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Graphitinterkalationsverbindungen sind komplexe Materialien mit der Formel CXm wobei das Ion Xn oder Xn zwischen den gegensatzlich geladenen Kohlenstoffschichten eingelagert interkaliert ist Typischerweise ist m dabei deutlich kleiner als 1 1 2 Die resultierenden Materialien sind in der Regel deutlich gefarbte Feststoffe die eine grosse Bandbreite an elektrischen und Redoxeigenschaften bei potentiellen Anwendungen aufweisen Seitenansicht von KC8Draufsicht auf KC8 top view Modellhafte Darstellung von KC8 Inhaltsverzeichnis 1 Herstellung und Aufbau 2 Beispiele 2 1 Alkali und Erdalkaliderivate 2 2 Graphithydrogensulfat perchlorat und hexafluoroarsenate Oxidierte Derivate 2 3 Metallhalogenidderivate 2 4 Halogen und Oxidderivate 3 Eigenschaften und Anwendungen 3 1 Supraleitfahigkeit 3 2 Reagenzien in der chemischen Synthese 4 Siehe auch 5 Weiterfuhrende Informationen 6 EinzelnachweiseHerstellung und Aufbau BearbeitenDie Darstellung erfolgt im Allgemeinen durch die Behandlung von Graphit mit einem starken Oxidations oder Reduktionsmittel C m X CXmDiese Reaktion ist reversibel Das Wirtsgitter also das Graphit und die Gastkomponente X interagieren mittels Charge Transfer Ein analoger Prozess bildet die Basis von kommerziellen Lithium Ionen Akkumulatoren In einer Graphitinterkalationsverbindung muss allerdings nicht jede Schicht von der Gastkomponente besetzt sein Dies ist nur in den sogenannten Stufe 1 Verbindungen der Fall in denen Graphit und Gastkomponentenschichten tatsachlich alternieren In Stufe 2 Verbindungen wechseln sich hingegen zwei Graphitschichten ohne Gastkomponente mit einer Gastkomponentenschicht ab Die tatsachliche Zusammensetzung kann allerdings variieren und daher sind die resultierenden Verbindungen haufig Beispiele von nichtstochiometrischen Verbindungen Aus diesem Grund wird die genaue Zusammensetzung daher zusammen mit der Stufe angegeben Die einzelnen Schichten des Graphits weisen aufgrund der Gastionen hohere Abstande auf als in freiem Graphit Beispiele BearbeitenAlkali und Erdalkaliderivate Bearbeiten nbsp KC8 unter Argonatmosphare in einem Schlenkkolben In dem Gefass befindet sich ausserdem noch ein mit Glas ummanteltes Magnetruhrstabchen Eine der am besten untersuchten Graphitinterkalationsverbindungen KC8 wird durch Schmelzen von Kalium uber Graphitpuder hergestellt Das Kalium wird dabei vom Graphit absorbiert und die Farbe des Materials andert sich von schwarz zu bronze 3 Der resultierende Feststoff ist pyrophor 4 Die Zusammensetzung lasst sich durch die Annahme erklaren dass der Kalium Kalium Abstand zweimal dem zwischen zwei Hexagons im Kohlenstoffgerust entspricht Die Bindung zwischen den Graphitschichten und den Kaliumkationen ist ausserdem ionisch und die elektrische Leitfahigkeit des Materials grosser als die von a Graphit 4 5 KC8 ist ein Supraleiter mit einer sehr geringen kritischen Temperatur von Tc 0 14 K 6 Das Erhitzen von KC8 fuhrt zur Bildung einer Serie an Zersetzungsprodukten bei denen Kaliumatome eliminiert werden 3 KC8 KC24 2 KUber die intermediaren KC24 blauer Feststoff 3 KC36 KC48 entsteht so schliesslich KC60 Die Stochiometrie MC8 wurde fur die Metalle Kalium