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Ennahda حركة النهضة Ḥarakat an Nahḍa Bewegung der Wiedergeburt ist eine tunesische Partei die als gemassigt islamistisch gilt Sie bezeichnet sich selbst als muslimisch demokratisch analog zu den christdemokratischen Parteien Europas Die Partei unter Fuhrung von Rached al Ghannouchi bezieht sich mit ihrem Namen auf die arabische Nahda Wiedererwachen Renaissance des 19 Jahrhunderts die sich um eine Verbindung der Werte des Islams mit der Moderne bemuhte Sie ist eine der einflussreichsten tunesischen Parteien der Gegenwart حركة النهضةEnnahdaPartei vorsitzender Rached al GhannouchiGeneral sekretar Ali LarajedhGrundung 6 Juni 1981Legalisierung 1 Marz 2011Haupt sitz 67 Rue Om Kalthoum Ben Arous 1001 TunisAus richtung gemassigt islamistisch 1 2 islamisch konservativ 3 4 Farbe n blau rotParlamentssitze 69 217Internationale Verbindungen MuslimbruderschaftWebsite www ennahdha tnEnnahda ging 1988 direkt aus ihrer Vorgangerpartei Mouvement de la Tendence Islamique hervor Unter der Herrschaft Ben Alis war sie verboten und ihre Anhanger wurden politisch verfolgt Die Fuhrung agierte hauptsachlich aus dem Ausland Nach der Jasminrevolution etablierte sie 2011 zugig flachendeckende Parteistrukturen in ganz Tunesien Seit der Wahl zur Verfassunggebenden Versammlung am 23 Oktober 2011 ist Ennahda mit unterschiedlicher Starke im tunesischen Parlament vertreten Von 2011 bis 2014 war sie mit zwei Juniorpartnerinnen Teil der Ubergangsregierung und beteiligte sich als starkste Fraktion an der Verfassungsgebenden Versammlung 5 Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Die Ursprunge 1 2 Mouvement de la Tendance Islamique 1 3 Verbot unter Ben Ali 1 4 Wiederaufbau nach der Revolution 1 5 Beteiligung in der Verfassunggebenden Versammlung 1 6 Seit 2014 2 Politische Ausrichtung 3 Siehe auch 4 Weblinks 5 Literatur 6 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDie Partei blickt auf eine lange Geschichte von grosser personeller und struktureller Kontinuitat innerhalb des politischen Islam in Tunesien zuruck Ihre Geschichte ist eng mit der Entwicklung des Islamismus in Tunesien verwoben sodass die Geschichte Ennahdas zugleich in grossen Teilen die Geschichte des politischen Islams in Tunesien ist Kennzeichnend fur den politischen Islam in Tunesien ist sein bewegungsartiger Charakter der sich uber lange Zeit in einer Vielzahl religioser sowie politischer Gruppen und Organisationen niederschlug die in verschiedenen gesellschaftlichen Feldern tatig waren Deren Grossteil schloss sich zu Beginn der 1980er Jahre in einer einzigen Partei zusammen Dieser Aspekt spiegelt sich bis heute im Namen der Partei wider Offiziell gegrundet wurde Ennahda im Jahre 1988 Tatsachlich handelte es sich hierbei jedoch eher um eine Umbenennung ihrer illegalen Vorgangerpartei die bereits am 6 Juni 1981 unter dem Namen Mouvement de la Tendance Islamique Bewegung der Islamischen Tendenz Ausrichtung MTI gegrundet wurde 6 Der MTI selbst geht auf eine breitere islamische Erneuerungsbewegung der 1960er und 1970er Jahre zuruck in deren Zentrum eine Untergrundorganisation mit dem Namen al ǧamaʿa al islamiyya Die islamische Gruppe stand Ernstzunehmende Konkurrenz im islamistischen Lager bekam sie erst in den fruhen 2000er Jahren im Zuge der Verbreitung des politischen Salafismus in Tunesien Die Ursprunge Bearbeiten Im postkolonialen Tunesien regierte seit 1956 Prasident Bourguiba