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Als Klasse gilt in der Mathematik Klassenlogik und Mengenlehre eine Zusammenfassung beliebiger Objekte definiert durch eine logische Eigenschaft die alle Objekte der Klasse erfullen Vom Klassenbegriff ist der Mengenbegriff zu unterscheiden Nicht alle Klassen sind automatisch auch Mengen weil Mengen zusatzliche Bedingungen erfullen mussen Mengen sind aber stets Klassen und werden daher auch in der Praxis in Klassenschreibweise notiert Inhaltsverzeichnis 1 Zur Geschichte 2 Definitionen 3 Echte Klassen 4 Virtuelle Klassen 5 Klassenterme 6 Literatur 7 Einzelnachweise und ErlauterungenZur Geschichte BearbeitenIn der Mathematik des 19 Jahrhunderts wurden die Begriffe Klasse und Menge weitgehend synonym verwendet und waren ungenugend festgelegt so dass widerspruchliche Interpretationen moglich waren Im 20 Jahrhundert wurden sie im Zuge der Axiomatisierung der Mengenlehre getrennt und nach und nach prazisiert Der Begriff Klasse wird seither oft umfassender als der Begriff Menge verwendet Klassen unterliegen keinen Einschrankungen in ihrer Bildung oder Definition Sie durfen aber oft nur eingeschrankt verwendet werden damit nicht die Widerspruche der naiven Mengenlehre entstehen Zum Beispiel darf nicht jede Klasse Element von Mengen sein Nur ein unsachgemasser Umgang mit Klassen ist daher problematisch und erzeugt Widerspruche Definitionen BearbeitenIst A x displaystyle A x nbsp eine beliebige logisch korrekt gebildete Aussage mit der Variablen x displaystyle x nbsp so wird die Gesamtheit aller Objekte x displaystyle x nbsp die die Aussage A x displaystyle A x nbsp erfullen als eine Klasse bezeichnet und als x A x displaystyle x mid A x nbsp oder x A x displaystyle x A x nbsp notiert Ferner gilt die Definition y A y x A x displaystyle y mid A y x mid A x nbsp fur Variablen y displaystyle y nbsp die in der Aussage A x displaystyle A x nbsp nicht vorkommen x displaystyle x nbsp und y displaystyle y nbsp sind hier gebundene Variablen Klassen in dieser Darstellung und Schreibweise werden in der Mathematik Praxis heute uberall verwendet unabhangig davon welche axiomatische Grundlage vorausgesetzt wird Fur ihre Anwendung ist es also nicht entscheidend ob die Zermelo Fraenkel Mengenlehre ZF oder die Neumann Bernays Godel Mengenlehre NBG oder ein anderes Axiomensystem zugrunde gelegt wird In ZF und NBG sind aber Klassen x A x displaystyle x mid A x nbsp keine offiziellen Terme sondern werden nur zur praktischen Darstellung benutzt dort liegt also genau genommen eine inoffizielle Klassenschreibweise vor die nicht streng zur formalen Sprache gehort Erst durch zusatzliche Axiomenschemata werden sie in die logische Sprache korrekt einbezogen in ZF durch folgende drei Prinzipien 1 1 Das Abstraktionsprinzip erfasst die in der Definition genannte Klasseneigenschaft y y x A x A y displaystyle forall y colon y in x mid A x iff A y nbsp dd 2 Das Extensionalitatsprinzip beschreibt die Gleichheit von Klassen durch Ubereinstimmung ihrer Elemente A B x x A x B displaystyle A B iff forall x colon x in A iff x in B nbsp dd N B Dieses Extensionalitatsprinzip hat freie Variablen fur Klassen Grossbuchstaben 2 Es impliziert das quantifizierte Extensionalitatsaxiom fur Mengen in ZF 3 Das Komprehensionsprinzip legt die Existenz einer Klasse als Element fest x A x B y y x A x y B displaystyle x mid A x in B iff exists y colon y x mid A x land y in B nbsp dd Mit diesen drei Prinzipien konnen umstandliche Formeln der pradikatenlogischen ZF Sprache in bequeme und verstandlichere Formeln mit Klassen ubersetzt werden Sie konnen als Zusatzaxiome fur sogenannte virtuelle Klassen s u aufgefasst