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Die Eidgenossische Volksinitiative Proporzwahl des Nationalrates wurde am 13 Oktober 1918 in der Schweiz angenommen Sie verlangte eine Umstellung des Wahlsystems des Nationalrates vom Mehrheitswahlrecht Majorz zum Verhaltniswahlrecht Proporz Das mit dieser Volksinitiative eingefuhrte Wahlsystem wird bis in die Gegenwart angewendet Es war die dritte Volksinitiative die dies forderte die vorherigen Initiativen wurden 1900 und 1910 abgelehnt Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Ablauf und Inhalt 2 1 Abstimmungsergebnisse 2 1 1 Eidgenossische Volksabstimmung vom 4 November 1900 2 1 2 Eidgenossische Volksabstimmung vom 23 Oktober 1910 2 1 3 Eidgenossische Volksabstimmung vom 13 Oktober 1918 3 Umsetzung 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseVorgeschichte Bearbeiten nbsp Hagenbach Bischoff fur den schweizerischen WahlreformvereinBereits 1846 hatte Victor Considerant in Genf die Einfuhrung eines Verhaltniswahlrechtes vorgeschlagen gemass dem die Sitze im Parlament nach der Starke der Parteien zugeteilt worden waren Ihm folgten weitere Vordenker wie der Genfer Ernest Naville oder der Basler Eduard Hagenbach Bischoff welche sich mit Publikationen und in Vereinigungen fur das Proporzwahlsystem einsetzten Als erster Kanton fuhrte das Tessin 1891 die Proporzwahl ein Neuenburg folgte im selben Jahr und ein Jahr spater Genf Auf Bundesebene lehnte die freisinnige Mehrheit im Parlament alle Vorstosse fur eine Verhaltniswahl ab Die Proporzfreunde nutzten das 1891 eingefuhrte Instrument der Volksinitiative um ihr Anliegen zu propagieren 1900 und 1910 wurden entsprechende Volksinitiativen abgelehnt zuerst deutlich 1 dann nur noch knapp 2 Ablauf und Inhalt BearbeitenMit dieser Ausgangslage wurde bereits 1913 ein weiteres Volksbegehren lanciert Innert weniger Monate wurden die notigen Unterschriften von einem Bundnis von Sozialdemokraten und Katholisch Konservativen gesammelt am 13 August 1913 wurde die Initiative eingereicht Die Initiative im Wortlaut Art 73 der Bundesverfassung ist aufgehoben und wird durch folgenden Artikel ersetzt Die Wahlen in den Nationalrat sind direkte Sie finden nach dem Grundsatze der Proportionalitat statt wobei jeder Kanton und jeder Halbkanton einen Wahlkreis bildet Die Bundesgesetzgebung trifft uber die Ausfuhrung dieses Grundsatzes die naheren Bestimmungen 3 Der Bundesrat uberwies seine Stellungnahme Botschaft am 16 Marz 1914 an die Bundesversammlung Mit Verweis auf die Dringlichkeit des Ersten Weltkriegs verschob die Bundesversammlung die Behandlung der Initiative so dass diese erst im Oktober 1918 vor Volk und Stande Kantone kam nbsp Stimmzettel vom 13 Oktober 1918Inzwischen hatten Bauernpolitiker begonnen sich aus der freisinnigen Grossfamilie herauszulosen und sich fur den Proporz zu interessieren So erklarte der spatere Bundesrat Rudolf Minger 1917 Der Proporz ist zwar von anderer Seite auf den Schild gehoben