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Calciumcyanamid ist eine anorganische chemische Verbindung des Calciums aus der Gruppe der Cyanamide Den Handelsnamen Kalkstickstoff schlugen 1901 Albert Frank Sohn von Adolph Frank und Hermann Freudenberg vor Beide leiteten von 1899 bis 1908 die Cyanidgesellschaft mbH Berlin StrukturformelC a 2 N C N displaystyle mathrm Ca 2 N C N AllgemeinesName CalciumcyanamidAndere Namen KalkstickstoffSummenformel CaCN2Kurzbeschreibung farblose hexagonale Kristalle 1 Externe Identifikatoren DatenbankenCAS Nummer 156 62 7EG Nummer 205 861 8ECHA InfoCard 100 005 330PubChem 56955933ChemSpider 21106503DrugBank DB09116Wikidata Q367994EigenschaftenMolare Masse 80 11 g mol 1Aggregatzustand festDichte 2 29 g cm 3 20 C 2 Schmelzpunkt 1340 C 2 Siedepunkt sublimiert ab 1150 C 2 Loslichkeit mit Wasser Hydrolyse 2 SicherheitshinweiseGHS Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung EG Nr 1272 2008 CLP 3 ggf erweitert 2 GefahrH und P Satze H 261 302 315 317 318 335P 231 232 280 301 312 330 304 340 312 305 351 338 310 333 313 2 MAK DFG 1 mg m 3 einatembarer Aerosolanteil 2 Schweiz 0 5 mg m 3 alveolengangiger Staub 4 Osterreich 0 5 mg m 3 einatembare Fraktion 5 Soweit moglich und gebrauchlich werden SI Einheiten verwendet Wenn nicht anders vermerkt gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Darstellung 3 Verwendung 4 Eigenschaften 5 Sicherheitshinweise 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten nbsp Dieser Artikel oder Abschnitt bedarf einer grundsatzlichen Uberarbeitung Siehe Diskussion Calciumcyanamid Kritik zu Abschnitt Geschichte bzw Diskussion Fritz Rothe Bitte hilf mit ihn zu verbessern und entferne anschliessend diese Markierung Auf ihrer Suche nach einem neuen Verfahren zur Herstellung von Cyaniden zur Goldgewinnung mittels Cyanidlaugung entdeckten Adolph Frank und Nikodem Caro die Eigenschaft von Erdalkalicarbiden bei hohen Temperaturen atmospharischen Stickstoff aufzunehmen 6 Fritz Rothe einem Mitarbeiter von Frank und Caro gelang es 1898 Probleme bei der Verwendung von Calciumcarbid zu uberwinden und zu klaren dass bei der Reaktion bei rund 1100 C kein Calciumcyanid sondern Calciumcyanamid Kalkstickstoff gebildet wird Tatsachlich lasst sich aus Calciumcyanamid durch Schmelzen mit Natriumchlorid in Gegenwart von Kohlenstoff auch das eigentliche Zielprodukt Natriumcyanid gewinnen 7 CaCN 2 2 NaCl C 2 NaCN CaCl 2 displaystyle ce CaCN2 2 NaCl C gt 2 NaCN CaCl2 nbsp Frank und Caro entwickelten den wegen der hohen Temperaturen apparativ schwierigen Prozess der Kalkstickstoffsynthese insbesondere durch den Verfahrensschritt der Initialzundung zu einem grosstechnisch handhabbaren kontinuierlichen Herstellungsverfahren Im Jahr 1902 liess sich Ferdinand Eduard Polzeniusz ein Verfahren patentieren das Calciumcarbid in Gegenwart von 10 Calciumchlorid bei 700 C zu Kalkstickstoff umsetzt 8 Der Vorteil einer um ca 400 C niedrigeren Reaktionstemperatur wird jedoch durch den hohen Calciumchloridzusatz und die diskontinuierliche Prozessfuhrung relativiert Gleichwohl haben sich beide Prozesse das Rothe Frank Caro Verfahren und das Polzeniusz Krauss Verfahren in der ersten Halfte des 20 Jahrhunderts etabliert Im Rekordjahr 1945 wurden weltweit insgesamt ca 1 5 Mio Tonnen nach beiden Verfahren hergestellt 9 Frank und Caro stellten auch die Bildung von Ammoniak aus Kalkstickstoff fest 10 CaCN 2 3 H 2 O 2 NH 3 CaCO 3 displaystyle ce CaCN2 3 H2O gt 2 NH3 CaCO3 nbsp Albert Frank erkannte die fundamentale Bedeutung dieser Reaktion als technischen Durchbruch bei der Bereitstellung von Ammoniak aus Luftstickstoff und empfahl im Jahr 1901 Calciumcyanamid als Stickstoffdunger Zwischen 1908 und 1919 wurden in