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Galloi griech galloi lateinisch galli waren die kastrierten Priester oder Tempeldiener der antiken phrygischen Grossen Gottin Kybele bzw Grossen Mutter griech mhthr 1 Ein Priester der Kybele Museum of Cherchell 2 bis 3 Jahrhundert n Chr Inhaltsverzeichnis 1 Die Selbstentmannung 2 Grundungslegenden 3 Die galli in Rom 4 Siehe auch 5 Literatur 6 AnmerkungenDie Selbstentmannung BearbeitenDie Galloi kastrierten sich selbst nach orgiastisch gesteigerter Raserei wahrend der feierlichen Zuge fur die Mutter Gottin mit einem scharfen Stein Laut Burkert hatte diese offentlich durchgefuhrte Verstummelung den Zweck die Zuschauer zu erschrecken und zu Spenden zu bewegen 2 Lukian von Samosata zufolge zogen die galloi in Hierapolis nach der Kastration in der Stadt umher Sie erhielten weibliche Kleider und Schmuck aus dem Haus in das sie die abgeschnittenen Genitalien hineinwarfen Dea Syria 51 3 Nach der Kastration durften die galloi sich ausschliesslich von dem Fleisch der Opfertiere ernahren 4 Nach Augustinus war der Glaube verbreitet dass die Kastration den galloi besonderes Gluck nach dem Tod bescheren konnte 5 Nach einer von Tertullian 6 uberlieferten Interpretation des Rituals die wahrscheinlich eine Selbstdarstellung der galloi wiedergibt entspreche die Kastration dem Schneiden der Ahre und die am eigenen Korper verursachten Wunden dem Pflugen der Erde Das Ritual der Selbstverstummelung der galloi blieb zunachst auf den anatolischen und kleinasiatischen Kultkreisen der Muttergottheit begrenzt und war das eigentliche Merkmal dieses Kults in dem Priesterstaat Pessinus Das alteste griechische Zeugnis dieses Rituals findet sich bei Plutarch Plutarch Nicias 13 2 7 und verweist auf das 5 Jahrhundert v Chr 8 Gegenstand der Diskussion ist inwieweit und in welchem Umfang es sich bei Galloi nach heutigem Verstandnis um transgeschlechtliche Menschen handelte die sich eigentlich als Frau fuhlten und daher diesen Lebensweg beschritten 9 wie es bei den heute noch existierenden Hijras in Indien festzustellen ist 10 Allerdings wurde die Selbstentmannung in Rom kaum geduldet Im Jahr 102 v Chr wurde ein Sklave der sich im Rahmen des Kybele Kultes entmannt hatte des Landes verwiesen 11 Unter Domitian wurde zunachst unter Strafe gestellt Sklaven zu kastrieren unter Hadrian bei Todesstrafe verboten Freie oder Unfreie zu kastrieren auch nicht bei Einwilligung Gleiches galt bei Selbstkastration Strafbedroht waren der durchfuhrende Arzt und der einwilligende Kastrierte Die Regelung wurde bis in die Spatantike immer wieder durch kaiserliche Erlasse bestatigt unter Iustinian mit der Talion bedroht 12 Grundungslegenden Bearbeiten nbsp Statue eines GallosNeben dem Attis Mythos ist eine Grundungslegende des Rituals der Selbstkastration der galloi von Lukian von Samosata Dea Syra 19 26 13 uberliefert worden 14 Nach dieser Legende wurde die syrische Konigin Stratonikes im Traum beauftragt einen Tempel fur die Grosse Gottin in Hierapolis zu errichten Als Begleiter fur die Reise sei der Konigin ein Junge namens Kombabos gegeben worden Dieser habe vorausgesehen dass gegen ihn der Verdacht des Beischlafs mit der Konigin entstehen wurde Um sich vor dieser Anschuldigung verteidigen zu konnen habe Kombabos sich die Genitalien abgetrennt einbalsamiert und in einem Behalter beim Konig hinterlassen Als er spater von der Konigin beschuldigt wurde sie vergewaltigt zu haben habe Kombabos den Konig aufgefordert den von ihm hinterlassenen Behalter zu offnen und damit seine Unschuld beweisen konnen Ein viel alterer mesopotamischer Mythos der vielfach in Verbindung mit dem von den galloi vollzogenen Ritual gebracht worden ist ist die Reise Inannas in die Unterwelt In dem sumerischen Mythos ist die aus der Unterwelt ruckkehrende Inanna von bewaffneten gefahrlichen Wesen begleitet die nicht essen und nur vernichten konnen Der Name fur diese Wesen ist GALA Im Akkadischen bezeichnete kalu die Priester die in geheimen Riten die Trommel mit dem Fell des geopferten Stiers vorbereiteten 15 Die galli in Rom Bearbeiten nbsp Relief mit der Darstellung eines Gallus Lanuvium Mitte 2 Jahrhundert Rom Kapitolinische Museen 16 Der Kult der Grossen Gottin wurde in Rom mit dem offiziellen Namen Mater Deum Magna Idaea bzw Mater Magna wahrend des Hannibal Krieges im Jahr 204 v Chr eingefuhrt 17 Hier wurde der Kult nicht nur von Priestern sondern auch durch Kollegien von Laien unterstutzt und hatte ein grosses Jahresfest im Marz dessen Hohepunkt der sogenannte dies sanguinis der Tag des Blutes war Auch in der hier herbeigebrachten ekstatischen Raserei entmannten sich anfangs galli bisweilen und verletzten sich mit Messern und Beilen 18 Doch achtete der romische Staat von Anbeginn auf eine strikte Trennung zwischen