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Liebespaar auch Gothaer Liebespaar ist die Bezeichnung fur ein Doppelbildnis das im Spatmittelalter um 1480 entstand und dem Hausbuchmeister Zeichnerhand Ib zugeschrieben wird 1 Es handelt sich um das erste grossformatige Doppelbildnis in der deutschen Tafelmalerei das eine weltliche nicht liturgische Szene darstellt Liebespaar Tafelgemalde des Hausbuchmeisters Inhaltsverzeichnis 1 Bildbeschreibung 2 Inhalt und Interpretation des Spruchbandes 3 Ausstellung 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseBildbeschreibung BearbeitenDas Bild hat ein Format von 118 cm 82 5 cm 2 und ist farblich in einem kuhlen fast herben Grundton gehalten Es ist sehr kontrast und detailreich gestaltet In diesen Details strahlt es eine naturliche Frische und Anmut aus die die strenge Stilisierung des kuhlen Grundtons durchbricht Das Bild zeigt zwei sich liebevoll zuneigende Personen unter zwei Spruchbandern sowie dem graflichen Hanauischen Wappen Zum Zeichen ihrer Liebe tragt der Mann einen Kranz wilder Rosen auf seinem Haar und die Frau eine Heckenrose in ihrer Linken Die Frau greift behutsam nach dem golddurchwirkten Schnurlein in der Mitte des Bildes von dem im Zwiegesprach der beiden Liebenden in den Spruchbandern uber den Figuren die Rede ist 3 Ein Schnurlein wurde im Mittelalter als Treuesymbol an der Kleidung getragen in diesem Fall am Ende der Gugel Der Brauch beruht auf einer Textstelle im Alten Testament Mose 4 15 38 Und der HERR sprach zu Mose Rede mit den Kindern Israel und sprich zu ihnen dass sie ihnen Lapplein machen an den Fittichen ihrer Kleider unter allen euren Nachkommen und gelbe Schnurlein auf die Lapplein an die Fittiche tun 4 Das Hanauische Wappen drei rote Sparren auf goldenem bzw gelbem Grund stand zur Zeit der Entstehung des Bildes um 1480 fur die Grafschaft Hanau Munzenberg Als dargestellte Personen werden deshalb Graf Philipp I von Hanau Munzenberg 1449 1500 und Margarete Weisskircher angenommen mit der dieser nach dem Tod seiner Gattin Adriana von Nassau 1449 1477 zusammenlebte 5 Das Bild ware dann vielleicht anlasslich seiner ersten Pilgerreise ins Heilige Land 1484 1485 entstanden Gegen diese Identifizierung wurden in jungerer Zeit Einwande von historischer Seite erhoben 6 So kamen bei dem Wappen auch die Herren von Eppstein drei rote Sparren auf silbernem bzw weissem Grund in Frage sofern das Gelb ein Effekt der mehrfachen Ubermalung mit gelblichem Firnis ist 7 Inhalt und Interpretation des Spruchbandes BearbeitenUber dem Paar schwebt ein zweigeteiltes Spruchband Neben der Initiale dem schmuckenden S des rechten Spruches gegenuber dem schmucklosen U der linken Seite zeigt auch der Inhalt der Zwiesprache an dass die Aussage der Frau in der rechten Bildhalfte am Anfang steht und der Mann die Aussage erwidert 8 Der in alemannischer Mundart verfasste Text lautet Frau Spruchband der rechten Bildseite Sye hat uch nyt gantz veracht Dye uch dass schnurlin hat gemacht Mann Spruchband der linken Bildseite Vn byllich het Sye ess gedan want Ich han ess sye genisse lan Ins heutige Deutsch ubertragen lautet das Spruchband in etwa wie folgt Frau Sie hat Euch nicht ganz verachtet die Euch das Schnurlein hat gemacht frei ubersetzt Sie die Euch das Schnurlein hat gemacht hat Euch sehr gern Mann Und billig hatt sie es getan weshalb ich habe es sie geniessen lassen frei