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Armreliquiare lateinisch brachium sind Gefasse oder Fassungen fur Reliquien und gelten somit als Unterform der Korperteil Reliquiare Ihren Namen erhalten die Armreliquiare durch ihr pragnantes Ausseres Sie haben die Form eines Armes mit Hand sind oftmals reich geschmuckt und in Gewander gehullt dargestellt Die Blutezeit der Armreliquiare liegt vorwiegend im 14 16 Jahrhundert Sie waren heilige Objekte der mittelalterlichen Kirchen und wurden vorwiegend als Teil der Liturgie angewandt Apostelarmreliquiar 51 14 9 2 cm 1180 Vergoldetes Silberblech Cleveland Museum of ArtArmreliquiare gelten heute als haufigste Korperteil Darstellung unter den Reliquiaren und sind daher nicht nur von enormer Bedeutung fur die Geschichte kirchlicher Brauche und Riten sondern werden auch immer wieder in kunstgeschichtlicher Hinsicht untersucht Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Nachweise und Verbreitung 1 2 Theorien zur Entstehungs und Gestaltungsgeschichte 2 Aufbau 2 1 Armtypen 2 2 Sockel 2 3 Arm und Gewand 2 4 Hand 3 Materialien 4 Verzierungen 5 Enthaltene Reliquien 6 Verwendung 7 Kunstgeschichtliche Einordnung 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenNachweise und Verbreitung Bearbeiten Ab dem 11 Jahrhundert sind Armreliquiare nachweisbar In den Primarquellen werden die Armreliquiare sowohl als manum als auch als brachium bezeichnet wobei manum sowohl Arm als auch Hand bedeuten kann Dies macht es an manchen Stellen schwer die mittelalterlichen Quellen auszuwerten Im Laufe der Zeit setzt sich jedoch die Bezeichnung brachium durch 1 Wahrend Armreliquien schon seit ca dem funften Jahrhundert nachweisbar sind stammt das alteste noch erhaltene Armreliquiar aus dem 11 Jahrhundert Es handelt sich hierbei um den Blasiusarm aus Braunschweig 2 welcher vermutlich um 1040 1050 gefertigt wurde Er ist eines von funf Armreliquiaren die aus der zweiten Halfte des 11 Jahrhunderts bis heute uberliefert sind und sich nun im niedersachsisch westfalisch und rheinischen Raum finden 3 Ein Grossteil der aus dem 12 Jahrhundert erhaltenen Armreliquiare ist vermutlich auf Heinrich den Lowen zuruckzufuhren Der Herzog stiftete mit Vorliebe Armreliquiare Weit verbreitet waren jene zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht Erst im 13 Jahrhundert scheinen sich Armreliquiare zu etablieren Anfangs finden sich die armformigen Behalter vorwiegend im nordlich mitteldeutschen Raum im Laufe des 13 Jahrhunderts sind sie immer mehr auch im suddeutschen Raum nachweisbar Auch aus anderen europaischen Landern darunter Tschechien Frankreich Belgien Italien und die Schweiz ist die Verbreitung von Armreliquiaren uberliefert 4 Ihren Hohepunkt der Verbreitung fanden die Armreliquiare jedoch erst in den folgenden Jahrhunderten In vielen Kirchen wurden sie zum festen Repertoire und das Aufkommen der Korperteil Reliquiare war hoher denn je Dementsprechend stammen auch die meisten noch erhaltenen Stucke aus dieser Zeit Das Ende fand die Produktion der Armreliquiare um das 18 Jahrhundert Ab diesem Zeitpunkt sind nur noch vereinzelt Werke nachzuweisen 5 Wie viele andere Reliquiare fielen im Laufe der Jahrhunderte auch einige Armreliquiare dem Bildersturm zum Opfer Als skulpturale Darstellung von Heiligen wenn