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Die Cephalocarida Hufeisengarnelen stellen eine seltene Klasse innerhalb der Krebstiere dar Sie umfasst die monotypischen Brachypoda mit der Familie der Hutchinsoniellidae Bislang sind aus dieser erst in den 1950er Jahren Sanders 1955 entdeckten Tiergruppe dreizehn Arten bekannt HutchinsoniellidaeHutchinsoniella macracanthaSystematikStamm Gliederfusser Arthropoda Unterstamm Krebstiere Crustacea Klasse CephalocaridaOrdnung BrachypodaFamilie HutchinsoniellidaeWissenschaftlicher Name der KlasseCephalocaridaSanders 1955Wissenschaftlicher Name der OrdnungBrachypodaBirshtein 1960Wissenschaftlicher Name der FamilieHutchinsoniellidaeSanders 1955 Inhaltsverzeichnis 1 Lebensweise der Cephalocarida 2 Bau der Cephalocarida 3 Fortpflanzung und Entwicklung 4 Systematik der Cephalocarida 5 Literatur 6 WeblinksLebensweise der Cephalocarida BearbeitenDie Cephalocarida leben im lockeren Ubergangsbereich zwischen dem Wasser und dem feinen Schlamm des Meeresbodens Hier ist der feine Niederschlag noch nicht fest sedimentiert liegt aber auch nicht mehr als aufgewirbelte Suspension vor Da es diesen Bereich in beinahe jeder Tiefe des Ozeans gibt konnen Cephalocariden von der Gezeitenzone bis in die Tiefsee gefunden werden Die Suche gestaltet sich jedoch durch das nur punktuelle Vorkommen und die niedrige Abundanz der Tiere als ausserordentlich schwierig Cephalocarida sind blind ihre Orientierung erfolgt uber den ausgepragten Geruchssinn der 1 Antennen und Cuticula sowie uber den Tastsinn Bau der Cephalocarida BearbeitenDie Cephalocarida erreichen eine Korperlange von etwa 3 Millimetern Der Korper ist gestreckt und besteht neben dem Kopf Cephalon aus einem Vorderkorper Thorax aus neun Segmenten der die Schwimmbeine tragt und einem extremitatenlosen Hinterkorper Abdomen aus zehn Segmenten plus Telson Das Telson schliesst das Abdomen ab und tragt ein Paar schlanker Schwanzanhange Furca Der Kopf der Tiere wird von einem hufeisenformigen Kopfschild bedeckt der weit uber die Basen der Kopfextremitaten reicht Augen fehlen vollstandig Die 1 Antenne ist einastig und relativ kurz die 2 Antenne besitzt zwei Aste Als Mundwerkzeuge dienen die Mandibel adult ohne Palpus sowie die 1 Maxille Als eine Besonderheit unter den rezenten Krebstieren gleicht die 2 Maxille der Cephalocarida anatomisch den weitgehend homonomen Thoraxbeinen und dient wie diese als Schwimmbein Die ersten sieben Beinpaare des Thorax sind blattartig und flach Sie bestehen aus einem Basisteil Protopodit an dem im Wesentlichen die beiden Schwimmaste sowie mehrere kleinere blattartige Erweiterungen Endite ansetzen Dabei besteht der aussere Beinast Exopodit aus zwei flachen und breiten Teilen der innere Ast Endopodit ist sechsgliedrig und weniger breit Bei der Art Hutchinsoniella macracantha besitzt das achte Thoraxbein keinen Endopoditen und nur sehr klein ausgebildete Endite Das neunte Beinpaar ist nur sehr klein und dient als Eiertrager Wahrend sich der generelle Korperbau der dreizehn Cephalocariden Arten gleicht bestehen feine Unterschiede in der Gliederung und Beborstung der Thoraxbeine Diese Unterschiede werden zur taxonomischen Bestimmung herangezogen zusammengefasst durch Olesen et al 2011 Die Beine dienen nicht nur der Fortbewegung mit ihrer Hilfe findet auch der Nahrungserwerb statt Bei der Art Hutchinsoniella macracantha konnte man zwei verschiedene Schlaggeschwindigkeiten der Beine feststellen von welchen nur die schnelle der Fortbewegung dient Der langsame Beinschlag wird metachron ausgefuhrt das heisst er wandert wellenartig von einem Bein zum anderen Dadurch konnen sich Partikel zwischen den Beinbasen fangen und werden durch Borsten an den Enditen