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Der sogenannte Asunike Koondis Siedlerverband war eine Partei im Estland der Zwischenkriegszeit Sie verstand sich als Interessenpartei der estnischen Kleinbauern Inhaltsverzeichnis 1 Name 2 Hintergrund 3 Grundung 4 Wahlergebnisse 5 Regierungsbeteiligungen 6 Programmatik und Personlichkeiten 7 Vereinigungsprojekt mit den Grossagrariern 8 Prasidentschaftswahl 1934 9 Ende der parlamentarischen Demokratie 10 Literatur 11 Weblinks 12 EinzelnachweiseName BearbeitenDie Partei wird in der Kurzform meist Siedlverband genannt wortlich Verband der Siedler estnisch Asunike Koondis bzw in der in der Zwischenkriegszeit gebrauchlicheren Genetiv Form Asunikkude Koondis Ihr offizieller Name war zunachst Ulemaaline Asunikkudeja Riigirentnikkude Liit Gesamtestnischer Bund der Siedler und Staatspachter ab der formalen Parteigrundung 1925 Asunikkude Riigirentnikkude ja Vaikepollupidajate Koondis Verband der Siedler Staatspachter und Kleinbauern und ab 1931 Pollumeeste Asunikkude ja Vaikemaapidajate Koondis Verband der Landwirte Siedler und Kleinhofbesitzer Der Name umschreibt zugleich die drei Hauptzielgruppen innerhalb der estnischen Wahlerschaft Hintergrund Bearbeiten1918 rief die Republik Estland ihre Loslosung von Russland und die staatliche Souveranitat aus Die Verfassungsgebende Versammlung Asutav Kogu schuf 1919 20 einen demokratischen Rechtsstaat nach westlichem Vorbild Sie beschloss im Oktober 1919 auch eine umfassende Landreform Der Grossgrundbesitz der sich hauptsachlich in der Hand deutschbaltischer Adliger befand wurde enteignet Das Agrarland wurde unter bislang landlosen estnischen Kleinbauern Siedler verteilt die 56 000 neue Hofe schufen Hinzu kamen 23 000 Staatspachter die ihre Hofe vom Staat pachteten und spater durch langjahrige Pacht erwerben konnten 1 Estland war in der Zwischenkriegszeit noch weitgehend ein Agrarstaat Ausserhalb der Stadte Tallinn und Narva war das Land nur gering industrialisiert Die radikale Bodenreform von 1919 schuf eine neue gesellschaftliche Schicht estnischer Kleinbauern Entsprechend wuchs ihr politischer Einfluss im parlamentarischen System der jungen Republik Grundung BearbeitenDie teils in den Stadten lebenden Grossbauern und ein Gutteil der estnischen Industriellen waren grosstenteils in der 1917 gegrundeten rechts konservativen Estnischen Landvolkunion Eesti Maarahva Liit politisch organisiert die sich 1920 in Bund der Landwirte Pollumeeste Kogud umbenannte Die neuen Kleinbauern auf dem Land wahlten Anfang der 1920er Jahre vornehmlich die sozialdemokratisch orientierte Estnische Arbeitspartei Eesti Tooerakond Die Forderungen der Arbeitspartei bei der Wahl zur Verfassungsgebenden Versammlung nach einer umfassenden Landreform und sozialer Gerechtigkeit fur alle Einwohner Estlands stiessen bei der Landbevolkerung auf fruchtbaren Boden Nach Verwirklichung der Landreform 1919 verloren die Ideen der Arbeitspartei bei den Neubauern allerdings an Zugkraft In diese Lucke stiess der neu gegrundete Siedlerverband der sich immer besser politisch organisierte Er verstand sich anfangs eher als eine uberparteiliche Interessenvertretung der neuen Kleinbauernschaft Fur die Wahlen zur zweiten Legislaturperiode des estnischen Parlaments Riigikogu 1923 beschloss der Siedlerverband dann aber eine eigene Kandidatenliste Sie erreichte auf Anhieb 3 8 der Stimmen und zog mit vier Abgeordneten in das 100 kopfige Parlament ein Als politische Partei wurde der Siedlerverband 1925 ein Jahr vor den nachsten Parlamentswahlen offiziell aus der Taufe gehoben