auch nur von einzelnen Korperteilen wurden sie beispielsweise mit Kreuzen und anderem Bilderschmuck eingeschmolzen oder ganz zerstort Teilweise wurden auch die Reliquien aus ihren Reliquiaren gestohlen da man den Reliquienkult im Ganzen kritisierte 6 Nicht zuletzt aufgrund des Bildersturmes ist heute die ursprungliche Anzahl an Objekten deutlich kleiner und viele Armreliquiare bleiben verschollen Theorien zur Entstehungs und Gestaltungsgeschichte Bearbeiten Die ersten Reliquiare waren eher unauffallige Aufbewahrungsmoglichkeiten fur Reliquien Mit der Zeit entwickelten sich immer vielfaltigere Formen und Ausarbeitungen der Reliquienbehalter die ihren Hohepunkt in den Korperteil Reliquiaren fanden Korperteil Reliquiare an sich sind schon seit dem 9 Jahrhundert sicher belegt 7 Sie zeigen eine deutliche Hinwendung zur skulpturalen Darstellung und der kunstlerischen Ausarbeitung von liturgischen Objekten Es existieren zahlreiche Theorien und Vermutungen weshalb sich die Reliquiare ausserlich derart entwickelt haben Sowohl Stephen Beissel als auch spater Bruno Reudenbach nennen hier einen Beschluss des Vierten Laterankonzils 8 9 Er besagte dass Reliquien nicht mehr aus ihrem Reliquiar entnommen werden durften Die Autoren benennen hier die ausserordentliche Ausschmuckung der Reliquien als eine Reaktion auf diese Vorgabe Die Heiligkeit der Reliquie musste nun auch nach aussen hin sichtbar gemacht werden Im Sinne der Redenden Reliquiare siehe Abschnitt Kunstgeschichtliche Einordnung geben die Reliquiare das Antlitz ihres Inhalts an den Betrachter weiter So entstanden nun auch die Armreliquiare die mit der Zeit immer mehr geschmuckt und wirklichkeitsgetreu gefertigt werden 10 Einen anderen Fokus in der Erklarung setzt Cynthia Hahn Sie konzentriert sich auf den Aspekt dass spezifisch Armreliquiare den Zweck haben sollten liturgische Gesten nachzustellen und sieht darin auch den Grund fur die skulpturale Umsetzung siehe Abschnitt Verwendung 11 In einem anderen Werk zieht sie jedoch auch biblische Vergleiche von Heiligen mit Korperteilen zur Klarung der Frage heran Die Apostel werden hier mehrfach mit dem Fuss Gottes verglichen was auf die seltenen Fussreliquiare schliessen lasst und auch Anlass fur die Darstellung eines Armes als weiteres Korperteil geben wurde 12 Aufbau BearbeitenArmtypen Bearbeiten nbsp Armreliquiar eines unbekannten Heiligen 15 Jahrhundert Silber Museum Schnutgen KolnDer grobe Aufbau ist bei den meisten Armreliquiaren ubereinstimmend Auf einem Sockel stehend ist der Arm im Gewand mit Hand dargestellt Es sind rechte und linke Arme sowie Armpaare dokumentiert Rechte Arme sind die haufigsten Exemplare Dies ist mit der traditionellen Bedeutung von Rechts und Links zu verknupfen In der Antike wird Rechts mit allem identifiziert was gross stark ehrenvoll gut und gottlich ist wahrend Links synonym fur alles Geringe Schwache Niedrige Bose und Damonische gebraucht wird 13 Junghans stellt in diesem Zusammenhang die These auf linke Arme seien meist zur Darstellung weiblicher Heiliger genutzt worden 14 Eines der wenigen Beispiele fur einen linken Arm eines mannlichen Heiligen ist das Armreliquiar eines heiligen Unbekannten aus Koln Sockel Bearbeiten nbsp Armreliquiar des hl Sigismund 13 Jahrhundert Holz Silberblech Filigran Edelsteine