worden Aber heute haben wir Bauern alles Interesse uns dieser Bewegung anzuschliessen Und dazu gibt es fur uns nur eine Losung die Grundung einer eigenen selbststandigen Bauernpartei 4 Abstimmungsergebnisse Bearbeiten Das Ergebnis der Volksabstimmung vom 13 Oktober 1918 uber die Volksinitiative war eindeutig 66 8 Prozent Ja 299 550 Stimmen und 33 2 Prozent Nein 149 035 bei den Standen stimmten 19 5 zu und 2 5 lehnten ab 5 Eidgenossische Volksabstimmung vom 4 November 1900 Bearbeiten Ja 9 3 2 Stande Nein 10 3 2 Stande Abstimmungsresultate pro Kanton 6 Kanton Ja Nein Beteiligung Aargau Kanton Aargau nbsp Aargau 28 0 72 0 82 8Appenzell Ausserrhoden Kanton Appenzell Ausserrhoden nbsp Appenzell Ausserrhoden 10 1 89 9 72 9Appenzell Innerrhoden Kanton Appenzell Innerrhoden nbsp Appenzell Innerrhoden 53 3 46 7 80 6Basel Landschaft Kanton Basel Landschaft nbsp Basel Landschaft 22 7 77 3 38 1Basel Stadt Kanton Basel Stadt nbsp Basel Stadt 44 4 55 6 53 0Bern Kanton Bern nbsp Bern 32 1 67 9 50 3Freiburg Kanton Freiburg nbsp Freiburg 77 3 22 7 56 8Genf Kanton Genf nbsp Genf 54 4 45 6 48 5Glarus Kanton Glarus nbsp Glarus 54 7 45 3 61 9Graubunden Kanton Graubunden nbsp Graubunden 39 2 60 8 66 2Luzern Kanton Luzern nbsp Luzern 50 6 49 4 50 6Neuenburg Kanton Neuenburg nbsp Neuenburg 48 7 51 3 47 1Nidwalden Kanton Nidwalden nbsp Nidwalden 60 1 39 9 42 4Obwalden Kanton Obwalden nbsp Obwalden 68 3 31 7 43 8Schaffhausen Kanton Schaffhausen nbsp Schaffhausen 21 2 78 8 82 7Schwyz Kanton Schwyz nbsp Schwyz 76 1 23 9 38 5Solothurn Kanton Solothurn nbsp Solothurn 43 4 56 6 60 9St Gallen Kanton St Gallen nbsp St Gallen 47 6 52 4 79 7Tessin Kanton Tessin nbsp Tessin 51 5 48 5 40 1Thurgau Kanton Thurgau nbsp Thurgau 27 6 72 4 68 3Uri Kanton Uri nbsp Uri 65 7 34 3 58 1Waadt Kanton Waadt nbsp Waadt 33 0 67 0 53 1Wallis Kanton Wallis nbsp Wallis 78 0 22 0 51 6Zug Kanton Zug nbsp Zug 54 0 46 0 52 9Zurich Kanton Zurich nbsp Zurich 31 8 68 2 68 7 nbsp UUU Schweizerische Eidgenossenschaft 40 9 59 1 58 8Eidgenossische Volksabstimmung vom 23 Oktober 1910 Bearbeiten Ja 10 4 2 Stande Nein 9 2 2 Stande Abstimmungsresultate pro Kanton 7 Kanton Ja Nein Beteiligung Aargau Kanton Aargau nbsp Aargau 44 3 55 7 87 1Appenzell Ausserrhoden Kanton Appenzell Ausserrhoden nbsp Appenzell Ausserrhoden 21 6 78 4 81 7Appenzell Innerrhoden Kanton Appenzell Innerrhoden nbsp Appenzell Innerrhoden 69 5 30 5 84 0Basel Landschaft Kanton Basel Landschaft nbsp Basel Landschaft 36 7 63 3 50 3Basel Stadt Kanton Basel Stadt nbsp Basel Stadt 56 6 43 4 53 6Bern Kanton Bern nbsp Bern 40 5 59 5 51 2Freiburg Kanton Freiburg nbsp Freiburg 25 1 74 9 49 6Genf Kanton Genf nbsp Genf 65 7 34 3 33 1Glarus Kanton Glarus nbsp Glarus 40 6 59 4 69 0Graubunden Kanton Graubunden nbsp Graubunden 46 9 53 1 68 0Luzern Kanton Luzern nbsp Luzern 56 7 43 3 57 9Neuenburg Kanton Neuenburg nbsp Neuenburg 61 3 38 7 44 6Nidwalden Kanton Nidwalden nbsp Nidwalden 65 8 34 2 50 5Obwalden Kanton Obwalden nbsp