ubersetzt Und mit Recht hat sie es getan weshalb ich habe es ihr wohl ergehen lassen Ahnlich Gertrud Rudloff Hille in einer gereimten Ubertragung Sie hat euch nicht ganz veracht die euch dies Schnurlein hat gemacht Und mit Recht hat sie s getan hat sie doch ihren Anteil dran 9 Es handelt sich um ein Treueversprechen des Paares das durch Kleidung und das Geschenk des golddurchwirkten Schnurleins in standesgemasser und damit ebenburtiger Art und Weise dargestellt ist 8 Der Mann versichert fur das Wohl der Frau gesorgt zu haben und damit auch in der Zukunft zu sorgen Vorausgesetzt es handelt sich um den genannten Philipp I von Hanau Munzenberg wurde dies mit der Tatsache konform gehen dass eine Heirat bei burgerlicher Herkunft der Margarete Weisskircher fur einen Grafen nicht standesgemass und damit nicht erlaubt war Das Treueversprechen hatte aber auch dann einen logischen historischen Bezug wenn es sich bei der Abbildung um eine idealisierte Darstellung der spatmittelalterlichen Liebe handelt und keine optische Ahnlichkeit mit den gemeinten Personen hergestellt wurde Die in den 1990er Jahren publizierte Sichtweise es handele sich beim Inhalt der Spruchbander um die Thematisierung einer unbilligen im Sinne von unrechtmassigen Mesalliance 10 wurde in neuerer Zeit zuruckgewiesen 8 11 Einer Lesart von Un byllich als Unbillig steht allein schon aus technischer Sicht entgegen dass zwischen allen Wortern des Spruchbandes grafische Trennzeichen stehen so auch zwischen diesen beiden 8 Die Intention des Bildes wird gleichwohl bis in die Gegenwart kontrovers diskutiert was sowohl an der Bildsprache als auch der nicht vollstandig erschliessbaren Lesart des Spruchbandes liegt das mehrdeutige Auslegungen ermoglicht So wird weibliche Eifersucht als Liebesbeweis im Sinne der Liebeslehre des Andreas Capellanus in den Attributen vermutet und mit dem Bild eine zeitubergreifende Apotheose auf die Geheimnisse der Liebe dargestellt Dies setzt aber eine vollig andere Lesart des Spruchbandes voraus Eine von der Frau angesprochene andere weibliche Person hatte demnach schon vor der hier dargestellten Liebesbeziehung das Schnurlein des Mannes angefertigt 12 Ausstellung Bearbeiten nbsp Das Gothaer Liebespaar in der Ausstellung des Herzoglichen MuseumsDas Bild befindet sich seit mindestens 1854 in Gotha und ist heute Teil der Gemaldesammlung der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha Nach einer Restaurierung war es ab 1997 im Schlossmuseum auf Schloss Friedenstein ausgestellt Eine Ausstellung von 1998 unter dem Titel Jahreszeiten der Gefuhle Das Gothaer Liebespaar und die Minne im Spatmittelalter ubernahm weitgehend die Sichtweise von Daniel Hess nach der die Identitat der dargestellten Personen mit Philipp I von Hanau Munzenberg eindeutig geklart und das Bild anlasslich der Pilgerreise im Jahre 1484 entstanden sei 13 Seit Oktober 2013 ist es ein Glanzpunkt der im wiedereroffneten Herzoglichen Museum Gotha zu besichtigenden Gemaldesammlung Ein ahnlich aufgebautes Bild mit entsprechendem Textbezug aus Mainz ist nur kopial im Stammbuch der Familie Eisenberger erhalten dieses stammt jedoch aus dem spaten 16 Jahrhundert Literatur BearbeitenMartin Buchsel Die hofische Kunst der Distanzierung und die Entwicklung des selbstbewussten Kunstlertums Das mittelalterliche Hausbuch ehemals im Besitz der Familie zu Waldburg Wolfegg und das Gothaer Liebespaar