und Glaser Kunstgewerbemuseum BerlinOftmals bildet ein Sockel das Fundament des Armreliquiars Er wird meist einzeln bearbeitet und anschliessend mit dem Arm mit Hilfe von Dubeln oder Stiften verbunden Ein solcher Sockel kann verschiedenste Formen haben schlicht oder reich verziert sein Eines der ausgefallensten Beispiele ist der Sockel des Armreliquiars des hl Sigismund Neben seinem Steinbesatz und den Filigranornamenten bildet der Sockel hier auch ein Gegengewicht zum auffallig langen Unterarm 15 Arm und Gewand Bearbeiten Der Arm selbst ist in ein bis drei Gewander gehullt wobei zwei Gewander die am haufigsten vorliegende Darstellung sind Das Gewand ist hier im Sinne eines durch Schmiedearbeit angedeuteten Armels zu verstehen nicht aber als tatsachliches Kleidungsstuck aus Stoff Charakteristisch fur Armreliquiare aus dem 11 und 12 Jahrhundert ist eine relativ zylindrische Grundform des Armes mit geringem oder fehlendem Faltenwurf Hier lasst sich wieder der Blasiusarm aus Braunschweig als Beispiel nennen Spater findet man eher eine gestufte Form vor bei der ein nach schrag unten fallendes Gewand den Blick auf die darunter liegenden Schichten frei gibt Die Gewander werden meist von aufwendig verzierten Borduren geschmuckt 16 Der Unterarm ist ausgehohlt und wird mit der Reliquie gefullt Er ist oft um eine Offnungsklappe am Reliquienboden erganzt Die Kronung bildet die Hand die in verschiedenen Posen vorzufinden ist 17 nbsp Armreliquiar der hl Elisabeth Mitte 13 Jahrhundert vergoldetes Silber Edelsteine Filigran Kath Pfarrkirche Bendorf SaynHand Bearbeiten Die Hand nimmt am Armreliquiar eine besondere Rolle ein Sie ist neben den offensichtlichen Darstellungen von Gesichtern an Kopf Reliquiaren ein ausserordentlich kommunikatives Korperteil Reliquiar Hande und Gesten konnen Botschaften ubermitteln Tatsachlich sind zahlreiche Armreliquiare mit Bischofsringen und Handschuhen gekennzeichnet und spielen somit offenbar auf den Arm eines Bischofs an 18 Ab der zweiten Halfte des 13 Jahrhunderts werden den Handen auch immer mehr Gegenstande beigefugt Hierzu lasst sich erneut der Arm des heiligen Sigismund heranziehen Neben seinem Ring am Daumen halt er eine abgeflachte Kugel mit aufgesetzter Lilie ein Lilienzepter in Daumen Zeige und Mittelfinger 19 Die zwei haufigsten Gesten die durch Armreliquiare wiedergegeben werden sind die geoffnete Hand und die Segnungsgeste Bei der Segnungsgeste sind der Zeige und der Mittelfinger zusammen nach oben gestreckt wahrend die anderen Finger geschlossen bleiben Eines der bekanntesten Beispiele hierfur ist das Armreliquiar der hl Elisabeth Die Gestik ist bis heute charakteristisch fur das Kreuzzeichen in der romisch katholischen Kirche und lasst sich somit mit grosser Wahrscheinlichkeit darauf zuruckfuhren Es gilt als eines der wichtigsten Symbole und Heilsgesten und wurde am prominentesten bei der Segnung durchgefuhrt 20 Materialien Bearbeiten nbsp Armreliquiar des hl Nikolaus 13 Jahrhundert Speckstein Silber Kupfer vergoldetes Silber Domschatz HalberstadtDie materielle Zusammenstellung ist in ihren Grundzugen oftmals gleich Die Mehrzahl der Armreliquiare hat einen Holzkern Es folgen die vier gangigsten Materialzusammenstellungen Arm und Hand aus Holzkern mit Metallblech verkleidet Arm aus Holzkern Hand aus