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Der Begriff degressive oder fallende Proportionalitat beschreibt die Beziehung zwischen zwei Grossen wenn beim Steigen der einen Grosse die andere Grosse ebenfalls steigt dies jedoch mit zunehmender Grosse immer weniger Von Bedeutung ist das Konzept im Zusammenhang mit der Verteilung der Sitze im Europaischen Parlament auf die Abgeordneten der einzelnen EU Mitgliedstaaten Es beschreibt in Art 14 Abs 2 EU Vertrag den Grundsatz dass bevolkerungsreichere Staaten grundsatzlich mehr Sitze im Parlament erhalten als bevolkerungsarmere bevolkerungsarmere jedoch mehr Sitze pro Einwohner als bevolkerungsreichere Der Unterschied des Einwohner Abgeordneten Verhaltnisses zwischen zwei Landern wird als Disproportionalitatsfaktor bezeichnet Auch einige andere politische Systeme bedienen sich de facto des Prinzips der degressiven Proportionalitat auch wenn der Begriff hier ublicherweise nicht gebraucht wird die Stimmgewichte im deutschen Bundesrat sind degressiv proportional zur Einwohnerzahl der Bundeslander die spanischen Provinzen sind im Abgeordnetenhaus mit einer degressiv proportionalen Zahl von Abgeordneten vertreten Inhaltsverzeichnis 1 Sinn und Problematik 2 Modus der Sitzzuteilung im Europaischen Parlament 3 Schwellenwert je Land fur Europaische Burgerinitiativen 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseSinn und Problematik BearbeitenDas Prinzip der degressiven Proportionalitat wird meist dann angewandt wenn politische Einheiten Mitgliedstaaten von sehr unterschiedlicher Grosse in eine einzelne Institution integriert werden sollen Es soll eine angemessene Reprasentation der kleineren Mitgliedstaaten ermoglichen ohne dass dadurch die gemeinsame Institution eine nicht mehr arbeitsfahige Grosse annimmt So wurden im Europaischen Parlament mit seinen 751 Abgeordneten Malta oder Luxemburg bei einer Sitzverteilung in direkter Proportionalitat zur Einwohnerzahl selbst aufgerundet hochstens einen Abgeordneten stellen konnen Umgekehrt wurde das Parlament jedoch aus mehreren Tausend Abgeordneten bestehen wenn die Zahl der Parlamentarier aus den kleinen Landern beibehalten und die aus den grossen Landern bis zur direkten Proportionalitat aufgestockt wurde Als Kompromiss zwischen diesen beiden Moglichkeiten wurde daher fur das Europaische Parlament eine Mindestgrosse der nationalen Delegationen festgelegt die gewahrleisten soll dass auch die Parteienvielfalt der kleineren Staaten reprasentiert werden kann Zugleich wurde eine Maximalzahl benannt durch die auch die Zahl der Abgeordneten einwohnerreicherer Lander nicht beliebige Grosse annehmen kann Allerdings widerspricht das Prinzip der degressiven Proportionalitat der demokratischen Grundregel nach der grundsatzlich jede Wahlerstimme das gleiche Gewicht haben soll Auch das deutsche Bundesverfassungsgericht stellte in seinem Lissabon Urteil 2009 fest dass das Europaische Parlament entgegen dem Anspruch von Art 10 EU Vertrag kein demokratisches Reprasentationsorgan eines souveranen europaischen Volkes sei da die Gleichheit aller Staatsburger bei der Ausubung des Wahlrechts eine der wesentlichen Grundlagen einer freiheitlich demokratischen Staatsordnung darstelle 1 Dieser Zustand ist Teil der Kritik am institutionellen Demokratiedefizit der