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Else Weil 19 Juni 1889 in Berlin 11 September 1942 im KZ Auschwitz Birkenau war eine deutsche Arztin und die erste Ehefrau von Kurt Tucholsky Sie stand Pate fur die Figur der Claire in Tucholskys Rheinsberg Ein Bilderbuch fur Verliebte Aufgrund ihrer judischen Herkunft wurde sie im KZ Auschwitz ermordet Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Ausbildung 1 2 Beruflicher Werdegang 1 3 Freundschaft und Ehe mit Kurt Tucholsky 1 4 Kurt Tucholsky uber Else Weil 1 5 Emigration 2 Veroffentlichungen 3 Rezeption 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben Bearbeiten nbsp Stolperstein am Haus Bundesallee 79 in Berlin FriedenauElse Weil wurde als altestes von drei Kindern des judischen Kaufmanns Siegmund Weil und seiner Frau Franziska geb Herzfeld in ihrem Elternhaus in der Alten Jacobstrasse 88 in Berlin geboren 1 Nach dem Besuch einer Hoheren Tochterschule legte sie im Februar 1910 an der Hohenzollernschule in Berlin Schoneberg als Externe ihr Abitur ab Ausbildung Bearbeiten Am 19 Oktober desselben Jahres schrieb sie sich an der Friedrich Wilhelms Universitat in Berlin als Studentin der Philosophie ein wechselte aber nach einem Semester im April 1911 die Fachrichtung und studierte Medizin Sie besuchte Vorlesungen bei den Professoren Hans Virchow Heinrich Wilhelm Waldeyer und Theodor Brugsch und arbeitete neben ihrem Studium als Unterarztstellvertreterin in der Psychiatrischen Klinik der Charite 1914 bestand sie ihr Physikum und legte im Oktober 1916 ihr Staatsexamen ab Am 1 Januar 1917 begann sie ihr praktisches Jahr an der inneren und chirurgischen Abteilung des Stadtischen Krankenhauses Charlottenburg Westend Beruflicher Werdegang Bearbeiten Am 21 Januar 1918 legte sie ihre Dissertation Ein Beitrag zur Kasuistik des induzierten Irreseins mit dem Pradikat gut ab Die Doktorarbeit schildert klinische Falle von Halluzinationen und Wahnvorstellungen vor allem bei Frauen Ihr Doktorvater war Karl Bonhoeffer Als eine von nur 90 Frauen in Deutschland erhielt Else Weil 1918 die Approbation und arbeitete anschliessend als Assistentin an der Hebammenlehranstalt im Krankenhaus am Urban Nach ihrer Promotion wurde Else Weil Assistentin in der Klinik fur Frauenkrankheiten und Geburtshilfe der Charite bei Benno Hallauer Ihre erste eigene Praxis richtete sie am 17 April 1918 in ihrer Wohnung in der Kaiserallee 79 in Berlin Friedenau ein Bei der Arztekammer war sie von Oktober 1917 bis April 1923 als niedergelassene Arztin gemeldet hatte aber nach eigenen Angaben seit Beginn des Jahres 1923 keine arztliche Praxis ausgeubt Aus Empfehlungsschreiben geht hervor dass sie in dieser Zeit in verschiedenen Firmen als Privatsekretarin tatig war Ab November 1932 arbeitete Else Weil wieder als Arztin Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 verlor sie jedoch wie alle judischen Kassenarzte ihre kassenarztliche Zulassung Verordnung uber die Zulassung von Arzten zur Tatigkeit bei den Krankenkassen Else Weil veroffentlichte 1920 zwei Artikel in der Weltbuhne Der Artikel Friedmanns Tuberkulose Mittel wurde in der Weltbuhne vom 1 Januar 1920 veroffentlicht 2 Darin verteidigte sie die Tuberkulose Impfung und sprach sich fur deren Wirksamkeit aus Sie kritisierte die medizinischen Laien die das Heilmittel schlecht machten Auch zerstreute sie die Vorwurfe an Arzte an langem Patientenleiden Geld zu verdienen Der Beitrag Kassenarzte erschien in der Weltbuhne vom 17 Juni 1920 3 Sie schrieb Wenn sie ein Zehntel der Sorgfalt womit sie ihre Verwaltungsgebaude Kompetenzen Instanzen Buros und Formulare entwerfen auf den Patienten und seine Unterstutzung verwenden ware uns allen wohler Freundschaft und Ehe mit Kurt Tucholsky Bearbeiten Else Weil und Kurt Tucholsky verbrachten im August 1911 ein gemeinsames Wochenende in Rheinsberg Dieses Wochenende war die Vorlage fur die Erzahlung Rheinsberg Ein Bilderbuch fur Verliebte das 1912 im Axel Junker Verlag erschien Mit seinem Erstlingswerk begrundete Kurt Tucholsky seinen schriftstellerischen Durchbruch Als Figur der Claire hatte Else Weil bedeutenden Anteil am Erfolg der kleinen Geschichte und behielt den Spitznamen bis