Metall Ganz aus Metall Ganz aus HolzArmreliquiare sind also vielmehr durch vielseitige Handwerksarbeit hergestellt als innerhalb einer einzigen Werkstatt produziert Der Goldschmied treibt das Metall auf den Kern gestaltet es indem er detailliert den Faltenwurf einarbeitet oder andere Strukturen andeutet Ganzheitlich metallene Partien wurden teilweise aus Metallen gegossen Einzelne Stucke haben einen Steinkern wie beispielsweise das Armreliquiar des heiligen Nikolaus 21 Ganz aus Holz bestanden die meisten Armreliquiare erst um 1400 Dann breiteten sie sich jedoch aufgrund der schnellen Verarbeitung und der niedrigen Kosten rasch aus 22 Die gangigsten Edelmetalle sind Kupfer Silber und Gold wobei das kostbare Gold haufig nur zum Uberzug genutzt wurde Der Blasiusarm aus Braunschweig ist eines der wenigen Armreliquiare die ganz aus Gold gefertigt sind Andere unedle Metalle wie Messing und Bronze kommen nur selten bis gar nicht vor 23 Polituren der Metalle fuhren zu hohem Glanz und Reflexion was auch bei der Einbindung in liturgische Ablaufe von Vorteil sein konnte Verzierungen BearbeitenNeben der grundlegenden Ausarbeitung und Materialien der Armreliquiare sind diese mit fortschreitender Zeit immer aufwendiger verziert Martina Junghans fuhrt in ihrer Dissertation von 2002 folgende Ziertechniken auf Treibarbeit Gravur Punzierung Stanztechnik Filigranarbeit Email Niello Braunfirst Edelsteinbearbeitung Steinfassung 24 Verzierungen fanden sich vor allem an den Borduren der Gewander sowie an Sockel und Ringen Hierbei konnte es sich um Blumenranken Schriftzuge sowie einfache Platzierungen wertvoller Edelsteine handeln Das Beispiel des Nikolausarms zeigt gravierte Finger und Handlinien die Ringe weisen jeweils Gravuren und eingestanzte Blattchen mit Steinschmuck auf Das Gewand ist vollstandig graviert die Borduren sind mit Filigranbandern besetzt Ornamente am Unterkleid Saum entstehen aus Granulationen Kerbdrahten und geperlten Rahmendrahten Ansonsten finden sich Steinbesatze an Armelsaum und Abschluss Saum Blickfang ist der grosse runde Bergkristalleinsatz der den Blick auf die Reliquie freigibt 25 Enthaltene Reliquien BearbeitenViele Reliquiare sind bis heute ungeoffnet bei anderen wird an der Kredibilitat der Zuschreibung der enthaltenen Reliquie gezweifelt Haufig geben aber auch Inschriften Auskunft uber den Inhalt des Reliquiars Die meisten Reliquien sind zum zusatzlichen Schutz in ein Tuch eingewickelt Entgegen der Theorie der Redenden Reliquiare Brauns finden sich in Armreliquiaren nicht nur Armknochen oder andere Gegenstande mit Bezug zum Arm oder der Hand 26 Jede Art von Reliquie findet ihren Platz in Armreliquiaren manche beinhalten sogar mehrere Reliquien Man bezeichnet sie als Sammelreliquiare Ab dem 11 vermehrt aber im 12 Jahrhundert werden durchsichtige Elemente aus Bergkristall und kleine Masswerk Fensterchen eingebaut um die Reliquie wenn auch in ein Tuch gewickelt weiterhin sichtbar aufzubewahren 27 Verwendung BearbeitenDer offensichtlichste Verwendungszweck der Armreliquiare ist ihre Schutzfunktion Die wertvollen und zerbrechlichen Reliquien werden weitgehend von Umwelteinflussen geschutzt Nicht zuletzt aus diesem Grund sind viele Reliquien bis heute gut erhalten Viel umfangreicher ist jedoch die liturgische Funktion von