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Blumenvase in einer Fensternische ist der Titel eines Olgemaldes auf Holz des flamischen Malers Ambrosius Bosschaert des Alteren das um das Jahr 1620 entstand und dem Barock zugeordnet wird Das 64 cm hohe und 46 cm breite Bildnis eines reichhaltigen Buketts ist im Den Haager Mauritshuis ausgestellt Es handelt sich kunsthistorisch um ein botanisches Blumenstuck ein Stillleben das mit wissenschaftlicher Detailtreue eine Vielzahl von Blumen zeigt aber auch eine Reihe symbolischer Motive und Deutungsmoglichkeiten bietet Blumenvase in einer FensternischeAmbrosius Bosschaert 1620Ol auf Leinwand64 46 cmMauritshuis Den HaagVorlage Infobox Gemalde Wartung Museum Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung 1 1 Vase 1 2 Bukett 1 3 Fensternische 1 4 Landschaft 2 Gestaltungsmittel 2 1 Raumlichkeitswirkung 2 2 Plastizitat 2 3 Lichteinfall 3 Hintergrund und Deutungsebenen 3 1 Wissenschaftlich akribische Darstellung 3 2 Religiose Deutungen 3 3 Der Reichtum Hollands 4 Entstehung und Besonderheiten 5 EinzelnachweiseBeschreibung BearbeitenDas Gemalde zeigt einen Blumenstrauss der in einer glasernen Vase in einer gemauerten Fensternische steht Der Blick des Betrachters fallt dabei aus einem gedachten Innenraum nach draussen wo sich die ferne Landschaft undeutlich erkennen lasst 1 Vase Bearbeiten Die Vase die sich in der Mitte des Bildes auf einer Fensternische stehend befindet ist aus braun grunem Glas die Stangel der einzelnen Blumen sind durch das Glas zu erkennen Die Grundform der Vase ist ein Kreis nach oben hin weitet sich ihr Durchmesser Im unteren Drittel ist sie reich verziert blaue Schmucksteine sowie teilweise vergoldete Gesichter und Ornamente schmucken die achsensymmetrische Vase Bukett Bearbeiten Der Blumenstrauss ist sehr uppig dargestellt Dominierende Blumensorten sind Tulpen und Rosen daneben finden sich aber auch Tagetes weisse und blaue Akeleien blau weisse Schwertlilien zwei Adonisroschen Vergissmeinnicht Narzissen Alpenveilchen Traubenhyazinthen gelbe Fritillaria Hornveilchen Maiglockchen eine rot weiss gestreifte Anemone ein Blaustern eine Ringelblume und eine Schachblume Das Laub der Blumen ist im Gegensatz zu den strahlend hellen Blutenfarben recht dunkel gehalten die Bluten sind dazwischen so arrangiert dass nahezu alle voll sichtbar sind kaum ein Blutenteil ist verdeckt Ein Betrachter der den Blumenstrauss von der gegenuberliegenden Seite betrachtete konnte die Bluten kaum wahrnehmen und sahe nur Laub Die Blutenfarben sind gelb weiss rot und blau Zwei Raupen eine Fliege und eine Libelle bevolkern den Strauss auf einem Blatt im linken unteren Bereich glanzen zwei runde Wassertropfen in zwei Blatter rechts unten haben Raupen mehrere Locher gefressen Fensternische Bearbeiten Die Fensternische stellt ein offenes Rundbogenfenster dar gerade gross genug um den Strauss darin unterzubringen Die linke Seite des sehr glatten Mauerwerks liegt vollstandig die rechte teilweise im Schatten Die Profilkante des Fensters hebt sich leicht vom umgebenden Mauerwerk ab Neben der Vase befinden sich auf der Fensterbank links eine Nelkenblute und eine noch geschlossene Knospe daneben zwei Wassertropfen Rechts der Vase sitzt eine Fliege auf der Fensterbank daneben finden sich zwei Schneckenhauser Die Gegenstande auf der Fensterbank sind so angeordnet dass sie von innen nach aussen grosser werden Auf der Profilkante der Fensterbank findet sich fast am linken Rand das Monogramm des Kunstlers Landschaft Bearbeiten Die Hintergrundlandschaft lasst sich in die Bereiche ober und unterhalb des Horizontes einteilen Der untere Teil wird durch die Vase zweigeteilt Der Himmel ist blau in der Ferne in ein diffuses dunstiges Weiss ubergehend vereinzelt stehen kleine weisse Wolken am Himmel Die Landschaft im unteren Bereich ist grun bewaldet und von Gewassern durchflossen Der linksseitige Teil wirkt dabei dem Betrachter naher hugeliger und hoher gelegen als der rechtsseitige Auf beiden Seiten der Vase ist jeweils ein Kirchengebaude zu sehen das rechte ist dabei deutlich weiter entfernt als das linke Gestaltungsmittel