ausgefiltert und in eine zentrale Rinne gefegt Durch den entstehenden Druck und die Bewegung der Beine gelangen diese Partikel dann in den Mundraum Auf diese Weise werden Nahrungsaufnahme und Fortbewegung gekoppelt ahnlich wie bei den Kiemenfussern und Krallenschwanzen Das Strickleiternervensystem der Cephalocarida setzt sich aus einem Gehirn einem Unterschlundganglion sowie einer Bauchganglienkette zusammen und zeigt eine Reihe auffalliger Unterschiede zu anderen Krebstieren So sind Cephalocarida die einzigen Krebstiere deren Gehirn ein olfaktorisches System mit echten Pilzkorpern aufweist Da der komplexe Aufbau der Cephalocariden Pilzkorper zahlreiche Homologien zu dem der Hundertfusser und Insekten aufweist kann sein evolutionarer Ursprung bis zum Vorfahren aller Mandibeltiere im Kambrium zuruckverfolgt werden Stegner und Richter 2011 Eine weitere neuroanatomische Besonderheit der Cephalocarida gegenuber anderen Krebsen ist dass segmentale Ganglien nicht nur im beintragenden Thorax sondern auch im beinlosen Abdomen vorkommen Das Kreislaufsystem besteht lediglich aus einem offenen Herzen welches wie bei anderen Gliederfussern im Ruckenbereich liegt Das Herz zieht sich als einfacher Schlauch durch die ersten sechs Thoraxsegmente und besitzt auf jeder Seite drei Einstromoffnungen Gopel und Wirkner 2018 Fortpflanzung und Entwicklung BearbeitenDie Cephalocarida sind Zwitter Sie besitzen ein paariges Ovar welches dorsal im Kopf liegt sowie Hoden im Bereich des 7 12 Rumpfsegments Vom Ovar zieht ein Eileiter bis an das hintere Korperende und vereinigt sich dort mit den Ausfuhrgang der Hoden Der gemeinsame Gang endet im Bereich des 6 Thoraxbeines Die Tiere legen maximal 2 grosse Eier gleichzeitig die einen reichen Dottervorrat besitzen und am neunten Thoraxbeinpaar getragen werden Aus diesen schlupft eine fortgeschrittene Larve die als Metanauplius bezeichnet wird eine Nauplius Larve kommt nicht vor Uber mehrere Hautungen bei Hutchinsoniella 23 und bei Lightiella 12 erreichen die Tiere ausgewachsen ihre Gesamt Segmentzahl Die Entwicklung des Nervensystems beginnt ausserordentlich fruh So besitzt bereits der schlupfende Metanauplius ein mit allen Nerven und Sinneszentren ausgestattetes Gehirn Im Unterschied zu allen anderen Krebstieren werden die Thoraxganglien der Cephalocarida schon vor den Beinanlagen ausgebildet Stegner und Richter 2015 Systematik der Cephalocarida BearbeitenDie Position der Cephalocarida innerhalb des Systems der Krebstiere bleibt ungeklart da samtliche bekannten Merkmale entweder stark abgeleitet sind oder als Plesiomorphien vom letzten gemeinsamen Vorfahren aller Krebstiere ubernommen wurden zusammengefasst durch Stegner 2014 Sanders 1957 stellte die Cephalocarida als Schwestergruppe allen ubrigen Krebstieren gegenuber damals noch ohne Remipedia und pragte die bis heute verbreitete Vorstellung dass Cephalocarida lebende Fossilien seien Aufgrund des spezifischen Baus ihrer Extremitaten Turgorextremitaten und vor allem aufgrund der funktionellen Verbindung von Nahrungsaufnahme und Fortbewegung wurden die Cephalocarida nach Ax 1999 und Hessler 1992 als Schwestergruppe der Blattfusskrebse beziehungsweise der Ostraca Blattfusskrebsartige und Hohere Krebse angesehen und mit diesen zusammengefasst als Thoracopoda den restlichen Krebsgruppen gegenubergestellt Weitere Alternativen lieferten Walossek 1993 auf Basis von Fossilien und Harzsch 2006 auf Basis des Nervensystems In einer umfassenden phylogenomischen Analyse unterstutzten Schwenter et al 2017 die Cephalocarida als Schwestergruppe eines Taxons aus Blattfusskrebsen Remipedia und Sechsfussern wiesen aber auch darauf hin dass die abgeleiteten Gensequenzen der Cephalocarida besonders