Deutschland funf Kalkstickstoffwerke mit einer Gesamtkapazitat von 500 000 Tonnen pro Jahr aufgebaut da Calciumcyanamid als damals billigster Stickstoffdunger mit zusatzlicher Wirksamkeit gegen Unkrauter und Pflanzenschadlinge grosse Vorteile gegenuber herkommlichen Stickstoffdungern aufwies Durch die grosstechnische Umsetzung der Ammoniak Direktsynthese nach dem Haber Bosch Verfahren erwuchs dem sehr energieintensiven Frank Caro Verfahren schon bald ernsthafte Konkurrenz Der spatestens nach dem Zweiten Weltkrieg wesentlich stickstoffreichere 46 gegenuber ca 20 N Gehalt billiger verfugbare und schneller wirksame Harnstoff reduzierte Calciumcyanamid allmahlich zum multifunktionalen Stickstoffdunger in Nischenanwendungen Die schmutzig schwarze Farbe des stark staubenden Augen und Schleimhaute reizenden Kalkstickstoffpulvers sowie dessen Eigenschaft im menschlichen Korper ein alkoholabbauendes Enzym zu hemmen so dass bei zeitlich nahegelegenem Alkoholgenuss eine temporare Anreicherung von Acetaldehyd im Korper und damit Schwindel Ubelkeit und Hitzewallungen die Folge sein konnen trugen nicht unerheblich zum Popularitatsverlust des Kalkstickstoffs bei Darstellung BearbeitenEs lasst sich durch exotherme Azotierung von Calciumcarbid bei 1000 C herstellen 1 Als Zwischenprodukt entsteht dabei Calciumcyanid Da die Reaktion exotherm ist lasst sie sich durch Initialzundung einer kleinen Menge mittels elektrischer Heizstabe einleiten C a C 2 N 2 C a C N 2 displaystyle mathrm CaC 2 N 2 longrightarrow Ca CN 2 nbsp C a 2 N C N C displaystyle mathrm longrightarrow Ca 2 N C N C nbsp dd Das technische Verfahren verwendet in einer modernen Variante ein Gemisch aus ca 80 Gew Calciumcarbid 20 Gew Kalkstickstoff und lt 1 Gew Calciumfluorid als Reaktionsbeschleuniger Die Reaktion verlauft in einem Drehofen bei 1050 C unter Stickstoff in einer Azotierausbeute von gt 93 einem Restcarbidgehalt von ca 0 1 und einem N Gehalt des erzeugten Kalkstickstoffs von gt 24 5 11 Steht eine billige Harnstoffquelle zur Verfugung kann auch ein bei wesentlich niedrigeren Temperaturen ablaufender Zweistufenprozess zur Herstellung von Kalkstickstoff genutzt werden Im ersten Schritt wird dabei aus Harnstoff und Calciumoxid bei ca 250 C Calciumcyanat Ca OCN 2 erzeugt das im zweiten Schritt bei ca 750 C zu reinem Calciumcyanamid in bis zu 97 iger Ausbeute und einem N Gehalt des erzeugten Kalkstickstoffs von bis zu 34 umgesetzt wird 12 13 Verwendung Bearbeiten nbsp Umsetzung von Kalkstickstoff im BodenCalciumcyanamid dient als Ausgangsstoff fur die Synthese von Cyanamid Dicyandiamid Melamin Thioharnstoff oder Guanidinen Unter der Bezeichnung Kalkstickstoff gehort es zu den in der Europaischen Union zugelassenen Dungemitteln und hat wegen des im Zuge der Umsetzung zu pflanzenverfugbaren Stickstoffformen entstehenden Cyanamids eine abtotende Wirkung auf verschiedene Unkrauter tierische Schadlinge Weideparasiten sowie Plasmodien von Plasmodiophora brassicae Fur letzteren Einsatzzweck war Kalkstickstoff in den 1980er Jahren von der seinerzeit noch fur die Pflanzenschutzmittelzulassung verantwortlichen Biologischen Bundesanstalt als Pflanzenschutzmittel zugelassen Eigenschaften BearbeitenHandelsubliches Calciumcyanamid ist meist noch mit Kohlenstoff Calciumoxid Eisen und Aluminium verunreinigt Es hat dann gewohnlich eine graue bis schwarze Farbe Beim Losen in Wasser zersetzt es sich zu Ammoniak und Calciumcarbonat Calciumcyanamid musste nach der Rontgenstrukturanalyse 14 eigentlich als Calciumcarbodiimid bezeichnet werden weil es zwei Doppelbindungen zwischen dem zentralen C und den beiden N Atomen enthalt Ein echtes Cyanamid mit einer C N Einfach und einer C N Dreifachbindung liegt dagegen mit