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Die Arbeiter des Meeres auch Das Teufelsschiff im Original Les Travailleurs de la mer ist ein Roman von Victor Hugo aus dem Jahre 1866 Schauplatz ist die Insel Guernsey im Armelkanal auf der Hugo wahrend seines Exils im Hauteville House lebte und wo er umfangreiche Studien der Geographie Natur und Bevolkerung der Insel betrieb Kampf mit dem Tintenfisch Illustration von Victor Hugo 1866Der Roman spielt um 1820 auf Guernsey Erzahlt wird die melodramatische Geschichte des Fischers Gilliat der in Deruchette die Nichte des Reeders Lethierry verliebt ist In einem dramatischen Kampf mit den Naturgewalten gelingt es dem Helden die kostbare Maschine eines Schiffs des Reeders das durch Sabotage in Seenot geraten ist zu bergen Als er erfahrt dass Deruchette einen anderen liebt den der Onkel als Bewerber ablehnt verhilft er selbstlos dem jungen Paar zur Flucht Inhaltsverzeichnis 1 Handlung 2 Der Erzahler 3 Hauptpersonen 4 Fiktion 5 Intention 6 Verfilmung 7 Ausgaben 8 Literatur 9 WeblinksHandlung BearbeitenDer Guernseyer Kapitan Lethierry besitzt zwei Dinge die ihm teuer sind Das Dampfschiff Durande das seine gesamte wirtschaftliche und gesellschaftliche Existenz verkorpert und seine verwaiste Nichte Deruchette die er nach Kraften verwohnt Durch die Schuld des abgrundtief schlechten Schiffsfuhrers Clubin der sich mit dem Vermogen des Kapitans absetzen will lauft die Durande auf ein beruchtigtes Riff auf und zerschellt Die geretteten Passagiere ausser Clubin der scheinbar heldenhaft zuruckbleibt bezeugen jedoch dass die Maschine des Dampfschiffs unversehrt geblieben sei Der verzweifelte Lethierry verspricht nun dem der die Maschine birgt und zuruckbringt die Hand seiner Nichte Der Einzige der dieses schier ausweglose Unterfangen wagen will ist Gilliatt ein armer einzelgangerischer Fischer den das Inselvolk der Hexerei verdachtigt und der in die schone arrogante Deruchette verliebt ist Bei Nacht und Nebel bricht Gilliatt zum Riff auf In wochenlanger aufreibender Arbeit unter Aufwand all seiner Krafte gelingt es ihm die Maschine zu bergen er ubersteht Kalte Hunger einen Sturm und den Kampf mit einem Tintenfisch bis er schliesslich mit der Maschine nach Guernsey zuruckkehren kann Dort wird er jubelnd empfangen und der dankbare Lethierry will die Hochzeit am nachsten Tag stattfinden lassen Deruchette aber ist wie Gilliatt feststellen muss in einen jungen Priester verliebt Ohne zu zogern opfert er ihr sein erkampftes Gluck und ermoglicht den Verliebten die heimliche Hochzeit und Flucht wonach er sich dem abfahrenden Schiff der beiden nachblickend in der steigenden Flut ertrankt Die Handlung ist wie schon in Der Glockner von Notre Dame und Die Elenden von personlichen Betrachtungen Hugos durchsetzt hier meist uber das Wesen und die metaphysische Bedeutung des Meeres und seiner Bewohner Vor allem das erste Viertel des Buches ist gepragt von ausfuhrlichen Schilderungen von Landschaft und Natur Der Erzahler BearbeitenDer Roman ist aus der Perspektive des allwissenden Erzahlers geschrieben Die extradiegetische Trennung von seinen Figuren ermoglicht dem Erzahler die Aussenperspektive auf das Geschehen Der Erzahler nimmt einen heterodiegetischen Standpunkt ein seine Meinung zur Handlung ist personlich und zeigt sich beispielsweise in einer ironischen Erzahlweise und wertenden Kommentaren zum Geschehen Zwar wird der Erzahler durch starke Personalisierung in die Erzahlung selbst mit eingebunden ohne aber seine Allmacht einzubussen Er nimmt eine moralisierende Rolle ein vor allem in den Stellungnahmen zu seinem Helden Gilliat Der Erzahler erhalt dadurch