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Gemeiner Mann ist eine Bezeichnung fur die einfache Bevolkerung in der Fruhen Neuzeit Christus auf dem Regenbogen segnet die drei Stande Klerus links Adel rechts und Bauern unten Aufschrift Tu supplex ora tu protege tuque labora Du bete demutig du schutze und du arbeite Holzschnitt von Jacob Meydenbach aus der Prognosticatio des Johannes Lichtenberger 1488 Gemein ist dabei im Sinne von gemeinsam zu verstehen der gemeine Mann war jemand der mit anderen seinesgleichen der Gemeinde seine Rechte wahrnehmen konnte wahrend er als Einzelperson rechtlos war 1 Die Dorf und Kirchen Gemeinde war sein Lebensrahmen unterstutzte ihn durch genossenschaftliche Elemente und stabilisierte seine sozialen Beziehungen 2 Fur Bayern gibt der Chronist Johannes Aventinus folgende Charakterisierung Der gemain man gibt sich auf den ackerpau und das viech ligt demselbigen allain ob darf sich nichts on geschaft der obrikait understen wird auch in kainen rat genomen oder landschaft ervodert doch ist er sunst frei mag auch frei ledig aigen guet haben dient seinem herren der sunst kain gewalt uber in hat jerliche guld zins und scharwerk tuet sunst was er will sitzt tag und nacht bei dem wein schreit singt tanz kart spilt mag wer tragen schweinspiess und lange messer Grosse und uberflussige hochzeit totenmal und kirchtag haben ist erlich und unstraflich raicht kainem zu nachtail kumpt kainem zu ubel Johannes Aventinus Bayerische Chronik I 1 42 3 Uber dem gemeinen Mann standen Adel und Klerus unter ihm das Gesinde die Landsknechte und Soldner und die Fahrenden 4 Im Verlauf des 15 Jahrhunderts wurde der Bauer immer starker mit Landarbeit konnotiert der Burger mit Handarbeit in den Stadten gemeiner Mann wurde dadurch zum Oberbegriff der die einfache Bevolkerung auf dem Lande und in der Stadt umfasste 5 namlich die landliche Bevolkerungsmehrheit der Bauern und die nicht ratsfahige Stadtbevolkerung 2 Der gemeine Mann entspricht dem Dritten Stand der mittelalterlichen Standeordnung So gebrauchte Martin Luther diesen Begriff 1520 in einer Reformschrift des Jahres 1520 Daher kommt es dass man zum Papst und den Seinen sagt Du sollst beten Zum Kaiser und den Seinen Du sollst schutzen Zum gemeinen Mann Du sollst arbeiten Martin Luther An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung 6 In den zeitgenossischen publizistischen Debatten im Kontext von Reformation und Bauernkrieg wurde der gemeine Mann haufig als Spielfigur fur die Durchsetzung eigener Interessen der Verfasser genutzt 7 man bezog sich damit auf die sozialen Bewegungen des Spatmittelalters in denen sich Bauern und Burger gegen Verschlechterungen ihrer Situation zur Wehr gesetzt hatten Hauptartikel Kommunalismus Geschichtsforschung Im 16 Jahrhundert verengte sich das Bedeutungsspektrum des Begriffs gemeiner Mann Josua Maalers Teutsch Spraach 1561 definierte den gemeinen Mann als Mitglied der Volksmenge vulgus Pobel und als Burger z B der Stadt Rom Auff dess Gemeine mans seyten sein heisst bei Maaler Sich dess volcks halten Der gemeine Mann war laut Maaler untertanig dienstbar bescheiden Er war aber auch der Schiedsrichter der bei Stimmengleichheit zwischen streitenden Parteien entschied 8 Diese Bedeutung Schiedsrichter wurde im 16 Jahrhundert ungebrauchlich und ist in spateren Worterbuchern nicht mehr verzeichnet Im 17 und 18 Jahrhundert ersetzte der Begriff Burger weitgehend den des gemeinen Mannes die Franzosische Revolution citoyen verstarkte