Irving Fisher (* 27. Februar 1867 in Saugerties, New York; † 29. April 1947 in New York City) war ein US-amerikanischer Ökonom.
Er zählt zu den Hauptvertretern der Neoklassik der USA, nimmt jedoch in der Neoklassik eine Sonderrolle ein. Fisher war bereits zu Lebzeiten einem breiten Publikum bekannt. Er ist bekannt für seine Zinstheorie. Außerdem wurden z. B. der Fisher-Effekt, die Fisher-Gleichung, die Fishersche Verkehrsgleichung und das Fisher-Separationstheorem nach ihm benannt.
Leben Bearbeiten
Fishers Vater war Lehrer und Gemeindepfarrer und erzog seinen Sohn zu dem Glauben, dass er ein nützliches Mitglied der Gesellschaft sein müsse. Irving Fisher zeigte früh eine mathematische Begabung und eine Neigung zum Erfinden. Eine Woche nachdem er an der Yale-Universität zugelassen wurde, starb sein Vater im Alter von 53 Jahren. Trotzdem begann Fisher sein Studium und unterstützte seine Mutter und seinen Bruder finanziell aus seiner Lehrtätigkeit als Tutor.
Fishers stärkstes Fach war Mathematik, aber Volkswirtschaftslehre entsprach mehr seinen Vorstellungen davon, einen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten. Für seine Karriere und seine Dissertation entschied er sich, beides zu verbinden, und arbeitete auf dem Gebiet der mathematischen VWL. 1891 erhielt er den ersten Doktorgrad in Ökonomie, der an der Yale University verliehen wurde. Seine Doktorväter waren der Physiker Josiah Willard Gibbs und der Ökonom William Graham Sumner. Als Fisher mit seinen Arbeiten begann, war ihm nicht klar, dass es bereits substantielle Beiträge auf dem Gebiet der mathematischen Ökonomie gab. Allerdings erreichten seine Arbeiten sehr schnell ein hohes Niveau, und seine Beiträge wurden auch von europäischen Ökonomen als erstklassig aufgefasst.
1898 – Fisher war bereits Professor an der Yale University und verheiratet – wurde bei Fisher Tuberkulose diagnostiziert. Nach einem dreijährigen Sanatoriumsaufenthalt kehrte er zu seiner Arbeit zurück. In der Öffentlichkeit wurde er durch ein Buch bekannt, das sich mit Fragen von Gesundheit und Hygiene beschäftigt. Fisher war außerdem ein überzeugter Eugeniker.
Im Jahr 1918 stand Fisher der American Economic Association als gewählter Präsident vor. Seit 1927 war er Mitglied der American Philosophical Society.
Durch den großen Börsenkrach von 1929 und die sich anschließende Weltwirtschaftskrise verlor Fisher sein Vermögen, das er sich mit seiner Kartenindex-Erfindung, einem Vorläufer von Rolodex, erarbeitet hatte. Wenige Tage vor dem Börsenkrach machte Fisher – der auch ein Unterstützer des damaligen Präsidenten Herbert Hoover war – seine berühmte Aussage, dass „Aktienkurse ein – wie es scheint – dauerhaft hohes Niveau erreicht haben.“ Selbst in den Monaten nach dem Börsencrash fuhr er fort, Investoren zu versichern, dass eine Erholung bald kommen würde. Als die Weltwirtschaftskrise auf ihrem Höhepunkt war, begann er vor den wirtschaftlichen Gefahren der Deflation zu warnen. Das Preisniveau blieb zentral in seinem Denken, aber seine Schulden-Deflationstheorie betonte die steigende reale Last von Schulden bei fallendem Preisniveau. Die Analyse konnte nicht überzeugen, und diejenigen, die nach neuen Ideen suchten, wandten sich stattdessen den Ideen von Keynes zu.
