www.wikidata.de-de.nina.az
Enchytraen Enchytraeidae sind eine artenreiche Familie aus der Unterklasse der Wenigborster Untergeordnet sind sie dem Stamm der Ringelwurmer Annelida in der Klasse Gurtelwurmer Clitellata EnchytraenEnchytraeus albidus aus WurmzuchtSystematikStamm Ringelwurmer Annelida Klasse Gurtelwurmer Clitellata Unterklasse Wenigborster Oligochaeta Ordnung EnchytraeidaFamilie EnchytraenWissenschaftlicher NameEnchytraeidaeVejdovsky 1879Gemeinsam mit Asseln Springschwanzen und ihren Verwandten den Regenwurmern sind sie Teil der wichtigsten Destruenten der organischen Substanz im Boden Inhaltsverzeichnis 1 Merkmale 2 Lebensweise 2 1 Verbreitung und Lebensraum 2 2 Fortpflanzung und Entwicklung 2 3 Ernahrung 3 Bedeutung fur den Menschen 4 Systematik 4 1 Gattungen und Arten Auswahl 5 Literatur 6 WeblinksMerkmale BearbeitenAusgewachsene Enchytraen haben je nach Art eine Korperlange zwischen funf und 30 mm Die Korper der Tiere sind langgestreckt mit einem runden Querschnitt Enchytraen sind kaum pigmentiert Ihre Farbung kann weiss gelblich farblos und durchsichtig sein so dass ihr Darminhalt durchscheint Auch das Blut der meisten Enchytraen ist farblos An den gleichmassigen Korpersegmenten und dem Vorhandensein des Gurtels Clitellum zeigt sich ihre Verwandtschaft mit den Regenwurmern Je nach Art und innerhalb der Arten unterscheidet sich die Anzahl der Segmente Bei einem erwachsenen Tier konnen auf das erste borstenlose Segment Peristomium weniger als 20 aber auch uber 70 Borstensegmente folgen Jedes Borstensegment ist mit je zwei dorsolateralen ruckenseitigen und zwei ventrolateralen bauchseitigen Borstenbundeln aus zwei bis sechs beweglichen Borsten ausgestattet Der Gurtel s Kap Fortpflanzung umgibt die Segmente XII und XIII Enchytraen sind fast ausschliesslich Zwitter Die mannliche Geschlechtsoffnung befindet sich in Segment XII und die weibliche folgt direkt dahinter Die Samentasche befindet sich in Segment V Oberschlundganglion und Bauchmark bilden das Strickleiternervensystem Die Enchytraen haben ein recht einfach gebautes geschlossenes Blutgefasssystem Um den Darm herum erstreckt sich ein wohl entwickelter Darmblutsinus von dem mehr oder weniger im Bereich des Clitellums das Ruckengefass in Richtung nach vorn abgeht In Hohe des Oberschlundganglions teilt es sich in zwei Aste die sich unter dem Darm zu einem ganz nach hinten fuhrenden Bauchgefass vereinigen Dieses mundet am Ende des Ringelwurms wieder in den Darmblutsinus In den Segmenten vor dem Clitellum gibt es zwischen Bauch und Brustgefass zusatzliche Verbindungsgefasse Der Ausgangspunkt des Ruckengefasses im Bereich des Clitellums kann je nach Art variieren und deshalb zur Artbestimmung dienen Das muskulose Ruckengefass pulsiert deutlich sichtbar so dass seine Lange in lebenden durchsichtigen Enchytraen gut erkennbar ist Es hat also Herzfunktion und sorgt somit fur die Zirkulation des Bluts In den Gattungen Henlea Achaeta und Buchholzia ist das Ruckengefass in den Segmenten nahe dem Ausgangspunkt mehrfach herzartig muskulos erweitert Der Ausgangspunkt liegt je nach Art hinter dem Clitellum wobei seine Lage um 3 bis 5 Segmente variieren kann oder in genau einem Segment der Clitellarregion 12 bis 13 Segment oder vor dem Clitellum Ein Grossteil der Enchytraen hat farbloses Blut bei einigen Arten insbesondere der Gattung Lumbricillus ist es blassgelb oder hellrot Lebensweise BearbeitenVerbreitung und Lebensraum Bearbeiten Mit Ausnahme der Antarktis sind Enchytraen weltweit verbreitet Einige Arten wurden durch internationale Transporte in weite Regionen verschleppt so dass dieselbe Art heute in mehreren Kontinenten vorkommen kann Da die Haut der Enchytraen von einem feuchten Film umgeben sein muss sind die Tiere auf das Vorhandensein von Wasser in ihrem Lebensraum angewiesen Man findet Enchytraen in Oberflachengewassern und Pfutzen und selbst in den in Mitteleuropa seltenen Phytothelmen Wasseransammlungen z B in Astgabeln und Baumstammhohlraumen und auf der umgebenden Rindenoberflache aber auch im Meer und im Sand der Meereskusten Der Lebensraum der meisten Arten und Individuen ist