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Als Frankfurter Bierkrawall vom 21 April 1873 sind die folgenschwersten sozialen Unruhen zwischen den Revolutionen von 1848 und 1918 in Frankfurt am Main in die Stadtgeschichte eingegangen Bei der Niederschlagung durch das preussische Militar kamen 20 Menschen ums Leben Ausloser der Unruhen war die Erhohung des Bierpreises durch die ortlichen Brauereien in der Bewertung eines moglichen politischen Hintergrunds ist sich die Forschung uneinig Inhaltsverzeichnis 1 Ausloser 2 Verlauf 3 Die blutige Niederschlagung des Aufstands 4 Folgen 5 Politische Einordnung 6 Siehe auch 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseAusloser BearbeitenAusloser der Krawalle war die Erhohung des Bierpreises von 4 Kreuzer 1 Batzen auf 4 Kreuzer durch die Frankfurter Brauereigaststatten zum 1 April 1873 Bier hatte damals fur die Arbeiter den Status eines Grundnahrungsmittels Die Preiserhohung um 12 5 traf die schlecht bezahlte Unterschicht hart Hinzu kam dass es keine Halbkreuzermunzen gab und man deshalb fur das Bier zunachst funf Kreuzer bezahlen musste und vom Wirt einen Gutschein uber einen halben Kreuzer zuruckerhielt Der Gutschein war jedoch nur beim selben Wirt einlosbar Der 21 April war der letzte Tag der Fruhjahrsmesse An diesem Tag hatten die Frankfurter Arbeiter traditionell arbeitsfrei Auf dem Bleichgarten an der Breiten Gasse fand ein Volksfest statt Die auch auf dem Fest erhobenen erhohten Bierpreise und die dennoch konsumierten Alkoholmengen fuhrten zu einer zunehmend aggressiven Stimmung unter den Festbesuchern Schon im Vorfeld waren Zusammenstosse befurchtet worden in den Vorwochen war es in Mannheim und Stuttgart ebenfalls wegen erhohter Bierpreise zu Unruhen gekommen Verlauf BearbeitenGegen 16 Uhr formierte sich aus der Masse der Festbesucher ein Zug von etwa 100 Personen denen sich schnell weitere Personen anschlossen Aus einem roten Vorhang wurde eine Fahne hergestellt hinter der sich die Menge mit dem Schlachtruf Mir wolle Batzebier in die Innenstadt bewegte In den folgenden Stunden wurden zahlreiche Brauereigaststatten von der Menge der Aufstandischen zerstort Mobiliar und Fenster wurden zerschlagen Bier auf die Strasse gekippt Benachbarte wenn auch eigentlich unbeteiligte Geschafte wurden geplundert In manchen Brauereien verteidigte das Personal seine Arbeitsstatte gegen die wutende Menge in der Brauerei Schwager in der Neuen Mainzer Strasse mithilfe eines Schlauchs voll kochenden Biers in der Brauerei Reichsapfel in der Grossen Friedberger Strasse mit gluhenden Schurstangen Die Frankfurter Polizei unter dem Polizeiprasidenten August von Hergenhahn war mit der Situation vollig uberfordert In der damals etwa 100 000 Einwohner zahlenden schnell gewachsenen Stadt standen ihr nur funf Wachtmeister und 53 Schutzleute zur Verfugung die ihren Sitz im mittelalterlichen Clesernhof in der Karpfengasse nahe beim Romer hatten Seit der preussischen Okkupation von 1866 lag jedoch in seiner Kaserne im ehemaligen Karmeliterkloster das 1 Kurhessische Infanterie Regiment Nr 81 das nun alarmiert wurde Die blutige Niederschlagung des Aufstands BearbeitenDie Garnison entsandte am Abend sechs Kompanien zur Niederschlagung der Unruhen In der Fahrgasse in der Altstadt schossen die Soldaten in die Menschenmenge Erst gegen Mitternacht konnte die Armee die Situation unter Kontrolle bringen 20 Menschen wurden von Soldaten erschossen darunter