Rubidium und Caesium beobachtet Bei kleineren Ionen wie Li Sr2 Ba2 Eu2 Yb3 und Ca2 ist die limitierende Stochiometrie MC6 6 Calciumgraphit CaC6 wird durch das Eintauchen von highly oriented pyrolytic graphite in eine flussige Lithium Calciumlegierung fur 10 Tage bei 350 C hergestellt Das Produkt kristallisiert in der Raumgruppe R3 m und die Abstande zwischen den Kohlenstoffschichten erhohen sich durch die Calciumeinlagerung von 3 35 auf 4 52 A wahrend die Kohlenstoff Kohlenstoff Abstande von 1 42 auf 1 44 A steigen nbsp Struktur von CaC6 Im Falle der gleichzeitigen Einlagerung von Barium und Ammoniak sind die Kationen solvatisiert was in Stufe 1 zu einer Stochiometrie von Ba NH3 2 5C10 9 fuhrt Bei einem Gemisch aus Caesium Wasserstoff und Kalium betragt die Stochiometrie in Stufe 1 CsC8 K2H4 3C8 Im Gegensatz zu anderen Alkalimetallen ist die Menge an interkalierendem Natrium relativ gering Quantenmechanische Berechnungen erklaren dieses Phanomen damit dass Natrium und Magnesium im Vergleich zu anderen Alkali oder Erdalkalimetallen nur schwache chemische Bindungen mit einem Substrat ausbilden 7 Dieses Verhalten lasst sich auf den Vergleich zwischen den Trends in der Ionisierungsenergie und der Ionensubstratkopplung in einer Spalte des Periodensystems zuruckfuhren 7 Allerdings kann doch eine beachtliche Menge an Natrium in Graphit eingelagert werden wenn sich das Ion in einem Losungsmittelkafig befindet also eine Co Interkalation stattfindet Ausserdem war es moglich eine komplexe Magnesium I spezies in Graphit einzulagern 8 Graphithydrogensulfat perchlorat und hexafluoroarsenate Oxidierte Derivate Bearbeiten Die Interkalationsverbindungen Graphithydrogensulfat und Graphitperchlorat konnen durch Umsetzung von Graphit mit starken Oxidationsmitteln in der Gegenwart von starken Sauren erhalten werden Im Gegensatz zu den Alkali und Erdalkaliderivaten werden die Graphitschichten dabei oxidiert 48 C 0 5 O 2 6 H 2 SO 4 2 C 24 HSO 4 2 H 2 SO 4 H 2 O displaystyle ce 48 C 0 5 O2 6 H2SO4 gt 2 C24 HSO4 2 H2SO4 H2O nbsp Im Graphitperchlorat weisen die planaren Kohlenstoffschichten Abstande von 7 94 A auf Zwischen ihnen befinden sich die ClO4 Anionen Die kathodische Reduktion von Graphitperchlorat ist analog zum Erhitzen von KC8 und fuhrt zur sequentiellen Eliminierung von HClO4 Sowohl Graphithydrogensulfat als auch Graphitperchlorat sind bessere elektrische Leiter als Graphit Ihre Leitfahigkeit basiert auf einem Defektelektronenmechanismus 4 Die Reaktion von Graphit mit O2 AsF6 fuhrt zum Salz C8 AsF6 4 Metallhalogenidderivate Bearbeiten Es gibt auch Interkalationsverbindungen von Metallhalogeniden in Graphit Am weitesten untersucht wurden dabei Chloridderivate des Aufbaus MCl2 M Zn Ni Cu Mn MCl3 M Al Fe Ga oder MCl4 M Zr Pt 1 Diese Materialien bestehen aus enggepackten Metallhalogenidschichten zwischen den Kohlenstoffschichten Das Derivat C 8FeCl3 weist Eigenschaften von Spin Glas auf 9 Weiterhin stellte es sich als ergiebiges System zur Untersuchung von Phasenubergangen heraus Eine n stufige magnetische Graphitinterkalationsverbindung hat n Graphitschichten die aufeinanderfolgende magnetische Schichten trennen Beim Erhohen der Stufenzahl wird die Interaktion zwischen den Spins