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Unter dem Geldangebot versteht man die Geldmenge die innerhalb einer Volkswirtschaft von der Zentralbank und den Geschaftsbanken angeboten wird Dem Geldangebot steht auf dem Geldmarkt die Geldnachfrage gegenuber Wegen der weltweit praktizierten Geldpolitik der Zinssteuerung durch die Zentralbanken bestimmen die Leitzinsen das Geldangebot Geschaftsbanken konnen sich zum Leitzins so viel Geld beschaffen wie fur ihre Zwecke erforderlich Es wird dann in diesem Umfang von der Zentralbank geschopft 1 Somit sind die verschiedenen Geldmengen endogene Grossen des Wirtschaftssystems abhangig vom Zinsniveau welches von den Zentralbanken zum Zweck der Inflationssteuerung dominiert wird Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2 Geschichte 3 Entstehung des Geldangebots 3 1 Zentralbankgeld 3 2 Geschaftsbankengeld 4 Geldmarktgleichgewicht 5 Zinssteuerung 6 Faktoren 6 1 Geldbasis 6 2 Bargeldquote 6 3 Mindestreservesatz 7 Literatur 8 EinzelnachweiseAllgemeines BearbeitenDie ubrigen Marktteilnehmer auf dem Geldmarkt wie Geschaftsbanken alle Kreditinstitute ohne Bundesbank Unternehmen des Nichtbankensektors sowie der Staat mit seiner Untergliederung offentliche Verwaltung Staatsunternehmen spielen eine wichtige Rolle bei der Bestimmung des Geldangebots Die Faktoren Geldbasis Bargeldquote und Mindestreservesatz sind bei der Steuerung des Geldangebots zu berucksichtigen Geld ist im Bankensystem bilanziell ein Passivum denn es steht in Form von Bargeld bei der Zentralbank und als Sichteinlagen bei Geschaftsbanken auf der Passivseite der Bilanzen 2 Geldangebot ist also bilanziell die Bereitschaft des Bankensystems Geld darstellende Passiva zu akzeptieren und damit zu erzeugen Geschichte BearbeitenDie Erkenntnis dass die Geldnachfrage fur die Hohe des Preisniveaus nicht weniger bedeutsam sei als das Geldangebot und ihre Einbeziehung in die Geldtheorie war vor allem das Verdienst von William Petty John Locke Richard Cantillon und David Hume 3 Petty kam bereits 1682 zur Erkenntnis dass die erforderliche Geldmenge Geldangebot kleiner sei als die jahrlichen Einkommen 4 Er hielt eine Geldmenge in Hohe von der Halfte der jahrlichen Pachtzahlungen plus einem Viertel der Jahresmieten zuzuglich der Ausgaben der Gesamtbevolkerung pro Woche plus des jahrlichen Exportwertes fur ausreichend Locke wusste bereits 1691 dass der Zinssatz auf dem Markt durch das Geldangebot und die Geldnachfrage bestimmt wurde bei gegebener Geldmenge kame der Geldnachfrage die alleinige Wirksamkeit auf die Zinshohe zu 5 Cantillon erkannte 1734 veroffentlicht 1755 dass eine positive Zahlungsbilanz zu einem hoheren Geldangebot im Inland fuhrt wodurch langfristig auch die Preise steigen Ein Exportuberschuss vergrossert das Geldangebot was letztlich zu Zinssenkungen fuhrt und so die Investitionsneigung anregt Er erkannte damit die inflatorische Folge eines steigenden Geldangebots wies jedoch auf die Moglichkeit des Sparens hin 6 Montesquieu zog ausser Angebot und Nachfrage nach jedem einzelnen Gut auch das Geldangebot und die Geldnachfrage zur Erklarung der Preise heran und versuchte das angemessene Geldangebot in ein festes Verhaltnis zur Grosse der gesamten Wirtschaft zu setzen Fur ihn war das Geldangebot identisch mit der gesamten Gold und Silbermenge die Geldnachfrage gleich der Gesamtsumme der wirtschaftlichen Guter Ohne die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes zu bedenken forderte er 1748 in seinem Buch Vom Geist der Gesetze dass die Geldmenge stets der Gutermenge entsprechen musse 7 Die Currency Theorie Vertreter vor allem Henry Thornton und David Ricardo sah seit 1809 das Geldangebot als exogen durch die Geldpolitik bestimmt