werden Sie gelten auch bei der Verwendung von Klassentermen s u im Rahmen einer Klassenlogik dort besagt aber ein Klassenterm gar nichts uber die Existenz einer Klasse Die Klassenlogik ist daher nur ein syntaktisch reichhaltiger logischer Rahmen der eine bequemere optimierte Darstellung erlaubt und es gestattet beliebige Klassen ohne die Gefahr eines Widerspruchs in jeden Kontext einzusetzen Klassenvariablen sind hier freie Variablen in gebundene Variablen konnen dagegen nur Elemente eingesetzt werden speziell auch alle Mengen die das Kriterium im Komprehensionsprinzip erfullen mussen Klassen konnen mit denselben Operatoren wie Mengen verknupft werden namlich mit den Operatoren eines booleschen Verbands displaystyle cap nbsp und displaystyle cup nbsp und mit dem Elementpradikat displaystyle in nbsp 3 Genauso sind auf Klassen auch die in der Mengenlehre ublichen Definitionen ubertragbar etwa das Teilpradikat displaystyle subseteq nbsp die Potenz P A displaystyle mathcal P A nbsp die Vereinigung A displaystyle bigcup A nbsp den Durchschnitt A displaystyle bigcap A nbsp das kartesische Produkt A B displaystyle A times B nbsp oder geordnete Paare A B displaystyle A B nbsp 4 Es gelten dann auch alle grundlegenden Satze manche speziellen Satze der Mengenlehre die gewisse Mengenbildungen existente Klassen voraussetzen gelten aber nicht weil Mengen in verschiedenen Mengenlehren unterschiedlich definiert sind Es gilt aber immer dass jede Menge eine Klasse ist Die Umkehrung gilt jedoch nicht weil wegen der Widerspruche der naiven Mengenlehre nicht alle Klassen auch Mengen sind Echte Klassen BearbeitenKlassen die keine Mengen sind heissen ublicherweise echte oder eigentliche 5 Klassen Das heisst echte Klassen erfullen gewisse Axiome der Mengenlehre nicht wobei meist die Axiome der Zermelo Fraenkel Mengenlehre ZF gemeint sind aber prinzipiell auch andere axiomatische Mengenlehren in Frage kommen Zu den echten Klassen gehoren insbesondere alle Klassen die kein Element einer anderen Klasse oder Menge sein konnen da zur Menge x displaystyle x nbsp immer die Menge x displaystyle x nbsp gebildet werden kann Beispiele fur echte Klassen Die Klasse aller Objekte die sogenannte Allklasse x x x displaystyle x mid x x nbsp In der Mengenlehre ist dies die Klasse aller Mengen Die Klasse aller Mengen die sich nicht selbst als Element enthalten die sogenannte Russellsche Klasse x x x displaystyle x mid x notin x nbsp In der Zermelo Fraenkel Mengenlehre ZF ist diese gleich der Allklasse Die Klasse aller einelementigen Mengen Die Klasse aller Ordinalzahlen Die Klasse aller Kardinalzahlen Die Klasse aller Objekte einer bestimmten Kategorie ist oft eine echte Klasse zum Beispiel die Klasse aller Gruppen oder die Klasse aller Vektorraume uber einem Korper Aus dem Beispiel der Klasse aller einelementigen Mengen folgt dass bereits die Klasse aller trivialen Gruppen eine echte Klasse ist Aber da auch zu jeder Kardinalzahl eine Gruppe dieser Ordnung bzw ein Vektorraum dieser Dimension existiert gibt es auch keine aquivalente Unterkategorie deren Objekte eine Menge bilden Dagegen ist die volle Unterkategorie der Vektorraume K n displaystyle K n nbsp fur naturliche n displaystyle n nbsp aquivalent zur Kategorie aller endlichdimensionalen Vektorraume Die Klasse der surrealen Zahlen Diese hat alle Eigenschaften eines Korpers ausser der Eigenschaft eine Menge zu sein Quine Individuen mit x x displaystyle x x nbsp 6 Sie verletzen in der Mengenlehre das Fundierungsaxiom Informell kann man sagen dass eine Klasse echt ist wenn sie zu gross ist um eine Menge zu sein daher spricht man auch inoffiziell von Unmengen in Anspielung auf die umgangssprachliche