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Daig ausgesprochen dajg dt Teig ist eine im Raum Basel und im Rest der Deutschschweiz gelaufige Bezeichnung fur diejenigen Familien der Stadtbasler Oberschicht die seit Generationen das Burgerrecht besitzen Es handelt sich um eine gesellschaftliche Gruppe die auch gemass der an der Universitat Zurich lehrenden Soziologin Katja Rost durch eine ausgepragte Selbstabgrenzung sowohl abwarts gegenuber Mittelstand und Unterschicht als auch seitwarts gegenuber Neureichen gekennzeichnet sei 1 Die soziale Geschlossenheit und die Wirkungsmacht des Daig haben in der zweiten Halfte des 20 Jahrhunderts sehr stark abgenommen und sind heute noch vor allem aus historischer Perspektive von Relevanz Das Gellert Quartier war traditionellerweise mit dem Gros der Basler Patrizierfamilien assoziiert Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 19 Jahrhundert 2 Literatur 3 Weblinks 4 Einzelnachweise 5 Siehe auchGeschichte 19 Jahrhundert BearbeitenDie Ausdifferenzierung des Daig fand insbesondere im 19 Jahrhundert unter den Bedingungen der Industrialisierung und des massiven Bevolkerungswachstums statt und verlief gegenlaufig zum Modernisierungsdruck Ausgehend von der kriegerischen Kantonstrennung von 1833 wahrend der Regeneration entwickelte sich im konservativ patrizischen Grossburgertum Basels eine bis ins 20 Jahrhundert hinein andauernde Distanz zur ubrigen nicht selten als bedrohlich angesehenen Einwohnerschaft Dies konnte umso eher geschehen da gerade durch den Verlust des Hinterlandes neue einheimische Eliten landlicher oder kleinburgerlicher Herkunft als Konkurrenz aber auch als gesellschaftliche Verbindungsklammer weit weniger als anderswo in die Stadt stromten Okonomisch war der Daig in den fruhneuzeitlichen Wirtschaftsaktivitaten Basels verwurzelt d h im Warengrosshandel und Bankwesen sowie in der Seidenbandfabrikation die noch bis zu Beginn des 20 Jahrhunderts eine Akkumulation ausserordentlichen Reichtums ermoglichte Seine politische Heimat erhielt der Daig wahrend der Ausbildung der Parteienlandschaft im 19 Jahrhundert in der Konservativen Partei ab 1902 Liberale Partei heute Liberal Demokratische Partei die bis zur Verfassungsreform von 1875 den Stadtkanton politisch beherrschte und dann vom Freisinn abgelost wurde Parallel zum politischen erlebte der Daig bis zum Ersten Weltkrieg auch einen wirtschaftlich gesellschaftlichen Bedeutungsverlust infolge der Ablosung der Seidenbandindustrie durch die chemische Industrie die meist von Zugezogenen aufgebaut und geleitet wurde durch das Aufkommen der Aktiengesellschaften und durch die weitere soziale und kulturelle Demokratisierung jedoch hat er seinen Einfluss nicht vollig eingebusst denn es fanden und finden sich die traditionellen Familiennamen des Daig gehauft in den bestimmenden offentlichen Positionen wieder darunter Bernoulli Burckhardt Christ Faesch Iselin Koechlin Liechtenhan Merian Sarasin Schlumberger Staehelin Vischer Von der MuhllDie Geschlossenheit der altburgerlichen patrizischen Elite wurde besonders durch eine gezielte Heiratspolitik erreicht bei der die Manner uberwiegend innerhalb des Daig heirateten und durch die Kontinuitat des Sippschaftsnetzes fur die Absicherung des erreichten Wohlstandes und der sozialen Stellung sorgten die Frauen hingegen transportierten oft durch Heiraten ins neue Wirtschaftsburgertum die Werte nach aussen und trugen so zur Schaffung eines erweiterten Grossburgertums mit gemeinsamen Wertvorstellungen bei Dazu gehorte insbesondere der Verzicht auf Reichtum in der Offentlichkeit Die zur Schau gestellte Bescheidenheit des Daig ruhrte einerseits von dem stark in der Gesellschaft verwurzelten Pietismus Frommes Basel her anderseits vom Fehlen eines Adels mit vorbildgebender aristokratischer Prachtentfaltung auch erforderte der Grundkonsens der durch die liberale Revolution von 1847 1848 erreichten Demokratie die gesellschaftlichen Unterschiede nicht allzu augenfallig werden zu lassen Die einzelnen Familien pflegten und pflegen den Zusammenhalt z T durch periodische Treffen sog Familientage und durch die Einrichtung von Familienfideikommissen resp Familienstiftungen Der Daig ist keine ganzlich abgeschlossene Gesellschaftsschicht Im 19 Jahrhundert fanden einzelne zugewanderte Familien Zugang zu diesem exklusiven Kreis durch wirtschaftlichen Erfolg z B die Familie Alioth oder durch wissenschaftliche Leistungen etwa die Familie Wackernagel Die soziale Distanzierung erfolgte vielmehr durch das Mittel der sogenannten feinen Unterschiede in der Eigenwahrnehmung Zugehorigkeit oder Ausschluss qualifizierten sich durch ungeschriebene Regeln in Bildung Konsum und Unterhaltung durch die prazise Anwendung von Umgangsformen Usanzen oder auch durch den Gebrauch eines eigenen Soziolekts einer nach dem vom Daig fruher bevorzugten St Alban Quartier Dalbenesisch bezeichneten Sonderform des Baseldeutschen Dessen Anbindung an den Daig ist allgemein bekannt Im Schweizer Film und Fernsehen werden intelligente Bosewichter oder Snobs oftmals durch die Verwendung eines patrizischen Baslerdialekts in hoher Stimmlage charakterisiert 2 Eine weitere Art der Distanzierung ist die Tradition der Familien aus dem Daig ihre Briefkasten und Turschilder beispielsweise im St Alban Quartier nur mit den Initialen zu bezeichnen Die ungeschriebene Botschaft ist einer der dazugehort weiss wer hier wohnt andere brauchen es nicht zu wissen 2 Literatur BearbeitenJohanna von der Muhll Basler Sitten Herkommen und Brauch im hauslichen Leben einer stadtischen Burgerschaft Krebs Basel 1944 3 unveranderte Aufl ebd 1985 ISBN 3 85775 305 6 Philipp Sarasin Stadt der Burger Burgerliche Macht und stadtische Gesellschaft Basel 1846 1914 Helbing und Lichtenhahn Basel 1990 2 erweiterte Aufl Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1997 ISBN 3 525 36105 X zugleich Dissertation an der Universitat Basel 1990 Georg Kreis Beat von Wartburg Hrsg Basel Geschichte einer stadtischen Gesellschaft Merian Basel 2000 ISBN 3 85616 127 9 Weblinks BearbeitenBernard Degen Philipp Sarasin Basel Stadt Abschnitt 6 3 2 Der Daig In Historisches Lexikon der Schweiz Geld in Basel Sorry kein Thema Memento vom 8 April 2003 im Internet Archive Kolumne von 2003 bh S Marli vom Daig auf barfi ch 27 Juni 2016Einzelnachweise Bearbeiten Katja Rost Macht Seilschaften und Losverfahren Das Beispiel des Basler Daig Forschungsseminar Wirtschaftssoziologie Memento vom 28 Januar 2022 im Internet Archive a b S Marli vom Daig In barfi ch Archiviert vom Original abgerufen am 17 November 2017 Siehe auch BearbeitenPatriziat Alte Eidgenossenschaft Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Daig amp oldid 230164943