dessen Sakularismus im Stile Ataturks Religion zunehmend aus dem offentlichen Leben zu verdrangen schien Umfassende politische und soziale Reformen sollten traditionelle islamische Kulturformen beseitigen Diese umfassten neben unter anderem das traditionelle Gerichts und Bildungswesen das Tragen des Kopftuchs das Fasten im Ramadan sowie die Enteignung religioser Stiftungen wie Moscheen Koranschulen und andere islamische Institutionen Mit ihrem Fortschreiten nahm die Herrschaft Bourguibas immer autoritarere Zuge an 7 In dieser in Teilen von kulturellen Krisen und Autoritarismus erschutterten Gesellschaft fand der politische Islam in Tunesien seinen Ursprung Seine Keimzelle bildete eine personal kleine Gruppe von Zaituna Absolventen mit dem Namen al ǧamaʿa al islamiyya Ihr Ziel war die Wiederbelebung der islamischen Kultur Tunesiens Eines ihrer fuhrenden Grundungsmitglieder Raschid al Ghannuschi ubertrug zu diesem Zweck Konzepte die er wahrend seiner Studienaufenthalte in den 1950er Jahren in Agypten und Syrien kennengelernt hatte 8 Er war Mitglied dortiger Ableger der islamischen Erweckungsbewegung Tablighi Jamaat deren Ziele und Strukturen er nach seiner Ruckkehr nach Tunesien zu Beginn der 1960er nachbildete Eine weitere Quelle war die Bewegung der Muslimbruderschaft mit der er in Agypten im Kontakt gestanden hatte und die im Gegensatz zur Tablighi Jamaat nicht nur die spirituelle sondern auch eine politische Erneuerung suchte 9 Durch einflussreiche Grundungsmitglieder wie Ghannuschi Abdelfattah Mourou und Ahmida al Naifar und fanden aber auch spezifisch tunesische Ansatze ihren Weg in die Organisation wodurch sich eine regionale tunesische Pragung entwickelte 10 Ihnen gelang es insbesondere in den sudlichen Landesteilen ein Netzwerk kleiner Zellen zu etablieren Aus diesem Netzwerk entwickelte innerhalb eines Jahrzehnts eine gut aufgestellte Organisation die die Ruckkehr zu islamischen Werten predigte 11 Misstrauen des repressiven Staates gegenuber religiosen Organisationen fuhrten dazu dass die Gruppe trotz ihrer zunachst unpolitischen Ausrichtung im Untergrund agieren musste 12 Mouvement de la Tendance Islamique Bearbeiten nbsp Abdelfattah Mourou einer der Grunder der ParteiIn den 1970er Jahren kam es in Tunesien zu immer starkeren Protesten gegen die politische Fuhrung Die Proteste wurden hauptsachlich durch die linke Opposition getragen gegen die der Staat mit Repressionen reagierte Um die linke Opposition zu schwachen lockerte die Regierung ihr Verhaltnis zu religiosen Gruppierungen und liess entsprechenden Strukturen als Gegengewicht grossere Freiraume fur Organisation und offentliche Debatten 13 Besonders an den Universitaten wurden Ableger der ǧamaʿa al islamiyya aktiv Flaggschiff dieser universitaren Gruppen war die Association pour la sauvegarde du Quran Verein zur Bewahrung des Korans In dieser Organisation besprachen prominente Vertreter der Bewegung den Islam als Losung fur aktuelle gesellschaftliche Probleme Diese Debatten wurden auch ausserhalb der Gruppen wahrgenommen Sie bildeten den Ausgangspunkt fur eine breite islamistische Studentenbewegung In den zahlreichen Studentenorganisationen um die Association sammelten sich Ende der 1970er Jahre Anhanger der aufkeimenden islamistischen Opposition von denen spater viele Ennahdas Vorgangerpartei Mouvement de la tendance islamique angehoren sollten 14 Im Verlauf der 1970er entstand so ein breites Netzwerk verdeckter