In Bemmann Jan Dahlmann Dittmar Taranczewski Detlev Hrsg Core Periphery Frontier Spatial Patterns of Power Macht und Herrschaft 14 Gottingen 2021 S 299 341 Eberhard Nellmann Das Gothaer Liebespaar Dokument einer Mesalliance Hinweis auf eine andere Geliebte Zu den Spruchbandversen des Gothaer Bildes In Zeitschrift fur Deutsches Altertum und Deutsche Literatur 138 Nr 2 2009 S 214 220 Josef Heinzelmann Das Gothaer Liebespaar ist ein Liebespaar in Archiv fur Hessische Geschichte und Altertumskunde 57 1999 S 209 236 Allmuth Schuttwolf Jahreszeiten der Gefuhle Das Gothaer Liebespaar und die Minne im Spatmittelalter Hatje Cantz Verlag 1998 ISBN 3 7757 0733 6 Reinhard Dietrich Die Landesverfassung in dem Hanauischen Hanauer Geschichtsblatter 34 Hanau 1996 ISBN 3 9801933 6 5 Gertrud Rudloff Hille Das Doppelbildnis eines Liebespaars unter dem Hanauischen Wappen im Schlossmuseum Gotha in Bildende Kunst Berlin Band 16 1968 S 19 23 Hans Martin Schmidt Das Liebespaar des Hausbuchmeisters in 675 Jahre Hanau Katalog Nr 89 Abb 135 Ernst Julius Zimmermann Hanau Stadt und Land 3 Auflage Hanau 1919 ND 1978 Weblinks BearbeitenMeister des Amsterdamer Kabinetts Das Gothaer Liebespaar Um 1480 1485 museum digital de abgerufen am 2 Februar 2012 Einzelnachweise Bearbeiten Daniel Hess Meister um das mittelalterliche Hausbuch Studien zur Hausbuchmeisterfrage Mainz 1994 ISBN 3 8053 1656 9 Website thue museum digital de Meister des Amsterdamer Kabinetts Das Gothaer Liebespaar um 1480 1485 Bibeltext Luther Bibel Daniel Hess Das Gothaer Liebespaar oder die gesellschaftliche Absicherung einer graflichen Konkubine In Allmuth Schuttwolf Hg Das Gothaer Liebespaar und die hohe Minne im Spatmittelalter Jahreszeiten der Gefuhle Ostfildern Ruit 1998 S 14 20 Karl Heinz Spiess Dynastie und Herrschaft der Grafen von Hanau im Spatmittelalter In Allmuth Schuttwolf Hg Das Gothaer Liebespaar und die hohe Minne im Spatmittelalter Jahreszeiten der Gefuhle Ostfildern Ruit 1998 S 34 42 Josef Heinzelmann Das Gothaer Liebespaar ist ein Liebespaar In Archiv fur hessische Geschichte und Altertumskunde NF 57 1999 S 209 ff Hartmut Bock Die Verlobung Eppstein Eppstein 1494 und das Gothaer Liebespaar In Mainzer Zeitschrift 87 88 1992 93 1995 S 157 182 a b c d Eberhard Nellmann Das Gothaer Liebespaar Dokument einer Mesalliance Hinweis auf eine andere Geliebte Zu den Spruchbandversen des Gothaer Bildes In Zeitschrift fur Deutsches Altertum und Deutsche Literatur 138 Nr 2 2009 S 214 220 PDF Download Gertrud Rudloff Hille Das Doppelbildnis eines Liebespaares unter dem Hanauischen Wappen im Schlossmuseum in Gotha In Bildende Kunst Berlin Band 16 1968 S 19 23 Daniel Hess Das Gothaer Liebespaar Ein ungleiches Paar im Gewand hofischer Minne Frankfurt am Main 1996 ISBN 3 596 13090 5 Bernd Kratz Vnbyllich Het Sye Ess Gedan Die Inschrift Des Gothaer Liebespaar Gemaldes Zeitschrift Fur Kunstgeschichte 63 Nr 1 2000 S 120 132 doi 10 2307 1587428 Matthias Kirchhoff Eifersucht im Herzen Zu Aufbau und Inhalt des Gothaer Liebespaares Zeitschrift Fur Deutsches Altertum Und Deutsche Literatur Bd 142 3 2013 S 329 343 Allmuth Schuttwolf Jahreszeiten der Gefuhle Das Gothaer Liebespaar und die Minne im Spatmittelalter Hatje Cantz Verlag 1998 ISBN 3 7757 0733 6Normdaten Werk GND 4456517 3 lobid OGND AKS VIAF 202967387 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Liebespaar Gemalde amp oldid 229006216