Europaischen Union Daher wurden immer wieder Alternativvorschlage fur das Europawahlrecht diskutiert insbesondere die Einfuhrung europaweiter Parteilisten durch die die Sitzverteilung nach Landern entfallen wurde 2 Fur eine solche Reform ware allerdings eine Anderung der EU Vertrage notwendig fur die es bislang keinen Konsens unter den nationalen Regierungen gibt Modus der Sitzzuteilung im Europaischen Parlament BearbeitenDie genaue Sitzzahl der einzelnen EU Mitgliedstaaten wurde politisch ausgehandelt und lasst sich nicht eindeutig in einer mathematischen Funktion beschreiben Im Allgemeinen orientiert sich die Sitzzuordnung seit dem Vertrag von Lissabon an folgendem Modus zunachst bekommt jeder Mitgliedstaat ungeachtet seiner Bevolkerungszahl 6 Sitze Hinzu kommt etwa ein Sitz pro Tranche von 500 000 Einwohnern bei einer Bevolkerung zwischen 1 Million und 10 Millionen sowie ein weiterer Sitz je Tranche von 1 Million Einwohnern bei einer Bevolkerung ab 10 Millionen Nach diesem Schlussel bilden Deutschland als das bevolkerungsreichste und Malta als das bevolkerungsarmste Land der EU die Extremfalle auf Deutschland 82 5 Mio Einwohner entfallen 96 Sitze d h ein Sitz auf 859 000 Einwohner auf Malta 0 4 Mio Einwohner 6 Sitze d h ein Sitz auf 67 000 Einwohner Im Durchschnitt kommt europaweit ein Sitz auf rund 665 000 Einwohner Diese Rechnung umfasst jedoch samtliche Einwohner des Landes also auch Nicht EU Auslander die bei Europawahlen kein Stimmrecht besitzen Zudem werden die Sitzzahlen nicht automatisch an veranderte Bevolkerungszahlen angepasst aufgrund des unterschiedlichen Bevolkerungswachstums der einzelnen Mitgliedstaaten konnen sich die Relationen daher im Lauf der Zeit verandern Bei der Europawahl 2009 die noch nach dem im Jahr 2000 ausgehandelten Schlussel des Vertrags von Nizza erfolgte waren Spanien 50 Sitze auf 46 Mio Einwohner d h 917 000 Einwohner pro Sitz und Luxemburg 6 Sitze auf 0 5 Mio Einwohner 82 000 Einwohner pro Sitz die beiden Extreme durchschnittlich kam ein Sitz auf 679 000 Einwohner Die folgende Tabelle zeigt die Einwohner Abgeordneten Verhaltnisse nach dem Vertrag von Lissabon 3 Angegeben ist bei den Vertragen das Datum des Inkrafttretens Land Abgeordnete Vertrag von Nizza 2003 02 01 Abgeordnete Vertrag von Lissabon 2009 12 01 Abgeordnete Nach Brexit 2020 02 01 Einwohner Millionen von 2021 Burger pro Abgeordnete Nach Brexit Europaische Union nbsp Europaische Union 736 751 705 447 2 634 326Belgien nbsp Belgien 22 22 21 11 6 552 381Bulgarien nbsp Bulgarien 17 18 17 6 9 405 882Danemark nbsp Danemark 13 13 14 5 8 414 286Deutschland nbsp Deutschland 4 99 96 96 83 2 866 667Estland nbsp Estland 6 6 7 1 3 185 714Finnland nbsp Finnland 13 13 14 5 5 392 857Frankreich nbsp Frankreich 72 74 79 67 7 856 962Griechenland nbsp Griechenland 22 22 21 10 7 509 524Irland nbsp Irland 12 12 13 5 384 615Italien nbsp Italien 72 73 76 59 2 778 947Lettland nbsp Lettland 8 9 8 1 9 237 500Litauen nbsp Litauen 12 12 11 2 8 254 545Luxemburg nbsp Luxemburg 6 6 6 0 6 100 000Malta nbsp Malta 5 6 6 0 5 83 333Niederlande nbsp Niederlande 25 26 29 17 5 603 448Osterreich nbsp Osterreich 17 19 19 8 9 468 421Polen nbsp Polen 50 51 52 37 8 726 923Portugal nbsp Portugal 22 22 21 10 3 490 476Rumanien nbsp Rumanien 33 33 33 19 2 581 818Schweden nbsp Schweden 18 20 