an weil die Zentralbank die Geldmenge autonom bestimme das Geld entstehe erst durch das Geldangebot Fur Ricardo entsprach die vorhandene Geldmenge Geldangebot dem Geldbedarf Geldnachfrage 8 Die Banking Theorie Vertreter vor allem Thomas Tooke John Fullarton ging ab 1844 dagegen davon aus dass die Geldnachfrage ein entsprechendes Geldangebot schaffe so dass das Geld durch Geldnachfrage auf dem Geldmarkt entstehe endogen 9 Der Banking Theorie zufolge stehen hinter jeder Geldnachfrage guterwirtschaftliche Vorgange so dass die Kredite nach Abschluss der mit der Guterproduktion verbundenen Transaktionen automatisch wieder zuruckfliessen englisch law of reflux Fullartonsches Ruckstromprinzip 10 Irving Fisher analysierte 1911 das Geldangebot das Angebot von Zahlungsmitteln durch die Untersuchung der Umlaufgeschwindigkeiten des Verhaltnisses des Scheck zum Geldumlauf sowie der Wirkung der Wahrungssysteme Nach seiner Quantitatsgleichung muss das Produkt aus der Geldmenge und ihrer Umlaufgeschwindigkeit identisch sein mit dem Produkt aus Preisniveau und Handelsvolumen die Finanzwirtschaft stimmt also mit der Realwirtschaft uberein 11 Milton Friedman vertrat 1970 die These dass die Zentralbank eine Geldvermehrung herbeifuhren konne die sich nicht am Wachstum der Geldnachfrage orientiere 12 Durch das zusatzliche Geldangebot sinken die Zinsen die Wirtschaftssubjekte seien jedoch nicht bereit den grosseren Teil der zusatzlichen Zahlungsmittel als Kasse zu halten weil die wichtigeren Determinanten der Geldnachfrage Realeinkommen und Preise vom grosseren Geldangebot zunachst nicht beruhrt wurden Entstehung des Geldangebots BearbeitenAngeboten also produziert wird Geld in modernen Volkswirtschaften von der Zentralbank und den Geschaftsbanken 13 Entsprechend unterscheidet man beim Geldangebot zwischen Zentralbankgeld und Geschaftsbankengeld Zentralbankgeld Bearbeiten Hauptartikel Zentralbankgeld Die Zentralbank ist der alleinige Emittent von Zentralbankgeld Sie steuert das Zinsniveau durch Leitzinssetzungen im Rahmen ihrer Geldpolitik Die Europaische Zentralbank EZB orientiert ihre Geldpolitik primar an ihrem Ziel der Preisniveaustabilitat 14 andere Zentralbanken daruber hinaus auch an Wachstums oder Beschaftigungszielen Die EZB strebt ein Inflationsziel von 2 an Geschaftsbankengeld Bearbeiten nbsp Zu Schopfung Vernichtung von Giralgeld sowie zu keiner Veranderung der Giralgeldmenge im Fall von Wirtschaftskrisen 15 allgemein bei Zahlungen von Debitoren an Debitoren 16 Das Geschaftsbankengeld entsteht entweder durch aktive Giralgeldschopfung 17 oder durch passive Giralgeldschopfung Letztere liegt vor wenn Nichtbanken Bareinzahlungen auf ihr Bankkonto bei einer Geschaftsbank vornehmen oder Uberweisungen von ihrem Zentralbank Konto auf ihr Geschaftsbankkonto tatigen 18 Im Falle der aktiven Giralgeldschopfung ermoglicht das Kreditgeschaft der Geschaftsbanken deren Kreditnehmern Zahlungen an Zahlungsempfanger zu leisten die sich bei den Zahlungsempfangern als zusatzliche Sichteinlagen niederschlagen Geldmarktgleichgewicht BearbeitenDas Geldmarktgleichgewicht stellt sich auf dem Geldmarkt ein wenn die Geldnachfrage L displaystyle L nbsp mit dem Geldangebot M displaystyle M nbsp ubereinstimmt 19 L M displaystyle L M nbsp Diese so genannte LM Funktion fuhrt weder zu Inflation noch zu Deflation auf dem Gutermarkt Stimmen Geldnachfrage und Geldangebot nicht uberein liegt entweder eine Geldlucke L gt M displaystyle L gt M nbsp oder umgekehrt ein Gelduberhang vor Geldlucke oder Gelduberhang erzeugen inflatorische oder deflatorische Wirkungen und werden deshalb im Rahmen der Geldpolitik von den Zentralbanken durch Steuerung des Geldangebots beseitigt Zinssteuerung BearbeitenDie