Bedeutung einer unuberschaubaren Menge So ist etwa die Klasse aller ganzen Zahlen eine Menge zwar unendlich gross aber doch handhabbar die Klasse aller Gruppen hingegen sowie die Klasse aller Mengen sind zu gross und daher echte Klassen Die Umkehrung dass echte Klassen immer zu grosse Klassen sind gilt nicht unbedingt denn es gibt in gewissen Mengenlehren auch kleine echte Klassen wie das letzte Beispiel belegt Echte Klassen unterliegen nicht den Mengenaxiomen Zum Beispiel verletzt die Potenz der Allklasse Cantors zweites Diagonalargument fur Potenzmengen diese Cantorsche Antinomie nutzte Cantor zum indirekten Beweis dafur dass die Allklasse keine Menge sondern eine echte Klasse ist Auch andere Paradoxa der naiven Mengenlehre beweisen indirekt dass eine bestimmte Klasse echt ist So wird das Burali Forti Paradoxon ein Beweis fur die Echtheit der Klasse aller Ordinalzahlen und die Russellsche Antinomie ein Beweis fur die Echtheit der Russellschen Klasse Virtuelle Klassen BearbeitenVirtuelle Klassen wurden von Quine eingefuhrt als Klassenformeln x A x displaystyle x mid A x nbsp die keine selbstandigen Terme sind sondern Teilformeln in festgelegten logischen Kontexten 7 Diese Technik wandte er an weil die ZF Mengenlehre standardmassig auf einer Pradikatenlogik mit Elementpradikat aufgebaut wird und streng genommen keine Klassenterme der Form x A x displaystyle x mid A x nbsp hat diese sind dort nicht korrekt definierbar weil als Formeln nur pradikatenlogische Aussagen zur Verfugung stehen Drei festgelegte Kontexte fur virtuelle Klassen sind die oben genannten Prinzipien 1 2 3 Sie erweitern die ZF Mengensprache so dass alle Mengen als Klassen notiert werden konnen man kann aber auch alle echten Klassen virtuell notieren auch wenn sie in ZF keine existenten Objekte sind Klassenterme BearbeitenWahlt man statt einer Pradikatenlogik eine Klassenlogik als Basis dann wird jede beliebige Klasse x A x displaystyle x mid A x nbsp zum korrekten vollwertigen Term Dies ist beispielsweise in der Oberschelp Mengenlehre moglich die eine Weiterentwicklung der Quine Mengenlehre zu einer ZFC Klassenlogik ist Diese Basis kann man genauso auch fur NBG wahlen Erst solche klassenlogischen Versionen der Mengenlehre bieten den optimalen Komfort fur eine prazise Mengensprache die der mathematischen Praxis in jeder Hinsicht gerecht wird Auch hier gelten die oben genannten Prinzipien 1 2 3 insbesondere das quantifizierte Abstraktionsprinzip 1 Es gilt aber nicht das naive allgemeinere und unquantifizierte Abstraktionsprinzip y x A x A y displaystyle y in x mid A x iff A y nbsp von Frege 8 da es wegen der freien Variablen y displaystyle y nbsp widerspruchlich ist und durch Einsetzen der Russellschen Klasse die Russellsche Antinomie erzeugt Literatur BearbeitenArnold Oberschelp Allgemeine Mengenlehre BI Wissenschafts Verlag Mannheim u a 1994 ISBN 3 411 17271 1 Willard Van Orman Quine Mengenlehre und ihre Logik Logik und Grundlagen der Mathematik Bd 10 Vieweg Braunschweig 1973 ISBN 3 528 08294 1 Einzelnachweise und Erlauterungen Bearbeiten Arnold Oberschelp S 262 41 7 Ein gleichwertiges Extensionalitatsaxiom mit freien Variablen fur beliebige Klassen hat auch die Ackermann Mengenlehre Arnold Oberschelp S 38 41 Arnold Oberschelp S 230 Willard van Orman Quine Mengenlehre und ihre Logik Springer Verlag 2013 ISBN 978 3 322 85943 3 S 3 google de abgerufen am 6 Juni 2023 Willard Van Orman Quine S 24 Willard Van Orman Quine S 12 Gottlob Frege Grundgesetze der Arithmetik Begriffsschriftlich abgeleitet Band 1 Pohle Jena 1893 S 52 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Klasse Mengenlehre amp oldid 234373598 Echte Klassen