zu ihrem Tod 1915 wurde Kurt Tucholsky zum Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg verpflichtet Else Weil setzte ihr Medizinstudium in Berlin fort Kurt Tucholsky blieb wahrend dieser Zeit trotz anderer Beziehungen zu Frauen in Kontakt mit ihr 1919 erschien Kurt Tucholskys Gedichtband Fromme Gesange unter dem Pseudonym Theobald Tiger Das Kapitel Der Blauen Blume widmete er Else Weil Neun Jahre nach dem Rheinsberg Ausflug heirateten die beiden am 3 Mai 1920 Trauzeugen waren Else Weils Vater Siegmund und der Herausgeber der Weltbuhne Siegfried Jacobsohn Noch im selben Monat zog Kurt Tucholsky mit in die Wohnung von Else Weil Sie fuhrte nun den Doppelnamen Weil Tucholsky Die Ehe war aber nicht von Dauer und wurde am 14 Februar 1924 geschieden Kurt Tucholsky uber Else Weil Bearbeiten Einmal legte Claire die Hand auf den Bootrand diese ein wenig knochige Hand auf deren Rucken blassblaue Adern sich strafften sah man aber die holzgeschnitzten langen Finger so ahnte man es war eine erfahrene Hand Diese Fingerspitzen wussten um die Wirkung ihrer Zartlichkeiten kraftig und sicher spielten die Gelenke Die Hand hing im Wasser und zog einen quirlenden Streif Kurt Tucholsky Rheinsberg Ein Bilderbuch fur Verliebte 1912 Und neben mir sass die Claire voll Ubermut wie wir damals waren und brachte durch ihre Existenz beinahe die ganze Kapelle aus dem Takt Peter Panter Das Grammophon Simplicissimus 3 Oktober 1916 Jeder seins das hat die klugste Frau gesagt die ich kennengelernt habe Ich war ein bisschen mit ihr verheiratet Kurt Tucholsky Brief an Marierose Fuchs vom 21 November 1930 4 Emigration Bearbeiten nbsp Todesurkunde fur Else Weil Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg 1961 Foto Kurt Tucholsky Literaturmuseum Im Marz 1933 kurz nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten nahm Else Weil Tucholsky wieder ihren Geburtsnamen an vermutlich um sich mit dem Namen Tucholsky nicht in Gefahr zu bringen Tatsachlich wurden Kurt Tucholskys Schriften bei der Bucherverbrennung am 10 Mai 1933 in Berlin der Flamme ubergeben Da Else Weil 1933 ihre kassenarztliche Zulassung verloren hatte bemuhte sie sich andere Arbeit zu finden und wurde in einer Nachlassverwaltung angestellt Dennoch zwang sie ihre finanzielle Lage zur Familie ihrer Grosscousine Hilde Hoffnung zu ziehen Else Weil unterstutzte dort den Geschaftsmann Ludwig Hoffnung als Stenotypistin und half der Familie bei der Erziehung des Sohnes Gerhard Nach dem Erlass der Vierten Verordnung zum Reichsburgergesetz vom 25 Juli 1938 wurde judischen Arzten mit Wirkung zum 30 September 1938 die Approbation entzogen Von den noch praktizierenden judischen Arzten erhielten wenige eine widerrufliche Genehmigung als Krankenbehandler ausschliesslich fur judische Patienten tatig zu sein Else Weil entschloss sich zur Emigration Uber die Niederlande gelangte sie nach Frankreich und betreute in Paris die Kinder der befreundeten Familie Oppenheimer Wahrend dieser Zeit traf sie Friedrich Epstein wieder einen Bekannten aus Berlin und verbrachte die Exilzeit von nun an mit ihm gemeinsam Im September 1939 wurden Else Weil und ihr Freund als Staatenlose von der franzosischen Regierung erstmals interniert jedoch nach kurzer Zeit wieder frei gelassen Nach dem Einmarsch der Deutschen im Mai 1940 flohen beide in die unbesetzte Zone Es folgten mehrere kurze Internierungen im Camp de Gurs Als die Nichte Friedrich Epsteins Annemarie Meier Graefe im Fruhjahr 1941 in die USA emigrierte uberliess sie ihrem Onkel und Else Weil ihr Haus La Banette in Saint Cyr sur Mer Wenige Monate spater standen beide in Salernes unter polizeilicher Aufsicht residence forcee Briefen zufolge planten sie ihre Heirat und Flucht in die Vereinigten Staaten Im Sommer 1942 wurde Else Weil als staatenlose Frau in Marseille in Les Milles und im Sammellager Drancy interniert Als Nr 49 ist ihr Name auf der Deportationsliste des 30 Transportes von Drancy in das KZ Auschwitz Birkenau aufgefuhrt Nach 72 Stunden Fahrt erreichte der Transport am 11 September 1942 das Vernichtungslager Else Weil starb entweder auf dem Transport oder in einer der Gaskammern Als Todesdatum wurde spater der 31 Dezember 