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Als Gezeitenheizung wird in der Astrophysik die Warmeerzeugung eines Planeten oder Satelliten durch Gezeitenkrafte genauer Gezeitenreibung verstanden Io ist der Gezeitenheizung unterworfen Beschreibung BearbeitenBei der Gezeitenheizung wird Bahn und Rotationsenergie als Warme entweder im Oberflachenozean oder im Inneren eines Planeten oder Satelliten freigesetzt oder beides Wenn sich ein Objekt auf einer elliptischen Umlaufbahn befindet sind die Gezeitenkrafte in der Nahe der Periapsis starker als in der Nahe der Apoapsis Die Verformung des Korpers durch die Gezeitenkrafte d h die Gezeitenwolbung variiert daher im Laufe seiner Umlaufbahn und erzeugt innere Reibung die das Innere aufheizt Diese vom Objekt gewonnene Energie stammt aus seiner Gravitationsenergie so dass in einem Zweikorpersystem die anfangliche elliptische Bahn mit der Zeit in eine kreisformige Bahn ubergeht Zirkularisierung durch die Gezeiten Anhaltende Gezeitenheizung tritt auf wenn die elliptische Bahn durch die zusatzlichen Gravitationskrafte anderer Korper die das Objekt immer wieder in eine elliptische Bahn zuruckziehen an der Kreisbewegung gehindert wird In diesem komplexeren System wird die Gravitationsenergie immer noch in Warmeenergie umgewandelt aber statt der Exzentrizitat schrumpft nun die Halbachse der Umlaufbahn Die Gezeitenheizung ist fur die geologische Aktivitat des vulkanisch aktivsten Korpers im Sonnensystem verantwortlich Io ein Mond des Jupiters Die Exzentrizitat von Io ist das Ergebnis von Resonanzen auf seiner Umlaufbahn mit den Galileischen Monden Europa und Ganymed 1 Der gleiche Mechanismus hat die Energie geliefert um die unteren Schichten des Eises zu schmelzen das den Gesteinsmantel des nachstgelegenen grossen Mondes des Jupiters Europa umgibt Allerdings ist die Erwarmung dieses Mondes schwacher weil er sich weniger stark biegt Europa hat die Halfte der Umlauffrequenz von Io und einen 14 kleineren Radius Ausserdem ist die Umlaufbahn von Europa zwar doppelt so exzentrisch wie die von Io aber die Gezeitenkraft nimmt mit der dritten Potenz der Entfernung ab und ist bei Europa nur noch ein Viertel so stark Jupiter halt die Bahnen der Monde durch die Gezeiten aufrecht die sie auf ihm auslosen und so treibt seine Rotationsenergie das System letztlich an 1 Auch beim Saturnmond Enceladus vermutet man dass sich unter seiner eisigen Kruste ein Ozean aus flussigem Wasser befindet der auf die Gezeitenheizung durch seine Resonanz mit Dione zuruckzufuhren ist Es wird angenommen dass die Wasserdampfgeysire die Enceladus ausstosst durch die Reibung im Inneren des Mondes angetrieben werden 2 Die Heizrate durch die Gezeiten E Gezeiten displaystyle dot E text Gezeiten nbsp in einem naturlichen Satelliten mit gebundener Rotation und eine koplanare exzentrische Bahn aufweist lautet E Gezeiten Im k 2 21 2 G M h 2 R 5 n e 2 a 6 displaystyle dot E text Gezeiten operatorname Im k 2 frac 21 2 frac GM h 2 R 5 ne 2 a 6 nbsp Dabei sind R displaystyle R nbsp n displaystyle n nbsp a displaystyle a nbsp und e displaystyle e nbsp der mittlere Bahnradius die mittlere Bahnbewegung der Bahnabstand und die Exzentrizitat des Satelliten 3 M h displaystyle M h nbsp ist die Masse des Zentralkorpers und Im k 2 displaystyle operatorname Im k 2 nbsp ist der Imaginarteil der Love Zahl zweiter Ordnung der die Effizienz misst mit der der Satellit die Gezeitenenergie in Reibungswarme umwandelt Dieser Imaginarteil wird durch das Zusammenspiel von Rheologie und Eigengravitation des Korpers bestimmt Er ist daher eine Funktion des Korperradius der Dichte und der rheologischen Parameter Schermodul Viskositat und andere je nach rheologischem Modell 4 5 Die Werte der rheologischen Parameter hangen wiederum von der Temperatur und der Konzentration der Teilschmelze im Inneren des Korpers ab 6 Die von den Gezeiten verursachte Verlustleistung in einem unsynchronisierten Rotator wird durch einen komplexeren Ausdruck bestimmt 7 Siehe auch BearbeitenKryovulkan Differenzierung Planetologie Einzelnachweise Bearbeiten a b S J Peale P Cassen R T Reynolds Melting of Io by Tidal Dissipation In Science Band 203 Nr 4383 2 Marz 1979 ISSN 0036 8075 S 892 894 doi 10 1126 science 203 4383 892 englisch science org abgerufen am 7 Oktober 2022 S J Peale Tidally Induced Volcanism In Celestial Mechanics and Dynamical Astronomy Band 87 Nr 1 2 2003 S 129 155 doi 10 1023 A 1026187917994 englisch springer com abgerufen am 7 Oktober 2022 M Segatz T Spohn M N Ross G Schubert Tidal dissipation surface heat flow and figure of viscoelastic models of Io In Icarus Band 75 Nr 2 August 1988 S 187 206 doi 10 1016 0019 1035 88 90001 2 englisch elsevier com abgerufen am 7 Oktober 2022 Wade G Henning Richard J O Connell Dimitar D Sasselov TIDALLY HEATED TERRESTRIAL EXOPLANETS VISCOELASTIC RESPONSE MODELS In The Astrophysical Journal Band 707 Nr 2 20 Dezember 2009 ISSN 0004 637X S 1000 1015 doi 10 1088 0004 637X 707 2 1000 englisch iop org abgerufen am 7 Oktober 2022 Joe P Renaud Wade G Henning Increased Tidal Dissipation Using Advanced Rheological Models Implications for Io and Tidally Active Exoplanets In The Astrophysical Journal Band 857 Nr 2 19 April 2018 ISSN 1538 4357 S 98 doi 10 3847 1538 4357 aab784 englisch iop org abgerufen am 7 Oktober 2022 Michael Efroimsky TIDAL DISSIPATION COMPARED TO SEISMIC DISSIPATION IN SMALL BODIES EARTHS AND SUPER EARTHS In The Astrophysical Journal Band 746 Nr 2 20 Februar 2012 ISSN 0004 637X S 150 doi 10 1088 0004 637X 746 2 150 englisch iop org abgerufen am 7 Oktober 2022 Michael Efroimsky Valeri V Makarov TIDAL DISSIPATION IN A HOMOGENEOUS SPHERICAL BODY I METHODS In The Astrophysical Journal Band 795 Nr 1 1 November 2014 ISSN 0004 637X S 6 doi 10 1088 0004 637X 795 1 6 englisch iop org abgerufen am 7 Oktober 2022 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gezeitenheizung amp oldid 235726005