dem Bleicyanamid PbCN2 vor 15 Die ungenaue Bezeichnung fur CaCN2 geht vermutlich auf die Nahe zum Cyanamidmolekul H2CN2 mit Einfach und Dreifachbindung zuruck sowie auf die Tatsache dass die strukturellen Verhaltnisse im festen Zustand gegen Ende des 19 Jahrhunderts noch unbekannt waren 16 Sicherheitshinweise BearbeitenCalciumcyanamid kann in Verbindung mit Ethanol zu Hyperamie der Haut Schwindel und Atemnot fuhren Ausloser der Alkoholunvertraglichkeitsreaktion ist das im Korper gebildete Cyanamid das wie das als Alkoholaversivum eingesetzte Disulfiram durch Hemmung der Acetaldehyddehydrogenase die Anhaufung des toxischen Acetaldehyds im Blutkreislauf induziert 17 Die Vergiftungssymptome treten bei spaterem Kontakt mit Alkohol oder weiteren acetaldehydbildenden Substanzen auch langerfristig erneut in abgeschwachter Form auf Dies ist als Kalkstickstoff Krankheit bekannt Weblinks BearbeitenUmwandlung von Kalkstickstoff im Boden auf www alzchem com abgerufen am 14 Marz 2017 Potential risks to human health and the environment from the use of calcium cyanamide as fertiliser PDF 1534 kB Scientific Committee on Health and Environmental Risks 2016 Einzelnachweise Bearbeiten a b Eintrag zu Kalkstickstoff In Rompp Online Georg Thieme Verlag abgerufen am 25 Oktober 2014 a b c d e f g Eintrag zu Calciumcyanamid in der GESTIS Stoffdatenbank des IFA abgerufen am 1 Februar 2016 JavaScript erforderlich Eintrag zu Calcium cyanamide im Classification and Labelling Inventory der Europaischen Chemikalienagentur ECHA abgerufen am 31 Oktober 2021 Hersteller bzw Inverkehrbringer konnen die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern Schweizerische Unfallversicherungsanstalt Suva Grenzwerte Aktuelle MAK und BAT Werte Suche nach 156 62 7 bzw Calciumcyanamid abgerufen am 2 November 2015 Stoffliste MAK Werte und TRK Werte Verordnung des Bundesministers fur Arbeit uber Grenzwerte fur Arbeitsstoffe sowie uber krebserzeugende und fortpflanzungsgefahrdende reproduktionstoxische Arbeitsstoffe Grenzwerteverordnung 2021 GKV Osterreich abgerufen am 27 August 2021 Patent DE88363C Verfahren zur Darstellung von Cyanverbindungen aus Carbiden Angemeldet am 31 Marz 1895 veroffentlicht am 26 August 1896 Erfinder Nikodem Caro Adolph Frank H H Franck W Burg Zur Chemie des Kalkstickstoffes V In Zeitschrift fur Elektrochemie und angewandte physikalische Chemie Bd 40 1934 S 686 692 doi 10 1002 bbpc 19340401004 zurzeit nicht erreichbar Patent US725361A Method of making Nitrogen Compounds Angemeldet am 20 Mai 1902 veroffentlicht am 14 April 1903 Erfinder Ferdinand Eduard Polzeniusz ACS Chemical Landmarks 1998 Discovery of the commercial processes for making calcium carbide and acetylene Angewandte Chemie Band 29 Ausgabe 16 Seite R97 25 Februar 1916 DE Patent 3705049C2 Anmelder SKW Trostberg AG erteilt am 1 August 1991 Wincenty Wojtkiewicz Uber die Herstellung von Calciumcyanamid aus Calciumcarbonat und Ammoniak S 21 ETH Zurich 1946 abgerufen am 7 Mai 2023 US Patent 5 753 199 Anmelder SKW Trostberg AG erteilt am 19 Mai 1998 N G Vannerberg Acta Chem Scand 1962 16 2263 2266 doi 10 3891 acta chem scand 16 2263 X Liu A Decker D Schmitz R Dronskowski Z Anorg Allg Chem 2000 626 103 105 doi 10 1002 SICI 1521 3749 200001 626 1 3C103 AID ZAAC103 3E3 0 CO 2 7 zurzeit nicht erreichbar onlinelibrary wiley com X Liu P Muller P Kroll R Dronskowski W Wilsmann R Conradt ChemPhysChem 2003 4 725 731 doi 10 1002 cphc 200300635 Aversionsmittel starken langfristige Alkoholabstinenz Forschungsmeldung der Max Planck Gesellschaft 9 Januar 2006 Normdaten Sachbegriff GND 4266646 6 lobid OGND AKS LCCN sh2006005142 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Calciumcyanamid amp oldid 237521576 Geschichte