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Als Azide bezeichnet man die Salze und organischen Verbindungen der Stickstoffwasserstoffsaure Sie gehoren zu den Pseudohalogeniden Viele Azide sind sehr giftig Die loslichen Salze hemmen irreversibel das Enzym Cytochrom C Oxidase der Atmungskette in Zellen Schwermetallazide sind hochexplosiv die Azide der Alkali und Erdalkalimetalle hingegen verpuffen nur bei starker Hitzeeinwirkung nachdem sie bereits geschmolzen sind Die bedeutendsten ionischen Azide sind Natriumazid und Bleiazid Inhaltsverzeichnis 1 Anorganische Azide 1 1 Natriumazid 1 2 Bleiazid 1 3 Silberazid 1 4 Kupferazid 1 5 Siliciumtetraazid 1 6 Bortriazid 2 Organische Azide 3 Literatur 4 EinzelnachweiseAnorganische Azide BearbeitenNatriumazid Bearbeiten Natriumazid ist eine farblose in Wasser losliche Verbindung Das Natriumazid wird stark verdunnt als Konservierungsmittel verwendet zum Beispiel bei der Verarbeitung von leicht verderblichen Substanzen wie Insulin und als Ausgangsstoff zur Herstellung weiterer Azide und der freien Stickstoffwasserstoffsaure Ausserdem wird es in der Iod Azid Reaktion zum Nachweis von zweiwertigem Schwefel in Sulfiden und Thioethern eingesetzt Weiterhin wird es in Airbags zum Fullen des Sackes verwendet Die Zersetzung kann durch Erwarmen oder einen elektrischen Impuls bei Airbags ausgelost werden und verlauft nach der folgenden stochiometrischen Gleichung 2 N a N 3 s 2 N a 3 N 2 g displaystyle mathrm 2 NaN 3 s longrightarrow 2 Na 3 N 2 g nbsp Bleiazid Bearbeiten Bleiazid ist in kaltem Wasser unloslich und gegen Warme und Feuchtigkeit bestandig Beim langsamen Abkuhlen aus heissen wassrigen Losungen entstehen lange Kristalle die schon bei Zerbrechen unter Wasser detonieren Deshalb wird bei der technischen Herstellung durch Zugabe von wenig Dextrin und Ruhren die Bildung grosserer Kristalle strikt vermieden Sein Detonationspunkt liegt bei 350 C Hergestellt wird es durch eine Fallung von Natriumazid mit einer wasserloslichen Bleisalz Verbindung wie Bleiacetat Bleiazid wird in Mischung mit Bleitrinitroresorcinat als Initialzunder verwendet Letzteres dient zur Erhohung der Funkenempfindlichkeit da der Detonationspunkt des Azides hoch ist Silberazid Bearbeiten Silberazid ist im Gegensatz zu Bleiazid bei Lichteinwirkung deutlich instabiler und verfarbt sich in Analogie zur klassischen Photographie unter Verwendung von Silberhalogeniden schnell tiefviolett Fur Demonstrationsversuche ist es besser geeignet als Bleiazid da es auch in heissem Wasser vollig unloslich ist und sich immer in feinsten Kristallen abscheidet Die Schlagempfindlichkeit ist nicht grosser als beim Bleiazid Durch den hohen Preis ist aber die Anwendungsmoglichkeit als technisch verwendeter Initialzunder sehr eingeschrankt Kupferazid Bearbeiten Kupferazid ist extrem brisant und explodiert oft schon bei Beruhrung Es findet daher keine technische Anwendung und ist auch als Initialzunder ungeeignet Siliciumtetraazid Bearbeiten Siliciumtetraazid ist eine thermisch instabile kovalente Silicium Stickstoff Verbindung mit einem Stickstoffgehalt von 85 7 Die hochenergetische kristalline Substanz neigt schon ab 0 C zu einer spontanen explosiven Zersetzung 1 Eine weitere Koordination zur sechsfach koordinierten Struktur wie in Hexaazidosilicaten Si N3 6 2 2 oder in Addukten mit zweiwertigen Liganden Si N3 4L2 3 fuhrt zu relativ stabilen kristallinen Feststoffen die bei Raumtemperatur normal gehandhabt werden konnen Bortriazid Bearbeiten Bortriazid bzw Triazidoboran ist eine thermisch instabile Bor Stickstoff Verbindung mit einem Stickstoffgehalt von 92 1 Die farblosen Kristalle konnen oberhalb von 35 C explosionsartig zerfallen Die Umsetzung mit Aziden wie Natriumazid oder Lithiumazid ergibt die entsprechenden Tetraazidoboratkomplexe 4 Organische Azide Bearbeiten nbsp Allgemeine Formel dreier mesomerer