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Bretwalda weithin Herrschender ist ein Begriff aus dem angelsachsischen England der in der Angelsachsischen Chronik verwendet wurde Mit der Zusammenstellung der Angelsachsischen Chronik wurde im spaten 9 Jahrhundert begonnen wobei auf Annalen und Konigslisten aus fruheren Zeiten zuruckgegriffen wurde In der Angelsachsischen Chronik werden mehrere Herrscher angelsachsischer Konigreiche vom 5 bis zum fruhen 9 Jahrhundert mit dem Begriff Bretwalda bezeichnet Angelsachsische Chronik MS C Eintrag fur 827 829 Inhaltsverzeichnis 1 Begriff 2 Rezeption 3 Siehe auch 4 Einzelnachweise 5 Literatur 5 1 Quellen 5 2 Sekundarliteratur 6 WeblinksBegriff Bearbeiten nbsp Britannien um 500 nbsp Britannien um 600 nbsp Britannien um 800Im Manuskript A der Angelsachsischen Chronik der sogenannten Parker Chronicle wird das Wort Bretwalda nur ein einziges Mal benutzt und zwar in einem Eintrag der sich auf die Eroberung Mercias durch den westsachsischen Konig Egbert bezieht he waes se eahtetha cyning se the bretwalda waes 1 In diesem Kontext wird Bretwalda als Herrscher Britanniens verstanden wobei implizit auch von einem speziellen Status Egberts als Oberherrscher ausgegangen wird Im gleichen Eintrag werden die Namen der sieben anderen Konige in chronologischer Reihenfolge genannt AElle von Sussex circa 477 circa 514 Ceawlin von Wessex 560 circa 591 AEthelberht von Kent 591 616 Raedwald von East Anglia 616 627 Edwin von Northumbria 627 632 Oswald von Northumbria 633 641 Oswiu von Northumbria 641 670 Zwischen dem Tod Oswius und der Nennung Egberts als Bretwalda in der Chronik liegen also mehr als 150 Jahre In den ubrigen Manuskripten der Angelsachsischen Chronik wird derselbe Eintrag jedoch mit einem anderen altenglischen Wort wiedergegeben namlich einem Kompositum dessen erstes Element auf einer anderen Wurzel beruht die Abingdon Chronicle I MS B benutzt das Wort brytenwalda die Abingdon Chronicle II MS C bretenwealda die Worcester Chronicle MS D und die Peterborough Chronicle MS E brytenwealda und das Manuskript F brytenweald Dieses altenglische Kompositum bezeichnet einen machtigen Herrscher oder einen Herrscher uber ein weitreichendes Gebiet Es wird kein Bezug auf Britannien genommen 2 wobei die Bedeutung des ersten Elements vom altenglischen Verb breotan das heisst verteilen verbreiten ausgeben abgeleitet und deshalb als weit herrschend interpretiert wird 3 In der Form von brytaenwalda erscheint der Begriff spater noch in einer altenglischen Interpolation in eine unechte Charta Konig AEthelstans von England 4 Dieser regierte jedoch von 925 bis 939 und zu dem Zeitpunkt kann die ursprungliche Bedeutung des Begriffes vergessen und im Zuge seines Anspruchs auf alle Gebiete Britanniens also auch Wales und Schottland als Herrscher Britanniens interpretiert und benutzt worden sein Der Autor des Eintrages fur das Jahr 829 der Angelsachsischen Chronik entnahm den Begriff und die Aufzahlung der Kirchengeschichte des englischen Volkes des northumbrischen Monches Beda 5 Im lateinischen Original berichtete Beda jedoch nicht von Konigen die Herrscher uber Britannien waren sondern verwendet das Substantiv imperium oder das Verb imperare um den Umfang der Macht die diese Herrscher gehabt hatten auszudrucken Imperium konnte verschiedene Formen von Autoritat und Regierungsmacht bezeichnen 6 Die Verwendung von imperium und imperare durch Beda hatte auch stilistische Grunde Zum einen verwendete er sie als Variante zu regnum um dessen Wiederholung zu vermeiden zum anderen bevorzugte Beda das Wort imperium zur Bezeichnung weltlicher Reiche wahrend er das himmlische Konigreich eher mit regnum bezeichnete Falls zu Bedas Zeiten im angelsachsischen England das Konzept eines