pessinusischen Ritualen und stadtromischem Kultus Mit dem Verbot der Kastration stand das entsprechende Priesteramt auch romischen Burgern offen die den Quindecimviri sacris faciundis unterstellt waren und von diesen bestatigt werden mussten Die lokalen Kulte werden einem Archigallus als Oberaufseher unterstellt der seinerseits von den Quindecimviri sacris faciundis auf Antrag der Gemeindebehorden bestellt wird Der Archigallus war in keinem Fall ein Kastrat sondern in der Regel angesehener romischer Burger im Fall von Rom wahrend der Kaiserzeit meist vornehme Freigelassene 19 Dennoch verbreiteten sich Kult und zugehoriges Priesterwesen samt Kastraten in Kaiserzeit und Spatantike 20 Siehe auch BearbeitenListe von Geschlechter rolle n weltweitLiteratur BearbeitenWalter Burkert Homo necans Interpretationen altgriechischer Opferriten und Mythen Berlin 1972 Walter Burkert Griechische Religion der Archaischen und Klassischen Epoche Stuttgart 1977 Walter Burkert Antike Mysterien Funktionen und Gehalt Munchen 1990 Walter Burkert Kulte der Altertums Biologische Grundlagen der Religion Munchen 1998 Franz Cumont Gallos 5 In Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft RE Band VII 1 Stuttgart 1910 Sp 674 682 Florian Martin Muller Zu Attributen Schmuck und Trachtbestandteilen der orientalischen Priester der Kybele Archaologische und literarische Quellen zu Galli und Archigalli Diplomarbeit Innsbruck 2003 Florian Martin Muller Uberlegungen zum Brustschmuck der orientalischen Priester der Kybele Abstract Forum Archaeologiae Zeitschrift fur klassische Archaologie 29 XII 2003 Florian Martin Muller Uberlegungen zum Brustschmuck der orientalischen Priester der Kybele In Gabriele Koiner Manfred Lehner Thuri Lorenz Gerda Schwarz Hrsg Akten des 10 Osterreichischen Archaologentages in Graz 2003 Phoibos Verlag Wien 2006 ISBN 978 3 901232 70 1 S 131 136 Florian Martin Muller Die Statue eines Kybelepriesters in Caesarea Mauretania und die Ausbreitung des Kybelekultes im romischen Nordafrika In Christiane Franek Susanne Lamm Tina Neuhauser Barbara Porod Katja Zohrer Hrsg Thiasos Festschrift fur Erwin Pochmarski zum 65 Geburtstag Veroffentlichungen des Instituts fur klassische Archaologie der Karl Franzens Universitat Graz Bd 10 Phoibos Verlag Wien 2008 ISBN 978 3 85161 001 7 S 645 651 Gabriel Michel Sanders Gallos In Reallexikon fur Antike und Christentum Band 8 Stuttgart 1972 S 984 1034 Digitalisat Anmerkungen Bearbeiten Uber die Identifikation der Meter mit Kybebe Kybele Kybele Walter Burkert Kulte des Altertums S 112 204 Eine englische Ubersetzung des Textes in der privaten Homepage Concerning the Syrian Goddess Part Five Ch 50 through 60 Memento vom 22 Mai 2004 im Internet Archive Walter Burkert Antike Mysterien S 93 De civitate Dei 7 26 zitiert nach Walter Burkert Antike Mysterien S 31 Adversus Marcionem 1 13 zit nach W Burkert Antike Mysterien S 69 Bernadotte Perrin Ubersetzung Plutarch Nicias 13 2 Perseus Digital Library Project abgerufen am 16 April 2019 englisch W Burkert Griechische Religion S 277 Filippo Carla Uhink Crossing Gender Transvestismus im romischen Kaisertum als Strategie zur Konstruktion von Ungleichheit In Antje Dresen Florian Freitag Hrsg Crossing Uber Inszenierungen kultureller Differenzen und Identitaten transcript Bielefeld 2017 S 11 38 hier S 25 27 Shaun Tougher Eunuchs In Bonnie G Smith Hrsg The Oxford Encyclopedia of Women in World History Band 1 Oxford University Press Oxford 2008 S 201 Gabriel Sanders Kybele und Attis In Maarten Jozef Vermaseren Hrsg Die orientalischen Religionen im Romerreich Brill Leiden 1981 S 264 291 hier S 279 Hermann Ferdinand Hitzig Castratio In Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft RE Band III 2 Stuttgart 1899 Sp 1772 f Eine englische Ubersetzung des Textes in der privaten Homepage Concerning the Syrian Goddess Part Three Sections 17 27 Memento vom 22 Mai 2004 im Internet Archive Zusammenfassung hier nach W Burkert Kulte des Altertums S 65 Vgl Walter Burkert Homo necans S 290f und die dort aufgefuhrte Literatur P Taylor The GALA and the Gallos abstract Memento vom 16 Mai 2010 im Internet Archive Irma Della Giovampola La provenenzia del rilievo diGallusai Musei Capitolini e le testimonianze del culto dellaMagna Maternell ager Lanuvinus In Horti Hesperidum Band 2 2012 S 503 531 Walter Burkert Antike Mysterien S 13 Walter Burkert Antike Mysterien S 40 f 69 Gabriel Sanders Kybele und Attis In Maarten Jozef Vermaseren Hrsg Die orientalischen Religionen im Romerreich Brill Leiden 1981 S 264 291 hier S 283 Gabriel Sanders Kybele und Attis In Maarten Jozef Vermaseren Hrsg Die orientalischen Religionen im Romerreich Brill Leiden 1981 S 264 291 im Romischen Reich S 275 289 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Galloi amp oldid 238725295