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Das Familiengesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik FGB vom 20 Dezember 1965 1 trat am 1 April 1966 gleichzeitig mit dem Einfuhrungsgesetz zum Familiengesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik 2 in Kraft Geandert wurde es durch das Einfuhrungsgesetz zum Zivilgesetzbuch vom 19 Juni 1975 3 und durch das Gesetz vom 20 Juli 1990 4 Es wurde durch den Einigungsvertrag vom 31 August 1990 5 mit Ablauf des 2 Oktober 1990 aufgehoben Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2 Grundzuge des FGB 3 Scheidungsrecht 4 Erziehungsrecht statt elterliche Gewalt 5 Wegfall der Kategorie Unehelich 6 Die Reform nach der Wende 7 Anwendung nach der Wiedervereinigung 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseInhalt BearbeitenDas Familiengesetzbuch der DDR bestand aus sechs Teilen I Grundsatze II Die Ehe III Eltern und Kinder IV Verwandtschaftliche Beziehungen V Vormundschaft und Pflegschaft VI Verjahrungsbestimmungen Grundzuge des FGB BearbeitenEinen deutlichen Bruch mit der zumindest auf dem Papier noch weitgehend bestehenden deutschen Rechtseinheit bedeutete das Familiengesetzbuch der DDR FGB vom 20 Dezember 1965 GBl I 1966 S 1 welches zusammen mit einem Einfuhrungsgesetz am 1 April 1966 in Kraft trat und hierdurch fur das Gebiet der DDR das 4 Buch des BGB sowie zahlreiche weitere familienrechtliche Bestimmungen u a das RJWG von 1922 und das Ehegesetz ausser Kraft setzte Das FGB von 1965 versuchte nicht anders als das BGB der Bundesrepublik Deutschland weltanschaulich neutral aufzutreten sondern liess insbesondere in den einleitenden Paragraphen die Intentionen des sozialistischen DDR Gesetzgebers deutlich werden So lautete z B 3 Abs 1 Satz 2 Es ist die vornehmste Aufgabe der Eltern ihre Kinder in vertrauensvollem Zusammenwirken mit staatlichen und gesellschaftlichen Einrichtungen zu gesunden und lebensfrohen tuchtigen und allseitig gebildeten Menschen zu aktiven Erbauern des Sozialismus zu erziehen Scheidungsrecht BearbeitenDas Scheidungsrecht des FGB kam mit einigen wenigen Bestimmungen aus 24ff FGB Eine Art von Zerruttungsprinzip wird als Grund fur die Ehescheidung in 24 Abs 1 FGB genannt Eine Ehe darf nur geschieden werden wenn das Gericht festgestellt hat dass solche ernstlichen Grunde vorliegen aus denen sich ergibt dass diese Ehe ihren Sinn fur die Ehegatten die Kinder und damit auch fur die Gesellschaft verloren hat Trennungsfristen wie im Scheidungsrecht der Bundesrepublik ab 1977 waren nicht vorgesehen Allerdings war eine Harteklausel insbesondere unter Bezug auf die Kindesinteressen in 24 Abs 2 FGB vorhanden Da die beiderseitige Berufstatigkeit der Ehepartner vorausgesetzt wurde waren Regelungen wie der Versorgungsausgleich nicht vorhanden und Ehegattenunterhaltsanspruche auf 2 Jahre befristet Das eheliche Guterrecht wurde in Form einer Errungenschaftsgemeinschaft geregelt die Eigentums und Vermogensgemeinschaft hiess 39ff FGB Erziehungsrecht statt elterliche Gewalt BearbeitenDen Begriff der elterlichen Gewalt ersetzte das FGB durch den Begriff des Erziehungsrechtes 42 FGB der die Grundnorm fur das elterliche Erziehungsrecht darstellt ist ahnlich wie der oben bezeichnete 4 FGB eine ideologisch gefarbte Floskelnorm die die offiziellen DDR Erziehungsvorstellungen konkretisiert wenn als Erziehungsziel die sozialistische n Einstellung zum Leben und zur Arbeit zur Achtung vor den arbeitenden Menschen zur Einhaltung der Regeln des sozialistischen Zusammenlebens zur Solidaritat zum sozialistischen Patriotismus und Internationalismus genannt wird In den konkreten Bestimmungen war das elterliche Erziehungsrecht ganz ahnlich wie in der BRD ab 1980 geregelt worden der 43 FGB entsprach weitgehend dem 1626 Abs 1 BGB die Ubertragung des Erziehungsrechtes nach Scheidung nach 25 FGB erfolgte unter Gesichtspunkten der Sicherung der weiteren