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Das Grabmal Kaiser Friedrichs II in der Kathedrale von Palermo ist die letzte Ruhestatte fur den am 13 Dezember 1250 verstorbenen Staufer Friedrich II Kaiser des Heiligen Romischen Reichs Das aus rotlichem Cefaluaner Porphyr gefertigte prunkvolle Muldengrab mit Baldachin war zusammen mit einem weiteren typgleichen auf Veranlassung seines Grossvaters Roger II aus dem Geschlecht der Hauteville fur diesen selbst hergestellt worden Roger II wurde jedoch entgegen seinem Wunsch nicht in diesem Sarkophag beigesetzt Grabmal Friedrichs II vorn dahinter das von Konstanze I links der weisse Sarkophag von Wilhelm II von SizilienUrsprunglich war der Sarkophag im Chorbereich der Kirche Maria Santissima Assunta in Palermo aufgestellt wurde aber im 18 Jahrhundert in die neu gebaute Seitenkapelle transloziert 1 Noch zwei weitere Korper liegen in der Tumba auf dem Leichnam Friedrichs Es handelt sich offenbar um Peter II von Sizilien und um eine 18 bis 25 Jahre alte Person deren Identitat bei der eingehenden Untersuchung der Grabstatte 1998 nicht weiter zu bestimmen war da beide im Gegensatz zu Friedrichs Leichnam stark verwest waren Der Sarkophag war im Zusammenhang mit der Erweiterung der Kathedrale im Jahr 1781 oder 1782 schon einmal geoffnet worden 1994 fand eine Sondierung statt die dabei gemachten Aufnahmen unterschieden sich deutlich von den alteren Zeichnungen Darum entschied man sich wenige Jahre spater fur eine erneute Offnung Neben der Funktion als Leichenbehaltnis besitzt das Grabmal auch einen hohen kulturhistorischen Wert der sich in zahlreichen Kunstwerken zeigt denen dieser Sarkophag als Vorbild diente 2 Vor dem Grabmal legen Einheimische wie Fremde immer wieder frische Blumen ab Inhaltsverzeichnis 1 Historisches Umfeld 2 Beschreibung 3 Wissenschaftliche Kontroverse 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseHistorisches Umfeld BearbeitenRoger II bestimmte die Kathedrale von Cefalu die 1131 durch Anaklet II auf Bitten Rogers II zum Bistumssitz erhoben worden war zu seiner Grablege und begunstigte damit das Bistum Cefalu Hierin spiegelt sich Rogers Wunsch die nordsizilianische Kuste zum Mittelpunkt seines Reiches zu machen In der Urkunde vom April 1145 fur die Kirche von Cefalu verfugte er u a Sarcophagos vero duos porphyreticos ad decessus mei signum perpetuum conspicuos in praefata ecclesia stabilimus fore permansuros in quorum altero iuxta canonicorum psallentium chorum post diei mei obitum conditus requiescam alterum vero tam ad insignem memoriam mei nominis quam ad ipsius ecclesiae gloriam stabilimus Wir bestimmen aber dass zwei Sarkophage aus Porphyr zum ewigen Zeichen meines Hinscheidens gut sichtbar in der vorgenannten Kirche aufgestellt bleiben sollen in deren einem neben dem Singechor der Domherren ich nach dem Ende meiner Tage begraben ruhen soll deren anderen wir aber sowohl als besonderes Andenken meines Namens als auch zum Ruhm dieser Kirche selbst bestimmen Die Frage warum er zwei Sarge anfertigen liess obwohl er fur sein Begrabnis nur einen benotigte bleibt im Dokument unbeantwortet Demnach war der zweite Sarkophag nicht fur eine konkrete Person bestimmt oder der Stifter wollte sich 1145 dazu noch nicht aussern 3 Nach Rogers II Tod in Palermo 1154 wurde er dort bestattet und die beiden Sarkophage in Cefalu blieben ungenutzt Wohl 1170 verwahrten sich die Kanoniker von Cefalu erfolgreich gegen die Wegfuhrung der Sarkophage die doch zur Beisetzung Rogers II und seines Sohnes Wilhelm