und offener Gruppen die in intellektuellem Austausch miteinander und im Kampf mit sakularen Gruppierungen standen Insbesondere im universitaren Umfeld kam es zu militanten Auseinandersetzungen zwischen islamischen und linken Gruppen Die Situation der allgemeinen gesellschaftlichen Dynamik sorgte fur eine zunehmende Politisierung der islamischen Gruppen die in zunehmend offen politischen Forderungen der Bewegung mundeten Die Islamische Revolution im Iran 1979 fuhrte auch in Tunesien zu einem Wachstumsschub des politischen Islam den die Regierung zunehmend als Gefahr betrachtete 15 Die Geheimorganisation der ǧamaʿa al islamiyya wurde zu Beginn des Jahres 1981 durch staatliche Geheimdienste aufgedeckt Um einem Verbot zuvorzukommen erklarte die Fuhrung unter Raschid al Ghannuschi und Abdelfattah al Mourou am 6 Juni 1981 offentlich die Grundung einer neuen Partei mit dem Namen Mouvement de la tendance islamique Mit diesem Zug erhofften sie nicht nur einem Verbot zu entgehen sondern auch einen Schritt in Richtung Legalitat zu machen Bourguiba hatte zuvor verkundet im Rahmen einer politischen Liberalisierung seine Einparteienherrschaft zu lockern und das Feld fur andere Parteien zu offnen Das MTI wurde rasch zum grossten Sammelbecken der islamistischen Bewegung in Tunesien und vereinigte die Mitglieder der zahlreichen verstreuten Gruppen und Organisationen in sich 16 Die Forderungen des MTI liessen sich in funf wesentlichen Punkten zusammenfassen Wiederbelebung des islamischen Charakters Tunesiens Wiederbelebung des islamischen Denkens in Tunesien Bekampfung von Vetternwirtschaft und auslandischem Einfluss Schaffung eines Sozialsystems beruhend auf Privateigentum Kampf dem Imperialismus auf dem Wege der Forderung der politischen und kulturellen Einheit auf allen EbenenDiese Forderungen bedeuteten einen radikalen Bruch mit der Sakularisierungspolitik Bourguibas Einer Legalisierung der Partei wurde nicht stattgegeben Stattdessen kam es im August 1981 zu einer ersten grossen Repressionswelle gegen das MTI bei der etliche Mitglieder darunter auch die Fuhrungsebene verhaftet wurden und zum Teil fur Jahre in Haft blieben 17 Ab Mitte der 1980er Jahre folgten einige Abspaltungen unter anderem von einer salafistischen Fraktion die jedoch uber Jahrzehnte in der Bedeutungslosigkeit verschwand 18 Eine weitere Abspaltung geschah durch eine liberale Fraktion um das Grundungsmitglied Ahmida al Naifar 19 1987 kam es unter dem bis heute nicht eindeutig geklarten Vorwurf eines geplanten Staatsstreiches zu einer neuen Verhaftungswelle gegen Parteimitglieder Das MTI behielt trotz dieser Repressionen und kleineren Abspaltungen an seinen Randern die zentrale Position als Sammelbecken innerhalb des politischen Islams 20 Verbot unter Ben Ali Bearbeiten Am 7 November 1987 ubernahm der damalige Ministerprasident Ben Ali das Amt des unter Alterserscheinungen leidenden Bourguibas Wie schon sein Vorganger versprach Ben Ali eine Liberalisierung Tunesiens Unter dem Motto des Nationalen Paktes sollten wirtschaftliche und politische Reformen die alten Strukturen aufbrechen und breite politische Partizipation verschiedener Bevolkerungsgruppen ermoglichen 21 Religiose Inhalte wurden aber weiterhin staatlich dirigiert Unautorisierte Predigten in Moscheen waren ebenso verboten wie religios ausgerichtete Parteien 22 Das MTI blieb trotz Verbot weiterhin aktiv und bemuhte sich erneut um einen legalen Status Im Hinblick auf