Erziehung und Entwicklung der Kinder was durchaus als Konkretisierung des Kindeswohlprinzips zu sehen war Bei der Ehescheidung war einem der Elternteile das Erziehungsrecht zu ubertragen allerdings gab es auch fur Gross und Stiefeltern Moglichkeiten das Erziehungsrecht nach dem Tod der Eltern oder Elternteile zu erlangen 43 Abs 2 und 47 Abs 3 FGB Ein gemeinsames Erziehungsrecht nach Scheidung sah das FGB ausdrucklich nicht vor Die Entziehung des Erziehungsrechtes konnte nach 51 FGB bei einer schweren schuldhaften Verletzung der elterlichen Pflichten durch den Erziehungsberechtigten als ausserste Massnahme erfolgen wenn die Entwicklung des Kindes gefahrdet war anlasslich der Ehescheidung bei gleichen Voraussetzungen nach 26 FGB Zu einem Wegfall des Verschuldensprinzips konnte sich der DDR Gesetzgeber nicht entschliessen Eine Anhorung des Kindes durch das Gericht durfte erst nach dem 14 Lebensjahr erfolgen 53 FGB Zuvor sollte das Jugendhilfeorgan das Kind vor seinen Stellungnahmen horen Zahlreiche Entscheidungen in Bezug auf das Erziehungsrechtes waren nach dem FGB jedoch anders als nach den Vorschriften zum familienrechtlichen Verfahren in der Bundesrepublik seinerzeit in der ZPO heute im FamFG nicht durch das Gericht sondern das Organ der Jugendhilfe zu treffen nur besonders strittige Angelegenheiten blieben dem Gericht vorbehalten Dies war auch angesichts fehlender Rechtsmittelmoglichkeiten ein eindeutiger Ruckschritt gegenuber westlicher Rechtsschutzsystematik Wegfall der Kategorie Unehelich BearbeitenDas FGB beseitigte die Unterscheidung zwischen ehelichen und unehelichen Kindern durch Wegfall dieser Kategorie Im FGB wird jedoch an zahlreichen Stellen von Kindern geredet deren Eltern nicht miteinander verheiratet sind so z B in 46 FGB der der Mutter in diesem Falle das uneingeschrankte Erziehungsrecht zubilligt Im Falle des Todes der Mutter oder nach gerichtlichem Entzug des Erziehungsrechtes konnte dem Vater oder den Grosseltern das Erziehungsrecht ubertragen werden Die Ehelichkeitsanfechtung entfiel zugunsten einer allgemeinen Vaterschaftsanfechtung das Rechtsinstitut der Ehelicherklarung entfiel mangels eines Fortbestehens dieser Unterschiede ersatzlos Bei der Feststellung der Vaterschaft kam es zu ahnlichen Ergebnissen wie 1969 in der BRD Anerkennung der Vaterschaft durch Urkunde mit Wirkung fur und gegen alle 55 in Verbindung mit 58 FGB oder gerichtliche Vaterschaftsfeststellung wobei die biologische Abstammung massgebend war 56ff FGB Bei mehreren Mannern die mit der Mutter innerhalb der gesetzlichen Empfangniszeit geschlechtlich verkehrt haben war derjenige als Vater festzustellen dessen Vaterschaft wahrscheinlicher war so dass in der DDR die Mehrverkehrseinrede vier Jahre fruher als in der Bundesrepublik ihre Sperrwirkung verlor Fur die Vaterschaftsfeststellung und die Unterhaltshohe wurden Richtlinien des Obersten DDR Gerichtes erlassen die dort Gesetzeskraft besassen Zu einer gultigen Vaterschaftsanerkennung war in der DDR stets die Zustimmung der Mutter erforderlich 55 Abs 1 FGB anders als in der BRD die bis 1970 keine Zustimmung seither eine Zustimmung des Kindes i d R vertreten durch den Amtspfleger fur erforderlich ansah 1600c BGB in der bis 30 Juni 1998 geltenden Fassung Die Vaterschaftsanfechtung konnte nach 61 FGB durch den Vater die Mutter oder durch den Staatsanwalt nicht jedoch durch das Kind auch nicht nach seiner Volljahrigkeit erfolgen Im Erbrecht waren ausserhalb der Ehe geborene Kinder gemass 9 des Einfuhrungsgesetzes zum FGB den ehelichen Kindern zunachst nur gleichgestellt wenn sie beim Erbfall noch minderjahrig waren Volljahrige Kinder waren nur in einigen Ausnahmefallen gleichgestellt z B wenn sie noch unterhaltsbedurftig waren oder es keine anderen Erben gab 6 Das 1976 in Kraft getretene Zivilgesetzbuch brachte die vollstandige Gleichberechtigung im Erbrecht Die Reform nach der Wende BearbeitenNach