in aufeinanderfolgenden magnetischen Schichten schwacher und 2D Magnetismus kann auftreten Halogen und Oxidderivate Bearbeiten Chlor und Brom konnen reversibel in Graphit interkaliert werden wahrend Iod uberhaupt nicht interkaliert werden kann Bei Fluor ist der Vorgang hingegen irreversibel Im Fall von Brom sind die folgenden Stochiometrien bekannt CnBr fur n 8 12 14 16 20 und 28 Aufgrund der Irreversibilitat der Interkalation von Fluor wird Graphitfluorid oft nicht als Interkalationsverbindung klassifiziert Es hat die Summenformel CF x und wird durch die Reaktion von Fluor mit graphitischem Kohlenstoff bei 215 bis 230 C gewonnen Es ist graulich weiss oder gelb und die Bindung zwischen den Fluor und Kohlenstoffatomen ist kovalent Tetrakohlenstoffmonofluorid C4F wird durch Umsetzung von Graphit mit einer Mischung aus Fluor und Fluorwasserstoff bei Raumtemperatur hergestellt hat eine schwarz blauliche Farbung und ist elektrisch nicht leitend Es wurde als Kathodenmaterial in einer Art von primaren nicht wiederaufladbaren Lithiumbatterien genutzt Graphitoxid ist ein instabiler gelber Feststoff Eigenschaften und Anwendungen BearbeitenGraphiteinterkalationsverbindungen stehen aufgrund ihrer elektronischen und elektrischen Eigenschaften seit vielen Jahren im Interesse von Materialwissenschaftlern Supraleitfahigkeit Bearbeiten Unter den Supraleitfahigen Graphitinterkalationsverbindungen weist CaC6 mit Tc 11 5 K die hochste kritische Temperatur auf Diese steigt unter erhohtem Druck und betragt bei 8 GPa beispielsweise 15 1 K 10 Die Supraleitfahigkeit dieser Verbindungsklasse wird auf die Rolle eines Zwischenschichtzustands englisch interlayer state zuruckgefuhrt Dabei handelt es sich um ein elektronartiges Band das sich etwa 2 eV uber der Fermi Energiebefindet Supraleitfahigkeit tritt nur im Falle einer Besetzung dieses Zwischenschichtszustands auf 11 Die Analyse von purem CaC6 mittels hochqualitativer Ultraviolettstrahlung wurde mittels winkelaufgeloster Photoelektronenspektroskopie durchgefuhrt und ergab dass eine Supraleitfahige Lucke im p Band einen erheblichen Beitrag zur gesamten Starke der Elektron Phonon Kopplung der p Zwischenschicht Zwischenband Interaktion beitragt 11 Reagenzien in der chemischen Synthese Bearbeiten Das bronzefarbene KC8 ist eins der starksten bekannten Reduktionsmittel Es wurde weiterhin als Katalysator fur Polymerisationsreaktionen und als Kupplungsreagenz fur Halogenaromaten mit Biphenylen verwendet 12 In einer Studie wurde frisch hergestelltes KC8 mit 1 Iodododecan umgesetzt was zu einer Modifikation fuhre die in Chloroform loslich ist Die Modifikation lasst sich dabei als mikrometergrosse Kohlenstoffplattchen mit langen Alkylketten die die Loslichkeit erhohen beschreiben 12 Eine andere Kaliumgraphitverbindung KC24 wurde als Neutronenmonochromator verwendet Eine neue essentielle Anwendung fur Kaliumgraphit ist durch die Erfindung von Kaliumionen Batterien entstanden Analog zu Lithiumionen Batterien nutzt die Kaliumionen Batterie eine kohlenstoffbasierte statt einer metallischen Anode In diesem Fall ist die stabile Struktur von Kaliumgraphit ein wichtiger Vorteil Siehe auch Bearbeiten nbsp Commons