die 1989 bevorstehenden Parlamentswahlen trat sie von da an unter dem Namen Ḥarakat an Nahḍa auf Als die Zulassung verwehrt blieb entschied sich die Partei ihre Kandidaten auf unabhangigen Listen kandidieren zu lassen Die Regierung liess dies zunachst zu und die Vertreter der Partei gewannen laut offiziellen Zahlen insgesamt rund 14 der Stimmen Daraufhin kam es im Fruhjahr 1991 zu neuen Repressionen gegen Ennahda 23 Der Partei wurde vorgeworfen einen militanten Flugel zu betreiben und auf einen Staatsstreich hinzuarbeiten Verwiesen wurde auf die zunehmend von Gewaltrhetorik gepragten Ausserungen Ghannuschis und den Umstand dass dieser die Anschuldigen nicht zuruckgewiesen hatte 24 Es kam zu Ausschreitungen in verschiedenen Teilen des Landes Unter anderem griffen Ennahdaanhanger das Hauptquartier der Regierungspartei an Ein Mensch wurde bei den Ubergriffen getotet 25 Im Verlauf der Repressionswelle wurden rund 30 000 Parteimitglieder verhaftet Auch einige Mitglieder der Parteifuhrung gingen zum Teil bis zur Revolution 2011 in Haft andere Teile unter ihnen Raschid al Ghannuschi gelang es sich ins Exil abzusetzen Von dort aus pflegten sie ihre Netzwerke und versuchten von aussen in die tunesische Politik zu intervenieren Bis zur Jasmin Revolution existierte von 1991 an keine sichtbare Prasenz Ennahdas innerhalb Tunesiens 26 Wiederaufbau nach der Revolution Bearbeiten nbsp Die Fuhrung der Partei auf einer Veranstaltung 2011Am 1 Marz 2011 legalisierte die tunesische Ubergangsregierung im Zuge einer Generalamnestie auch Ennahda und zehntausende von Anhangern wurden aus dem Gefangnis entlassen Ennahda baute innerhalb kurzer Zeit eine funktionierende Struktur von regionalen Untergliederungen und Jugend sowie Frauenorganisationen auf Bereits am 30 Januar 2011 war Raschid al Ghannuschi und Beifall von Ennahdaanhangern aus dem Exil zuruckgekehrt 25 Die Partei galt danach als bestorganisierte und am breitesten aufgestellte Partei des postrevolutionaren Tunesiens und ihre plotzliche Mobilisierungsfahigkeit nach zwei Jahrzehnten der Abwesenheit uberraschte viele Beobachter Die Grunde hierfur liegen zum einen in den Netzwerken der Partei die auf personlicher Ebene klandestin weitergepflegt wurden Zum anderen wurde der Aufbauprozess durch die Unterstutzung eines Netzes neuer Akteure beschleunigt die verschiedenen islamischen Graswurzelbewegungen angehorten Diese Bewegungen hatten sich insbesondere in den 2000er Jahren entwickelt Zwar hatten sie ursprunglich nur minimalen Kontakt zu Ennahda teilten jedoch deren Vision einer islamischen Identitat Tunesiens Die Akteure dieser Bewegungen hatten zudem in den Jahren von Ennahdas Prasenzlosigkeit verschiedene Bildungs und Sozialalinitiativen aufgebaut deren Organisationen vor allem als Sozialdienstleister auftraten und Lucken gefullt hatten die der Staat im Zuge neoliberaler Reformen hinterlassen hatte Dies waren insbesondere Studienkurse Kindergarten oder Nachmittagsangebote zum religiosen Studium an Schulen 27 Ihre etablierten Netzwerke und ihre Erfahrung im Organisationsaufbau flossen in die neue Ennahda ein die auf diese Weise ihre flachendeckend Buros auf kommunaler regionaler und landesweiter Ebene eroffnen und ihre Parteirange von der Basis bis an die Parteispitze fullen konnte 28 Nicht zuletzt galt Ennahda durch ihre jahrelange Verfolgung durch den tunesischen Staat als politisch unbelastet da sie im Gegensatz zu zahlreichen anderen Parteien