Wahlergebnisse BearbeitenBei den nachsten Parlamentswahlen 1926 konnte die Partei ihr Wahlergebnis um uber zehn Prozentpunkte steigern Sie blieb in der gesamten Zwischenkriegszeit ein massgeblicher politischer Faktor in der estnischen Parteienlandschaft Wahl Legislaturperiode Stimmen Abgeordnete Riigikogu 100 Mandate 1923 2 Riigikogu 3 4 41926 3 Riigikogu 13 5 141929 4 Riigikogu 13 7 141932 5 Riigikogu 39 8 2 42 nach Spaltung im Mai 1933 zwanzig Mandate 3 Regierungsbeteiligungen BearbeitenDie Partei spielte eine stabilisierende Rolle im estnischen Parlamentarismus der Zwischenkriegszeit Von Dezember 1925 bis zum Ende der estnischen Demokratie 1934 war sie bis auf die Zeit zwischen Februar 1931 und Februar 1932 Kabinett Pats III in jeder Koalitionsregierung vertreten Sie war grundsatzlich mit allen anderen estnischen Parteien koalitionsfahig Programmatik und Personlichkeiten BearbeitenDie Partei hatte kein umfassendes ideologisches Programm Ihre Arbeit basierte auf dem Grundsatz dass der einzige Reichtum Estlands die Landwirtschaft sei und entsprechend vom Staat gefordert wurden musse Gleichzeitig verlangte die Partei die rechtliche und wirtschaftliche Gleichberechtigung der Kleinbauern mit den Grosslandwirten Sie blieb eine Partei der Mitte und des Ausgleichs Haufig reklamierte der Siedlerbund in den Koalitionsregierungen das Amt des Landwirtschaftsministers fur sich Fuhrende Politiker der Partei waren die mehrmaligen Minister Oskar Koster Johannes Friedrich Zimmermann Otto Tief und Karl Johannes Soonberg der letzte Prasident des Riigikogu vor dem Zweiten Weltkrieg Rudolf Penno und der Diplomat Heinrich Laratei Sprachrohr der Partei war von 1926 bis 1929 die Zeitung Maa Das Land 4 Chefredakteur war ab 1927 der einflussreiche Journalist und langjahrige Abgeordnete Jaagup Loosalu 1929 benannte sich die Zeitung in Maaleht Landzeitung um Der Partei stand auch die agrarische Monatszeitschrift Uus Talu Der neue Hof nahe die von 1925 bis 1940 erschien Vereinigungsprojekt mit den Grossagrariern BearbeitenEnde der 1920er Jahre glichen sich die Interessen des grossagrarischen Bunds der Landwirte und des kleinbauerlichen Siedlerverbands immer mehr an Starker wurden so die Forderungen beide politischen Gruppierungen zu einer einzigen Agrarierpartei zusammenzuschliessen 5 Die Herausforderungen der Weltwirtschaftskrise verstarkte bei allen estnischen Parteien den Trend zu Zusammenschlussen insgesamt um der starken Fragmentierung der Parteienlandschaft und des Parlaments entgegenzuwirken Am 26 Januar 1932 wenige Wochen vor der Parlamentswahl 1932 kam es zur Vereinigung der beiden agrarischen Fraktionen Der offizielle Parteizusammenschluss zur Partei der vereinigten Landwirte Uhinenud Pollumeeste Erakond 6 wurde auf einem Vereinigungskongress am 29 Februar 1932 beschlossen Die Partei wurde bei den Wahlen mit fast 40 der Stimmen und 42 der 100 Mandate mit Abstand die starkste Fraktion im estnischen Parlament allerdings verfehlte sie die angestrebte absolute Mehrheit deutlich Der Parteizusammenschluss blieb nicht von langer Dauer Er war ein Vereinigungsprojekt der Parteispitzen ohne dass die Basis mitgenommen wurde Die gemeinsame Partei und die Parlamentsfraktion brach ein Jahr nach der Parlamentswahl am 18 Mai 1933 auseinander Grund war vor allem der Streit um eine Abwertung der Estnischen Krone um die Exportwirtschaft wieder konkurrenzfahig zu machen Der Bund der Landwirte lehnte dies entschieden ab Prasidentschaftswahl 1934 BearbeitenAnfang der 1930er Jahre geriet der estnische Parlamentarismus unter immer starkeren Druck der