Einschlussverbindungen mit metallorganischen Komplexen wie Ferrocen 11 Auch mit chlorierten Cycloparaffinen wie Chlorcyclohexan bildet Thioharnstoff Einschlussverbindungen 21 Thioharnstoff kann daher zur Abtrennung von verzweigten Paraffinen aus Gemischen mit n Paraffinen dienen 12 Literatur BearbeitenFriedrich Asinger Chemie und Technologie der Paraffinkohlenwasserstoffe Akademie Verlag 1956 Wilhelm Keim Arno Behr Gunther Schmitt Grundlagen der Industriellen Chemie Otto Salle Verlag 1985 ISBN 3 7935 5490 2 Friedrich Asinger Methoden zur Isolierung von Alkanen aus Kohlenwasserstoffgemischen durch Harnstoff Extraktiv Kristallsation bzw mit Molekularsieben In Houben Weyl Methods of Organic Chemistry Vol V 1a 4th Edition Alkanes Cycloalkanes Georg Thieme Verlag 2014 ISBN 978 3 13 179924 1 S 568 572 Kenneth D M Harris Fundamental and Applied Aspects of Urea and Thiourea Inclusion Compounds In Supramolecular Chemistry 19 2007 S 47 72 doi 10 1080 10610270600977706 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Harnstoff Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten Mark D Hollingsworth Ulrike Werner Zwanziger Michael E Brown Jason D Chaney John C Huffman Kenneth D M Harris Sharon P Smart Spring Loading at the Molecular Level Relaxation of Guest Induced Strain in Channel Inclusion Compounds In Journal of the American Chemical Society 121 1999 S 9732 doi 10 1021 ja9919534 R Rigamonti V Riccio Trennung von Fettsauren und Triglyceriden mit Hilfe der Harnstoff Additionsverbindungen In Fette und Seifen 54 1952 S 193 doi 10 1002 lipi 19520540402 a b M F Bengen Mein Weg zu den neuen Harnstoff Einschluss Verbindungen In Angewandte Chemie Band 63 1951 S 207 doi 10 1002 ange 19510630903 F Bengen W Schlenk Uber neuartige Additionsverbindungen des Harnstoffs In Experientia 5 1949 S 200 doi 10 1007 BF02172488 W Schlenk Die neuen Harnstoff Additionsverbindungen In Angewandte Chemie 62 1950 S 299 doi 10 1002 ange 19500621302 W Schlenk Die Structur der Harnstoff Additionsverbindungen In Acta Crystallographica 6 1953 S 670 doi 10 1107 S0365110X53001885 Daniel Swern Winfred E Parker Application of urea complexes in the purification of fatty acids esters and alcohols I Oleic acid from inedible animal fats In Journal of the American Oil Chemists Society 29 1952 S 431 434 doi 10 1007 BF02631497 Hans Dieter Belitz Walter Grosch Lehrbuch der Lebensmittelchemie 4 Auflage Springer Verlag Heidelberg Berlin 1992 ISBN 3 540 55449 1 S 151 155 E Leibnitz W Hager M Finke Studien zur Chemie der Paraffine und Paraffinmassen III Uber Harnstoffeinschlussverbindungen eines Paraffingatsches aus der FISCHER TROPSCH Synthese In Journal fur Praktische Chemie 7 1958 S 155 doi 10 1002 prac 19580070306 a b Friedrich Asinger H H Vogel Alkane und Cycloalkane In Theodor Weyl Begr Josef Houben Hrsg Eugen Muller Hrsg Methoden der organischen Chemie V 1a Kohlenwasserstoffe Teil 1 Thieme Verlag Stuttgart 1970 ISBN 3 13 202204 7 S 568 570 a b c Kenneth D M Harris Fundamental and Applied Aspects of Urea and Thiourea Inclusion Compounds In Supramolecular Chemistry 19 2007 S 47 72 doi 10 1080 10610270600977706 a b c d e f g h Friedrich Asinger Chemie und Technologie der Paraffinkohlenwasserstoffe Akademie Verlag 1956 S 53 59 a b Naoki Yata Characteristics of Urea Adduction Process and Nurex Process In Journal of the Fuel Society of Japan 48 1969 S 559 doi 10 3775 jie 48 7 559 Manfred Baerns Arno Behr Axel Brehm Jurgen Gmehling Hanns Hofmann Ulfert Onken Technische Chemie Wiley VCH 2013 ISBN 978 3 527 33072 0 S 552 Wilhelm Keim Arno Behr und Gunter Schmitt Grundlagen der Industriellen Chemie Technische Produkte und Prozesse Otto Salle Verlag 1985 ISBN 3 7935 5490 2 S 250 Friedrich Klages Aufbau und Eigenschaften der Materie im Mikro und Makrokosmos De Gruyter 1979 ISBN 978 3 11 007382 9 S 90 M D Hollingsworth M E Brown A C Hillier B D Santarsiero J D Chaney Superstructure Control in the Crystal Growth and Ordering of Urea Inclusion Compounds In Science 273 1996 S 1355 doi 10 1126 science 273 5280 1355 Wilhelm Schlenk Das asymmetrische Einschlussgitter des Harnstoffs I Racemattrenung In Justus Liebigs Annalen der Chemie 1973 1973 S 1145 doi 10 1002 jlac 197319730710 H L Casal Conformations of n alkanes in urea inclusion adducts In The Journal of Physical Chemistry 94 1990 S 2232 doi 10 1021 j100369a006 H G McAdie Thermal Decomposition of Molecular Complexes III Urea Inclusion Compounds of Monosubstituted Aliphatic Series In Canadian Journal of Chemistry 41 9 1963 S 2144 2153 doi 10 1139 v63 314 Kenneth D M Harris John M Thomas Structural aspects of the chlorocyclohexane thiourea inclusion system In Journal of the Chemical Society Faraday Transactions 86 1990 S 1095 doi 10 1039 FT9908601095 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Harnstoff Extraktiv Kristallisation amp oldid 226398188