BearbeitenMit verschiedenen gestalterischen Mitteln hat Bosschaert in diesem Gemalde eine starke Tiefenillusion und Raumwirkung geschaffen Raumlichkeitswirkung Bearbeiten Die Raumlichkeitswirkung der Fensternische wird durch ein zentralperspektivische Darstellung sowie durch Lichteinfall und Schattenwurf erreicht Durch die Anordnung der hugeligen Landschaft im untersten Bereich des offenen Fensters entsteht der Eindruck dass man aus einem sehr hohen Gebaude moglicherweise einem Burgturm blickt Im Blumenstrauss wird die Raumlichkeit hauptsachlich durch Kontraste und Uberlagerungen erzielt Vielfach uberschneiden sich Blatter Bluten und Stangel und erzeugen so die Wirkung eines Vor und Hintereinander Die farbenfrohen Bluten dringen dabei gegenuber dem relativ dunklen Grun des Blattwerks in den Vordergrund 2 3 Plastizitat Bearbeiten Die plastische Wirkung der einzelnen Gegenstande im Gemalde ist im Vergleich zur Raumlichkeitswirkung gering ausgepragt und wird vor allem durch die sehr detailgetreue Gestaltung an Vase Bukett und den Gegenstanden auf der Fensterbank sowie durch feine Schattenwurfe erzielt Dabei bleiben die Schattenzonen immer hell genug dass man noch alle feinen Details erkennen kann Ausnahmen hiervon stellen das dunkle Grun des Blattwerks und der schattige Teil des Mauerwerks dar das aber ohnehin vollig glatt und ohne Details gemalt ist Die Plastizitat der Vase und vor allem der Wassertropfen wird durch Glanzeffekte und Reflexionen erzeugt im Falle der Wassertropfen ergeben diese einen starken Trompe l œil Effekt das heisst der Betrachter nimmt die Wassertropfen nicht als Teil des Bildes sondern als echt wahr 2 3 Lichteinfall Bearbeiten Die Fensternische weist nach draussen die Landschaft ausserhalb des gedachten Innenraums liegt in hellem Licht Dennoch ist in der Fensternische nicht der zu erwartende Lichteinfall von aussen sondern vielmehr eine Beleuchtung aus dem Innenraum aus Betrachterperspektive von links zu erkennen Der Lichteinfall ist so stark dass die linke Seite der Fensternische vollstandig die rechte zu einem grossen Teil im Schatten liegt Deutlich wird der Lichteinfall von innen vor allem auch an den leuchtenden Farben der Bluten es wirkt als werde das Bukett bewusst beleuchtet 2 Hintergrund und Deutungsebenen BearbeitenDas Bukett ist sowohl als wissenschaftliche Darstellung als auch als Symbol grossen Reichtums zu verstehen Fast alle abgebildeten Blumen waren zur damaligen Zeit Raritaten und seltene Zuchtungen Ganz besonders trifft dies auf die Tulpen zu die damals noch kaum verbreitet waren und um die sich ein hochspekulativer Markt entwickelte der um 1635 in der sogenannten Grossen Tulpenmanie mundete 2 4 5 Wissenschaftlich akribische Darstellung Bearbeiten Offenbar wollte Bosschaert bewusst Blumenportrats anfertigen Die einzelnen Bluten sind mit wissenschaftlicher Akribie sehr detailgetreu gemalt Die Anordnung erfolgte so dass moglichst alle Bluten voll zu sehen sind dabei ging es aber nicht um eine realistische Anordnung des Gesamtstrausses Einzelne Bluten im oberen Teil des Buketts konnten aufgrund ihrer Stangellange das Wasser in der Vase gar nicht erreichen der Gesamtstrauss ist so uppig dass die Vase in der Realitat Ubergewicht bekame und umkippte Die einzelnen Bluten hingegen entsprechen bis ins kleinste Detail der Realitat 3 4 Religiose Deutungen Bearbeiten Neben der wissenschaftlichen Darstellung und der gesellschaftspolitischen Bedeutung als Statussymbol enthalt das Gemalde weitere vor allem religiose Botschaften Einmal sind bunte Blumen in solch prachtvoller Anordnung Sinnbild fur die Vollkommenheit und Schonheit der Schopfung das Gemalde konnte so als Loblied auf die Schopfung verstanden werden Insbesondere die Zuordnung von Lilie Iris Rose Akelei Maiglockchen und Veilchen zur mariologischen Symbolik erlaubt Deutungen im Hinblick auf die Reinheit unbefleckte Empfangnis aber auch Schmerz und Demut der Muttergottes Andererseits aber stellt der Strauss auch eine Mahnung dar die Verganglichkeit der ausseren Schonheit nicht vor lauter Eitelkeit zu vergessen Dieses sogenannte Vanitasmotiv lat vanitas