I bestimmt seien 4 nbsp Kupferstich der mumifi zierten Leiche Friedrichs II im Jahr 1784 veroffentlichtNach dem Regest einer Urkunde 5 vom September 1215 hatte Friedrich II die beiden Sarkophage im Jahr 1209 aus der Kirche von Cefalu in die Kirche von Palermo schaffen lassen und zum Ausgleich dem Bistum Cefalu ein Gut geschenkt 6 Nun liess er die Gebeine seines Vaters Heinrich VI in einen der beiden kostbaren Sarge legen und bestimmte den anderen fur sich selbst In dem frei gewordenen Sarg Heinrichs VI wurde jetzt seine Mutter Konstanze bestattet und fur Roger II blieben nur Porphyrplatten die zu einem Sarkophag zusammengebaut wurden 7 Auf diese Weise erhielt der Auftraggeber bei dieser Rochade der Sarkophage das kunstlerisch wertloseste der funf Modelle nbsp Heinrich VI nbsp Konstanze I nbsp Wilhelm I nbsp Roger II Nach dem Tod Friedrichs II bildeten sich immer wieder Legenden er sei vergiftet worden Da er im Alter von nur 55 Jahren bei ansonsten guter Gesundheit und offensichtlich ohne Fremdeinwirkung starb wurde uber die Todesursache immer wieder spekuliert Lange Zeit galten eine Blutvergiftung Typhus oder Ahnliches als wahrscheinlich 8 doch heute wird Morbo lupe also ein kolorektales Karzinom als sichere Todesursache angenommen 9 Die Grabstattenuntersuchung von 1998 forderte keinerlei Hinweise auf Arsen oder ahnliche Stoffe zutage Zwischen dem Tod Friedrichs II am 13 Dezember 1250 in Castel Fiorentino und seiner Beisetzung am 25 Februar vergingen mehr als zwei Monate Die Uberfuhrung des einbalsamierten Leichnams fand entsprechend dem Wunsch des Kaisers in einer schlichten Zisterzienser Monchskutte statt Bei seiner Beisetzung trug er dann wieder seine kaiserlichen Gewander samt Prunkschwert Krone und Reichsapfel lagen neben ihm Friedrich II war offenbar unversehrt als das Grab im ausgehenden 18 Jahrhundert erstmals wieder geoffnet wurde 2 Der Kupferstich der vom Inneren des Sarkophags angefertigt und mit einer ausfuhrlichen Beschreibung versehen im Buch I regali sepolcri del duomo di Palermo des Neapolitaner Hofhistoriographen Francesco Daniele 1784 in Neapel veroffentlicht wurde 10 zeigt den mumifizierten Friedrich II mit seinem Schwert an seiner Seite Keine aussere Veranderung gegenuber seiner Grablegung ist sichtbar nbsp Kathedrale von Palermo um 1900Bei der Sondierung im Jahr 1994 bot sich ein vollig anderes Bild Im Sarg herrschte Chaos eine Zerstorung war nicht zu ubersehen Das Schwert fehlte Es war zunachst unklar woher Stroh Stofffetzen und anderes Material im Sarg stammten Neben einer beginnenden Zersetzung muss auch Grabschandung angenommen werden stand der Sarkophag doch wahrend der Umbauarbeiten im 18 Jahrhundert mehrere Jahre nur mit Brettern abgedeckt im Kirchengebaude 1998 wurde unter Leitung von Rosalia Varoli Piazza das Grab unter einem sauerstoffarmen Zelt erneut geoffnet Das auf Reinraumtechnik spezialisierte Unternehmen Exyte aus Stuttgart damals noch unter dem Namen M W Zander war beauftragt den Grabraum zu untersuchen Nur 35 Zentimeter durfte der Deckel gehoben werden um die Totenruhe nicht zu storen so die Auflage des Erzbischofs Beschreibung BearbeitenDas Kunstwerk wirkt heute auch in Bezug auf vergleichbare Zeugnisse der damaligen Zeit im Hinblick auf seinen Initiator Roger II zu monumental zu sehr antikisierend und imperial 11 Doch darf man dabei nicht vergessen dass Roger II sehr an Wissenschaft und Kunst interessiert war nbsp Einer der beiden Fusse von Friedrichs II Sarkophag nbsp Kronungsmantel von 1133 oder 1134 wie