anfallig fur Baumbildungsartefakte sind Intern werden die dreizehn Arten der Cephalocarida in die folgenden Gattungen aufgeteilt Chiltoniella Knox amp Fenwick 1977 Chiltoniella elongata Knox amp Fenwick 1977 Hampsonellus Hessler amp Wakabara 2000 Hampsonellus brasiliensis Hessler amp Wakabara 2000 Hutchinsoniella Sanders 1955 Hutchinsoniella macracantha Sanders 1955 Lightiella Jones 1961 Lightiella floridana McLaughlin 1976 Lightiella incisa Gooding 1963 Lightiella magdalenina Carcupino Floris Addis Castelli amp Curini Gallet 2006 Lightiella monniotae Cals amp Delamare Deboutteville 1970 Lightiella serendipita Jones 1961 Sandersiella Shiino 1965 Sandersiella acuminata Shiino 1965 Sandersiella bathyalis Hessler amp Sanders 1973 Sandersiella calmani Hessler amp Sanders 1973 Sandersiella kikuchii Shimomura amp Akiyama 2008 Sandersiella shiinoi Akiyama 2008Literatur BearbeitenP Ax Das System der Metazoa II Ein Lehrbuch der phylogenetischen Systematik Gustav Fischer Verlag Stuttgart 1999 T Gopel C S Wirkner Morphological description character conceptualization and the reconstruction of ancestral states exemplified by the evolution of arthropod hearts In PLOS ONE Ausgabe 13 9 e0201702 H E Gruner Klasse Crustacea In H E Gruner Hrsg Lehrbuch der Speziellen Zoologie Band 1 Teil 4 Arthropoda ohne Insecta Gustav Fischer Verlag Stuttgart 1993 S Harzsch Neurophylogeny Architecture of the nervous system and a fresh view on arthropod phyologeny In Integrative and Comparative Biology Ausgabe 46 2006 S 162 194 S Richter M Stein T Frase N U Szucsich The arthropod head In A Minelli G A Boxshall G Fusco Hrsg Arthropod biology and evolution Springer Verlag Berlin Heidelberg 2013 S 223 240 H L Sanders The Cephalocarida a new subclass of Crustacea from Long Island Sound In Proceedings of the National Academy of Sciences 41 1 1955 S 61 66 H L Sanders The Cephalocarida and crustacean phylogeny In Systematic Zoology Ausgabe 6 1957 S 112 148 H L Sanders The Cephalocarida In Memoirs of the Connecticut Academy of Arts amp Sciences Ausgabe 15 1963 S 1 80 Horst Kurt Schminke Crustacea Krebse In Westheide Rieger Hrsg Spezielle Zoologie Teil 1 Einzeller und Wirbellose Tiere Gustav Fischer Verlag Stuttgart Jena 1997 S 513 514 D Walossek The Upper Cambrian Rehbachiella kinnekullensis and the phylogeny of Branchiopoda and Crustacea In Fossils amp Strata Ausgabe 32 1993 S 1 202 J Olesen et al External morphology of Lightiella monniotae Crustacea Cephalocarida in the light of Cambrian Orsten crustaceans In Arthropod Structure Development Ausgabe 40 2011 S 449 474 M Schwentner et al A phylogenomic solution to the origin of insects by resolving crustacean hexapod relationships In Current Biology Ausgabe 27 2017 S 1818 1824 M E J Stegner S Richter Morphology of the brain in Hutchinsoniella macracantha Cephalocarida Crustacea In Arthropod Structure and Development Ausgabe 40 2011 S 221 243 M E J Stegner Morphologie und Entwicklung des Nervensystems der Cephalocarida Crustacea in Bezug auf Evolution und Phylogenie der Tetraconata Dissertation Universitat Rostock 2014 S 10 50 M E J Stegner S Richter Development of the nervous system in Cephalocarida early neuronal differentiation and successive patterning In Zoomorphology Ausgabe 134 2015 S 183 209 Weblinks BearbeitenEinfuhrung in die Cephalocarida M E J Stegner Universitat Rostock Dissertation Einfuhrung und Literatursammlung S 10 62 abgerufen am 21 November 2018 deutsch Die Klasse der Cephalocarida Tree of Life Web project abgerufen am 24 Februar 2010 englisch Cephalocarida In World Register of Marine Species Abgerufen am 2 Februar 2013 englisch Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Cephalocarida amp oldid 231776425