Armreliquiaren Die Segnungsgeste die viele Armreliquiare vorwiesen war eine Anspielung auf das Kreuzzeichen als ein fester Bestandteil des liturgischen Konzepts Zur Segnung wurde hier vom Bischof der Zeigefinger mit dem Mittelfinger erhoben und in Kreuzform von oben nach unten und anschliessend zu beiden Seiten bewegt Die Bischofshand galt somit als Vertretung Gottes auf Erden er erteilte den Segen im Namen des Schopfers Etwa ab dem 11 Jahrhundert wurden nun auch Armreliquiare mit eingebunden Wahrend Messen und Prozessionen wurden sie angehoben und statt der eigenen Hand des Priesters zur Segnung verwendet 28 Hintergrund dieser Handlung ist einerseits mit Sicherheit der Glaube das Publikum erhalte den Segen des verstorbenen Heiligen stellvertretend durch seine Reliquie im Armreliquiar 29 Andererseits durften im Mittelalter nur Bischofe mit der eigenen Hand segnen Priester mussten hierzu einen geheiligten Gegenstand heranziehen Anschaulich wird dies zum Beispiel im romischen Ritus Hier wurde am Ende der Messe ublicherweise der bischofliche Segen erteilt Da es den Priestern selbst untersagt war zu segnen von den Besuchern der Messe aber erwunscht war wurden Armreliquiare herangezogen 30 Unterstutzt durch die im Kerzenlicht der Messe oder Prozession glanzenden polierten Edelmetalle und Edelsteine an den Armreliquiaren kann man von einer eindrucklichen Prozedur ausgehen die die Heiligkeit mit allen Sinnen erfahrbar machte Die Pose der geoffneten Hand fuhrte vereinzelt die Tradition der Heilung durch Reliquien weiter Vor dem Verschluss der Reliquiare durch einen Beschluss des Vierten Laterankonzils 1215 waren Reliquien wesentlich offener in ihrer Benutzung Durch den Glauben der Heilige ware durch seine sterblichen Uberreste anwesend wurden sie zu Heilung aufgelegt oder gekusst Man trank sogar Wasser das vorher mit der Reliquie in Beruhrung gekommen war 31 Folglich wurden auch die Reliquiare die durch ihre Beruhrung als ebenso heilig galten wie ihr Inhalt zu ahnlichen Zwecken genutzt Die geoffnete Hand an Armreliquiaren imitierte die zum Auflegen vorbereitete Hand eines Heiligen Somit wurden Armreliquiare auch im Zuge von Heilungsritualen angewandt 32 Kunstgeschichtliche Einordnung BearbeitenArmreliquiare sind als haufigste Korperdarstellung in der Literatur vor allem im Zusammenhang mit dem Oberthema der Korperteilreliquiare vertreten Eine grundlegende Tendenz der Forschung ist es allerdings sich vorwiegend entweder der Inventarisierung oder der religios liturgischen Einordnung der Armreliquiare zu widmen statt einen ganzheitlichen Uberblick zu verschaffen Eines der grundlegenden Werke zur Typisierung ist Die Reliquiare des christlichen Kultes und ihre Entwicklung welches 1940 von Joseph Braun verfasst wurde Neben einer ausfuhrlichen Aufzahlung und der Erkenntnissammlung zu einer Vielzahl von christlichen Reliquiaren fuhrt er hier den Begriff der Redenden Reliquiare ein welchen er auch im Zusammenhang mit Armreliquiaren nutzt 33 Weil sie wie Wappenbilder der sogenannten Redenden Wappen den Namen des Wappeninhabers andeuten durch ihre Sonderform auf die Art der Reliquien zu deren Aufnahme sie geschaffen wurden oder auf den Heiligen von dem sie herruhren hinweisen sollen 34 Er spielt hier vor allem auf Korperteil Reliquiare an und schreibt