In den 1930er Jahren befürwortete Fisher die Idee eines Vollreserve-Systems. Nachdem der Chicago Plan nicht umgesetzt wurde, verbrachte er den Rest seines Lebens damit, als Lobbyist den Kongress und die Öffentlichkeit von „100%-Money“ zu überzeugen. In den Jahren 1932/33 unterstützte er die Idee des umlaufgesicherten Geldes von Silvio Gesell. Nach erfolglosen Bemühungen, die Roosevelt-Administration davon zu überzeugen, verfasste er unter dem Titel „Stamp Scrip“ ein Handbuch zur lokalen Einführung des Klebemarkengeldes.
Fisher war immer sehr darum besorgt, Leben in seine Analysen zu bringen. Obwohl seine Bücher und Artikel von für seine Zeit ungewöhnlicher mathematischer Natur waren, gelang es ihm doch, seine Theorie einleuchtend zu präsentieren. Sein Nachlass befindet sich in der Bibliothek der Yale University.
Forschung Bearbeiten
Einsatz für Gesundheitskampagnen und Eugenik Bearbeiten
Veröffentlichungen Bearbeiten
- Mathematical Investigations in the Theory of Value and Prices. 1892 (Digitalisierte 2. Auflage von 1926 unter: urn:nbn:de:s2w-12372)
- Appreciation and interest. Macmillan, New York 1896
- A brief introduction to the infinitesimal calculus, designed especially to aid in reading mathematical economics and statistics. Macmillan, New York / London 1897
- Kurze Einleitung in die Differential und Integralrechnung (Infinitesimalrechnung). B. G. Teubner, Leipzig 1904
- The Nature of Capital and Income. Macmillan, New York / London 1906
- The Rate of Interest. Macmillan, New York 1907 (PDF; 14,86 MB (PDF; 14,9 MB) )
- Introduction to Economic Science. Macmillan, New York 1910
- The Purchasing Power of Money: Its Determination and Relation to Credit, Interest and Crises. Macmillan, New York 1911
- Die Kaufkraft des Geldes. Ihre Bestimmung und ihre Beziehung zu Kredit, Zins und Krisen. G. Reimer, Berlin 1916
- Elementary Principles of Economics. Macmillan, New York 1911
- Why is the Dollar Shrinking? A study in the high cost of living. Macmillan, New York 1914
- After the war, what? A plea for a league of peace. The Church Peace Union, New York 1914
- mit Eugene Lyman Fisk: How to Live. Rules for healthful living based on modern science. Funk & Wagnalls, 1915 (How to Live im Project Gutenberg )
- Lebe richtig. Ein Wegweiser zu gesunder Lebensführung nach modernen wissenschaftlichen Grundsätzen. O. Lautenbach, Bad Buckow/Leipzig 1937
- Stabilizing the Dollar. A plan to stabilize the general price level without fixing individual prices. Macmillan, New York 1920
- Der schwankende Geldwert. Seine Ursachen und Folgen und Vorschläge zu seiner Beseitigung. de Gruyter & Co., Berlin 1924
- Dollar Stabilization. In: Encyclopædia Britannica. Band XXX. 1920, S. 852 f.
- The Making of Index Numbers. A study of their varieties, tests and reliability. Houghton Mifflin, Boston/New York 1922
- A Statistical Relation Between Unemployment and Price Change. In: International Labour Review. 1926
- Prohibition at its Worst. Macmillan, New York 1926
- Die Krisis der Prohibition. Neuland-Verlag, Berlin 1929
- The Money Illusion. Adelphi, New York 1928
- Die Illusion des Geldes. Reimar Hobbing, Berlin 1928
- The Stock Market Crash – and After. Macmillan, New York 1930
- The „noble experiment“. Alcohol Information Committee, New York 1930
- Amerikas verdienstvoller Versuch. Neuland-Verlag, Berlin 1932
- The Theory of Interest. As Determined by Impatience to Spend Income and Opportunity to Invest It. Macmillan, New York 1930 (Digitalisierte Ausgabe unter: urn:nbn:de:s2w-12364)
- Die Zinstheorie. Fischer, Jena 1932
- Booms and Depressions. Some first principles. Adelphi, New York 1932
- The debt-deflation theory of great depressions. In Econometrica, 1933; fraser.stlouisfed.org (PDF; 2,3 MB)
- mit Herbert Wescott Fisher: Inflation? Adelphi, New York 1933
- mit Hans R. L. Cohrssen & Herbert Wescott Fisher: Stamp Scrip. Adelphi, New York 1933
- mit Hans R. L. Cohrssen: Stable Money. A history of the movement. Adelphi, New York 1934
- Feste Währung. Zur Entwicklungsgeschichte der Idee. Lautenbach, Uchtdorf/Weimar/Leipzig 1937
- 100% Money. Adelphi, New York 1935
- 100%-Geld. Gauke, Kiel 2007, ISBN 3-87998-451-4
- The Works of Irving Fisher. Herausgegeben von William J. Barber u. a. 14 Bände. Pickering & Chatto, London 1997
Literatur Bearbeiten
- Robert Loring Allen: Irving Fisher: a biography. John Wiley and Sons, 1993.