Zentralbank nimmt vor allem die Moglichkeit wahr die Geldmenge innerhalb der Volkswirtschaft uber den s g Leitzins zu variieren Dabei wird der Zinssatz fur die Kredite zu dem die Geschaftsbanken von den Zentralbanken leihen der jeweiligen Wirtschaftssituation angepasst So kann muss aber nicht durch Senkung des Leitzinses eine erhohte Nachfrage von Krediten durch die Geschaftsbanken generiert werden Das hat wiederum zur Folge dass eine erhohte Geldmenge zur Verfugung steht Den umgekehrten Effekt hat demzufolge die Erhohung des Leitzinses dem Geldmarkt wird Geld entzogen da die allgemeine Nachfrage an Krediten sinkt dafur steigen aber die Zinsen fur die Einlagen bei den Geschaftsbanken Bei hoheren Zinsen wird Sparen attraktiver Damit ubt die Zentralbank eine stabilisierende Wirkung auf Inflation bzw Deflation aus Faktoren BearbeitenGeldbasis Bearbeiten Die Geldbasis B displaystyle text B nbsp ist als Bestimmungsgrosse fur die Giralgeldschopfungs Moglichkeiten der Geschaftsbanken ein wichtiger Bestandteil zur Berechnung der Geldmenge M1 Das Bargeld BG displaystyle text BG nbsp aus Haushalten und Unternehmen addiert mit den Mindestreserven der Geschaftsbanken RB displaystyle text RB nbsp die bei der Zentralbank gehalten werden stellen in der Summe die Geldbasis dar B BG RB displaystyle text B text BG text RB nbsp Daraus ergibt sich ein Zusammenhang zwischen Geldbasis und Geldmenge Zur Berechnung der Geldmenge M1 displaystyle text M1 nbsp benotigt man noch den Geldschopfungsmultiplikator m1 displaystyle text m1 nbsp M1 m1 B displaystyle text M1 text m1 cdot text B nbsp Der darin enthaltene Geldschopfungsmultiplikator m1 displaystyle text m1 nbsp errechnet sich wie folgt m1 1 b r 1 b displaystyle text m1 frac 1 b r cdot 1 b nbsp Darin sind der Bargeldanteil b displaystyle b nbsp sowie der Mindestreservesatz r displaystyle r nbsp berucksichtigt Bei der Berechnung des Geldschopfungsfaktors werden zur Vereinfachung Termingeld M2 und Spareinlagen M3 vernachlassigt Bargeldquote Bearbeiten Die Bargeldquote b displaystyle b nbsp ist der berechnete Anteil an der gesamten Geldmenge die Haushalte und Unternehmen als Bargeld halten wollen b BG M1 displaystyle b frac text BG text M1 nbsp Die Bargeldquote findet Anwendung als Verhaltensparameter der Haushalte und Unternehmen Eine hohe Bargeldquote bedeutet dass Haushalte und Unternehmen wenig Geld ausgeben bzw investieren Eine niedrige Bargeldquote bedeutet hingegen dass Haushalte und Unternehmen einen hohen Teil ihres Geldes ausgeben Mindestreservesatz Bearbeiten Der Mindestreservesatz r displaystyle r nbsp der Geschaftsbanken gibt an welchen Anteil diese Reserven RB displaystyle text RB nbsp auf den nicht baren Teil Sichteinlagen des gesamten Geldbestandes ausmachen Dieser berechnet sich wie folgt r RB 1 b M1 displaystyle r frac text RB 1 b cdot text M1 nbsp Der Wert des Reservesatzes wird somit durch die Mindestreservevorschriften der Zentralbank und die Geschaftspolitik der Kreditinstitute bestimmt Die Reservehaltung der Geschaftsbanken und die Bargeldhaltungswunsche der Nichtbanken begrenzen somit als Ursache die Moglichkeit der Geldschopfung Literatur BearbeitenBlanchard Oliver Gerhard Illing 2003 Makrookonomie 3 aktualisierte Auflage Munchen Pearson Studium Prentice Hall ISBN 3 8273 7051 5 Laufer Nikolaus K A Geldangebot Tubingen J C B Mohr Paul Siebecht ISBN 3 16 146277 7 Mussel Gerhard Grundlagen des Geldwesens Verlag Wissen und Praxis ISBN 3 928238 60 4 Groh Gisbert Schroer Volker Industriekaufmann Industriekauffrau 31 Auflage Rinteln Merkur Verlag ISBN 3 8120 0420 8 Borchert Manfred 2003 Geld und Kredit 7 Auflage Munchen Oldenbourg ISBN 3 486 27420 1 Felder Bernhard Homburg Stefan 2004 Makrookonomik und neue