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Die Gottinger Landwehr war ein Teil der Befestigungsanlagen der mittelalterlichen Stadt Gottingen Sie bestand aus Landwehrlinien als Wall und Grabensystem im Gelande sowie Warten die sich an wichtigen Strassen befanden Damit sicherte die Landwehr die Gottinger Feldmark weitraumig im Umland Lageskizze mit den Landwehrlinien braun und Warten rot Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Beschreibung 3 Funktion 4 Forschungsgeschichte 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenIn einer Urkunde erteilte Herzog Otto der Quade 1380 dem Rat der Stadt Gottingen die Genehmigung zur Errichtung einer Landwehr Sie lautet Ok sint we mit on eyndrechtich gheworden dat se moghen lantwere graven unde graven laten unde warde buwen unde buwen laten wur on de duncket bequeme unde gud sin umme de stad to Gottingen unde moghen borchvrede warde slaghe unde bome uppe de lantwere setten laten unde de bewaren unde bewachten laten alse se best moghen unde dar scholde me uns unde unsere denere ut unde in laten wanne we dat esschen unde uns des nod is 1 neuhochdeutsch Auch sind wir Herzog Otto Pluralis majestatis mit ihnen einig geworden dass sie um die Stadt Gottingen herum Landwehren graben und graben lassen und Warten bauen und bauen lassen durfen wo es ihnen passend und gut zu sein scheint und Bergfriede Warten und Schlagbaume auf die Landwehren setzen lassen und sie instandhalten und befestigen lassen durfen so gut sie konnen und dort soll man uns und unsere Diener aus und ein lassen wenn wir das fordern und es fur uns notig ist Nach der herzoglichen Genehmigung von 1380 liess die Stadt Gottingen eine Landwehrlinie im Osten der Stadt errichten an der die Lohbergwarte und die Hainbergwarte lagen Sie wurden bereits 1387 wahrend der Gottinger Fehde durch herzogliche Truppen zerstort Danach folgte ein starker Ausbau der Landwehr mit einer zweiten Linie im Westen und Suden der Stadt der um 1406 abgeschlossen war Der Bau einer dritter Landwehrlinie begann 1407 mit dem Bau einer Warte Anlass dafur waren die Erfahrungen der Stadt Gottingen in einer funfjahrigen Fehde mit dem Erzbischof von Mainz Die Fehde endete 1405 und brach 1410 wieder aus Die dritte Landwehrlinie fuhrte nach Suden wo sie uber Friedland hinaus bis fast an die Burg Berlepsch und die Werra heran reichte Seine Blutezeit hatte das Gottinger Landwehrsystem im 15 Jahrhundert Danach wurden die Wartturme aufgegeben und zumeist abgerissen In einigen Fallen wurden sie als Wohnung oder Schanke nachgenutzt Beschreibung Bearbeiten nbsp Reste von Wall und Graben der Gottinger LandwehrDie Gottinger Landwehr bildete keinen geschlossenen Ring um die Stadt Sie bestand aus mehreren Abschnitten die in drei Zeitabschnitten entstanden Eine Landwehrlinie wurde aus bis zu funf Wallen und drei Graben gebildet die hintereinander gestaffelt waren Die raumliche Tiefe des Befestigungssystems betrug zwischen 10 und annahernd 30 Meter Das Wall und Grabensystem der Landwehr hat sich bis heute vor allem in bewaldeten Bereichen erhalten Die Graben sind von der Grabensohle bis zur Walloberkante noch zwischen einem und zwei Meter tief Im Verlauf der Landwehr gab es folgende Wartturme von denen die meisten nicht erhalten sind Backenbergswarte Dicke Warte Diemardener Warte um 1400 2 Dreckwarte Grymmenwarte von 1407 3 Hainbergswarte 4 Hainholzwarte Juhnder Warte 5 Kerstlingeroder Warte Kasenapp Kritenwarte Lohbergwarte Olenhusener Warte Rieswarte von 1442 6 Roringer Warte Barwinkelswarte von 1407 7 8 Rosdorfer Warte 9 Roykebergwarte Sestelle Warte an der Auschnippe Weizenbergwarte ZiegenhelleAls Warten dienten auch der runde Kirchturm der Dorfkirche von Reckershausen und die Burg Friedland mit ihrer