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Die seltsame Reise des Alois Fingerlein ist ein Theaterstuck von Rainer Kerndl welches vom Gutseinwollen eines einzelnen Menschen in einer schlimmen barbarischen Zeit von seinen anstandigen Taten und seinen tragischen Irrtumern erzahlt Es wurde 1967 am Ost Berliner Maxim Gorki Theater uraufgefuhrt und 1969 am Theater Karl Marx Stadt vom Deutschen Fernsehfunk aufgezeichnet jedoch erst 1977 im Fernsehen der DDR ausgestrahlt BuhnenwerkOriginaltitel Die seltsame Reise des Alois FingerleinAutor Rainer KerndlUrauffuhrung 13 Oktober 1967Ort BerlinTheater Maxim Gorki TheaterGattung TragikomodieOriginalsprache DeutschRegisseur Wolfram Krempel Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 1 1 Dorf bei Lublin Sommer 1942 1 2 Dorf bei Plock 1 3 Abend des gleichen Tages im Partisanenwald 1 4 Schlosspark bei Plock Herbst 1942 1 5 Zu Beginn des Aufstandes im Warschauer Ghetto April 1943 1 6 Nach der Liquidierung des Warschauer Ghettos Mai 1943 1 7 Am ersten Tag des Warschauer Aufstandes 1 August 1944 1 8 Vor einem Hof in der Hohen Tatra Winter 1945 Die Faschisten sind vertrieben 1 9 Berghutte in der Hohen Tatra Fruhjahr 1945 1 10 Britisches Mandatsgebiet Palastina Ende 1945 1 11 Britisches Kriegsgefangenenlager in der agyptischen Wuste Herbst 1946 1 12 Ein Dorf im Oderbruch 1947 2 Auffuhrungen 3 Fernsehaufzeichnung 4 Kritik 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseInhalt BearbeitenDorf bei Lublin Sommer 1942 Bearbeiten Alois Fingerlein packt in Gegenwart seiner Grossmutter seine Sachen fur den von der Wehrmacht angeordneten Umzug in ein anderes Dorf Wo sie jetzt wohnen leben sie mit Polen zusammen und das ist den Deutschen nicht mehr gestattet Doch die Grossmutter will nicht umgesiedelt werden da sie seit 83 Jahren mit den Polen zusammenlebt und hat sich bereits ein Versteck im Hause eingerichtet Zum Abschied sagt sie noch ihrem Enkel dass er zwar nicht zum Klugsein tauge also muss er es mit dem Gutsein versuchen Doch bei den Vorbereitungen die Oma unter dem Dach zu verstecken werden sie von den Soldaten erwischt und mussen sich gemeinsam auf den Transport begeben Dorf bei Plock Bearbeiten In dem anderen Dorf angekommen zeigt ihnen der Ortsbauernfuhrer Goldacker ihr neues Zuhause Nur mussen noch die bisherigen polnischen Besitzer Herr und Frau Kochanski das Haus verlassen weil die Polen kein Land mehr besitzen durfen wo die Deutschen jetzt zu Hause sind Damit sie nicht fluchten bekommt Alois die Pistole des Ortsbauernfuhrers um sie zu bewachen Alois bietet ihnen aber an zu bleiben und mit ihm und seiner Grossmutter gemeinsam den Hof zu bewirtschaften Als sie dann aber in den nahen Wald fluchten wollen verlangt Goldacker dass Alois den Polen erschiessen soll Als er das nicht befolgt wirft Goldacker ihm Hochverrat und Feindbegunstigung vor weshalb Alois im Zuchthaus enden wird Alois bleibt nichts anderes ubrig als den beiden zu folgen wahrend seine Grossmutter verhaftet wird da sich Alois weigerte Kochanski zu erschiessen Abend des gleichen Tages im Partisanenwald Bearbeiten Alois befindet sich am Waldrand und ruft nach Herrn Kochanski der plotzlich in Uniform und in Begleitung eines zweiten Partisanen erscheint Nach langerer Diskussion nehmen sie ihn mit in das Lager wo der vorgesetzte Leutnant entscheiden soll was mit ihm geschieht Schlosspark bei