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Hasslichkeit ist ein wertender Begriff fur ein als abstossend angesehenes Merkmal welches sich bei Personen auf Aussehen und Charakter aber auch auf Kunstwerke und Gegenstande beziehen kann Sie wird durch das subjektive Empfinden einer Person Kultur bzw durch eine Zeitepoche definiert und ist das Gegenteil von Schonheit Hassliches wird auch als eklig widerlich unschon abartig oder veraltet heute politisch inkorrekt entartet bezeichnet Hasslichkeitsempfindung wird haufig ausgelost von der Abweichung von einer kollektiv oder individuell angestrebten Norm oder eines Ideals Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung und Rolle in der Evolution 2 Wortentstehung 3 Geschichte 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks 7 QuellenEntstehung und Rolle in der EvolutionDie evolutionare Verankerung des Hasslichkeitsempfindens ist eine Steuerung der Partnerwahl Das universelle Prinzip der Zweigeschlechtlichkeit welches eine Reduzierung des Risikos der Propagierung von genetischen Schwachen und Defekten bewirkt ist insbesondere bei kleinen Populationen wie sie in der Fruhzeit der Menschheit typisch waren nicht mehr hinreichend fur eine nutzliche Durchmischung von Genen so dass das Risiko von Inzest Mutationsschaden steigen kann Da solche Schaden sowohl leicht zu ausserlichen Veranderungen Normabweichungen fuhren konnen als auch ublicherweise zu einer Schwachung der genetischen Fitness z B der gesundheitlichen Robustheit eignet sich ersteres als ausserlicher Indikator fur letzteres Die Hasslichkeitswahrnehmung ist ein Instinkt der die Aussagekraft dieses Indikators fur die Partnerwahl ausnutzt Ein weiterer ausserlicher Indikator ist das Vorhandensein von Krankheitsbildern die daher ebenfalls fast ausnahmslos und kulturubergreifend als hasslich bis abstossend wahrgenommen werden Beispiel Asymmetrien im Korperbau oder in den Gesichtszugen sind ein moglicher Indikator fur schwere genetische Schaden Daraus resultiert eine instinktive Bevorzugung von Symmetrie bzw eine Hasslichkeitswahrnehmung von Asymmetrie welche sich aufgrund ihrer tiefen instinktiven Verankerung ubrigens auf viele Lebensbereiche jenseits von Gesichtern oder menschlichen Korpern kulturubergreifend auswirkt WortentstehungDas Wort hasslich ist etymologisch abgeleitet von dem Wort Hass und bedeutete ursprunglich auch so viel wie feindselig mit Hass erfullt oder hassenswert Die Wortbedeutung erweiterte sich dann in der Neuzeit Im Deutschen Worterbuch der Bruder Grimm heisst es vielfach in minder scharfer auspragung des begriffes ein gefuhl des widerwillens erregend unlieblich namentlich von korperlicher gestalt eines menschen Grimm erwahnt auch die Bedeutungserweiterung im Sinne einer moralischen Bewertung zum Beispiel in dem Ausdruck eine hassliche Angewohnheit Und in bezug auf geruch gehor geschmack gefuhl diese blume hat einen haszlichen geruch die speise schmeckte haszlich also als Synonym fur ekelhaft 1 In Meyers Konversationslexikon Ende des 19 Jahrhunderts heisst es uber den ambivalenten Charakter der Hasslichkeit Obgleich seiner Form nach missfallig kann der hassliche Gegenstand doch in andern Hinsichten Interesse einflossen entweder als charakteristisches Spiegelbild gegebener Wirklichkeit in Natur oder Geschichte oder durch stoffliche Reize z B der sichtbare Widerstreit zwischen dem abstossenden Aussern und dem anziehenden ja fesselnden Innern 2 Zugleich wird auf die geschlechtsspezifischen Unterschiede im Hinblick auf das Aussere verwiesen Gelehrte ja in gewissem Sinn Manner uberhaupt geniessen das Privilegium der Hasslichkeit der Franzose der das Pikante noch uber das Schone setzt spricht von einer belle laideur 2 Im Franzosischen gibt es den Begriff Beaute du diable Schonheit des Teufels fur eine Frau die sexuell anziehend wirkt obwohl sie nach den ublichen Massstaben als hasslich oder entstellt anzusehen ist In Theodor Fontanes Werk Schach von Wuthenow wird der durch Blattern entstellten Victoire von Carayon beaute du diable bescheinigt Geschichte nbsp Die hassliche Herzogin Gemalde von Massys 1525 Bereits in der Antike war das Schonheitsideal ein makelloser Korper mit harmonischen Proportionen Deutliche Abweichungen vom Ideal und erst recht korperliche Deformationen fuhrten zur Einstufung als hasslich Im Mittelalter hatte Schonheit ebenfalls einen relativ hohen Stellenwert Entstellte und behinderte Menschen wurden abgelehnt und ausgegrenzt sie wurden zu Aussenseitern am Rande der Gesellschaft 3 Das traf auch fur Aussatzige zu Henrik Specht hat mittelalterliche hofische Literatur im Hinblick auf stereotype Merkmale fur Hasslichkeit untersucht Die haufigsten sind dunkle Haut und Haarfarbe wirre Frisur starke Korperbehaarung starre Augen ein breites Gesicht mit auffallender Nase grosse schiefe Zahne und anatomische Auffalligkeiten des Korpers 