www.wikidata.de-de.nina.az
Ernst Lissauer geboren 10 Dezember 1882 in Berlin gestorben 10 Dezember 1937 in Wien war ein deutscher Dramatiker Lyriker und Publizist Zeitgenossen galt er als der deutscheste aller judischen Dichter Walter A Berendsohn Ernst Lissauer um 1932 Foto Max Fenichel Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Hassgesang gegen England 3 Nach dem Ersten Weltkrieg 4 Werke Auswahl 5 Auszeichnungen 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseLeben BearbeitenErnst Lissauer stammte aus einer alteingesessenen Berliner Fabrikantenfamilie und war der Sohn von Hugo Lissauer und dessen Ehefrau Zerline Friedeberger Seine Vorfahren gehorten bei der Revolution von 1848 zur Berliner Burgerwehr und waren Mitbegrunder der Berliner Reformgemeinde Diese Vereinigung setzte sich fur die vollstandige Anpassung an die deutsche Kultur ein und vertrat die damit einhergehende Enthebraisierung des Judentums Lissauer wurde in diesem Sinne erzogen lehnte aber als 15 Jahriger den Wunsch der Eltern ab sich christlich taufen zu lassen Er begrundete dies anfanglich damit er wolle den Glauben nicht um gesellschaftlicher Vorteile willen wechseln Spater meinte er er hatte einen Wechsel als Verrat am Judentum empfunden Trotz dieses Festhaltens am judischen Glauben war Lissauer ein Kind der wilhelminischen Zeit und ein gluhender preussisch deutscher Patriot Nach dem Besuch des Friedrichswerderschen Gymnasiums in Berlin und einigen Semestern Literaturgeschichte an den Universitaten Leipzig und Munchen kehrte Lissauer nach Berlin zuruck und liess sich dort als Literaturkritiker und freier Schriftsteller nieder Der Verleger Eugen Diederichs berichtete nachdem er die ersten Manuskripte Lissauers gelesen hatte er habe den grossten deutschen Dichter der Gegenwart entdeckt Lissauer begeisterte sich fur die preussische Geschichte fur Friedrich den Grossen und die Befreiungskriege was sich 1913 in dem Zyklus 1813 zu deren 100 Jahr Feier ausdruckte Sein Erstlingswerk Der Acker war 1907 erschienen Weiter gab er die Zeitschrift Front heraus Fur Stefan Zweig war Lissauer der preussischste oder preussisch assimilierteste Jude den ich kannte und der gutmutigste Mensch den man sich denken konnte ein behabiges Mannchen ubersprudelnd vor Eifer und Selbstgefuhl sich uberstotternd im Wort besessen vom Gedicht und durch keine Gegenwehr abzuhalten seine Verse immer wieder zu zitieren und zu rezitieren Mit allen seinen Lacherlichkeiten musste man ihn doch lieb gewinnen weil er warmherzig war kameradschaftlich ehrlich und von einer fast damonischen Hingabe an seine Kunst 1 Hassgesang gegen England BearbeitenGanz im Sinne vieler deutsch judischer Vereine und seiner eigenen Uberzeugung 2 meldete sich Lissauer bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges zum Kriegsdienst wurde jedoch als untauglich ausgemustert Daher versuchte er mit anderen Mitteln der Sache zu dienen und verfasste national gestimmte Gedichte wie den Hassgesang gegen England 3 1914 Ausschnitt Dich werden wir hassen mit langem Hass Wir werden nicht lassen von unserem Hass Drosselnder Hass von siebzig Millionen Sie lieben vereint sie hassen vereint Sie alle haben nur einen Feind England Einzelne Verse wurden von der deutschen Kriegspropaganda aufgegriffen erreichten eine enorme Popularitat und brachten Lissauer schliesslich die Verleihung des Roten Adlerordens durch den Kaiser ein nbsp Postkarte aus dem Jahr 1916Aus dem Hassgesang entstand wahrend des Krieges ein Schlachtruf des deutschen Heeres Gott strafe England Eine eigene Grussformel entstand Grussformel Gott strafe England Erwiderung des Grusses Er strafe es Das Ende des Weltkrieges 1918 und die nachlassende nationale Euphorie wirkten sich negativ auf seine Karriere aus Ihm wurde vorgeworfen u a von Robert Bodanzky den Hassgesang nicht als patriotischen Text sondern bewusst als Hetze und Kriegspropaganda verfasst zu haben Nach dem Ersten Weltkrieg BearbeitenDie Kritik an seiner