rechtsextremen ausserparlamentarischen Opposition Der Bund der Freiheitskampfer machte Front gegen das instabile politische System mit seinen haufig wechselnden Regierungen Er forderte stattdessen einen Fuhrerstaat In einer Volksabstimmung gelang es dem Bund der Freiheitskampfer eine neue Verfassung durchzusetzen die am 24 Januar 1934 in Kraft trat Sie stellte das neugeschaffene Amt des Staatsprasidenten ins Zentrum des politischen Systems Parlament und Regierung sollten nur eine schwache Rolle spielen Im April 1934 sollten Wahlen zum Prasidenten und zum neuen Parlament stattfinden Dem Siedlerverband gelang es den popularen parteilosen Ex General Johan Laidoner fur eine Kandidatur zu gewinnen Er trat gegen den wahrscheinlichen Wahlgewinner Andres Larka vom Bund der Freiheitskampfer sowie gegen Konstantin Pats vom Bund der Landwirte und den Sozialdemokraten August Rei an Ende der parlamentarischen Demokratie BearbeitenDie Wahlen fanden im letzten Moment nicht statt Am 12 Marz 1934 riss der amtierende Staats und Regierungschef Konstantin Pats in einem unblutigen Putsch die Macht an sich Er machte Laidoner zum Oberbefehlshaber der Streitkrafte Die Fuhrung des Siedlerverbands war in die Putschplane hochstwahrscheinlich nicht eingeweiht Pats liess mit nachtraglicher Billigung des Parlaments fur sechs Monate den Verteidigungszustand ausrufen und die Fuhrungsriege des Bunds der Freiheitskampfer verhaften Die anstehenden Wahlen wurden verschoben Am 7 September 1934 verlangerte Pats den Verteidigungszustand uberraschend um ein Jahr Eine Woche spater verkundete Innenminister Kaarel Eenpalu dass das Parlament nur noch zu ausserordentlichen Sitzungen zusammentreten solle die Tagesordnung musse von der Regierung gebilligt werden Am 22 September 1934 wurden die Parteien mit einem Betatigungsverbot belegt Der Weg in den Polizeistaat begann Am 28 September 1934 trat das Parlament erstmals seit der Sommerpause wieder zusammen Die Regierung verlangte den ehemaligen Militar Jaan Soots zum Parlamentsprasidenten zu wahlen was die grosse Mehrheit der Abgeordneten ablehnte Das Parlament wahlte stattdessen Rudolf Penno vom Siedlerbund zu seinem neuen Vorsitzenden Penno wurde damit faktisch zum Oppositionsfuhrer gegen das autoritare Regime von Pats und Laidoner gewahlt In einer weiteren Parlamentsdebatte am 2 Oktober 1934 kritisierte vor allem der Siedlerverband die Regierung scharf und warf ihr Verfassungsbruch vor 7 Der Widerstand blieb allerdings vergeblich Am 3 Oktober 1934 erliess die Regierung ein Verbot weiterer Parlamentssitzungen Die Partei loste sich in den Folgemonaten auf Literatur BearbeitenSulev Vahtre Hrsg Eesti Ajalugu Band 6 Vabadussojast Taasiseseisvumiseni Ilmamaa Tartu 2005 ISBN 9985 77 142 7 S 66 Weblinks BearbeitenGrundung der Partei histrodamus ee Einzelnachweise Bearbeiten Mati Laur et al History of Estonia 2nd edition Avita Tallinn 2002 ISBN 9985 2 0606 1 S 225 nach der Vereinigung mit dem Bund der Landwirte als Uhinenud Pollumeeste Erakond Partei der vereinigten Landwirte Partei und Fraktion brachen im Mai 1933 auseinander entsyklopeedia ee Memento vom 1 Februar 2014 im Internet Archive histrodamus ee Memento vom 2 Februar 2014 im Internet Archive offizieller Name Pollumeestekogude ja Pollumeeste Asunikkude ning Vaikemaapidajate Koondis Verband der Landwirtebunde und Landwirte Siedler sowie Kleinhofbesitzer Sulev Vahtre Hrsg Eesti Ajalugu Band 6 Vabadussojast Taasiseseisvumiseni Ilmamaa Tartu 2005 ISBN 9985 77 142 7 S 94 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Asunike Koondis amp oldid 233017859