ihnen zu zu beinhalten was sie darstellen sollen Der Begriff ist bis heute in der Kunstgeschichte gebraucht ist jedoch nicht frei von Kritik und Diskussion Mit seinem Werk erganzt Braun den Doppelband Stephan Beissels der sich schon einige Jahrzehnte zuvor im Detail mit Reliquien im Allgemeinen und vor allem mit ihren historistischen Aspekten befasste 35 In den folgenden Jahren sind keine Forschungsfortschritte nennenswert was nicht zuletzt den bewegten Jahren des Zweiten Weltkriegs und der Nachkriegszeit geschuldet ist Erst zur Jahrtausendwende scheint das Interesse an Armreliquiaren wieder aufzubluhen Einer der wohl wichtigsten deutschen Vertreter ist hier der Kunsthistoriker Bruno Reudenbach der sich mit der Geschichte der Armreliquiare sowie deren zugrundeliegendem Heiligkeitskonzept beschaftigt 36 Hierbei geht er bewusst uber die oftmalig form und stilgeschichtliche Einordnung der Armreliquiare als Kunstobjekt hinaus 37 Des Weiteren ist die Kunsthistorikerin Cynthia Hahn zu nennen Sie beschaftigt sich oftmals mit Korperteil Reliquiaren im Allgemeinen konzentriert sich jedoch beispielsweise in ihrem Artikel The Voices of the Saints Speaking Reliquaries auch auf die Nutzung und Bedeutung der Arm Reliquiare im liturgischen Kontext Hier wendet sie sich bewusst von Brauns Bezeichnung der Redenden Reliquiare ab 38 Weiter geht sie insbesondere auf das Verhaltnis von Patron zu Kunstler ein und nahert sich so der handwerklich materiellen Betrachtung der Objekte an 39 Einen Ansatz der sich der Idealvorstellung einer Kombination aus Inventarisierung und liturgischem Kontext annahert lieferte Anne Kurtze in ihrer Dissertation von 2017 Sie beschaftigt sich mit der Sichtbarkeit von Reliquien in ihren Reliquienbehaltern im Essener Stiftsschatz 40 Im Hinblick auf die Spaltung der Forschung ist die Doktorarbeit Martina Junghans als eines der wichtigsten Uberblickswerke spezifisch fur Armreliquiare herauszustellen 41 Sie schlagt einen Bogen rund um Herstellung Material und Technik sowie Bedeutung und Nutzung der Reliquiare und fuhrt somit alle bisherigen Forschungsaspekte zusammen Zusatzlich ist ein sehr ausfuhrlicher Katalog an Beispielen angehangt Literatur BearbeitenArnold Angenendt Geschichte der Religiositat im Mittelalter Primus Darmstadt 1997 Anne Kurtze Durchsichtig oder Durchlassig Zur Sichtbarkeit der Reliquien und Reliquiare des Essener Stiftschatzes im Mittelalter Michael Imhof Verlag Petersberg 2017 Bruno Reudenbach Reliquiare als Heiligkeitsbeweis und Echtheitszeugnis Grundzuge einer problematischen Gattung In Vortrage aus dem Warburghaus 4 Akademie Verlag Berlin 2000 S 1 36 Cynthia Hahn The Spectacle of the Charasmatic Body Patrons Artists and Body Part Reliquaries In Treasures of Heaven Saints Relics and Devotion in Medieval Europe Cleveland Baltimore London 2010 S 163 172 Cynthia Hahn The Voices of the Saints Speaking Reliquaries In Gesta International Center of Medieval Art 36 1997 S 20 31 Guy P Marchal Das vieldeutige Heiligenbild Bildersturm im Mittelalter In Historische Zeitschrift Beihefte 33 2002 S 307 332 Joseph Braun Die Reliquiare des christlichen Kultes und ihre Entwicklungen Herder Freiburg im Breisgau 1940 Martina Junghans Die Armreliquiare in Deutschland vom 11 bis zur Mitte des 13 Jahrhunderts Bonn 2000 Otto Nussbaum