Plock Herbst 1942 Bearbeiten Mitten im Kampflarm sitzt Alois auf seinem Beobachtungsposten dem Grabmal des Vaters seines Vorgesetzten Leutnant Graf Skorniecki wahrend der sich sein verwundetes Bein verbindet Da kommt der Kurier Lubowski mit der Botschaft des Majors dass die Partisaneneinheit von der Wehrmacht eingeschlossen ist und nun jeder fur sich versuchen soll aus dem Kessel zu fliehen Ausserdem klagt der Kurier den Alois Fingerlein an die Kampfenden an die Deutschen verraten zu haben was aber Kochanski ausschliesst da er keine Moglichkeit dazu hatte denn er war standig mit ihm zusammen Wahrend der Vernehmung durch den Leutnant sagt Alois dass er kein Deutscher mehr sein will und jetzt ein Pole ist Das uberzeugt den Vorgesetzten und er ubergibt ihm ein Kappi der Armia Krajowa und den polnischen Namen Taschek was diesen sehr glucklich macht Taschek will den verletzten Leutnant nicht allein zurucklassen und tragt ihn aus der Gefahrenzone Zu Beginn des Aufstandes im Warschauer Ghetto April 1943 Bearbeiten Alois und der Leutnant sind inzwischen in Warschau und wollen fur die Aufstandischen im judischen Wohnviertel Waffen liefern weshalb sie auf den Juden David einem Freund von Alois warten Als dieser verwundet kommt und berichtet dass die Deutschen immer weiter in das Ghetto eindringen verschwindet der Leutnant sofort wieder durch die Kanalisation denn er sieht nicht ein dass er fur die Juden sein Leben opfern soll Doch Alois bleibt bei seinem Freund und rettet ihm das Leben Nach der Liquidierung des Warschauer Ghettos Mai 1943 Bearbeiten Nach der Zerschlagung des Aufstandes will Alois seine judischen Mitkampfer uberreden aus dem Ghetto zu fluchten statt zu sterben was nicht allen gefallt da sie von den nichtjudischen Warschauern keine Unterstutzung erwarten Erst die Erklarung Rachelas die Alois hier kennenlernte die ihm versichert ihn zu lieben und weiter mit ihm leben will uberzeugt auch die anderen Freunde den Ausbruch zu wagen Am ersten Tag des Warschauer Aufstandes 1 August 1944 Bearbeiten Die Gruppe findet ein Versteck im Keller einer Warschauer Kirche und uberlebt dort bereits mit Hilfe des Paters Tadeus seit mehreren Monaten Doch plotzlich bekommen sie Besuch von den Aufstandischen die erfahren haben dass sich in der Kirche Leute verstecken Der neu ernannte Kommandeur des Strassenabschnitts Leutnant Skorniecki ist gekommen die Versteckten mitzunehmen da die polnische Armee den Untergrund verlassen wird vorher jedoch noch einige Abschnitte den Deutschen uberlassen muss aber fur den Kampf jeden Mann braucht Doch Alois erkennt dass der Kampf der Armia Krajowa nicht sein Kampf ist was die judische Mitglieder aber anders sehen obwohl ihnen die Schuld an der Besetzung Polens durch die Deutschen gegeben wird Alois bleibt weiter in seinem Versteck wahrend sein geliebtes Madchen Rachela erschossen wird Vor einem Hof in der Hohen Tatra Winter 1945 Die Faschisten sind vertrieben Bearbeiten Das polnische Volk feiert den Sieg uber die deutschen Faschisten doch Alois macht sich schwere Vorwurfe dass er Rachela nicht zuruckgehalten hat als sie in Warschau aus der Kirche ging Berghutte in der Hohen Tatra Fruhjahr 1945 Bearbeiten Alois David und Szalom haben sich wiedergefunden als eines Tages Szalom mit dem Leutnant Skorniecki als Gefangenen in der Berghutte eintrifft Alois uberredet diesen im Dorf unter der