er in Meyers Konversations Lexikon von 1893 dargestellt wurde Die Urne ist eine von insgesamt vier Tumbas gleicher Grosse selben Materials und gleicher Bauart Dies sind neben der von Kaiser Friedrich II die seines Vaters Heinrich VI und dessen Ehefrau Kaiserin Konstanze von Sizilien die sich alle in der Kathedrale in Palermo befinden sowie die von Wilhelm I in der Kathedrale von Monreale 12 Der unten gerundete massive Sarkophag ruht auf zwei quer stehenden Tragern die der Wolbung der Urne genau angepasst sind Der Urnendeckel mit Giebel schliesst an der breitesten mit Gesimsstreifen verzierten Stelle Der Giebel ist mit einer stilisierten doppelbogigen Krone verziert offensichtlich das Zeichen dass dieser Sarkophag ursprunglich Roger II zugedacht war 13 Den Deckel zieren der Pantokrator und ein Marienbildnis sowie die symbolischen Tiergestalten der drei Evangelisten Markus Johannes und Lukas Diese Sarkophagform war bis dahin weder in der Antike noch im Mittelalter bekannt Antike Vorbilder sind kaiserzeitlich romische Prunkmulden aus Porphyr Diese hatten jedoch keine sepulchrale also eine in irgendeiner Form an Totenkult erinnernde Funktion Eine als Grablege fur Papst Clemens XII 1740 in der Lateranbasilika verwendete kaiserzeitlich romische Prunkmulde ist das unmittelbare stilistische Vorbild fur die Sarkophage Heinrichs VI Konstanzes und Wilhelms I 14 Interessant ist auch ein Vergleich mit dem Kronungsmantel der heute in der Schatzkammer der Hofburg in Wien aufbewahrt wird und der 1133 oder 1134 ebenfalls im Auftrag Rogers II angefertigt wurde Er zeigt auf seiner Schauseite ein Lowenpaar das rucklings zusammensitzt und die geschlungenen Schwanze zueinander richtet ganz so wie es auch mit den beiden Sockeln am Grabmal dargestellt ist Auch wenn die Schwanze beim Kronungsmantel nicht verschlungen sind ist die Ahnlichkeit auffallig beginnend mit der rotlichen Farbgebung Wissenschaftliche Kontroverse BearbeitenAls grundlegend fur die historische und kunsthistorische Einordnung des Grabmals gelten die Arbeiten von Josef Deer Joachim Poeschke versuchte in seinem 2011 erschienenen Buch Regum Monumenta Deers Ergebnisse zu widerlegen er stellt die Sarkophagrochade Friedrichs II in Frage und bestreitet insbesondere dass die fur Friedrich II benutzten Sarkophage diejenigen seien die Roger II fur sich anfertigen liess Deer habe sich mit dem Regest der angeblichen Urkunde von 1215 das nur in einem Werk des italienischen Theologen und Historikers auf dem Gebiet Siziliens Agostino Inveges 1595 1677 uberliefert sei und von dort in Alphonse Huillard Breholles Quellenedition der Historica diplomatica Frederici secundi gelangte auf eine dubiose Quelle gestutzt In der von Inveges verwendeten Quelle sei das Datum 1215 am Ende der Passage uber den Abtransport der Sarkophage durch Friedrich II eingefugt worden tatsachlich beziehe sich dieses Datum aber auf den nachfolgenden Satz der keinen Zusammenhang mit diesem Sachverhalt habe Eine authentische Quelle gebe es erst mit dem Rollus Rubeus aus dem Jahr 1329 also zwei Generationen nach Friedrichs II Tod Thomas Dittelbach halt Poeschkes Indizienkette nicht fur uberzeugend Zwar sei der Ansatz Poeschkes bemerkenswert Friedrich II zum eigentlichen Initiator des gesamten Graber Ensembles zu erheben Diese neue Erkenntnis werde aber durch die langatmige Datumsdiskussion relativiert und fur den Leser marginalisiert 15 Literatur BearbeitenJosef Deer The dynastic porphyry tombs of the Norman period in Sicily Harvard University Press Cambridge