Obwalden 72 5 27 5 46 1Schaffhausen Kanton Schaffhausen nbsp Schaffhausen 33 2 66 8 81 5Schwyz Kanton Schwyz nbsp Schwyz 67 1 32 9 48 3Solothurn Kanton Solothurn nbsp Solothurn 67 1 45 3 77 6St Gallen Kanton St Gallen nbsp St Gallen 51 9 48 1 89 7Tessin Kanton Tessin nbsp Tessin 65 8 34 2 37 4Thurgau Kanton Thurgau nbsp Thurgau 38 0 62 0 85 9Uri Kanton Uri nbsp Uri 76 8 23 2 62 4Waadt Kanton Waadt nbsp Waadt 36 2 63 8 46 4Wallis Kanton Wallis nbsp Wallis 60 9 39 1 45 4Zug Kanton Zug nbsp Zug 68 4 31 6 56 0Zurich Kanton Zurich nbsp Zurich 49 3 50 7 78 4 nbsp UUU Schweizerische Eidgenossenschaft 47 5 52 5 62 4Eidgenossische Volksabstimmung vom 13 Oktober 1918 Bearbeiten Ja 17 5 2 Stande Nein 2 1 2 Stande Abstimmungsresultate pro Kanton 8 Kanton Ja Nein Beteiligung Aargau Kanton Aargau nbsp Aargau 53 8 46 2 82 1Appenzell Ausserrhoden Kanton Appenzell Ausserrhoden nbsp Appenzell Ausserrhoden 35 4 64 6 65 7Appenzell Innerrhoden Kanton Appenzell Innerrhoden nbsp Appenzell Innerrhoden 77 0 23 0 73 3Basel Landschaft Kanton Basel Landschaft nbsp Basel Landschaft 73 9 26 1 36 6Basel Stadt Kanton Basel Stadt nbsp Basel Stadt 84 8 15 2 43 1Bern Kanton Bern nbsp Bern 75 9 24 1 38 6Freiburg Kanton Freiburg nbsp Freiburg 73 4 26 6 36 4Genf Kanton Genf nbsp Genf 80 6 19 4 24 3Glarus Kanton Glarus nbsp Glarus 60 7 39 3 53 9Graubunden Kanton Graubunden nbsp Graubunden 51 2 48 8 61 6Luzern Kanton Luzern nbsp Luzern 75 6 24 4 41 2Neuenburg Kanton Neuenburg nbsp Neuenburg 93 2 6 8 33 9Nidwalden Kanton Nidwalden nbsp Nidwalden 80 8 19 2 31 8Obwalden Kanton Obwalden nbsp Obwalden 81 8 18 2 34 4Schaffhausen Kanton Schaffhausen nbsp Schaffhausen 56 5 43 5 76 4Schwyz Kanton Schwyz nbsp Schwyz 82 3 17 7 32 3Solothurn Kanton Solothurn nbsp Solothurn 75 4 24 6 52 0St Gallen Kanton St Gallen nbsp St Gallen 62 4 37 6 75 1Tessin Kanton Tessin nbsp Tessin 82 6 17 4 22 4Thurgau Kanton Thurgau nbsp Thurgau 44 7 55 3 80 2Uri Kanton Uri nbsp Uri 87 3 12 7 44 1Waadt Kanton Waadt nbsp Waadt 49 3 50 7 35 9Wallis Kanton Wallis nbsp Wallis 88 5 11 5 35 0Zug Kanton Zug nbsp Zug 79 2 20 8 34 2Zurich Kanton Zurich nbsp Zurich 68 9 31 1 65 1 nbsp UUU Schweizerische Eidgenossenschaft 66 8 33 2 49 5Umsetzung BearbeitenIm Aufruf zum schweizerischen Landesstreik wurde von linker Seite auf diesen Entscheid Bezug genommen Demokratie und Volk haben in der denkwurdigen Abstimmung vom 13 Oktober den gegenwartigen verantwortlichen Behorden des Landes das Vertrauen entzogen 9 In den Forderungen wurden sofortige Neuwahlen des Nationalrates auf Grundlage des Proporzes verlangt Auch wenn der Landesstreik am 14 November abgebrochen wurde legte der Bundesrat bereits am 26 November 1918 seinen Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Volksinitiative vor 10 Die Bundesversammlung begann mit den Beratungen noch im Dezember 1918 11 und verabschiedete das Proporzgesetz am 14 Februar 1919 12 13 Am 26 Oktober 1919 fanden schliesslich die ersten Nationalratswahlen nach