Makrookonomik 7 Auflage Berlin Springer Verlag ISBN 3 540 25020 4 Anderegg Ralph 2007 Grundzuge der Geldtheorie und Geldpolitik Munchen R Oldenbourg Verlag ISBN 978 3 486 58148 5Einzelnachweise Bearbeiten Deutsche Bundesbank Monatsbericht April 2017 Die Rolle von Banken Nichtbanken und Zentralbank im Geldschopfungsprozess Seite 26 Dieter Duwendag Karl Heinz Ketterer Wim Kosters Rudiger Pohl Diethard B Simmert Geldtheorie und Geldpolitik in Europa 1999 S 111 Willi Albers Anton Zottmann Hrsg Handworterbuch der Wirtschaftswissenschaft Band 6 1981 S 394 William Petty Quantulumcunque concerning money 1682 S 211 ff John Locke Some Considerations of the consequences of the lowering of interest and raising the value of Money 1691 S 62 f Richard Cantillon Essai Sur la Nature du Commerce en General 1755 S 105 Montesquieu De L esprit des Loix XXII 1748 S 7 David Ricardo On the high Price of Bullion A Proof of the Depreciation of Bank Notes 1809 S 90 ff Werner Ehrlicher Geldtheorie und Geldpolitik III Geldtheorie in Willi Albers u a Hrsg Handworterbuch der Wirtschaftswissenschaft Band 3 1981 S 379 John Fullarton On the Regulation of Currencies 1845 S 58 Irving Fisher The Purchasing Power of Money Its Determination and Relation to Credit Interest and Crises 1911 S 26 f Milton Friedman A Theoretical Framework for Monetary Analysis in The Journal of Political Economy vol 78 2 1970 S 195 Gabler Wirtschaftslexikon Band 3 1984 Sp 1697 Die Geldpolitik der EZB 2011 Seite 9 Vgl Wilhelm Lautenbach Kapitalbildung und Kapitalverwendung Berlin 1932 dass aber die gewunschte Belebung der Wirtschaft ausgeblieben ist die unerhorten Anstrengungen und Vorkehrungen das Kreditangebot zu verbilligen und zu vermehren waren ein Schlag ins Wasser weil der Kreditnehmer ausblieb auf den man gerechnet hatte Es wurde nicht neuer zusatzlicher Produktionskredit in Anspruch genommen sondern nahezu ausschliesslich Kredit zur Umschuldung namentlich fur Farmer Eisenbahngesellschaften und illiquide Banken Vgl Hans Gestrich Neue Kreditpolitik Stuttgart und Berlin 1936 S 40 Besteht eine starke eingefrorene Verschuldung der wirtschaftlichen Unternehmungen so werden die neu entstehenden Girogelder in der ersten Periode einer Kreditausweitung zunachst von den Empfangern zum Abbau ihrer Schulden benutzt Vgl Heinrich Rittershausen Bankpolitik Frankfurt 1956 S 32 Umgekehrt bedeutet die Tilgung einer Bankschuld eine Sterilisierung von Kredit Auch hier liegt wieder einer der Falle vor auf welche die Banken und die staatliche Wirtschaftspolitik nur sehr wenig Einfluss nehmen konnen so war die Stagnation der 30er Jahre in Deutschland und anderen Landern besonders dadurch gekennzeichnet dass die Versuche der Banken und der staatlichen Stellen den Kredit auszudehnen jahrelang an der Neigung der Kundschaft scheiterten vorhandene Schulden zuruckzuzahlen Es kam immer wieder durch die deflationaren Wirkungen von Tilgungen zu einer Kompensation und damit Vernichtung jener aktiven Effekte welche eingeleitet worden waren Vgl Bilanzrezession Frank Decker Charles A E Goodhart 2021 Wilhelm Lautenbach s credit mechanics a precursor to the current money supply debate Taylor amp Francis p 8 DOI 10 1080 09672567 2021 1963796 Dieter Duwendag Karl Heinz Ketterer Wim Kosters Rudiger Pohl Diethard B Simmert Geldtheorie und Geldpolitik in Europa 1999 S 110 Manfred Borchert Geld und Kredit Einfuhrung in die Geldtheorie und Geldpolitik 2003 S 67 Ulrich C H Blum Alexander Karmann Marco Lehmann Waffenschmidt Marcel Thum Klaus Walde Bernhard W Wieland Hans Wiesmeth Grundlagen der Volkswirtschaftslehre 2003 S 130 f Normdaten Sachbegriff GND 4019893 5 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Geldangebot amp oldid 232530271