- Irving Norton Fisher: My Father Irving Fisher. New York 1956.
- Irving Norton Fisher: A Bibliography of the Writings of Irving Fisher. New Haven, 1961 (enthält 2425 Einträge).
- Arthur D. Gayer (Hrsg.): The Lessons of Monetary Experience: Essays in Honor of Irving Fisher. Farrar & Rinehart, New York 1937.
- Thaler, Richard H.: Irving Fisher: Behavioral Economist. In: American Economic Review. Band 87, Nr. 2, 1997, S. 439–441 (chicagobooth.edu [PDF]).
- Hans R. L. Cohrssen: Arbeiten mit Irving Fisher. In: Geld und Währung Working Papers. Nr. 20, Dezember 1991 (fu-berlin.de [PDF]).
Weblinks Bearbeiten
- Literatur von und über Irving Fisher im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Irving Fisher (1867–1947). Library of Economics and Liberty (englisch)
- Irving Fisher: Out of Keynes’s shadow. In: Economist, 12. Februar 2009 (englisch)
- Hendrik Buhrs: Ökonomen der Krise: Irving Fisher: Kreislauf des Grauens. In: WirtschaftsWoche, 18. März 2009
Einzelnachweise Bearbeiten
- Past and Present Officers. aeaweb.org (American Economic Association), abgerufen am 31. Oktober 2015 (englisch).
- Member History: Irving Fisher. American Philosophical Society, abgerufen am 5. August 2018.
- Schäfer, Ulrich. "Der Crash des Kapitalismus." Warum die entfesselte Marktwirtschaft scheiterte, Frankfurt am Main (2009). S. 264.
- Irving Fisher: 100% Money. New York: Adelphi, 1935
- Ronnie J. Phillips: The 'Chicago Plan' and New Deal Banking Reform, Working Paper No. 76 (PDF; 277 kB), Levy Economics Institute vom Juni 1992
- Hans Cohrssen: Einer der auszog die Welt zu verändern. Knecht, Frankfurt am Main 1996, ISBN 978-3-7820-0744-3, S. 68–71
- Irving Fisher mit Hans R. L. Cohrssen & Herbert Wescott Fisher: Stamp Scrip. Adelphi, New York 1933.
- Irving Fisher papers. Yale University Library; hdl:10079/fa/mssa.ms.0212
- Irving Fisher: Does tobacco injure the human body? In: Readers Digest. 1924 .
- Irving Fisher, Prohibition at Its Worst (New York: Macmillan, 1926); Prohibition Still at Its Worst (New York: Alcohol Information Committee, 1928); The Noble Experiment (New York: Alcohol Information Committee, 1930).
- Ruth C. Engs: The Progressive Era’s Health Reform Movement: A Historical Dictionary. Greenwood Publishing Group, 2003, ISBN 978-0-275-97932-4, S. 121.
- Madhouse: A Tragic Tale of Megalomania and Modern Medicine. Andrew Scull, Yale University Press, 2005
Personendaten | |
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NAME | Fisher, Irving |
KURZBESCHREIBUNG | US-amerikanischer Ökonom |
GEBURTSDATUM | 27. Februar 1867 |
GEBURTSORT | Saugerties, New York |
STERBEDATUM | 29. April 1947 |
STERBEORT | New York City |