Grenzstrukturen eines organischen Azides mit der blau markierten funktionellen Gruppe des Azides R ist ein Organyl Rest Alkyl Rest Aryl Rest Alkylaryl Rest Acyl Rest etc Es gibt viele organische Verbindungen mit einer Azidogruppe N3 die somit als organische Azide bezeichnet werden Methylazid ist der einfachste Vertreter der organischen Azide Das vierfach substituierte Methanderivat Tetraazidomethan ist eine thermisch instabile Flussigkeit mit einem Stickstoffgehalt von 93 3 Die hochenergetische zu einer spontanen explosiven Zersetzung neigende Substanz wurde erstmals 2006 hergestellt 5 Bekannt ist der Arzneistoff Azidothymidin AZT Carbonsaureazide R CO N3 finden Anwendung in der Curtius Umlagerung in der sie zu Isocyanaten umgelagert werden Eine andere wichtige Reaktion der Azide stellt die 1 3 dipolare Cycloaddition Huisgen Reaktion dar 6 Bekannt seit den 1960er Jahren gewinnt sie zunehmend an Bedeutung als bioorthogonale Reaktion 7 8 Die Reduktion von Alkylaziden etwa mit Lithiumaluminiumhydrid liefert primare Amine der Weg uber Azide stellt damit eine Alternative zur Gabriel Synthese dar Um die Bindung der Azidgruppe im Rahmen des Valenzbindungsformalismus trotz der Delokalisierung der Bindungselektronen beschreiben zu konnen behilft man sich mit mesomeren Grenzformeln Dabei spielen neben jenen beiden Grenzstrukturen die die heuristische Oktettregel erfullen auch solche eine Rolle die dies nicht tun wie die gezeigte 1 3 dipolare Struktur bei der dem endstandigen N Atom formal ein Sextett zugeschrieben wird Anhand dieser Grenzformel lasst sich sowohl die leichte Zersetzung zu den entsprechenden Nitrenen als auch die Reaktivitat als 1 3 Dipol erklaren 9 Im Rahmen der Molekulorbitaltheorie liefern Berechnungen auf Grundlage der Hartree Fock Methode entsprechende Ladungsverteilungen Sowohl fur das innere als auch fur das aussere N Atom ergeben sich negative Partialladungen fur das mittlere dagegen positive Allerdings ist die negative Partialladung am inneren N Atom stets deutlich starker ausgepragt als am ausseren bei organischen Aziden ca 0 3 e ggu schwacher als 0 1 e am mittleren ca 0 2 e 10 Literatur BearbeitenS Brase C Gil K Knepper V Zimmermann Organische Azide explodierende Vielfalt bei einer einzigartigen Substanzklasse In Angewandte Chemie Bd 117 2005 S 5320 5374 doi 10 1002 ange 200400657Einzelnachweise Bearbeiten E Wilberg H Michaud Zur Kenntnis eines Siliciumtetrazids Si N3 4 In Zeitschrift fur Naturforschung B 9 1954 S 500 online A C Filippou P Portius G Schnakenburg The Hexaazidosilicate IV Ion Synthesis Properties and Molecular Structure In J Am Chem Soc 124 2002 S 12396 12397 doi 10 1021 ja0273187 P Portius A C Filippou G Schnakenburg M Davis K D Wehrstedt Neutrale Lewis Basen Addukte des Siliciumtetraazids In Angew Chem 122 2010 S 8185 8189 doi 10 1002 ange 201001826 E Wiberg H Michaud Zur Kenntnis eines Bortriazids In Z Naturforsch B Band 9 1954 S 497 499 doi 10 1515 znb 1954 0715 abgerufen uber De Gruyter Online K Banert Y H Joo T Ruffer B Walfort H Lang Die aufregende Chemie des Tetraazidomethans In Angew Chem 119 2007 S 1187 1190 doi 10 1002 ange 200603960 R Huisgen R Grashey J Sauer In Chemistry of Alkenes Interscience New York 1964 S 806 877 D Amantini F Fringuelli O Piermatti F Pizzo E Zunino L Vaccaro In J Org Chem 70 2005 S 6526 6529 V V Rostovtsev L G Green V V Fokin K B Sharpless In Angew Chem 114 2002 S 2708 2711 Stefan Brase Carmen Gil Kerstin Knepper Viktor Zimmermann Organische Azide explodierende Vielfalt bei einer einzigartigen Substanzklasse In Angewandte Chemie 2005 Band 117 S 5320 5374 doi 10 1002 ange 200400657 S Sklenak A Gatial S Biskupic Ab initio study of small organic azides In Journal of Molecular Structure THEOCHEM 1997 Band 397 Nr 1 3 S 249 262 doi 10 1016 S0166 1280 96 04945 7 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Azide amp oldid 220250991