mehr Prasenz im Roman als die anderen Haupt und Nebenfiguren Seine Allwissenheit erlaubt es ihm immer alle Figuren Raume und Zeitverhaltnisse im Roman zu uberblicken Er ist es der Informationen auswahlt Andeutungen macht den Leser zu Spekulationen verleitet um die emotionale Anteilnahme seiner Leser anzuregen und zu lenken Hauptpersonen Bearbeiten nbsp J Carlier Gilliatt und der Oktopus 1880 1890 Musee des Beaux Arts LyonGilliat le malinGilliatts Herkunft ist mit Geheimnissen umgeben Ob er Sohn Neffe oder Enkel von La Gilliatte ist nach der er den Namen Gilliatt le malin Gilliat der Schlaukopf tragt und der Vorname und Nachname zugleich ist bleibt im Dunkeln Seine hervorstechende Charaktereigenschaft ist Widerspruchlichkeit und zwar was seine physischen Eigenschaften und seine Mentalitat betrifft als auch sein Verhalten seiner Umwelt gegenuber Einerseits ist er als Fischer vom Wetter gegerbt sieht alter aus als er ist anderseits ist seine Einstellung und sein Umgang mit Frauen eher knabenhaft verschamt und unreif was mit einer Idealisierung der Frau einhergeht Er lebt in einer verwahrlosten Hutte ist ein eifriger Leser und Autodidakt und sieht sich selbst isoliert als Atheist inmitten einer bigotten und heuchlerischen Inselbevolkerung Er kennt die Natur und ist ein geschickter Handwerker Er beherrscht vollkommen alle Fertigkeiten die ein Fischer braucht und hat daruber hinaus schopferische Krafte Seine Kreativitat bezieht er aus dem Traum der ihm als l aquarium de la nuit wortl nachtliches Aquarium den Zugang zum Unterbewussten ermoglicht Als homme du songe Mensch des Traumes hat er eine visionare Sicht auf die Dinge die den aberglaubischen Inselbewohnern verschlossen bleibt Der Antiheld Sieur ClubinGiliats Gegenspieler ist Sieur Clubin Charakterisiert wird er als vernunftig berechnend raffiniert kalt und dabei durchaus risikofreudig Er baut sein Leben lang an seinem guten Ruf um schliesslich das perfekte Verbrechen zu begehen den Schiffbruch der Durande und seine Flucht mit Lethierrys Vermogen Die Inselbewohner lassen sich von seiner Maske tauschen Man respektiert ihn schatzt ihn als frommen und tuchtigen Kapitan Clubin verkorpert den sozialen Idealtyp eines homme de l ordre Mann der Ordnung Anders als bei Gilliat hat das Leben auf dem Meer keine Spuren auf Clubins Gesicht hinterlassen seine Haut ist rein wie aus Wachs Hinter seinem makellosen ausseren Erscheinungsbild verbirgt er Bosheit und Niedertracht Pointiert zeigt Hugo den Gegensatz zwischen den beiden Mannern bei ihrem Umgang mit Geld Gilliat gibt tauscht und zahlt nicht handelt wenig rational und verkorpert die Unordnung Clubin dagegen Plan und System Mess Lethierry der ParallelheldLethierry ist der Eigner des ersten Dampfschiffs der Insel gilt als Revolutionar und Mann des Fortschritts und will die ortliche Seefahrt revolutionieren in dem er in ein Dampfschiff investiert Als Freidenker und Rationalist steht er der Kirche und dem Klerus feindlich gegenuber Mit Gilliat verbindet ihn seine geistige Unabhangigkeit beide lesen Voltaire und beide sind den konservativen Inselbewohner gleichermassen verdachtig Gillat liebt die Druchette die Nichte des Schiffseigners die jedoch zum Missfallen ihres Onkels in den Pfarrer der Insel verliebt ist Fiktion BearbeitenDer romantischen Forderung nach Realismus im Roman kommt er nach indem er minutiose Beschreibungen von Meer und Land ausbreitet naturwissenschaftliche Phanomene erlautert und nautische Techniken erklart Dadurch erhalt der Roman ein wissenschaftliches Kolorit Die Verwendung von Fachvokabular und Fremdwortern die in Fussnoten dem franzosischen Leser ubersetzt oder erklart