kommunistische Verwaltung neu anzufangen und ubergibt ihn dem Burgermeister Dafur verweigert Skorniecki bei der Verabschiedung Alois den Handedruck Der will selbst auch in dem Dorf bleiben und leben wahrend seine Freunde nach Palastina auswandern wollen Doch der Burgermeister sagt ihm dass das nicht geht da alle Deutschen nach dem Gesetz das Land verlassen mussen Doch er will nicht nach Deutschland da von dort alles Bose der letzten Jahre ausgegangen ist weshalb er sich entschliesst mit seinen Freunden mitzugehen denn auch dort werden Bauern gebraucht Britisches Mandatsgebiet Palastina Ende 1945 Bearbeiten In Palastina angekommen wird die Gruppe zwar von den Englandern entdeckt aber nicht sofort deportiert Bei einer darauffolgenden Auseinandersetzung mit den Arabern wird Alois Freund David von den Kugeln der eigenen Leute getotet und er selbst gefangen genommen Britisches Kriegsgefangenenlager in der agyptischen Wuste Herbst 1946 Bearbeiten Da Alois Fingerlein Deutscher ist wird er in einem englischen Kriegsgefangenenlager fur Deutsche in Agypten interniert Dort hat er das ganze Lager im Griff denn er wurde ja nicht als Soldat verhaftet und ist standig betrunken obwohl es offiziell keinen Alkohol gibt Da das Lager aufgelost werden soll mussen die deutschen Schreiber in der Verwaltung aushandeln in welche der deutschen Zonen er entlassen werden soll Der Vertreter der Westzone erklart sich bereit ihn zu ubernehmen Der Vertreter fur die Ostzone Drescher erkennt dass der andere Fingerlein nur haben will um ihn dann fur die britische Industriepolizei zu rekrutieren und versucht ihn zu uberzeugen sich fur sein Dorf zu entscheiden was ihm aber nicht gelingt Ein Dorf im Oderbruch 1947 Bearbeiten Alois hat es im Westen als Industriepolizist nicht gefallen weshalb er zu Drescher in den Osten gezogen ist der hier als Burgermeister das Dorf Grossblumenau verwaltet Hier wohnt er etwas ausserhalb in einem Bauwagen und versucht ein Stuck Land an der Oder urbar zu machen Hierbei beobachtet ihn schon seit langerer Zeit die Tochter des Burgermeisters die Tomaten Karla genannt wird und sich in ihn verliebt hat Das aber gefallt ihrem Vater nicht da Alois ein Eigenbrotler und Rumtreiber ist der seinen Acker dort anlegen will wo er will der nicht ins Dorf zieht und von dem keiner weiss wie lange er noch bleiben wird Doch Drescher sucht das Gesprach mit ihm da die bewirtschaftete Senke als Auffangbecken fur das zu viel auftretende Wasser der anderen Felder gebraucht wird Doch Alois will das begonnene Werk nicht verlassen bis er ein langeres Gesprach mit Tomaten Karla fuhrt in dem beide sich bewusst werden dass sie zusammen gehoren Deshalb beschliesst er mit ins Dorf zu ziehen und bekommt die Bodenkammer des Burgermeisters als Unterkunft bis er sich selbst ein Haus fur sich und Karla bauen kann Nach vielen Jahren hat Alois Fingerlein endlich ein Zuhause gefunden Auffuhrungen BearbeitenDie Urauffuhrung bei der Wolfram Krempel Regie fuhrte erfolgte anlasslich der Berliner Festtage am 13 Oktober 1967 im Berliner Maxim Gorki Theater 1 Eine weitere Inszenierung am Theater Karl Marx Stadt wurde als Beitrag fur die im Juni 1969 im Bezirk Karl Marx Stadt stattfindenden 11 Arbeiterfestspiele der DDR ebenfalls von Wolfram Krempel bearbeitet 2 Fur beide Auffuhrungen stammte das Buhnenbild von Ralf Winkler die Kostume hatte Annemarie Rost entworfen