Oberherrschers mit quasi imperialen Kennzeichen bestanden hatte so hatte er dafur das bestehende Wort imperator verwendet Es gibt jedoch nur vereinzelte Falle in denen Parallelen mit der Erhebung zum Kaiser auf dem Schlachtfeld nach romischem Vorbild angedeutet wurden Ein solches Beispiel ist die Ausstattung des mercischen Konigs Cenwulf nach der Eroberung des Konigreiches Kent mit imperialen Titeln wobei dies jedoch nur zur Betonung seiner Machtfulle geschehen zu sein scheint 7 Beda versuchte das Bild eines Englands zu schaffen das aus einer geschlossenen Entitat bestand Die mercischen Konige waren jedoch in seiner Liste der uber das imperium verfugenden Herrscher nicht vertreten und das obwohl zum Beispiel Konig Penda mit walisischen Verbundeten 633 eine Armee Northumbrias vernichtet hatte und die Oberherrschaft uber das zuvor dominierende Northumbria ausuben konnte Die Tatsache dass Penda sich mit den Walisern verbundet hatte und Heide war hatte keinen Einfluss auf die Bedeutung Pendas fur Beda nehmen durfen da andere heidnische Konige AElle und Cealwin sehr wohl in seiner Liste vertreten sind AElle und Cealwin wurden jedoch genannt um ein gewisses geographisches und zeitliches Gleichgewicht innerhalb des angelsachsischen Englands wiederzugeben Beda erwahnt in seiner Kirchengeschichte ausserdem dass im Jahre 731 alle sudlichen Provinzen das heisst alles Gebiet sudlich des Flusses Humber dem mercischen Konig Aethelbald untertan waren 8 womit er diesem dieselbe Machtfulle zuschrieb wie den anderen Konigen die er mit dem imperium ausgestattet hatte Die Tatsache dass keiner der mercischen Konige als das imperium innehabend oder spater als Bretwalda bezeichnet wurde liegt darin begrundet dass Beda aus northumbrischer Sicht schrieb und dass die Angelsachsische Chronik zu einem Zeitpunkt in Wessex redigiert wurde an dem Mercia gerade in das westsachsische Konigreich inkorporiert worden war eine Entwicklung die mit der Niederlage Mercias gegen Konig Egbert 829 begonnen hatte Der Begriff Bretwalda ist somit ein subjektiv verwendeter Begriff der gegen das Ende des 9 Jahrhunderts benutzt wurde um die Machtfulle und den Machtanspruch des dominanten Konigreiches Wessex zu illustrieren Zu keiner Zeit war Bretwalda eine Institution oder auch nur ein Titel im angelsachsischen England der einem Herrscher offiziell verliehen worden ware und der ihm gewisse Rechte und Ranghoheit uber andere Herrscher eingebracht hatte Rezeption BearbeitenDie Verwendung des Wortes Bretwalda in der Angelsachsischen Chronik zur Beschreibung des Status Konig Egberts sowie fruhere Konige deren Namen Bedas Kirchengeschichte des englischen Volkes entnommen wurde gab Historikern Grund zu der Annahme dass es einen Titel gegeben hatte der von Oberherrschern im Britannien der Angelsachsen getragen wurde Dieses Konzept war besonders verlockend da es das Fundament zur Errichtung einer englischen Monarchie gelegt hatte So postulierte Frank M Stenton 1943 die Ungenauigkeit des Schreibers der entsprechende Passage in der Angelsachsischen Chronik werde durch die Bewahrung des englischen Titels der auf diese uberragenden Herrscher ubertragen wurde mehr als wettgemacht Der Begriff Bretwalda passe zu anderen Belegen die auf einen germanischen Ursprung der fruhesten englischen Institutionen hinwiesen 9 Diese Ansicht ist jedoch seit der zweiten Halfte des 20 Jahrhunderts mehr und mehr in Zweifel gezogen worden Demnach ist es unwahrscheinlich dass der Begriff jemals als Titel verwendet wurde oder sich im allgemeinen Sprachgebrauch des angelsachsischen Englands befunden hat 10 Die Tatsache dass Beda keinen speziellen Titel fur die Konige seiner Liste erwahnte lasst darauf schliessen dass es zu seiner Zeit keinen solchen Titel gegeben