nie Kompromisse mit dem Regime Ben Alis eingegangen war 29 Beteiligung in der Verfassunggebenden Versammlung Bearbeiten In den Wahlen zur Verfassungsgebenden Versammlung Assemble Constituante Tunisienne vom 23 Oktober 2011 ging Ennahda mit 37 der Wahlerstimmen beziehungsweise 81 der insgesamt 217 Sitze als starkste Fraktion hervor Die Verfassunggebenden Versammlung hatte nach der Revolution die Doppelfunktion als Ubergangsparlament die Regierung zu wahlen und eine neue Verfassung auszuarbeiten In beiden Prozessen war Ennahda auf Grund federfuhrend beteiligt unter anderem mit Souad Abderrahim 30 Die Regierung bildete sie zusammen in einer Koalition den beiden kleineren sakularen Parteien Kongress fur die Republik CPR und Ettakatol 31 In ihrem Wahlprogramm hatte die Partei auf eine Politik der kulturellen Identitat gesetzt Das Programm forderte eine Ruckkehr zu Islam und arabischer Sprache als Wert und Kulturmassstabe in deren Rahmen der Autokratismus uberwunden werden sollte Ausserdem forderte Ennahda in ihrem Programm ausdrucklich eine demokratische Republik als Staatsmodell 32 Insbesondere das Bekenntnis zum islamischen Charakter Tunesiens stiess allerdings bei vielen Tunesiern auf Misstrauen und fuhrte zu einer starken Polarisierung zwischen Ennahda und dem zersplitterten sakularistischen Lager das in der Verfassungsgebenden Versammlung die Mehrheit bildete Letztere furchteten eine Islamisierung Tunesiens nach dem Vorbild der Islamischen Revolution im Iran 33 Umstritten waren in diesem Kontext besonders sensible Artikel der neuen Verfassung Artikel 2 sah in Ennahdas Vorlage zunachst die Verankerung der Scharia als Grundlage der Verfassung vor Eine Frage zu der es innerhalb der Verfassung aber auch in der Partei selbst zu heftigen Kontroversen kam Die Parteifuhrung sprach sich intern gegen eine explizite Nennung der Scharia in der Verfassung aus und setzte sich mit dieser Linie schliesslich durch woraufhin Ennahda ihren Antrag in der Versammlung zurucknahm 34 Ahnliche Probleme verursachte die Diskussion um einen von Ennahda mit Artikel 6 vorgeschlagenen Blasphemieparagraphen der das Verletzen religioser Gefuhle der drei abrahamitischen Religionen insbesondere des Islams unter Strafe stellen sollte Auch diesen Vorschlag gab die Partei vor allem auf Grund von Warnungen internationaler Menschenrechtsorganisationen auf 35 Neben diesen Kontroversen geriet Ennahda fur ihre Arbeit in der Regierungskoalition in die Kritik Die Vorwurfe richteten sich gegen eine verfehlte Wirtschaftspolitik und die sich verschlechternde Sicherheitslage Ab 2012 kam es zu immer gewalttatigeren Demonstrationen und Zusammenstossen insbesondere zwischen Salafisten Sakularisten und der Polizei 36 Ihren vorlaufigen Hohepunkt erreichte die Gewalt in der Ermordung zweier linker Politiker Shukri Bil id und Muḥammad Brahmi im Februar und Juli 2013 Ennahda wurde vorgeworfen sich nicht ausreichend vom Salafismus zu distanzieren und diesen vielmehr sogar zu unterstutzen Die Verhandlungen uber die Verfassung konnten in diesem Klima nur mit grosser Muhe und unter Vermittlung des Gewerkschaftsverbandes UGTT fortgesetzt werden Mit ihrem Ende am 27 Januar 2014 und der Verabschiedung der neuen Verfassung trat Ennahda auf Grund der festgefahrenen Situation aus der Regierung zuruck und es wurden Neuwahlen ausgerufen 37 Seit 2014 Bearbeiten Nachdem Ennahda im Oktober 2014 bei der Wahl zur Volksreprasentantenversammlung von der