der Wende in der DDR im Jahre 1989 kam es auch bez der familienrechtlichen Vorstellungen in zahlreichen Bereichen zu neuen Entwicklungen Neben der Errichtung regularer Jugendamter durch das Jugendhilfeorganisationsgesetz vom 29 Juli 1990 ist vor allem das Gesetz zur Anderung des Familiengesetzbuches der DDR vom 20 Juli 1990 GBl I S 1038 zu erwahnen mit dem die DDR Volkskammer nach der ersten freien Wahl und noch vor der Wiedervereinigung den Versuch unternahm ideologischen Ballast aus dem FGB abzuwerfen und das Gesetz an neue padagogische Vorstellungen anzupassen Anwendung nach der Wiedervereinigung BearbeitenMit der Vereinigung von Bundesrepublik und DDR am 3 Oktober 1990 wurden die Ehegatten die im Guterstand der Eigentums und Vermogensgemeinschaft gemass FGB gelebt hatten automatisch in den gesetzlichen Guterstand der Zugewinngemeinschaft der BRD ubergeleitet sofern nicht einer von ihnen ausdrucklich den bisherigen oder beide zusammen einen anderen Guterstand bestimmt hatten Fur Ehen die schon vor dem 3 Oktober 1990 geschieden worden waren galt das alte Guterrecht fort In den Fallen der Uberleitung wurde das bisherige gemeinschaftliche Vermogen nach 39 FGB durch die Neuregelung des Art 234 4a EGBGB in halftiges Bruchteilseigentum uberfuhrt Ob auf die Auseinandersetzung dieses Eigentums wiederum die Vorschrift des 39 FGB anzuwenden ist ist umstritten 7 Bleibende Bedeutung kann fur den Ausgleich am zum Stichtag vorhandenen Alleineigentum des anderen Ehegatten die Vorschrift des 40 FGB erlangen 8 Das FGB der DDR gilt in einzelnen Fallen des heutigen gesamtdeutschen Unterhaltsrechts weiter Es findet Anwendung auf Ehegatten deren Ehe vor dem 3 Oktober 1990 geschieden wurde 9 10 Da das Recht der DDR keinen Versorgungsausgleich kannte findet dieser nur fur Ehegatten statt die nach dem 31 Dezember 1991 geschieden wurden 11 Literatur BearbeitenFamiliengesetzbuch der DDR 1965 1990 Familiengesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik vom 20 Dezember 1965 in der Fassung des Einfuhrungsgesetzes vom 19 Juni 1975 zum Zivilgesetzbuch der DDR Verlag Rockstuhl Bad Langensalza Reprint 2006 ISBN 3 938997 23 0 Horst Deinert Die Entwicklung des Kindschaftsrechtes unter Einbeziehung sozialpolitischer Aspekte Diplomarbeit 1995 Grundlage dieses Artikels 1 Thomas Raiser Sozialistisches Familienrecht Zum ersten Familiengesetzbuch der DDR JZ 1966 S 423 428 Jens Wuttke Konfliktvermeidung und Streitbeilegung in Familienrechtssachen in der DDR Tectum Verlag Marburg 2008 ISBN 978 3 8288 9536 2 Weblinks BearbeitenFamiliengesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik vom 20 Dezember 1965 Auszug Deutsche Geschichte in Dokumenten und Bildern abgerufen am 5 Marz 2019 Rudolf Wassermann Neues Familienrecht in der DDR Website der Friedrich Ebert Stiftung abgerufen am 5 Marz 2019 zum FGB vom 20 Dezember 1965 Anita Grandke Die Entwicklung des Familienrechts in der DDR Berlin 2008 umfasst die Zeit von 1949 bis 1990 Einzelnachweise Bearbeiten GBl 1966 Teil I S 1 GBl 1966 Teil I S 19 GBl 1975 Teil I S 517 GBl 1990 Teil I S 1038 BGBl 1990 Teil II S 889 Theodor Keidel Burgerliches Gesetzbuch In Becksche Kurz Kommentare 32 Auflage Band 7 C H Beck Munchen 1973 ISBN 3 406 01822 X S 1580 Untertitel Nur DDR und Ostberlin Dietmar Buschhaus Die Auseinandersetzung der Eigentums und Vermogensgemeinschaft Bielefeld 2000 S 243 ff ders ebd S 295 ff Christiane A Lang 40 FGB DDR Anspruchsgrundlage der Gegenwart Heft 1 2 FORUM Familienrecht 2006 S 29 ff Christiane A Lang Die Koexistenz der Zugewinn und der Errungenschaftsgemeinschaft In djbZ Nr 4 2008 S 176 ff Ausgleichsberechtigte Ehegatten bei Scheidung bald besser geschutzt Bundeskabinett beschloss am 20 August 2008 eine Reform des ehelichen Guterrechts in Markischer Sonntag vom 31 August 2008 Seite 18 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Familiengesetzbuch DDR amp oldid 237201617