1945 festgelegt Veroffentlichungen BearbeitenFriedmanns Tuberkulose Mittel in Die Weltbuhne vom 1 Januar 1920 S 28ff Kassenarzte in Die Weltbuhne vom 17 Juni 1920 S 724ff Rezeption BearbeitenElse Weil tritt als Figur der Claire erstmals in Tucholskys viel gelesener Erzahlung Rheinsberg Ein Bilderbuch fur Verliebte in Erscheinung Beschrieben wird ein heimlicher sommerlicher Wochenendausflug zweier junger Menschen im Alter von etwa zwanzig Jahren im Jahre 1911 in die markische Provinz Mit allen Konventionen brechend schaffen sich Wolfgang Kurt Tucholsky und die Medizinstudentin Claire ein Refugium privaten Glucks in der wilhelminischen Epoche Revolutionar fur diese Zeit betont der Autor auf bejahende unbefangene und daher umso deutlichere Weise den ungewohnlich hohen Bildungsstand und die berufliche Zielsetzung seiner Reisebegleiterin und lost sie damit aus dem gangigen Frauenbild jener Jahre heraus Claire verkorperte damals ein neues Frauenbild und trat als fortschrittliche und emanzipierte Personlichkeit auf Damit leistete sowohl die Biographie Else Weils als auch der Anklang den die Sommergeschichte Tucholskys national und international fand einen Beitrag zur Gleichstellung der Frau Den Namen Claire Pimbusch entlehnte Kurt Tucholsky dem Roman Im Schlaraffenland von Heinrich Mann Pimbusch war im Ubrigen der Spitzname Else Weils den ihr Tucholsky gab Unter dem Pseudonym Theobald Tiger erschien im Oktober 1919 der erste Gedichtband Tucholskys Ein Jahr vor ihrer Hochzeit widmete er ein Exemplar handschriftlich seiner Freundin Else Weil der blauen Blume Das gleichnamige Kapitel beinhaltet romantische und erotische Gedichte 1998 erschien im WDR ein Horfunkfeature aus der Feder des Leiters des Rheinsberger Kurt Tucholsky Literaturmuseums Peter Bothig mit dem Titel Und Claire war real Kurt Tucholskys unbekannte erste Ehefrau Dr med Else Weil Vom 13 November 2010 bis zum 13 Februar 2011 widmete das Kurt Tucholsky Literaturmuseum in Rheinsberg aus Anlass des 75 Todestages Tucholskys der Biographie Else Weils eine Ausstellung mit dem Titel Else Weil Fragmente eines deutsch judischen Lebensweges Am 27 August 2014 wurde fur Else Weil in Berlin Friedenau Bundesallee 79 ein Stolperstein verlegt Literatur BearbeitenSunhild Pflug Centrum Judaicum Hrsg Dr med Else Weil Auf den Spuren von Kurt Tucholskys Claire aus Rheinsberg Hentrich amp Hentrich Teetz Berlin 2008 ISBN 978 3 938485 69 9 Judische Miniaturen Band 67 Peter Bothig Alexandra Brach Else Weil Fragmente eines deutsch judischen Lebensweges Begleitheft zur gleichnamigen Ausstellung des Kurt Tucholsky Literaturmuseums Schloss Rheinsberg Rheinsberg 2010 DNB 1024360598 Lion Feuchtwanger Der Teufel in Frankreich Tagebuch 1940 Briefe Aufbau Taschenbuch Berlin 2008 ISBN 3 7466 5018 6 Varian Fry Auslieferung auf Verlangen Die Rettung deutscher Emigranten in Marseille 1940 41 Fischer Taschenbuch Frankfurt am Main 1995 ISBN 3 596 18376 6 Doris Obschernitzki Letzte Hoffnung Ausreise Die Ziegelei von Les Milles Aix en Provence 1939 1942 Vom Lager fur unerwunschte Auslander zum Deportationszentrum Hentrich amp Hentrich Teetz 1999 ISBN 3 933471 06 0 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Else Weil Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Kurt Tucholsky Literaturmuseum Schloss Rheinsberg Ausstellung Else Weil Fragmente eines deutsch judischen Lebensweges vom 13 November 2010 bis 13 Februar 2011 Kassenarzte Weltbuhne vom 17 Juni 1920 S 724ff abgedruckt im Preussischen Landboten vom 30 Juni 2010 museum digital brandenburg Foto von Else Weil im Kurt Tucholsky Literaturmuseum RheinsbergEinzelnachweise Bearbeiten Geburtsregister StA Berlin VI Nr 1383 1889 Die Weltbuhne vom 1 Januar 1920 S 28ff Die Weltbuhne vom 17 Juni 1920 S 724 ff Briefe an eine Katholikin Rowohlt 1970Normdaten Person GND 127729003 lobid OGND AKS LCCN no2008136873 VIAF 42867864 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Weil ElseKURZBESCHREIBUNG deutsche Arztin und Ehefrau von Kurt TucholskyGEBURTSDATUM 19 Juni 1889GEBURTSORT BerlinSTERBEDATUM 11 September 1942STERBEORT KZ Auschwitz Birkenau Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Else Weil amp oldid 235340533