Die Bewertung von Links und Rechts in der romischen Liturgie In Jahrbuch fur Antike und Christentum 5 Aschendorffsche Verlagsbuchhandlung Munster 1963 S 158 171 Reiner Hausherr Der tote Christus am Kreuz Zur Ikonographie des Gerokreuzes Phil Diss Bonn 1963 Stephan Beissel Die Verehrung der heiligen und ihrer Reliquien in Deutschland bis zum Beginne des 13 Jahrhunderts Herder sche Verlagshandlung Freiburg im Breisgau 1890 Theofrid von Echternach Flores Epytaphii Sanctorium II 3 In Arnold Angenendt Heilige und Reliquien Die Geschichte ihres Kultes vom fruhen Christentum bis zur Gegenwart C H Beck Munchen 1994 S 132 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Armreliquiare Sammlung von BildernEinzelnachweise Bearbeiten Joseph Braun Die Reliquiare des christlichen Kultes und ihre Entwicklungen Herder Freiburg im Breisgau 1940 S 389 https kulturerbe niedersachsen de objekt isil DE MUS 026819 opal herzanulm kunshe MA60 1 Martina Junghans Die Armreliquire in Deutschland vom 11 bis zur Mitte des 13 Jahrhunderts Bonn 2000 S 27 28 Martina Junghans Die Armreliquiare in Deutschland vom 11 bis zur Mitte des 13 Jahrhunderts Bonn 2000 S 30 32 Martina Junghans Die Armreliquiare in Deutschland vom 11 bis zur Mitte des 13 Jahrhunderts Bonn 2000 S 32 Guy P Marchal Das vieldeutige Heiligenbild Bildersturm im Mittelalter In Historische Zeitschrift Beihefte Nr 33 2002 S 307 332 Reiner Hausherr Der tote Christus am Kreuz Zur Ikonographie des Gerokreuzes Phil Diss Bonn 1963 S 331 Bruno Reudenbach Reliquiare als Heiligkeitsbeweis und Echtheitszeugnis Grundzuge einer problematischen Gattung In Vortrage aus dem Warburghaus Band 4 Akademie Verlag Berlin 2000 S 6 Stephan Beissel Die Verehrung der heiligen und ihrer Reliquien in Deutschland bis zum Beginne des 13 Jahrhunderts Herder sche Verlagshandlung Freiburg im Breisgau 1890 S 87 Bruno Reudenbach Reliquiare als Heiligkeitsbeweis und Echtheitszeugnis Grundzuge einer problematischen Gattung In Vortrage aus dem Warburghaus Band 4 Akademie Verlag Berlin 2000 S 6 8 Cynthia Hahn The Voices of the Saints Speaking Reliquaries In Gesta International Center oft Medieval Art Band 36 1997 S 21 22 englisch Cynthia Hahn The Spectacle of the Charasmatic Body Patrons Artists and Body Part Reliquaries In Treasures of Heaven Saints Relics and Devotion in Medieval Europe Cleveland Baltimore London 2010 S 166 englisch Otto Nussbaum Die Bewertung von Links und Rechts in der romischen Liturgie In Jahrbuch fur Antike und Christentum Band 5 Aschendorffsche Verlagsbuchhandlung Munster 1963 S 158 Martina Junghans Die Armreliquiare in Deutschland vom 11 bis zur Mitte des 13 Jahrhunderts Bonn 2000 S 37 Martina Junghans Die Armreliquiare in Deutschland vom 11 bis zur Mitte des 13 Jahrhunderts Bonn 2000 S 58 Martina Junghans Die Armreliquiare in Deutschland vom 11 bis zur Mitte des 13 Jahrhunderts Bonn 2000 S 54 55 Martina Junghans Die Armreliquiare in Deutschland vom 11 bis zur Mitte des 13 Jahrhunderts Bonn 2000 S 37 Cynthia Hahn The Voices of the Saints Speaking Reliquaries In Gesta International Center of Medieval Art Band 36 1997 S 27 Martina Junghans Die Armreliquiare in Deutschland vom 11 bis zur Mitte des 13 Jahrhunderts Bonn 2000 S Teil II S 31 Arnold Angenendt Geschichte der Religiositat im Mittelalter In Primus