werden und Passagen im anglonormannisch eingefarbten Dialekt der Inselbevolkerung sowie die Dialoge der Schmuggler in spanischer Sprache erzeugen eine sowohl authentisch wirkende als auch exotische Atmosphare Hugo macht die englisch franzosische Insel Guernsey zum Schauplatz des Romans Die Handlung lauft in einem isolierten dem franzosischen Leser vertrauten Rahmen ab Durch seine Position als allwissender Erzahler und durch historisch belegte Ereignisse aus Guernsey vermittelt der Autor den Eindruck die Geschichte um Gilliat habe sich tatsachlich in den 1820er Jahren dort ereignet Hugo kann seine Kritik verkorpert in einer konkreten Inselbevolkerung darstellen ohne den Anteil nehmenden Leser vor den Kopf zu stossen Er verurteilt die Laster der Gesellschaft Egoismus Aberglaube Bigotterie und stellt gleichzeitig seinen heroischen Protagonisten dem herrschenden Gesellschaftssystem gegenuber Im Kern begrundet sich ein solcher Optimismus in der Verherrlichung der menschlichen Arbeit Der Hauptteil des Romans ist der Odyssee Gilliats gewidmet In diesen Passagen die an einen Abenteuerroman erinnern nimmt die Erzahlung fantastische Zuge an Gilliatt fristet das Dasein eines Robinsons vollbringt Arbeiten die eines Herkules wurdig waren und kampft wie die Ritter von Chretien de Troyes gegen ein Ungeheuer Die Ubermenschlichkeit Gilliats verlangt einen realistischen Rahmen damit der Roman fur den Leser eine zumindest moralisch uberzeugende Identifikationsfigur bereithalt Intention BearbeitenIm Vorwort zu den Arbeitern des Meeres schreibt Hugo er habe mit diesem Werk eine Trilogie abgeschlossen deren Teile jeweils einen der ubermachtigen Gewalten behandelten denen der Mensch ausgesetzt sei Im Glockner das Dogma in Gestalt der Religion in den Elenden die Gesetze in Gestalt der menschlichen Gesellschaft und in den Arbeitern des Meeres die Natur in Gestalt des Meeres Zum Ausdruck kommt dies im heldenhaften Kampf Gilliatts gegen die ungezugelte Kraft der Elemente sowie in der Durande selbst die sich als Symbol der menschlichen Erfindungsgabe aus eigener Kraft fortbewegt statt wie die Segelschiffe vom Wind gelenkt zu werden und die schliesslich uber Wind und Wasser triumphiert Die Konzeption des Romans geht jedoch uber die Grenzen eines Prosatextes hinaus Le roman c est le drame hors cadre dieses Zitat Hugos trifft fur die dramatische Ausrichtung von Les travailleurs de la mer zu In der theatralischen Unterteilung des Romans der Komplexitat der Handlung mit ihren mehreren zeitlich verschrankten Handlungsstrangen der beabsichtigten kathartische Wirkungsweise der archetypischen Konzeption der Figuren und dem Mittel des Panoramablicks zeigt sich die Intention Hugos ein Drama zu schaffen das zu umfangreich ist um auf irgendeiner Buhne Platz zu finden Der Roman kann als Seismograph der Romantik gesehen werden Der Forderung nach Realismus kommt Hugo durch die Verwendung von minderwertigen wissenschaftlichen Erlauterungen nach Die Zeichnung des Helden der wegen seiner unbestimmten Herkunft an der Gesellschaft leidet und der durch den Traum Zugang zur Welt des Irrealen hat sowie von seiner Sensibilite getrieben in die Natur fluchtet steht in der romantischen Tradition Auch der Lokalkolorit der Kanalinseln gepaart mit der Exotik der Herkunftslander der Schmuggler ferner das abenteuerliche Leben der Seeleute sind charakteristische Merkmale dieser Epoche Der Roman erfullt auch die Funktionen des Exilromans ein Hugo wandelt personliche Erfahrungen in das Schicksal des Helden um welcher anfanglich Guernsey als sein Grab sah An dieser Stelle setzt die profundeste Kritik an Parmi ces travailleurs personne ne