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Das Hamburger Verfahren auch BP Chemicals Pyrolysis Process ist ein Verfahren der Wirbelschichtpyrolyse zum chemischen Recycling von Kunststoffen Biomaterialien und ahnlichen Materialien Es wurde seit den 1970er Jahren an der Universitat Hamburg von den Professoren Hansjorg Sinn und Walter Kaminsky entwickelt Ziel ist die Gewinnung wertvoller Produkte die als Ausgangsstoffe in der chemischen oder petrochemischen Industrie eingesetzt werden konnen Dabei wird der Kunststoff in einem Wirbelschichtreaktor bei Temperaturen zwischen 300 C und 900 C unter Sauerstoffausschluss zersetzt Inhaltsverzeichnis 1 Einsatzmaterialien 1 1 Kunststoffe 1 2 Andere Einsatzmaterialien 2 Technische Durchfuhrung 3 Anwendungsbeispiele 4 Literatur 5 WeblinksEinsatzmaterialien BearbeitenDas Hamburger Verfahren dient in erster Linie zum Recycling von Kunststoffen Es konnen jedoch auch Holz Stroh Bambus Klarschlamm Olschiefer oder Tankerruckstande eingesetzt werden Kunststoffe Bearbeiten Es konnen sowohl Reinkunststoffe als auch Kunststoffgemische wie sie z B im Hausmull vorkommen pyrolysiert werden Dabei eignen sich reine Kunststoffe wie Polymethylmethacrylat PMMA Polytetrafluorethylen PTFE oder Polystyrol PS zur Ruckgewinnung von Monomeren Umkehrung der Polymerisation Durch die Pyrolyse von PMMA bei 450 C und PTFE zwischen 600 C und 650 C konnen weit uber 90 des Monomers zuruckgewonnen werden Da PMMA ein Massenkunststoff ist und das resultierende Monomer Methylmethacrylat MMA relativ teuer ist kann das Hamburger Verfahren hier kostendeckend arbeiten PTFE fallt nur in geringen Mengen als Abfallstoff an was eine okonomische Verwertung schwierig macht Styrol das zu etwa 75 aus PS bei 520 C zuruckgewonnen werden kann ist ein billiger Rohstoff so dass auch hier eine kostendeckende Verwertung schwer zu erreichen ist Bei Polyolefinen wie Polyethylen PE oder Polypropylen PP ist die Ruckgewinnung der Monomere nur in begrenztem Umfang moglich Zwar entstehen bei der Pyrolyse von Polyolefinen immer auch die Monomere Ethylen und Propylen aber je nach Temperaturbereich werden andere Produkte bevorzugt Im niederen Temperaturbereich 400 C 600 C entstehen hauptsachlich Wachse Dagegen werden bei hoheren Temperaturen ca 750 C die Ketten weiter zersetzt und Aromaten wie Benzol Toluol und Xylole gebildet Die Verwendung von Kunststoffgemischen fuhrt immer zu einem uneinheitlichen Produktgemisch Problematisch sind dabei Kunststoffe wie Polyvinylchlorid PVC oder Polyester die korrosive und sublime Produkte bilden konnen die in der Lage sind die Anlage zu schadigen Andere Einsatzmaterialien Bearbeiten Biomaterialien sind ein weiteres mogliches Eintragsgut Dabei wird bei einer Temperatur um die 475 C die hochste Olausbeute erzielt Neben einem stark wasserhaltigem Ol fallen immer zwischen 10 und 40 Holzkohle an Das Ol enthalt neben vielen phenolischen Produkten eine Reihe von Aromastoffen Dieses Ol wird heute vielfach als Raucharoma Flussigrauch eingesetzt da es im Gegensatz zum klassischen Rauchern keine polykondensierten Aromaten enthalt die als krebserzeugend gelten Die Wirbelschichtpyrolyse kann auch zur Trennung von anorganischen und organischen Stoffen durchgefuhrt werden Dabei lasst sich z B im Fall von Olschiefer Ol und Gestein trennen Technische Durchfuhrung BearbeitenDas Hamburger Verfahren ist eine kontinuierlich arbeitende Wirbelschichtpyrolyse Dabei wird ein Wirbelgut von unten durch eine porose Platte Wirbelboden aufgewirbelt fluidisiert Als Wirbelgut dient dabei meist Quarzsand Es konnen jedoch auch katalytisch aktive Materialien z B Zeolithe verwendet werden wenn sie eine ausreichende thermische Stabilitat und Harte besitzen Als Wirbelgas wird Stickstoff oder Pyrolysegas Gas das bei der Pyrolyse entsteht und nach der Abscheidung kondensierbarer Produkte wieder zuruck in den Reaktor gefuhrt wird Kreisbetrieb verwendet Es kann jedoch auch Wasserdampf als Wirbelgas dienen was zu einer leichten Oxidation der Produkte fuhrt Die Verwendung von Sauerstoff ist ausgeschlossen da es sich um eine Pyrolyse und keine Verbrennung handelt Daher erfolgt auch die Beheizung indirekt durch Brenner oder elektrisch Die Pyrolyseprodukte werden nicht mit Verbrennungsprodukten vermischt Charakteristisch ist die Verwendung eines Doppelschneckeneintrags fur das zu pyrolysierende Material Die erste Schnecke dient der Dosierung wahrend die zweite Schnecke das Material direkt in die heisse Wirbelschicht befordert und die Zersetzung augenblicklich stattfindet Flash Pyrolyse Die Reaktionszeit bewegt sich dabei im Bereich weniger Sekunden Nach der Pyrolyse werden die Produkte in mehreren Schritten abgekuhlt und abgeschieden Anwendungsbeispiele BearbeitenIn Grangemouth Schottland wird seit 1998 von der BP eine Anlage betrieben die im Laufe der Zeit auf 25 000 t a erweitert wurde Sie wird mit lokalem Plastikmull bei einer Temperatur zwischen 400 C und 450 C betrieben Von 1984 bis 1988 war eine Demonstrationsanlage zur Pyrolyse von Kunststoffabfallen und Reifen in Ebenhausen in Betrieb Von 1984 bis 1989 war ebenfalls eine Anlage zur Reifenpyrolyse in der DDR in Betrieb Siehe auch Verwertung von KunststoffabfallenLiteratur BearbeitenJohn Scheirs Walter Kaminsky Hrsg Feedstock Recycling and Pyrolysis of Waste Plastics Converting waste Plastics into Diesel and other Fuels John Wiley amp Sons Chichester u a 2006 ISBN 978 0 470 02152 1 Wiley series in polymer science Walter Kaminsky Hansjorg Sinn Petrochemical Processes for Recycling Plastics In Johannes Brandrup M Bittner Walter Michaeli Georg Menges Hrsg Recycling and Recovery of Plastics Hanser Munchen u a 1996 ISBN 1 56990 214 3 S 434 443 Weblinks BearbeitenUniversitat Hamburg Arbeitskreis Kaminsky Pyrolysegruppe Memento vom 4 Mai 2012 im Internet Archive Bericht in der Zeit uber das Verfahren Memento vom 10 Marz 2016 im Internet Archive Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hamburger Verfahren amp oldid 232442296