Eitelkeit kommt in den bereits angefressenen Rosenblattern den im Bukett krabbelnden Raupen sowie in der Libelle und den Fliegen zum Ausdruck Raupen gelten als Symbol des Wandels und der Verganglichkeit die Fliegen zu deren Familie damals auch die Libelle noch gezahlt wurde symbolisieren Verderben und Faulnis ja letztlich den Teufel Bosschaert versteckt aber auch einen Hinweis auf Hoffnung auf Erlosung aus der Verdammnis in seinem Gemalde Die Nelkenblute ist ein Symbol fur Jesus Christus die Knospe ein Zeichen fur neues Leben Im Holland der damaligen Zeit waren so geartete moralisch religiose Botschaften nicht selten und sie wurden von der Bevolkerung erkannt und verstanden Bosschaert und seine Zeitgenossen versteckten ihre Botschaften in Stillleben da der vorherrschende kalvinistische Glaube die figurative Darstellung religioser Themen untersagte die Menschen aber nach Moglichkeiten suchten ihrem Glauben auch bildhaft Ausdruck zu verleihen 2 3 6 Der Reichtum Hollands Bearbeiten Die Darstellung solch exquisiter Blumen in einer sichtlich teuren Vase ist Verdeutlichung des Reichtums im Holland jener Epoche Dieser Reichtum hatte seinen Ursprung im Handel der als Bezug in die Ferne im Bild ebenfalls auftaucht Die Schneckenhauser auf der Fensterbank stammen aus den Gewassern rund um Indien Auch in der schier unendlichen Weite der Landschaft im Hintergrund wird das Motiv der Ferne nochmals deutlich 2 nbsp Zum Vergleich Bosschaerts Blumenstrauss im LouvreEntstehung und Besonderheiten BearbeitenBosschaert hatte mit Sicherheit kein reales Vorbild fur seinen Blumenstrauss in einer Fensternische vor sich Die abgebildeten Blumen haben unterschiedliche Bluhzeiten in der vorliegenden Zusammenstellung konnte so ein Strauss also gar nicht existieren Doch prasentiert der Kunstler mehr als nur die blosse Kopie eines von der Natur gegebenen Vorbildes Sein Blumenensemble verkorpert einen Idealzustand den die Natur in dieser Form nicht hervorbringen kann Keine Rose bluht wenn die Tulpen ihre Kelche offnen Kulturstiftung Ruhr Essen 3 Man geht davon aus dass er sich einen breiten Fundus an Darstellungen einzelner Bluten erarbeitet hatte aus denen er seine Bilder komponierte Dafur spricht nicht nur dass die Grossenverhaltnisse der einzelnen Bluten untereinander teilweise unkorrekt sind sondern auch das Vorkommen nahezu identischer Bluten in verschiedenen seiner Bilder beispielsweise auch dem im Pariser Louvre ausgestellten Blumenstrauss Bosschaert gilt als einer der Begrunder einer flamischen Malerdynastie die sich fast ausschliesslich mit Blumen und Fruchtestillleben befasste Als Besonderheit an der Blumenvase in einer Fensternische gilt dass es wohl das erste in jedem Falle aber eines der ersten Blumenstillleben war das vor einem offenen Hintergrund gemalt wurde Zuvor waren solche Bilder stets vor einem einfarbigen geschlossenen Hintergrund entstanden 2 3 4 7 Einzelnachweise Bearbeiten Die Beschreibung des Gemaldes lehnt sich an Gerhard Lautenschlager Ambrosius Bosschaert 1573 1621 Blumenvase in einer Fensternische um 1620 in Landesinstitut fur Erziehung und Unterricht Stuttgart Meisterwerke der Kunst Heft 47 1999 Neckar Verlag Villingen Schwenningen und die Betrachtung des Gemaldes nach The Yorck Project 10 000 Meisterwerke der Malerei DVD ROM 2002 ISBN 3 936122 20 2 a b c d e f g Gerhard Lautenschlager Ambrosius Bosschaert 1573 1621 Blumenvase in einer Fensternische um 1620 in Landesinstitut fur Erziehung und Unterricht Stuttgart Meisterwerke der Kunst Heft 47 1999 Neckar Verlag Villingen Schwenningen a b c d e f Kulturstiftung Ruhr Begleitmaterial zur Ausstellung Sinn und Sinnlichkeit das flamische Stillleben 1550 1680 Memento vom 9 Juni 2007 im Internet Archive PDF 966 kB a b c mauritshuis nl Vase with flowers in a window Memento vom 15 Marz 2007 im Internet Archive englisch Gernot Figlhuber Wilhelm Darbringer Hrsg Kunst I Wien 1997 S 128 ff ISBN 978 3 7003 1620 6 Zur Symbolik siehe auch Wikipedia Artikel zu Symbolen in barocken Stillleben Web Gallery of Art Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Blumenvase in einer Fensternische amp oldid 237920355