Partei Nidaa Tounes als starkste Fraktion abgelost wurde ging sie in die Opposition war jedoch ab Februar 2015 im Kabinett Essid wieder mit einem Minister vertreten Nach der Spaltung der Fraktion Nidaa Tounes am 10 November 2015 ist sie erneut starkste Kraft im tunesischen Parlament 38 Ab August 2016 stutzte Ennahda das Kabinett von Youssef Chahed fur das sie drei Minister und drei Staatssekretare stellt Bei der Prasidentschaftswahl 2019 nominierte Ennahda ihr Grundungsmitglied Abdelfattah Mourou der jedoch mit 12 9 Prozent der Stimmen nur auf den dritten Platz kam Bei der Parlamentswahl 2019 musste Ennahda erneut Verluste hinnehmen wurde aber mit 52 der 217 Sitze wieder starkste Kraft im zersplitterten Parlament Sie beteiligte sich bis Juli 2020 als Koalitionspartner an der Regierung von Elyes Fakhfakh Auch die parteilose Regierung von Hichem Mechichi die von September 2020 bis Juli 2021 amtierte war im Parlament auf die Stimmen von Ennahda angewiesen Als Staatsprasident Kais Saied im Juli 2021 die Regierung entliess die Volksreprasentantenversammlung suspendierte und per Dekret regierte protestierten die Ennahda und ihre Anhanger gegen diesen Schritt Parlamentsprasident Rached al Ghannouchi sprach von einem Staatsstreich gegen die Revolution Politische Ausrichtung BearbeitenDie politische Ausrichtung Ennahdas ist in der offentlichen Meinung innerhalb Tunesiens wie auch international umstritten Die ideologischen Wurzeln der Partei gehen zum Teil auf die Muslimbruderschaft zuruck Entsprechend war vor der Jasmin Revolution auf der Homepage Ennahdas ein Traktat von Hassan al Banna dem Begrunder der agyptischen Muslimbruder zu finden In dem Text mit dem Titel Sind wir ein handlungsfahiges Volk wurde der Dschihad als Verteidigungskrieg legitimiert und als Mittel fur Eroberungskriege propagiert 39 Dieser Artikel verschwand nach 2011 von der Internetseite und die Partei schlagt seither gemassigte Tone an Dennoch hielt der Generalsekretar der Ennahda Hamadi Jebali am 13 November 2011 eine Parteiversammlung in Sousse zusammen mit Parlamentsabgeordneten der radikalislamischen palastinensischen Hamas ab Jebali bezeichnete das Ereignis als einen gottlichen Moment in einem neuen Staat sowie hoffentlich in einem sechsten Kalifat und dass die Befreiung Tunesiens mit dem Willen Gottes die Befreiung Jerusalems mitbringen werde 40 Kritiker unterstellen der Partei daher sich moderat und demokratisch zu geben und ihre wahre Intention zu verbergen Andererseits erklaren Beobachter des Islamismus die zeitweilige Radikalisierung der Partei mit Ben Alis diktatorischen Methoden Massenhafte Inhaftierungen und Anwendungen von Folter hatten sowohl die Bewegung als auch anschliessend den Staat radikalisiert Es wurde einstweilen befurchtet dass die moderaten Tone bei einer Regierungsubernahme schnell wieder verklingen konnten Ennahdas Fuhrer betonten dabei ihre demokratische Orientierung Ziyad Djoulati Mitglied des Exekutivkomitees der Partei sprach von der Notwendigkeit einer konsensorientierten Demokratie in der keine Partei ihre stimmenmassige Uberlegenheit bei Wahlen ausnutzt 41 nbsp Teile der Parteispitze wahrend des zehnten Parteikongresses 2014 im tunesischen Hammamet Zied Ladhari Fathi Ayadi Ali Larajedh Raschid al Ghannuschi und Abdelfattah Mourou v l n r In der Zeit ihrer Mitarbeit in der Verfassungsgebenden Versammlung zeigte sich die Partei auch tatsachlich sehr kompromissbereit und die von ihr