eine alte Frau und ein zehnjahriger Junge Die Toten wurden im Hospital zum Heiligen Geist aufgebahrt Am Morgen nach den Unruhen befand sich die Stadt im Belagerungszustand Alle wichtigen offentlichen Platze die Brucken und Bahnhofe waren von Militar besetzt Schulen Geschafte und Hotels blieben geschlossen Zusatzlich zu den in Frankfurt stationierten Truppen waren drei Bataillone Infanterie aus Homburg Mainz und Offenbach in Frankfurt zusammengezogen worden In der Stadt und im Stadtwald wurden etwa 300 Verdachtige festgenommen Folgen BearbeitenAm 14 Juli 1873 tagte im Leinwandhaus das Stadtgericht zur Aburteilung der Aufstandischen 47 Angeklagte darunter viele Auswartige wurden zu Zuchthaus oder Gefangnis verurteilt die Hochststrafen betrugen 4 Jahre Die Frankfurter Brauereien kundigten nach dem Bierkrawall eine Rucknahme der Preiserhohungen an da ihretwegen nicht Leben und Eigentum bedroht werden sollte Politische Einordnung BearbeitenDie politisch soziologische Bewertung des Frankfurter Bierkrawalls ist umstritten Einerseits kann das Ereignis keinesfalls allein auf das Wuten eines betrunkenen Mobs reduziert werden andererseits fehlt hier der theoretisch ideologische Hintergrund etwa des Pariser Kommuneaufstands zwei Jahre zuvor Die Einordnung in den soziopolitischen Kontext der Grunderzeit legt einen Zusammenhang mit ahnlichen Hungerrevolten dieser von drastischen sozialen Ungerechtigkeiten gepragten Epoche nahe So kam es im Juni 1872 in Berlin wegen Wucherpreisen fur Arbeiterwohnungen zu gewalttatigen Krawallen In Munchen gab es bereits 1844 einen Munchner Bierkrawall der ein Todesopfer forderte Die damals weit verbreitete Angst vor dem kommunistischen Gespenst sowie der hohe Anteil auswartiger Aufwiegler nahrten jedoch auch Vermutungen und Verschworungstheorien So witterten manche einen linken Umsturzversuch und gaben der sozialistischen Agitation die Schuld wahrend andere etwa die Frankfurter Zeitung die Drahtzieher im rechten Spektrum vermutete und fragte ob hier eventuell die Rote Gefahr bewusst fur die Offentlichkeit inszeniert worden war 1 Siehe auch BearbeitenBierstreitLiteratur BearbeitenWalter Gerteis Das unbekannte Frankfurt Band I Societats Verlag Frankfurt 1961 ISBN 3 920346 05 X Seiten 37 41 Christoph Jenisch Mir wolle Batzebier Eine popularhistorische Sozialbetrachtung uber den Charakter des Frankfurters und seine Abneigung gegen Aufstand Revolution und frisches Gemuse Teil 4 Der Bierkrawall von 1873 Archiviert vom Original am 29 September 2007 abgerufen am 10 Februar 2016 Lothar Machtan Warum und wofur im 19 Jahrhundert gestreikt wurde Lothar Machtan Rene Ott Batzebier Uberlegungen zur sozialen Protestbewegung in den Jahren nach der Reichsgrundung am Beispiel der suddeutschen Bierkrawalle vom Fruhjahr 1873 In Heinrich Volkmann Jurgen Bergmann Hg Sozialer Protest Studien zu traditioneller Resistenz und kollektiver Gewalt in Deutschland vom Vormarz bis zur Reichsgrundung Opladen 1984 Seiten 128 166 Weblinks BearbeitenJulius Braun Frankfurter Bierkrawall Als teures Bier zum Tode fuhrte In faz net 1 April 2013 abgerufen am 22 Juni 2018 Armin Himmelrath Mir wolle Batzebier In Spiegel Online 21 April 2018 abgerufen am 22 Juni 2018 Einzelnachweise Bearbeiten Roet de Rouet Henning Frankfurt am Main als preussische Garnison von 1866 bis 1914 Frankfurt am Main 2016 S 138 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Frankfurter Bierkrawall amp oldid 232440632