und die Musik wurde von Gunter Hauk komponiert In der folgenden Tabelle sind die beteiligten Schauspieler der beiden erwahnten Auffuhrungen aufgefuhrt Rolle Darsteller Urauffuhrung Darsteller Karl Marx Stadt 1969 Alois Fingerlein Klaus Manchen Christian GrashofNatalie Fingerlein Grossmutter Lotte Loebinger Steffie SpiraGoldacker Ortsbauernfuhrer Gerd Ehlers Ernst ZillmannKochanski Polnischer Bauer Eckhard MullerGraf Skorniecki Leutnant Albert Hetterle Eugen P HerdenDavid Jude Dieter Wien Manfred KranichSzalom Jude Hermann Beyer Lutz GuntherRachela Judin Renate Reinecke Margot BusseDrescher Schreiber Burgermeister Jochen Thomas Wolfgang SorgelWohrmann Schreiber Christoph Engel Horst JunghanelBritischer Leutnant Otfried Knorr Michael GwisdekTomaten Karla Dreschers Tochter Katja Paryla Sigrid SkoetzFernsehaufzeichnung BearbeitenAm 1 Juni 1969 sollte die Karl Marx Stadter Auffuhrung noch vor der offiziellen Premiere vom Deutschen Fernsehfunk ausgestrahlt werden 3 jedoch wurde die Sendung kurz zuvor ohne Erlauterungen aus dem Programm genommen und erst am 12 November 1977 im 2 Programm des Fernsehens der DDR in Schwarzweiss gesendet Die Fernsehregie fuhrte Margot Thyret der erste Kameramann war Wolfgang Ahrens und fur die Dramaturgie war Norbert Leverenz verantwortlich Kritik BearbeitenIm Neuen Deutschland schrieb Elvira Mollenschott zur Urauffuhrung Ein grosses ein bewegendes philosophisches Thema ist hier gestaltet die Sehnsucht des Menschen gut zu sein und die Erkenntnis dass gut sein an sich nicht moglich dass es immer abhangig davon ist wie der Mensch in bestimmten historischen Situationen handelt und mit welchen gesellschaftlichen Kraften er verbunden ist 4 Helmut Ullrich findet in der Neuen Zeit folgende Worte uber das Stuck Kerndl entwirft einen Helden der gleichsam ein sakularisierter Parzifal ist der etwas von einem tumben Toren an sich hat von einem naiven Sucher nach seinem Heil nach dem Gral des Gutseins der auch in einigem jenen starken Bauernburschen der Marchen gleicht die In die Welt hinausziehen oder in sie hineinvertrieben werden und dort In allerlei erkenntnistrachtige Abenteuer wider Willen geraten 5 Auch die westdeutsche Wochenzeitung Die Zeit berichtete von der Urauffuhrung in Ost Berlin Georges Raymond nannte das Stuck ein Musterbeispiel unpathetischen fast antidogmatischen Theaters naturlich von Brecht beeinflusst aber dennoch unbrechtisch ein Stuck prall voll der Probleme mit der eine ganze Generation junger Deutscher jeder auf seine Art sich konfrontiert sah ein symboltrachtiges Stuck zum Nachdenken nicht nur anregend sondern zwingend 6 Weblinks BearbeitenDie seltsame Reise des Alois Fingerlein beim Henschel Theaterverlag mit Leseprobe PDF 310 kB Die seltsame Reise des Alois Fingerlein in der Internet Movie Database englisch Die seltsame Reise des Alois Fingerlein im Onlinelexikon des Fernsehens der DDREinzelnachweise Bearbeiten Maxim Gorki Theater 1961 1970 PDF 247 kB Seite 6 In Das Archiv auf Gorki de Maxim Gorki Theater abgerufen am 12 November 2019 Berliner Zeitung vom 21 Mai 1969 S 10 Neue Zeit vom 24 Mai 1969 S 9 Neues Deutschland vom 15 Oktober 1967 S 4 Neue Zeit vom 18 Oktober 1967 S 4 Georges Raymond Alois darf nicht gut sein In Die Zeit Nr 43 vom 27 Oktober 1967 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Die seltsame Reise des Alois Fingerlein amp oldid 235892573