allerdings terrestrisch In den oberen Schichten feuchter Wiesen Acker und Waldboden Sie siedeln auch bei Trockenheit selten tiefer als 36 cm Hier leben sie im Wasser der Bodenkapillare Im Oberboden findet man durchschnittlich zwischen 5 000 und 100 000 Individuen pro m In englischen Moorboden erreichen Enchytraen mit 130 000 bis 290 000 Individuen pro m die hochste Siedlungsdichte Diese Massenvorkommen werden von nur wenigen Arten gebildet grosseren Artenreichtum und weniger Individuen findet man in schwach sauren oder auch kalkreichen Boden doch sie konnen sich in solchen Gebieten stark vermehren wo Regenwurmer nur in geringer Anzahl vorkommen In sauren Boden und bei starker landwirtschaftlicher Nutzung Im Garten findet man in Komposthaufen eine hohe Siedlungsdichte von Enchytraen Fortpflanzung und Entwicklung Bearbeiten Der namensgebende Gurtel Clitellum der Gurtelwurmer bildet sich erst bei den geschlechtsreifen Tieren Hier befindet sich der Penisbulbus und die Eizellen reifen Ausserdem wird aus Drusenzellen des Gurtels der Eikokon und Kokonflussigkeit gebildet Bis auf wenige Ausnahmen sind Enchytraen Zwitter die sich wechselseitig befruchten Dabei legen sich zwei Tiere in entgegengesetzter Richtung ventral aneinander so dass jeweils das funfte und das zwolfte Segment zusammentreffen Durch Anderung des Drucks der Coelomflussigkeit stulpen die Tiere ihren Penisbulbus aus und platzieren ihn in der Offnung der Spermathek Receptaculum seminis des Partners Hier wird das Sperma bis zur Befruchtung die ausserhalb des Korpers stattfindet gespeichert Durch oberflachliche Muskeln wird der Penis nach der Kopulation wieder eingezogen Da Enchytraen bilateral organisiert sind sind alle Geschlechtsorgane paarig im selben Segment vorhanden Bis zur Eiablage konnen mehrere Tage vergehen Wahrenddessen wird durch den Gurtel die Kokonhulle gebildet und eine oder mehrere dotterreiche Eizellen eingebracht Das Clitellum ist nun deutlich verdickt Ist der Kokon fur die Befruchtung prapariert kriecht der Enchytraus mit peristaltischen Bewegungen ruckwarts hindurch wie durch einen Reifen bis der Kokon auf Hohe der Spermathekenoffnung zu liegen kommt Nun gelangt das gespeicherte Sperma in das Innere des Eikokons woraufhin sich das Tier zum vorderen Ende hin vollstandig daraus zuruckzieht Sofort verschliessen sich die beiden Offnungen des Kokon reifens so dass er die typische Zitronenform des Eikokons annimmt Abschliessend belegt der Enchytraus den Eikokon mit Erdpartikeln Es wird angenommen dass diese Behandlung den Kokon vor dem Austrocknen bewahren soll In der Zeit ihrer grossten Fruchtbarkeit setzen Enchytraen fast jeden Tag einen Eikokon ab Bei 21 C vergehen bis zum Schlupf der Jungtiere etwa neun Tage Nach weiteren acht Tagen sind Enchytraen geschlechtsreif Direkt nach dem Schlupfen haben Enchytraen nur 17 bis 21 Segmente und wachsen mindestens bis zum Einsetzen der Geschlechtsreife Die Lebenserwartung von Enchytraen betragt unter Laborbedingungen je nach Art ca 100 Tage bis zu uber einem Jahr Bei wenigen Enchytraenarten findet ungeschlechtliche Vermehrung statt Enchytraeus fragmentosus kommt ohne Geschlechtsorgane und Gurtel aus und vermehrt sich nach derzeitigem Wissen ausschliesslich ungeschlechtlich Das ausgewachsene Tier zerfallt in Teilstucke von meist funf Segmenten Diese entwickeln sich innerhalb von 10 Tagen zu einem vollstandigen Tier Ernahrung Bearbeiten Enchytraen ernahren sich vorwiegend saprophag Sie nehmen mit ihrer Mundpore verrottendes Material meist pflanzlichen Ursprungs Detritus zusammen mit der daran haftenden Mikroflora Bakterien Pilze und Einzeller auf Anders als Regenwurmer vermeiden terrestrisch lebende Enchytraen dabei die mineralischen Bodenbestandteile tragen also nicht zur Bildung von Ton Humus Komplexen bei sondern produzieren Moderhumus Der Schlund der Enchytraen ist ausstulpbar Zur Nahrungsaufnahme wird er auf Nahrungspartikel gedruckt die daran haften bleiben und anschliessend wieder eingezogen Bedeutung fur den Menschen BearbeitenHumus und Kompostbildner Durch ihre zersetzende Nahrungsweise leisten Enchytraen einen wichtigen Beitrag zur