massgeblich mitgestaltete neue Verfassung diente als Grundlage fur ein zwischen den arabischen Staaten einzigartiges demokratisches System Es besteht ein enger Austausch mit der turkischen Regierungspartei AKP die Anhanger haufig als Vorbild Ennahdas benennen 42 In einem Interview mit Deutschlandradio Kultur erklarte der Ennahda Politiker Samir Dilou im Mai 2011 dass sie keine religiose Partei sondern eine moderne Partei vor dem Hintergrund eines islamisch gepragten Weltbildes vergleichbar mit der deutschen oder italienischen Christdemokratie sei 43 Wahrend ihres zehnten Parteikongresses vom 20 bis zum 22 Mai 2016 beschloss Ennahda die Trennung ihrer Parteistrukturen von Bewegungselementen in der Kultur und Religionsarbeit Sie tritt seitdem offiziell fur eine Spharentrennung zwischen Politik und Religion ein In ihrer Selbstdarstellung versteht sich nunmehr offiziell als muslimisch demokratisch und nimmt Abstand zum politischen Islam 44 Moscheen seien Orte der Predigten und als religiose Statten Orte der Wiedervereinigung des tunesischen Volkes und kein politischer Raum Ihre zukunftige Politik beschrieb Ennahda als losgelost von ideologischen Vorgaben und an den alltaglichen Bedurfnissen der Bevolkerung orientiert 45 eine realpolitische Wende die durch den gemeinsamen Auftritt der Parteifuhrung und Beji Caid Essebsi Fuhrer der sakularistischen Nidaa Tunes symbolisiert wurde 46 Siehe auch BearbeitenNahda Bewegung Algerien Weblinks BearbeitenInternetprasenz Ennahdas arabisch Internetprasenz Ennahdas in Frankreich franzosisch Jameleddine Ben Abdeljelil Die Ennahda und die Herausforderungen der Demokratie In Qantara de 11 November 2011 Karina Piser How Tunisia s Islamists Embraced Democracy In Foreign Policy 31 Marz 2016 englisch Literatur BearbeitenAmel Boubekeur Islamists Secularists and Old Regime Elites in Tunisia bargained Competition In Mediterranean Politics Band 21 Nr 1 Oxford 2016 Jason Brownlee Tarek Masoud Andrew Raynolds The Arab Spring Pathways of Repression and Reform Oxford 2015 Francesco Cavatorta Fabio Merone Moderation through exclusion The journey of the Tunisian Ennahda from fundamentalist to conservative party In Democratization Band 5 Nr 20 London 2013 Francesco Cavatorta Fabio Merone Post Islamism ideological evolution and la tunisianite of the Tunisian Islamist party al Nahda In Journal of Political Ideology Band 20 Nr 1 London 2015 Francesco Cavatorta Fabio Merone Stefano Torelli Salafism in Tunisia Challenges and Opportunities for Democratization In Middle East Policy Band 19 Nr 4 Malden 2012 Francesco Cavatorta Rikke Haugbolle Beyond Ghannouchi Islamism and Social Change in Tunisia In Middle East Report Band 262 Washington 2012 Rached al Ghannouchi From Political Islam to Muslim Democracy The Ennahda Party and the Future of Tunisia In Foreign Affairs Vol 95 No 5 September Oktober 2016 S 58 67 Mohamed Elhachmi Hamdi The Politicisation of Islam A Case Study of Tunisia Boulder 1998 Monica Marks Convince Coerce or compromise Ennahda s Approach to Tunisia s Constitution Doha 2014 Rory McCarthy Inside Tunisia s al Nahda Between Politics and Preaching Cambridge University Press Cambridge 2018 ISBN 978 1 108 47251 7 Karima El Ouazghari An Nahda im Wandel Eine islamistische Bewegung im Kontext sich verandernder Opportunitatsstrukturen in Tunesien Frankfurt am Main 2012 Kenneth J Perkins A History of Modern Tunisia 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