Lage an einer bedeutenden Handelsstrasse nach Hessen nbsp Rieswarte nbsp Roringer Warte nbsp Wartbergswarte nbsp Diemardener Warte nbsp Rosdorfer Warte nbsp Rundturm der Dorfkirche von ReckershausenFunktion BearbeitenDas Landwehrsystem mit seinen fast ausschliesslich an Verkehrswegen liegenden Wartturmen ermoglichte die Lenkung des Verkehrs und die Behinderung von Schmuggel sowie Viehdiebstahl Die Wartturme dienten weniger als Fruhwarnsystem zum Erspahen von ausseren Feinden da das Sichtfeld vielfach durch die Hohenzuge des Leinetals eingeschrankt war Es umfasste einer Sichtbarkeitsanalyse zufolge ein Gebiet von rund 15 23 km Nur von einzelnen Warten konnte das aussere Vorfeld weitraumig eingesehen werden Dies waren die Backenbergwarte deren Blick im Leinetal bis Norten reichte und die Kritenwarte bei Mollenfelde von der ins Werratal bis Hedemunden gesehen werden konnte Den Warten kam vor allem eine Uberwachungs und Kontrollfunktion fur das von der Landwehr umgebene Binnengelande zu Es wird angenommen dass es von den Warten eine Informationsubermittlung in die Stadt gab Dafur kommen Meldereiter oder Signale in Betracht Als zentrale Stelle fur die Weiterleitung von optischen Signalen kommt die Warte Sestelle infrage die Sichtverbindung zu 10 anderen Warten und zum 62 Meter hohen Nordturm der Gottinger St Johannis Kirche hatte Forschungsgeschichte BearbeitenArchaologische Untersuchungen am Landwehrsystem setzten gegen Ende des 19 Jahrhunderts ein 1890 untersuchte der Prahistoriker Carl Schuchhardt die Kritenwarte bei Mollenfelde In der ersten Halfte des 20 Jahrhunderts wurde die Landwehr anhand historischer Quellen erforscht Zu einer Ausgrabung am Landwehrsystem kam es in den Jahren 1980 bis 1982 an der Rieswarte durch die Stadtarchaologie Gottingen unter Sven Schutte 2021 schloss eine Abschlussarbeit an der Universitat Gottingen an die uber 100 jahrige Forschungsgeschichte der Landwehr an Dabei kam unter anderem eine Sichtbarkeitsanalyse fur die Wartturme mit GIS gestutzten Methoden zur Anwendung Bis heute sind noch nicht alle Landwehrverlaufe und Standorte von Warten lokalisiert Literatur BearbeitenGeorg Meyermann Die Gottinger Landwehren In Gottinger Blatter fur Geschichte und Heimatkunde in Sudhannover und seiner Nachbarschaft 1915 S 25 41 Otto Fahlbusch Warten und Landwehren um Gottingen In Gabe des Geschichtsvereins fur Gottingen und Umgebung Gottingen 1938 S 15 44 Thomas Kuntzel Grune Grenzen dornige Sperren Landwehren im nordlichen Deutschland In Archaologische Berichte des Landkreises Rotenburg Wumme 15 2009 S 209 247 Online auf academia edu abgerufen am 22 September 2023 Lennart Jurges Das Gottinger Landwehrsystem im Licht GIS gestutzter Methoden In Sudniedersachsen Zeitschrift fur regionale Forschung und Heimatpflege 2022 Ausgabe vom 1 Marz 2022 S 17 20 Lennart Jurges Altes Thema neue Methoden Eine GIS gestutzte Analyse der Gottinger Landwehr In Archaologie in Niedersachsen 2022 S 69 72 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Gottinger Landwehr Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Kupferstich einer Turmwache an einem Wartturm bei Gottingen am 28 Juli 1790Einzelnachweise Bearbeiten Urkundenbuch der Stadt Gottingen bis zum Jahr 1400 In Gustav Schmidt Hrsg Urkundenbuch des historischen Vereins fur Niedersachsen Heft VI Hahn sche Hofbuchhandlung Hannover 1863 294 S 309 Diemardener Warte auf warttuerme de Dreckwarte auf warttuerme de Warte im Denkmalatlas Niedersachsen Juhnder Warte auf warttuerme de Warte im Denkmalatlas Niedersachsen Roringer Warte auf der Webseite der Stadt Gottingen Roringer Warte auf warttuerme de Warte im Denkmalatlas Niedersachsen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gottinger Landwehr amp oldid 237545494