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Der Begriff Gelsenberg Affare auch Gelsenkirchen Affare bezeichnet den heimlichen und uberteuerten Kauf eines Aktienpakets der Gelsenkirchener Bergwerks AG und somit zugleich der Aktiensperrminoritat fur die Vereinigte Stahlwerke AG am 6 Mai 1932 aus dem Eigentum Friedrich Flicks durch die damals weitgehend staatseigene Dresdner Bank unter der damaligen Reichsregierung unter Heinrich Bruning Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Der Verkauf 3 Nachwirkungen 4 Motiv 5 Literatur 6 EinzelnachweiseVorgeschichte BearbeitenIn den 1920er Jahren hatte Friedrich Flick die Mehrheit an der Gelsenkirchener Bergwerks AG ubernommen und durch diese Beteiligung die Kontrolle der Vereinigten Stahlwerke AG erlangt Diese und andere Akquisitionen finanzierte der Unternehmer grosstenteils durch Kredite Nach der Weltwirtschaftskrise von 1929 wurde Flick nun mit den Forderungen seiner Glaubiger in Hohe von 66 Mio Reichsmark konfrontiert die er nicht mehr begleichen konnte da seine Unternehmensbeteiligungen nur noch einen Bruchteil des Werts darstellten den sie vor dem Borsenkrach besassen Konnte er zuvor noch Sicherheiten in Hohe von 110 Mio Reichsmark bieten so waren diese nun auf 25 Mio Reichsmark zusammengeschrumpft Um seine Unternehmensgruppe zu retten versuchte er Teile des Portfolios zu veraussern Flick war bereit seine Mehrheit an den Vereinigten Stahlwerken aufzugeben also begann er nach Investoren fur die Anteile an der Gelsenkirchener Bergwerks AG Ausschau zu halten Der Verkauf BearbeitenZunachst war der schwedische Industrielle Ivar Kreuger interessiert auch amerikanische Investoren waren im Gesprach Nachdem diese Verhandlungen erfolglos blieben bot Fritz Thyssen fur die Anteile 120 Mio Reichsmark die er mit Hilfe hollandischer und franzosischer Geldgeber aufbringen wollte Zu diesen zahlte unter anderem die franzosische Grossbank Credit Lyonnais welche mit dem Berliner Bankhaus Mendelssohn zusammenarbeitete Nachdem dieses Vorhaben durch Indiskretionen an die Offentlichkeit gelangte kam es in der deutschnationalen Presse zu Hetzkampagnen gegen das judische Bankhaus Mendelssohn und die franzosischen Investoren Es wurden Parallelen zur Ruhrbesetzung durch franzosische Truppen gezogen Kurze Zeit spater meldeten hollandische Medien der luxemburgische Stahlkonzern Arbed wolle Flick zusammen mit dem franzosischen Rustungskonzern Schneider das funffache des Borsenwerts also rund 125 Mio Reichsmark fur die Anteile an der Gelsenkirchener Bergwerks AG zahlen Spater wurde bekannt dass diese Meldung aus Flicks Umfeld lanciert wurde Die Situation spitzte sich im Januar 1932 noch zu da die Vereinigten Stahlwerke kurz vor dem Konkurs standen Nun nahm Flick uber seinen Vertrauten Otto Steinbrinck der als hochdekorierter Militar aus dem Ersten Weltkrieg uber gute Kontakte zur Berliner Politik verfugte im Geheimen Kontakt mit der Reichsregierung unter Bruning auf und verhandelte uber einen Verkauf der Anteile an den deutschen Staat mit der Drohung ansonsten an die franzosischen Investoren verkaufen zu mussen Im Hinblick auf den zu befurchtenden offentlichen Unmut und das Erstarken der nationalistischen und revanchistischen Krafte stimmte die Reichsregierung schliesslich am 6 Mai 1932 einem Kauf der Anteile zu 90 Prozent des Nennwertes zu was einem Preis von 99 Millionen Reichsmark fur das Paket der Gelsenberg Aktien entsprach Der Borsenwert betrug zur gleichen Zeit gerade einmal 25 Mio Reichsmark Flick zahlte fur diese Transaktion 450 000 RM an den Wahlfonds zur Finanzierung der Hindenburg Wahl 1932 und weitere 100 000 RM fur einen Geheimfonds der Reichswehr und nochmals 100 000 RM fur einen Fonds des Reichskanzlers Franz von Papen Die Transaktionen wurden von Otto Wolff Mitglied des Aufsichtsrats der Vereinigten Stahlwerke AG uber Kurt von Schleicher Prasidialkabinett mit dem Reichsfinanzminister Hermann Dietrich vermittelt Mit dem Verkaufspreis war Flick in der Lage