4 Mit der Entstehung des Nationalismus in Europa kam die Vorstellung auf dass es schone und hassliche Volker gibt wobei als Schonheitsideal ethnozentristisch die europaische Physiognomie galt So war im 18 Jahrhundert in der Oeconomischen Encyclopadie von Johann Georg Krunitz zu lesen Die wohlgebildetsten Menschen bewohnen durchgehends auch die schonsten Gegenden der Erde So formenreich durch Kunst und Cultur so vielfach verandert Europa ist so stellt es doch vollkommene Schonheiten dar nur lasst sich dieses wegen der so haufigen Vermischungen nicht allgemein behaupten dem ungeachtet gehoren die Europaer unter die wohlgebildetsten Nationen der Erde Sie haben ein langliches Hinterhaupt eine angenehme Wolbung des Hirnschedels und der Stirn ein erhabenes Gesicht mit weit geoffneten Augen von gehoriger Grosse und mancherley Farben eine hervorstehende Nase dunne Lippen die weder aufgeworfen noch zuruckgezogen sind Ihre Statur geht meistens etwas uber das Mittlere Die Bildung ihres Leibes hat eine gefallige Proportion 5 Dennoch wurde Schonheit auch anderen Volkern zugestanden die diese Idealvorstellungen erfullten Laut Krunitz traf das unter anderem auf die Bewohner Kaschmirs und Tahitis zu Ungeachtet ihrer Schwarze haben selbst mehrere Stamme unter den Negern sehr viel Uebereinkommendes mit schoner europaischer Bildung Korperbildung 5 Krunitz bezeichnet auch die Ethnien und Merkmale die aus dieser Sicht als eher hasslich galten Im Gegentheil giebt es auch Volkerschaften die man wenigstens nach europaischem Geschmacke fur weit weniger schon und nicht selten fur hasslich zu halten geneigt ist Dahin gehoren die meisten mongolischen Bildungen die sich bey ihrer angearteten tatarischen Gestalt durch eine mittlere Statur durch grosse platschige Gesichter wenige und dunne Bart Haare durch gegen die Nase schief ablaufende flach ausgefullte Augen Winkel durch schmahle schwarze wenig bogige Augenbrauen durch eine kleine flache gegen die Stirn zu breite Nase durch abstehende grosse Ohren krumme Schenkel und Beine durch ein weites und starkes Gebiss und durch Haare die so dick wie Pferde Haare sind auszeichnen welches nebst der ganzen Gesichts Bildung ein Raub Thier unter den Menschen zu charakterisiren scheint In diesem Bilde findet man fast alle diejenigen Volkerschaften welche das nordliche Asien bewohnen 5 Die Naturwissenschaftler des 18 Jahrhunderts erklarten das unterschiedliche Aussehen verschiedener Ethnien vor allem mit den Erfordernissen des Klimas und ihrer Lebensweise Als abstossend erschienen Europaern auch die bei Naturvolkern teilweise noch heute ublichen Korperbemalungen und andere Formen der Korpergestaltung Siehe auchAsthetik Paradox der Hasslichkeit Das hassliche Entlein Der hassliche DeutscheLiteraturUmberto Eco Hrsg Die Geschichte der Hasslichkeit Hanser Munchen 2007 ISBN 978 3 446 20939 8 Originaltitel Storia della bruttezza ubersetzt aus dem Italienischen Ines Engelmann Hasslich Eine Diskussion uber bildende Kunst und Literatur vom Anfang des 19 bis zum Beginn des 20 Jahrhunderts VDG Weimar 2003 ISBN 3 89739 378 6 zugleich Dissertation Univ Stuttgart 2002 Ursula Hoyningen Suess Christine Amrein Hrsg Entstellung und Hasslichkeit Beitrage aus philologischer medizinischer literatur und kunsthistorischer sowie aus sonderpadagogischer Perspektive Bern Stuttgart Wien 1995 Beitrage zur Heil und Sonderpadagogik Band 17 Heiner Klemme Hrsg Im Schatten des Schonen Die Asthetik des Hasslichen in historischen Ansatzen und aktuellen Debatten Aisthesis Verlag Bielefeld 2006 ISBN 3 89528 560 9 Karl Rosenkranz Asthetik des Hasslichen 2 uberarb Aufl d Ausg Konigsberg 1853 Reclam Leipzig 1996 ISBN 3 379 01555 5 Christine Winkler Die Maske des Bosen Groteske Physiognomie als Gegenbild des Heiligen und Vollkommenen in der Kunst des 15 und 16 Jahrhunderts Scaneg Munchen 1986 ISBN 3 9800671 8 1 Weblinks nbsp Commons Hasslichkeit Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wiktionary Hasslichkeit Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenQuellen Artikel Haszlich im Deutschen Worterbuch a b Artikel Hasslich in Meyers Konversationslexikon ca 1895 Paul Michel Erklarungsmuster fur hassliche und entstellte Menschen in der mittelalterlichen Literatur In Ursula Hoyningen Suess Christine Amrein Hrsg Entstellung und Hasslichkeit Beitrage aus philologischer medizinischer literatur und kunsthistorischer sowie aus sonderpadagogischer Perspektive Bern Stuttgart Wien 1995 Beitrage zur Heil und Sonderpadagogik Band 17 S 59 92 Antje Schelberg Die Hasslichkeit des Kranken Zur psychosozialen Bedeutung mittelalterlicher Schonheitsvorstellungen am Beispiel der Leprakranken pdf 220 kB a b c Artikel Leibes Schonheit und Hasslichkeit in der Oeconomischen Encyclopadie von KrunitzNormdaten Sachbegriff GND 4128301 6 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hasslichkeit amp oldid 219217905