21 10 4 495 238Slowakei nbsp Slowakei 13 13 14 5 5 392 857Slowenien nbsp Slowenien 7 8 8 2 1 262 500Spanien nbsp Spanien 50 54 59 47 4 803 390Tschechien nbsp Tschechien 22 22 21 10 7 509 524Ungarn nbsp Ungarn 22 22 21 9 7 461 905Vereinigtes Konigreich nbsp Vereinigtes Konigreich 2020 Austritt erklart 72 73 Zypern Republik nbsp Zypern 6 6 6 0 9 150 000Schwellenwert je Land fur Europaische Burgerinitiativen BearbeitenDie Werte in der mit 0 indizierten Spalte stammen aus der obigen Tabelle und damit wohl aus 2008 Kroatiens Einwohnerzahl jedoch aus 2016 Die Werte in den mit 1 indizierten Spalten stammen aus dem Artikel Europaische Burgerinitiative Ablauf einer BurgerinitiativeDie Werte in den mit 2 indizierten Spalten stammen aus von der Webseite der Europaischen Burgerinitiative 5 Land Einwohner Millionen 1 von 2008 Schwellenwert EBI SEBI 1 SEBI Einw 1 Schwellenwert EBI SEBI 2 Europaische Union nbsp Europaische Union 501 1 1 000 000 0 20 1 000 000Belgien nbsp Belgien 10 8 16 500 0 15 15 750Bulgarien nbsp Bulgarien 7 5 13 500 0 18 12 750Danemark nbsp Danemark 5 5 9 750 0 18 9 750Deutschland nbsp Deutschland 81 8 74 250 0 09 72 000Estland nbsp Estland 1 3 4 500 0 34 4 500Finnland nbsp Finnland 5 4 9 750 0 18 9 750Frankreich nbsp Frankreich 64 7 55 500 0 09 55 500Griechenland nbsp Griechenland 11 3 16 500 0 15 15 750Irland nbsp Irland 4 5 9 000 0 20 8 250Italien nbsp Italien 60 3 54 750 0 09 54 750Kroatien nbsp Kroatien seit 1 Marz 2013 in der EU 4 19 8 250Lettland nbsp Lettland 2 2 6 750 0 33 6 000Litauen nbsp Litauen 3 3 9 000 0 30 8 250Luxemburg nbsp Luxemburg 0 5 4 500 0 90 4 500Malta nbsp Malta 0 4 4 500 1 08 4 500Niederlande nbsp Niederlande 16 6 19 500 0 11 19 500Osterreich nbsp Osterreich 8 4 14 250 0 17 13 500Polen nbsp Polen 38 2 38 250 0 10 38 250Portugal nbsp Portugal 10 6 16 500 0 16 15 750Rumanien nbsp Rumanien 21 5 24 750 0 13 24 000Schweden nbsp Schweden 9 3 15 000 0 16 15 000Slowakei nbsp Slowakei 5 4 9 750 0 18 9 750Slowenien nbsp Slowenien 2 0 6 000 0 29 6 000Spanien nbsp Spanien 46 0 40 500 0 09 40 500Tschechien nbsp Tschechien 10 5 16 500 0 16 15 750Ungarn nbsp Ungarn 10 0 16 500 0 17 15 750Vereinigtes Konigreich nbsp Vereinigtes Konigreich 2020 Austritt erklart 62 0 54 750 0 09 54 750Zypern Republik nbsp Zypern 0 8 4 500 0 40 4 500Weblinks BearbeitenVorschlag fur Zusammensetzung des Parlaments ab 2009 Pressebericht zur Plenartagung am 11 Oktober 2007 in Brussel Einzelnachweise Bearbeiten BVerfG 2 BvE 2 08 vom 30 Juni 2009 Absatz Nr 282ff EurActiv 13 Oktober 2008 Europaabgeordneter Umfassende Wahlreform bis 2014 dringend benotigt Memento des Originals vom 26 November 2009 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www euractiv com Vgl Europaische Demografie EU27 Bevolkerung Memento vom 21 August 2010 im Internet Archive PDF Datei 180 kB Da die Europawahl 2009 noch entsprechend dem Vertrag von Nizza durchgefuhrt wurde bleiben Deutschland die drei wegfallenden Sitze bis zur Europawahl 2014 erhalten Das Europaische Parlament hat bis 2014 vorubergehend 754 Abgeordnete Abschaffung der Steuerbefreiung fur Flugzeugtreibstoff eci ec europa eu archiviert vom Original am 21 September 2019 abgerufen am 20 April 2020 nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und 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