Darmstadt 1997 S 415 Martina Junghans Die Armreliquiare in Deutschland vom 11 bis zur Mitte des 13 Jahrhunderts Bonn 2000 S 38 Joseph Braun Die Reliquiare des christlichen Kultes und ihre Entwicklungen Herder Freiburg im Breisgau 1940 S 397 Martina Junghans Die Armreliquiare in Deutschland vom 11 bis zur Mitte des 13 Jahrhunderts Bonn 2000 S 39 Martina Junghans Die Armreliquiare in Deutschland vom 11 bis zur Mitte des 13 Jahrhunderts Bonn 2000 S 39 43 Martina Junghans Die Armreliquiare in Deutschland vom 11 bis zur Mitte des 13 Jahrhunderts Bonn 2000 S Teil II S 136 Joseph Braun Die Reliquiare des christlichen Kultes und ihre Entwicklungen Herder Freiburg im Breisgau 1940 Anne Kurtze Durchsichtig oder Durchlassig Zur Sichtbarkeit der Reliquien und Reliquiare des Essener Stiftschatzes im Mittelalter Michael Imhof Verlag Petersberg 2017 S 28 Cynthia Hahn The Spectacle of the Charasmatic Body Patrons Artists and Body Part Reliquaries In Treasures of Heaven Saints Relics and Devotion in Medieval Europe Cleveland Baltimore London 2010 S 166 englisch Bruno Reudenbach Reliquiare als Heiligkeitsbeweis und Echtheitszeugnis Grundzuge einer problematischen Gattung In Vortrage aus dem Warburghaus Band 4 Akademie Verlag Berlin 2000 S 7 8 Cynthia Hahn The Voices of the Saints Speaking Reliquaries In Gesta International Center of Medieval Art Band 36 1997 S 27 englisch Bruno Reudenbach Reliquiare als Heiligkeitsbeweis und Echtheitszeugnis Grundzuge einer problematischen Gattung In Vortrage aus dem Warburghaus Band 4 Akademie Verlag Berlin 2000 S 6 Cynthia Hahn The Spectacle of the Charasmatic Body Patrons Artists and Body Part Reliquaries In Treasures of Heaven Saints Relics and Devotion in Medieval Europe Cleveland Baltimore London 2010 S 166 englisch Joseph Braun Die Reliquiare des christlichen Kultes und ihre Entwicklungen Herder Freiburg im Breisgau 1940 Joseph Braun Die Reliquiare des christlichen Kultes und ihre Entwicklungen Herder Freiburg im Breisgau 1940 S 380 Stephan Beissel Die Verehrung der heiligen und ihrer Reliquien in Deutschland bis zum Beginne des 13 Jahrhunderts Herder sche Verlagshandlung Freiburg im Breisgau 1892 Bruno Reudenbach Reliquiare als Heiligkeitsbeweis und Echtheitszeugnis Grundzuge einer problematischen Gattung In Vortrage aus dem Warburghaus Band 4 Akademie Verlag Berlin 2000 S 1 36 Bruno Reudenbach Korperteil Reliquiare Die Wirklichkeit der Reliquie der Verismus der Anatomie und die Transzendenz des Heiligenleibes In Zwischen Wort und Bild Wahrnehmungen und Deutungen im Mittelalter Bohlau Koln Weimar 2010 S 11 31 Cynthia Hahn The Voices of the Saints Speaking Reliquaries In Gesta International Center of Medieval Art Band 36 1997 S 20 31 Cynthia Hahn The Spectacle of the Charismatic Body Patrons Artists and Body Part Reliquaries In Treasures of Heaven Saints Relics and Devotion in Medieval Europe Cleveland Baltimore London 2010 S 164 Anne Kurtze Durchsichtig oder Durchlassig Zur Sichtbarkeit der Reliquien und Reliquiare des Essener Stiftschatzes im Mittelalter Michael Imhof Verlag Petersberg 2017 Martina Junghans Die Armreliquiare in Deutschland vom 11 bis zur Mitte des 13 Jahrhunderts Bonn 2000 Normdaten Sachbegriff GND 4699005 7 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Armreliquiar amp oldid 237059345