diese Entwicklung Grimms Worterbuch kennt den gemeinen Mann nur mehr als Synonym fur den Gemeinen d h den dienstgradlosen einfachen Soldaten 9 Der Historiker Peter Blickle bezeichnet den Bauernkrieg als Revolution des gemeinen Mannes betont aber dass mit dem gemeinen Mann nicht ein Ersatz fur den belasteten Begriff Volk gefunden werden solle Der gemeine Mann ist Oberbegriff fur Stadter und Dorfler nach oben Adel und Klerus und nach unten Gesinde Landsknechte Fahrende abgegrenzt und deshalb eben gerade nicht das Volk 10 Heinz Schilling wendet gegen Blickle ein dass die Rede vom Aufruhr des gemeinen Mannes den Quellen entnommen sei dort aber propagandistisch gebraucht werde und deshalb nicht ohne weiteres auf realhistorische Ablaufe bezogen werden konne 11 Literatur BearbeitenPeter Blickle Gemeindereformation Die Menschen des 16 Jahrhunderts auf dem Weg zum Heil Oldenbourg Munchen 1987 Robert Hermann Lutz Wer war der gemeine Mann Der dritte Stand in der Krise des Spatmittelalters Oldenbourg Munchen Wien 1979 Rolf Schneider Die Begriffe Gemeiner Mann Untertan und Burger in deutschen Worterbuchern von 1561 bis 1811 In Archiv fur Begriffsgeschichte 34 1991 S 225 236 Heide Wunder Gemeiner Mann und Weyberregiment In Stephan Wendehorst Siegrid Westphal Hrsg Lesebuch Altes Reich bibliothek altes Reich Band 1 Oldenbourg Munchen 2006 S 161 167 Weblinks BearbeitenBarbara Kink Armer Mann Gemeiner Mann In Historisches Lexikon Bayerns Anmerkungen Bearbeiten Heide Wunder Gemeiner Mann und Weyberregiment Munchen 2006 S 163 a b Ulrich Andreas Wien Luthers Verhaltnis zu Bauern und Fursten In Alberto Melloni Hrsg Martin Luther ein Christ zwischen Reformen und Moderne 1517 2017 De Gruyter Berlin Boston 2017 S 343 362 hier S 344 Hier zitiert nach Dieter Albrecht Maximilian I von Bayern 1573 1651 Oldenbourg Munchen 1999 S 22 f Peter Blickle Gemeindereformation Die Menschen des 16 Jahrhunderts auf dem Weg zum Heil Munchen 1987 S 18 Heide Wunder Gemeiner Mann und Weyberregiment Munchen 2006 S 162 Martin Luther An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung In Martin Luther Deutsch Deutsche Studienausgabe Band 3 Christ und Welt EVA Leipzig 2016 S 51 Vgl Weimarer Ausgabe der Schriften Luthers Band 6 S 428 Da her es kummen ist das man sagt zum Bapst vnd den seinen Tu ora Du solt betten zum keyszer vnd den seinen Tu protege Du solt schutzen zu dem gemeynen man Tu labora Du solt erbeyten Heide Wunder Gemeiner Mann und Weyberregiment Munchen 2006 S 162 Typisch sind die anonymen angeblich von Bauern verfassten fiktiven Dialoge der Reformationszeit wie beispielsweise der Neue Karsthans 1521 vgl Ulrich Andreas Wien Luthers Verhaltnis zu Bauern und Fursten In Alberto Melloni Hrsg Martin Luther ein Christ zwischen Reformen und Moderne 1517 2017 De Gruyter Berlin Boston 2017 S 343 362 hier S 344 f Rolf Schneider Die Begriffe Gemeiner Mann Untertan und Burger in deutschen Worterbuchern von 1561 bis 1811 1991 S 232 Barbara Kink Armer Mann Gemeiner Mann In Historisches Lexikon Bayerns Rolf Schneider Die Begriffe Gemeiner Mann Untertan und Burger in deutschen Worterbuchern von 1561 bis 1811 1991 S 234 Peter Blickle Gemeindereformation Die Menschen des 16 Jahrhunderts auf dem Weg zum Heil Munchen 1987 S 18 Hier referiert nach Kaspar von Greyerz Stadt und Reformation Stand und Aufgaben der Forschung In Archiv fur Reformationsgeschichte 76 1985 S 6 63 hier S 38 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gemeiner Mann amp oldid 225731344