Graphitinterkalationsverbindungen Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Magnesiumdiborid eine Verbindung die aus hexagonal planaren Borschichten anstelle von Kohlenstoffschichten bestehtWeiterfuhrende Informationen BearbeitenSuzuki Masatsugu Endo Morinobu Graphite Intercalation Compounds and Applications Oxford University Press USA Oxford 2003 ISBN 0 19 535184 3 M S Dresselhaus G Dresselhaus Intercalation compounds of graphite In Advances in Physics Band 30 Nr 2 April 1981 ISSN 0001 8732 S 139 326 doi 10 1080 00018738100101367 wiederaufgelegt als M S Dresselhaus G Dresselhaus Intercalation compounds of graphite In Advances in Physics Band 51 Nr 1 Januar 2002 ISSN 0001 8732 S 1 186 doi 10 1080 00018730110113644 D Savoia C Trombini A Umani Ronchi Applications of potassium graphite and metals dispersed on graphite in organic synthesis In Pure and Applied Chemistry Band 57 Nr 12 1 Januar 1985 ISSN 1365 3075 S 1887 1896 doi 10 1351 pac198557121887 Itsuko S Suzuki Ting Yu Huang Masatsugu Suzuki Magnetic phase diagram of the stage 1 CoCl 2 graphite intercalation compound Existence of metamagnetic transition and spin flop transitions In Physical Review B Band 65 Nr 22 13 Juni 2002 ISSN 0163 1829 S 224432 doi 10 1103 PhysRevB 65 224432 D G Rancourt C Meschi S Flandrois S 1 2 antiferromagnetic finite chains effectively isolated by frustration CuCl 2 intercalated graphite In Physical Review B Band 33 Nr 1 1 Januar 1986 ISSN 0163 1829 S 347 355 doi 10 1103 PhysRevB 33 347 Einzelnachweise Bearbeiten a b Earnshaw A Alan Chemistry of the elements 2nd ed Auflage Butterworth Heinemann Boston Mass 1997 ISBN 0 585 37339 6 H P Boehm R Setton E Stumpp Nomenclature and terminology of graphite intercalation compounds IUPAC Recommendations 1994 In Pure and Applied Chemistry Band 66 Nr 9 1 Januar 1994 ISSN 1365 3075 S 1893 1901 doi 10 1351 pac199466091893 a b D M Ottmers H F Rase Potassium graphites prepared by mixed reaction technique In Carbon Vol 4 Nr 1 1966 ISSN 0008 6223 S 125 127 doi 10 1016 0008 6223 66 90017 0 englisch a b c d Catherine E Housecroft Alan G Sharpe Inorganic Chemistry 3rd Edition Auflage Pearson 2008 ISBN 978 0 13 175553 6 S 386 NIST Ionizing Radiation Division 2001 Major Technical Highlights physics nist gov a b Nicolas Emery Claire Herold Jean Francois Mareche Philippe Lagrange Synthesis and superconducting properties of CaC 6 In Science and Technology of Advanced 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In Science and Technology of Advanced Materials Band 9 Nr 4 Dezember 2008 ISSN 1468 6996 S 044102 doi 10 1088 1468 6996 9 4 044102 PMID 27878015 PMC 5099629 freier Volltext a b Gabor Csanyi P B Littlewood Andriy H Nevidomskyy Chris J Pickard B D Simons The role of the interlayer state in the electronic structure of superconducting graphite intercalated compounds In Nature Physics Band 1 Nr 1 Oktober 2005 ISSN 1745 2473 S 42 45 doi 10 1038 nphys119 a b Soma Chakraborty Jayanta Chattopadhyay Wenhua Guo W Edward Billups Functionalization of Potassium Graphite In Angewandte Chemie International Edition Band 46 Nr 24 11 Juni 2007 S 4486 4488 doi 10 1002 anie 200605175 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Graphitinterkalationsverbindungen amp oldid 239171414