Humusbildung und damit zur Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit an eher bodensauren Standorten Aquaristik Zucht von Enchytraen vor allem Enchytraeus albidus als wertvolles Lebendfutter fur Zierfische vor allem am Boden lebende Arten Welse Schmerlen Wegen des hohen Nahrstoffgehalts sollten Enchytraen aber nicht die vornehmliche Nahrung der Fische darstellen Bioindikatoren Im Enchytraen Test nach Westheide und Bethke Beilfuss werden die Tiere als Testorganismen fur Umweltgifte eingesetzt Schadlinge Bei Mangel an geeigneteren Nahrungsquellen schadigen Enchytraen feine Wurzeln von Topfpflanzen Systematik BearbeitenSchwestergruppe der Enchytraeidae ist nach neueren Analysen die kleine und artenarme Familie Propappidae deren einzige Gattung Propappus fruher als zu den Enchytraeidae gehorig betrachtet worden war Beide werden seit 2021 nach einem etwas alteren Vorschlag in einer Ordnung Enchytraeida vereinigt Fruhere Vorschlage etwa der auf Ralph O Brinkhurst zuruckgehende Ansatz fast alle Oligochaeten ausserhalb der Regenwurmer im weiteren Sinne Crassiclitellata in einer Ordnung Haplotaxida zu vereinen oder sein spaterer Vorschlag sie der Ordnung Tubificida zuzuschlagen wurden von spateren Untersuchungen nicht bestatigt Weltweit sind mindestens 650 Arten beschrieben in Mitteleuropa kommen 200 bis 300 vor Haufig unterscheidet sich ihr Korperbau so geringfugig dass eine genaue Bestimmung nur mikroskopisch z B anhand der Spermien durchgefuhrt werden kann Demzufolge existieren taxonomische Unsicherheiten so dass Arten moglicherweise mehrfach unter verschiedenen Synonymen beschrieben sind oder man Individuen einer anderen sehr ahnlichen Art zuordnete Gattungen und Arten Auswahl Bearbeiten Achaeta Vejdovsky 1878 Bryodrilus Ude 1892 Bryodrilus ehlersi Buchholzia Michaelsen 1886 Cernosvitoviella Nielsen amp Christensen 1959 Cognettia Nielsen amp Christensen 1959 Enchylea Nielsen amp Christensen 1963 Enchytraeus Henle 1837 Enchytraeus albidus Enchytraeus crypticus Enchytraeus fragmentosus Enchytronia Nielsen amp Christensen 1959 Fridericia Michaelsen 1889 Guaranidrilus Cernosvitov 1937 Hemienchytraeus Cernosvitov 1935 Hemifridericia Nielsen amp Christensen 1959 Henlea Michaelsen 1889 Lumbricillus Orsted 1844 Lumbricillus lineatus Marionina Michaelsen 1889 Mesenchytraeus Eisen 1878 Mesenchytraeus solifugus Oconnorella Rota 1995 Stercutus Michaelsen 1888 Timmodrilus Dozsa Farkas 1997Literatur BearbeitenGerhard Hartwich Familie Enchytraen In Urania Tierreich Wirbellose Tiere 2 Urania Verlag Berlin in der Dornier Medienholding GmbH Berlin 2000 Wilfried Westheide und Monika C Muller Organisation und Fortpflanzung von Enchytraeen Oligochaeta Publikationen zu wissenschaftlichen Filmen Biologie 22 S 153 170 FILM C 182 1 IWF Institut fur den wissenschaftlichen Film Gottingen 1995 Wilfried Westheide und Reinhard Rieger Hrsg Spezielle Zoologie Teil 1 Einzeller und wirbellose Tiere 2 Auflage Spektrum Elsevier GmbH Munchen 2007 Christian Overgaard Nielsen Bent Christensen The Enchytraeidae critical revision and taxonomy of European species Naturhistorisk Museum Aarhus 1959 Christer Erseus Bronwyn W Williams Kevin M Horn Kenneth M Halanych Scott R Santos Samuel W James Michel Creuze des Chatelliers Frank E Anderson 2020 Phylogenomic analyses reveal a Palaeozoic radiation and support a freshwater origin for clitellate annelids Zoologica Scripta 49 5 614 640 doi 10 1111 zsc 12426 Schmelz Rudiger M Erseus Christer Martin Patrick van Haaren Ton Timm Tarmo 2021 A proposed order level classification in Oligochaeta Annelida Clitellata Zootaxa 5040 4 589 591 doi 10 11646 zootaxa 5040 4 9Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Enchytraen Enchytraeidae Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Enchytraen bei Projekt Hypersoil Enchytraeidae bei Fauna Europaea engl Video Organisation und Fortpflanzung von Enchytraeen Oligochaeta Institut fur den Wissenschaftlichen Film IWF 1993 zur Verfugung gestellt von der Technischen Informationsbibliothek TIB doi 10 3203 IWF C 1821 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Enchytraen amp oldid 237783426