hat 11 Sowohl Bedas Konzept eines Oberherrschers sudlich des Humbers wie auch das eines Bretwaldas das der Schreiber der Angelsachsischen Chronik zu vermitteln sucht sind kunstliche Konzepte die ausserhalb des literarischen Kontexts in dem sie erscheinen keine Berechtigung haben Diesen Gedanken zufolge kann man sich von Annahmen und Theorien mit Bezug auf politische Entwicklungen die auf diesen Konzepten basieren und damit verbunden sind verabschieden Es ist mehr als fraglich ob die Konige des 8 und 9 Jahrhunderts auf die Errichtung eines gesamtsudhumbrischen Reiches fixiert waren 12 In Interpretationen neueren Datums wird der Begriff Bretwalda demnach als ein komplexes Konzept gesehen Gegenwartig wird erkannt dass er einen wichtigen Hinweis darauf darstellt wie ein Chronist des 9 Jahrhunderts Geschichte interpretierte und versuchte die westsachsischen Konige die zu jenem Zeitpunkt ihre Macht zugig ausbauten in diese Geschichte einzufugen Siehe auch BearbeitenAngelsachsen Altenglische Sprache Heptarchie Geschichte EnglandsEinzelnachweise Bearbeiten ASC MS A s a 829 Barbara Yorke The Vocabulary of Anglo Saxon Overlordship p 171 J M Kemble The Saxons in England II p 52 P H Sawyer Anglo Saxon Charters nr 427 Beda HE II 5 W Levison England and the Continent in the Eight Century p 122 Barbara Yorke The Vocabulary of Anglo Saxon Overlordship p 176ff Beda HE V 24 F M Stenton Anglo Saxon England p 34f S Fanning Bede Imperium and the Bretwalda p 24 S Fanning Bede Imperium and the Bretwalda p 23 S Keynes England 700 900 p 39Literatur BearbeitenQuellen Bearbeiten Anglo Saxon Charters An Annotated List and Bibliography Peter Hayes Sawyer Hrsg Royal Historical Society London 1968 ISBN 0 9010 5018 0 The Anglo Saxon Chronicle MS A v 3 Janet Bately Hrsg Brewer Rochester NY 1986 ISBN 0 85991 103 9 Bede s Ecclesiastical History of the English People B Colgrave amp R A B Mynors Hrsg Clarendon Oxford 1969 ISBN 0 19 822202 5 Sekundarliteratur Bearbeiten Steven Basset Hrsg The Origins of Anglo Saxon Kingdoms Leicester University Press Leicester 1989 ISBN 0 7185 1317 7 James Campbell Hrsg The Anglo Saxons Phaidon London 1982 ISBN 0 7148 2149 7 Steve Fanning Bede Imperium and the Bretwaldas in Speculum 66 1 1991 1 26 Peter Hunter Blair Roman Britain and Early England 55 B C A D 871 2 Auflage Cardinal London 1975 ISBN 0 351 15318 7 John Mitchell Kemble The Saxons in England A History of the English Commonwealth till the Period of the Norman Conquest B Quartich London 1876 Simon Keynes England 700 900 In Rosamond McKitterick Hrsg The New Cambridge Medieval History Cambridge University Press Cambridge 1995 ISBN 0 521 36292 X D P Kirby The Earliest English Kings Unwin Hyman London u a 1991 ISBN 0 04 445691 3 Wilhelm Levison England and the Continent in the Eight Century Clarendon Press Oxford 1946 Frank M Stenton Anglo Saxon England 3 Auflage Oxford University Press Oxford 1971 ISBN 0 19 280139 2 Patrick Wormald Bede the Bretwaldas and the Origins of the Gens Anglorum In Patrick Wormald u a Hrsg Ideal and Reality in Frankish and Anglo Saxon Society Studies Presented to J M Wallace Hadrill Blackwell Oxford 1983 ISBN 0 631 12661 9 S 99 129 Barbara Yorke The Vocabulary of Anglo Saxon Overlordship In David Brown James Campbell Sonia Chadwick Hawkes Anglo Saxon Studies in Archaeology and History Band 2 BAR Oxford 1981 ISBN 0 86054 138 X S 171 200 BAR British Series 92 Barbara Yorke Kings and Kingdoms of early Anglo Saxon England Routledge London New York 2002 ISBN 978 0 415 16639 3 PDF 6 2 MB Weblinks BearbeitenThe Anglo Saxon Chronicle beim Project Gutenberg Beda Historia ecclesiastica gentis Anglorum in der The Latin Library Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bretwalda amp oldid 194989136