Mass 1959 Josef Deer Das Grab Friedrichs II In Josef Fleckenstein Hrsg Probleme um Friedrich II Vortrage und Forschungen Band 16 Thorbecke Sigmaringen 1974 ISBN 3 7995 6616 3 S 361 383 Digitalisat Joachim Poeschke Regum monumenta Kaiser Friedrich II und die Grabmaler der normannisch staufischen Konige von Sizilien im Dom von Palermo Romische Forschungen der Bibliotheca Hertziana Band 35 Hirmer Munchen 2011 ISBN 978 3 7774 3221 2 Olaf B Rader Die Kraft des Porphyrs Das Grabmal Kaiser Friedrichs II in Palermo als Fokus europaischer Erinnerungen In Kristin Buchinger Claire Gantet Jakob Vogel Hrsg Europaische Erinnerungsraume Campus Verlag Frankfurt am Main u a 2009 ISBN 978 3 593 38865 6 S 33 46 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Il sarcofago dell imperatore 2 Bande Regione siciliana Assessorato dei beni culturali ed ambientali e della pubblica istruzione Palermo 2002 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Grabmal Kaiser Friedrichs II Sammlung von Bildern Cattedrale di Palermo La Cappella con la tomba di Federico II e Ruggero II italienisch Einzelnachweise Bearbeiten Olaf B Rader Von Lorch bis Palermo Die Grablegen der Staufer als Erinnerungsorte In Karl Heinz Ruess Hrsg Von Palermo zum Kyffhauser Staufische Erinnerungen und Staufermythos Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst Band 21 Goppingen 2012 ISBN 978 3 406 60485 0 S 46 63 hier S 55 a b Heinrich M Schwarz Sizilien Kunst Kultur Landschaft 2 Auflage Anton Schroll Wien 1945 S 26 27 Josef Deer Das Grab Friedrichs II In Josef Fleckenstein Hrsg Probleme um Friedrich II S 362 363 online Josef Deer Das Grab Friedrichs II In Josef Fleckenstein Hrsg Probleme um Friedrich II S 363 364 online Rocco Pirri Sicilia sacra Band 2 Palermo 1641 S 437 Volltext in der Google Buchsuche Agostino Inveges Annali della felice citta di Palermo Band 3 Palermo 1651 S 536 Volltext in der Google Buchsuche RI V 1 1 n 833 in Regesta Imperii Online URI http www regesta imperii de id 1215 09 00 1 0 5 1 1 1447 833 Abgerufen am 4 Januar 2021 Josef Deer Das Grab Friedrichs II In Josef Fleckenstein Hrsg Probleme um Friedrich II S 369 online Olaf B Rader Die Kraft des Porphyrs Das Grabmal Kaiser Friedrichs II in Palermo als Fokus europaischer Erinnerungen In Kristin Buchinger Claire Gantet Jakob Vogel Hrsg Europaische Erinnerungsraume Campus Verlag Frankfurt am Main u a 2009 ISBN 978 3 593 38865 6 S 33 46 hier S 41 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Hubert Houben Kaiser Friedrich II 1194 1250 Herrscher Mensch Mythos Kohlhammer Stuttgart 2008 ISBN 978 3 17 018683 5 S 95 Rose Marie Borngasser Friedrich II von Hohenstaufen Des Kaisers Geheimnis Die Welt 4 November 1998 Cinzia Cassani Daniele Francesco In Massimiliano Pavan Hrsg Dizionario Biografico degli Italiani DBI Band 32 Dall Anconata Da Ronco Istituto della Enciclopedia Italiana Rom 1986 Josef Deer Das Grab Friedrichs II In Josef Fleckenstein Hrsg Probleme um Friedrich II S 382 online Peter Koblank Staufergraber auf www stauferstelen net 2014 Josef Deer Das Grab Friedrichs II In Josef Fleckenstein Hrsg Probleme um Friedrich II S 379 online Josef Deer Das Grab Friedrichs II In Josef Fleckenstein Hrsg Probleme um Friedrich II S 374 online Thomas Dittelbach Rezension zu Regum Monumenta Joachim Poeschke In Zeitschrift fur Kunstgeschichte Band 76 Heft 1 2013 S 122 128 38 1145 13 356138888889 Koordinaten 38 6 52 N 13 21 22 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Grabmal Kaiser Friedrichs II amp oldid 232015046