Haltung nahm Lissauer jegliche Hoffnung auf weitere Anerkennung als Lyriker Er distanzierte sich vom Hassgesang gegen England 4 wandte sich nun dem Drama zu und schrieb Werke uber historische Personlichkeiten unter anderem uber Thomas Munzer sowie Essays und Aufsatze zur Dichtung Er vermochte trotzdem nicht an die alten Erfolge anzuknupfen Enttauscht ubersiedelte er 1924 nach Wien Dort erschien 1936 sein letztes Werk Zeitenwende Dieser lyrische Band trug autobiografische Zuge indem er Themen zum Deutschsein und dem Verlust der Identitat als Ausgestossener beschrieb Werke Auswahl BearbeitenDer Acker 1907 Der Strom 1912 1813 Ein Cyklus Verlag Eugen Diederichs Jena 1913 Gott strafe England 1916 Zeitenwende 1936 Flammen und Winde 1923 Eckermann Drama 1921 Yorck Drama 1921 Gluck in Osterreich Bilder und Betrachtungen 1925 Die Steine reden 1936 Auszeichnungen BearbeitenAm 27 Januar 1915 verlieh der preussische Konig und deutsche Kaiser Wilhelm II Ernst Lissauer den Roten Adlerorden IV Klasse mit der koniglichen Krone Die gleiche Auszeichnung erhielten die Kollegen Richard Dehmel Rudolf Presber Casar Flaischlen Paul Warncke Richard Nordhausen Gustav Falke Ferdinand Avenarius Will Vesper Walter Flex und Rudolf Alexander Schroder fur ihre Kriegsdichtkunst Literatur BearbeitenThomas Anz Joseph Vogl Hrsg Die Dichter und der Krieg Deutsche Lyrik 1914 18 Hanser Munchen 1982 ISBN 3 446 13470 0 Julius Bab Die deutsche Kriegslyrik 1914 18 Eine kritische Bibliographie Norddeutscher Verlag fur Literatur und Kunst Stettin 1920 Renate Heuer Lissauer Ernst In Neue Deutsche Biographie NDB Band 14 Duncker amp Humblot Berlin 1985 ISBN 3 428 00195 8 S 690 f Digitalisat Lissauer Ernst In Lexikon deutsch judischer Autoren Band 16 Lewi Mehr Hrsg vom Archiv Bibliographia Judaica Saur Munchen 2008 ISBN 978 3 598 22696 0 S 83 96 Ulrich Sieg Judische Intellektuelle im Ersten Weltkrieg Kriegserfahrungen weltanschauliche Debatten und kulturelle Neuentwurfe Akademie Verlag Berlin 2001 zugleich Habilitationsschrift Marburg 1999 ISBN 978 3 05 004524 5 Rainer Brandle Am wilden Zeitenpass Motive und Themen im Werk des deutsch judischen Dichters Ernst Lissauer Mit einem Vorwort von Guy Stern Peter Lang Verlag Frankfurt M Berlin Bern u a 2002 ISBN 978 3 631 38476 3 Christian Wiese Lissauer Ernst In Andreas B Kilcher Hrsg Metzler Lexikon der deutsch judischen Literatur Judische Autorinnen und Autoren deutscher Sprache von der Aufklarung bis zur Gegenwart 2 aktualisierte und erweiterte Auflage Metzler Stuttgart Weimar 2012 ISBN 978 3 476 02457 2 S 342 344 Arne Offermanns Ernst Lissauer Identitatskonstruktion und Weltanschauung zwischen Deutschtum und Judentum Mit einer kommentierten Edition der Korrespondenz Lissauers mit Walter A Berendsohn De Gruyter Oldenbourg Berlin Munchen Boston 2018 ISBN 978 3 11 059590 1 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Ernst Lissauer im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Theodor Joseph Bereit zum Kampfe Memento vom 12 Marz 2008 im Internet Archive in einer Serie Deutschland und seine judischen Soldaten der Judischen Zeitung Marz 2007Einzelnachweise Bearbeiten Stefan Zweig Die Welt von Gestern Erinnerungen eines Europaers Anaconda Koln 2013 S 309 f Vergleiche hierzu aber die Habilitationsschrift 1 Judische Intellektuelle im Ersten Weltkrieg Kriegserfahrungen weltanschauliche Debatten und kulturelle Neuentwurfe von Ulrich Sieg Archivlink Memento vom 29 Mai 2013 im Internet Archive Wibke Bruhns Meines Vaters Land Geschichte einer deutschen Familie 6 Auflage Econ Munchen 2004 ISBN 3 430 11571 X S 58 Normdaten Person GND 118780166 lobid OGND AKS LCCN n86027912 VIAF 5189651 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Lissauer ErnstKURZBESCHREIBUNG deutscher Lyriker Dramatiker und PublizistGEBURTSDATUM 10 Dezember 1882GEBURTSORT BerlinSTERBEDATUM 10 Dezember 1937STERBEORT Wien Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ernst Lissauer amp oldid 239506734