Proporz statt Schweizer Parlamentswahlen 1919 mit einer nie mehr erreichten Wahlbeteiligung von achtzig Prozent Der Freisinn verlor dabei seine bisherige absolute Mehrheit Sozialdemokraten und Bauernpartei spatere SVP gewannen viele Sitze die Katholisch Konservativen stagnierten Literatur BearbeitenPeter Szekendy 100 Jahre nach der Einfuhrung des Proporzwahlrechts Blick auf funf lange Jahrzehnte als dynamischer Prozess in Parlament Heft 3 2018 S 48 62 PDF Handbuch der eidgenossischen Volksabstimmungen 1848 bis 2007 Hrsg von Wolf Linder und anderen Bern 2010 ISBN 978 3 258 07564 8 Alfred Kolz Neuere schweizerische Verfassungsgeschichte ihre Grundlinien in Bund und Kantonen seit 1848 Bern 2004 ISBN 3 7272 9455 8 S 698 733 Rudolf Natsch Die Einfuhrung des Proporzwahlrechts fur die Wahl des Schweizerischen Nationalrats 1900 1919 in Democratie referendaire en Suisse au 20e siecle Tome I Analyse de cas Fribourg 1972 p 119 182 Jean Francois Aubert Die Schweizerische Bundesversammlung von 1848 1998 Basel 1998 S 83 104 Peter Gilg Wahlsysteme In Historisches Lexikon der Schweiz Weblinks BearbeitenVolksabstimmung vom 13 Oktober 1918 Schweizerische Bundeskanzlei Proporzwahl Wie die Schweiz ihr Wahlsystem umgebaut hat In Zeitblende von Schweizer Radio und Fernsehen vom 6 Oktober 2018 Lukas Leuzinger Abschied vom freisinnigen Allmachtsanspruch in NZZ 8 Oktober 2018 Lukas Leuzinger Ein utopischer Sozialist ein konservativer Philosoph und ein liberaler Mathematiker Die Vater des Proporzes in der Schweiz 13 September 2018 Fritz Studer Erinnerungen an die Kampfe fur die Einfuhrung des proportionalen Wahlverfahrens in Rote Revue Band 23 1943 1944 Heft 3 S 81 89 doi 10 5169 seals 334944 PDF Einzelnachweise Bearbeiten Bundeskanzlei BK Volksabstimmung vom 4 November 1900 admin ch abgerufen am 8 Oktober 2018 Bundeskanzlei BK Volksabstimmung vom 23 Oktober 1910 admin ch abgerufen am 8 Oktober 2018 Initiativtext gemass Bundeskanzlei Konrad Stamm Minger Bauer Bundesrat Die aussergewohnliche Karriere des Rudolf Minger aus Mulchi im Limpachtal NZZ Libro Zurich 2017 ISBN 978 3 03810 284 7 S 65 Bundeskanzlei BK Volksabstimmung vom 13 Oktober 1918 admin ch abgerufen am 8 Oktober 2018 Bundeskanzlei BK Vorlage Nr 57 Resultate in den Kantonen Abgerufen am 28 Juni 2020 Bundeskanzlei BK Vorlage Nr 70 Resultate in den Kantonen Abgerufen am 28 Juni 2020 Bundeskanzlei BK Vorlage Nr 77 Resultate in den Kantonen Abgerufen am 28 Juni 2020 Oltener Aktionskomitee Flugblatt des Streikkomitees zur Verhangung des allgemeinen Landesstreiks November 1918 abgerufen am 8 Oktober 2018 Botschaft des Bundesrates vom 26 November 1918 PDF Amtliches Stenografische Protokoll zu den Verhandlungen des Proporzgesetzes PDF Proporzgesetz vom 14 Februar 1919 PDF Bundesgesetz betreffend die Wahl des Nationalrates vom 14 Februar 1919 PDF Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Eidgenossische Volksinitiative fur die Proporzwahl des Nationalrates amp oldid 231234654