samtliche Verbindlichkeiten zu tilgen Das Geschaft wurde am 31 Mai uber eine Tochter der damals staatlich dominierten Dresdner Bank der Hardy amp Co GmbH abgewickelt was den Vorteil hatte dass dieses Tochterunternehmen als GmbH keine Bilanzen veroffentlichen musste und so die Transaktion im Verborgenen bleiben konnte Durch die Transaktion verloren die Vertreter der Schwerindustrie um Fritz Thyssen und Emil Kirdorf ihren Einfluss im Aufsichtsrat der Vereinigten Stahlwerke AG an die Vertreter der Chemie und Elektroindustrie um Carl Friedrich von Siemens Nachwirkungen BearbeitenAm 19 Juli des gleichen Jahres veroffentlichten die Frankfurter Zeitung und die Kolnische Zeitung Berichte uber das umstrittene Geschaft Die Nachricht uber eine solche indirekte Subventionierung der deutschen Grossindustrie in Person Friedrich Flicks in Zeiten wirtschaftlicher Not sorgte fur grosse Emporung quer durch alle politischen Lager Da allerdings die Regierung unter Bruning mittlerweile durch die Regierung Franz von Papen abgelost worden war verzogerte sich eine Aufklarung des Falls und wurde nach der Machtubernahme der NSDAP am 30 Januar 1933 nicht weiter verfolgt was den guten Kontakten Flicks zu der NS Fuhrung zuzurechnen war Die Gelsenberg Affare blieb nicht der letzte politische Skandal in den die Industriellenfamilie Flick involviert war In den 1980er Jahren sorgte Friedrich Flicks Sohn Friedrich Karl Flick mit der sogenannten Flick Affare ebenfalls fur einen grossen Skandal Mit der Lex Stahlverein wurde 1936 das Aktienpaket wieder mit 33 Millionen Reichsmark Gewinn fur die Vereinigten Stahlwerke zuruckverkauft Motiv BearbeitenUber die Motive wurden eine Reihe von Versionen verbreitet Bruning schrieb in seinen Memoiren das er eine vollige Sanierung und dann eine Dezentralisation der rheinisch westfalischen Industrie durchfuhren wollte Er wollte den selbstandigen Fabrikantenstand wiederherstellen der durch die Politik der Grossbanken und der Grossindustrie entweder aufgekauft oder um seinen Absatz gebracht worden ist 1 Finanzminister Dietrich begrundete die Entscheidung zunachst damit dass der Aufkauf durch eine franzosische Quelle gedroht habe spater damit dass die Arbeitsplatze von hunderttausenden Menschen gesichert werden mussten 2 Flick rechtfertigte wahrend des Flick Prozesses den uberhohten Preis mit der tatsachlichen Moglichkeit des Verkaufs eines Schlusselunternehmens an auslandische Investoren und mit der Gefahr einer Insolvenz seiner gesamten Unternehmensgruppe was den Wegfall zehntausender Arbeitsplatze bedeutet hatte Kritiker sprachen von einer indirekten Staatssubvention oder gar von Korruption in Hinblick auf Flicks gute Kontakte in die Politik Der Historiker Ernst Willi Hansen sieht die Schaffung eines staatlichen Rustungsmonopols als Motiv 3 Literatur BearbeitenThomas Ramge Die Flicks Eine deutsche Familiengeschichte uber Geld Macht und Politik Aktualisierte und korrigierte Taschenbuchausgabe Campus Verlag Frankfurt am Main 2004 ISBN 3 404 61593 X S 62 78 Gerhard Volkland Hintergrunde und politische Auswirkungen der Gelsenkirchen Affare im Jahre 1932 In Zeitschrift fur Geschichtswissenschaft Band 11 1963 S 289 318 Arbeitskreis fur kritische Unternehmens und Industriegeschichte Der Nationalsozialismus in der Unternehmensgeschichte Hinterlasst die Sonderkonjunktur Spuren In Akkumulation Nr 20 ISSN 1436 0047 2004 S 1 18 pdf 486 kB Reckendrees Alfred Priemel Kim Politik als produktive Kraft Die Gelsenberg Affare und die Krise des Flick Konzerns 1931 32 in Jahrbuch fur Wirtschaftsgeschichte Berlin Akad Verl ISSN 0075 2800 ZDB ID 220561 0 Vol 2 2006 0 p 63 95Einzelnachweise Bearbeiten Heinrich Bruning Memoiren 1918 1934 Stuttgart 1970 S 448 Ernst Willi Hansen Reichswehr und Industrie Rustungswirtschaftliche Zusammenarbeit und wirtschaftliche Mobilmachungsvorbereitungen 1923 1932 Boppard am Rhein 1978 S 184 Hansen S 184 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gelsenberg Affare amp oldid 223021851