travaille Lethierry specule Rantaine vole Lethierry Clubin depouille Rantaine des fruits de son vol Gilliatt songe reve flane et soupire toute l annee et ne travaille deux mois que parce qu il croit gagner dans un combat en champ clos contre l Ocean la main de Mlle Deruchette Das Zitat Alfred Nettements setzt eine falsche Erwartungshaltung voraus Hugos Ziel ist es nicht maritime Berufsfelder unsterblich zu machen und uberdies deren Arbeitsbedingungen wie Emile Zola in Germinal anzugreifen Die Essenz der Arbeit eines Menschen als epischen Konflikt sowie den humanistischen Glauben an den Fortschritt zu prasentieren kann als Intention Hugos gesehen werden Bei der Umsetzung dieser Thematik in der Psychologie der Figuren fallt der Roman in der implizierten Trilogie ab So sind die Figuren einseitig konzipiert Auch den meisten der wenigen Dialoge fehlt es an seelischer Tiefe Es ist die kunstlerische Bewaltigung Hugos clarte visuelle die den eigentlichen Reiz des Romans ausmacht und ihn von seinen Vorgangern unterscheidet Der Autor illustrierte den Roman mit 356 von Landschaften und Figuren Der Literaturkritiker Jules Levallois kam zu dem Urteil Il n a jamais ete mieux comme peintre Sieht man hier den Schwerpunkt des Romans verliert das Unverstandnis an Bedeutung die Natur als Schicksal des Menschen zu sehen Dieser Sichtpunkt Hugos wird wohl sein biografisches Attribut beibehalten Und schliesslich erkennt man den Roman unter Hugos eigenem Gesichtspunkt an Le poete fait plus que raconter il montre Victor Hugo William Shakespeare Verfilmung BearbeitenUnter dem Titel Les Travailleurs de la mer kam das Buch 1918 in die Kinos Regie Andre Antoine und Leonard Antoine ein zweites Mal wurde es als franzosisch sowjetische Miniserie 1986 von Edmond Sechan verfilmt Ausgaben BearbeitenLes Travailleurs de la mer Paris 1866 franzosische Erstausgabe Die Meer Arbeiter Ubers durch den Verlag Otto Janke Berlin 1866 deutsche Erstausgabe Die Arbeiter des Meeres Ubers von Carl Johann Perl Berlin 1925 Manner des Meeres Ubers von Lisa Haustein Reutlingen 1949 Die Arbeiter des Meeres Ubers von Lisa Haustein mit einem Vorwort von Herbert Kuhn Leipzig 1954 Notre Dame de Paris Les Travailleurs de la mer Hrsg von Yves Gohin amp Jacques Seebacher Paris 1975 massgebliche franzosische Edition Das Teufelsschiff Ubers von Hans Kauders mit einem Nachwort von Christian Schafer Zurich 1987 Die Arbeiter des Meeres Ubers von Rainer G Schmidt Hamburg 2002 Neuausgabe Hamburg 2017 Literatur BearbeitenKarlheinz Biermann Victor Hugo Rowohlt Taschenbuch Verlag Reinbek bei Hamburg 1998 ISBN 3 499 50565 7 Christoph Bode Der Roman Tubingen 2005 Chantal Briere Victor Hugo et le roman architectural Paris 2007 Victor Brombert The hidden reader Stendhal Balzac Hugo Baudelaire Flaubert Harvard University Press Cambridge 1988 Victor Brombert Victor Hugo and the Visionary Novel Harvard University Press Cambridge 1984 Marianna Carlson L art du romancier dans Les travailleurs de la mer Paris 1961 Simon Leys La mer dans la litterature francaise De Victor Hugo a Pierre Loti Paris 2003 Pierre Andre Rieben Delires romantiques Musset Nodier Gautier Hugo Librairie Jose Corti Paris 1989 Frank Wanning Franzosische Literatur des 19 Jahrhunderts Stuttgart 1998 Der Einsiedler von Guernsey In Die Gartenlaube Heft 14 1866 Volltext Wikisource Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Les Travailleurs de la mer Quellen und Volltexte franzosisch Normdaten Werk GND 4517446 5 lobid OGND AKS VIAF 181001032 Anmerkung Ansetzungsform GND Les travailleurs de la mer Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Die Arbeiter des Meeres amp oldid 219760494