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Klassifikation nach ICD 10N14 0 Analgetika NephropathieICD 10 online WHO Version 2019 Die klassische Analgetikanephropathie auch Phenacetin Niere ist eine chronische tubulo interstitielle Nephropathie 1 die durch einen langjahrigen Missbrauch von Misch Analgetika verursacht wird Von deren Bestandteilen spielt das Phenacetin die dominierende Rolle 2 Daneben wurden auch Paracetamol Acetylsalicylsaure ASS und andere nicht steroidale Antiphlogistika einschliesslich der COX 2 Hemmer ursachlich in Betracht gezogen 3 4 Inhaltsverzeichnis 1 Epidemiologie 2 Atiologie 3 Klinik 4 Diagnose 4 1 Differentialdiagnose 5 Therapie und Prognose 6 Siehe auch 7 EinzelnachweiseEpidemiologie BearbeitenPatienten mit starkem Gebrauch von Mischanalgetika mit Phenacetin haben ein etwa zwanzigfach erhohtes Risiko eine terminale Niereninsuffizienz zu entwickeln Ein zwei bis dreifach erhohtes Risiko wurde fur den Gebrauch von Paracetamol haltigen Misch Analgetika berichtet aber nicht fur Paracetamol oder ASS alleine Die Analgetikanephropathie war Ursache von etwa 3 bis 10 aller Falle von chronischer Niereninsuffizienz Besonders haufig war sie in Australien Belgien der Schweiz Schweden der DDR in Osteuropa und im Sudosten der USA In Deutschland lag Schatzungen zufolge der Anteil von Patienten mit Analgetikanephropathie vor dem Phenacetin Verbot BRD 1986 DDR 1990 unter dialysepflichtigen Patienten bei vier bis neun Prozent Frauen sind drei bis funfmal haufiger betroffen als Manner Michael J Mihatsch berichtete im Jahre 2006 dass im Obduktionsgut der Universitat Basel 20 Jahre nach dem Phenacetin Verbot trotz weitergehender Verwendung von paracetamolhaltigen Misch Analgetika zum Beispiel in dem Kombinationspraparat Togal die Analgetika Nephropathie nahezu verschwunden sei 5 6 Das entspricht den Beobachtungen der Nephrologen in den westlichen Landern Atiologie BearbeitenPhenacetin 7 und sein Metabolit Paracetamol sowie andere nichtsteroidale Antirheumatika blockieren die Synthese von Prostaglandin E2 welches vasodilatativ gefasserweiternd wirkt Dadurch kommt es zu Durchblutungsstorungen mit Kapillarosklerose und nachfolgenden Nekrosen von Nierenpapillen Von Phenacetin ist eine direkt toxische Wirkung auf die Nierenpapillen anzunehmen 8 Die tubulointerstitielle Nephritis der Analgetikanephropathie schadigt primar die Nierenkanalchen Tubuli und nicht die Glomeruli 9 Beschrieben werden dosisabhangige Tubuluszellnekrosen 10 Trotzdem sinkt die Glomerulare Filtrationsrate bis zur Dialysepflicht bei der terminalen Niereninsuffizienz Es kann zum Analgetikasyndrom kommen Klinik BearbeitenIm Fruhstadium ist das Krankheitsbild oft klinisch stumm Manchmal klagen die Patienten uber Kopfschmerzen Es findet sich zuerst eine schmutzig graubraunliche Hautverfarbung Hautkolorit Meistens besteht auch eine Anamie die initial durch Blutverluste uber den Magen Darm Trakt sowie durch eine Hamolyse und durch die Bildung von Methamoglobin und Sulfhamoglobin bedingt ist Eine renale Anamie findet sich meist erst spater Der Abgang von nekrotischen Papillenanteilen fuhrt zu Koliken mit Hamaturie und Harnstauungen in Form einer Hydronephrose oder einer Pyonephrose eitrige Hydronephrose Oft dominiert eine sekundare Pyelonephritis Die Analgetikanephropathie kann bis zur terminalen chronischen Niereninsuffizienz fuhren Zum Analgetikasyndrom bei der Phenacetinniere zahlen eine Progerie Untergewicht eine Zyanose eine Arteriosklerose eine arterielle Hypertonie Gastritiden Magenulzera Nierenbeckenentzundungen Nierenbeckentumore Uretertumore und eine Anamie 11 Als Spatkomplikation des Phenacetin Missbrauchs gilt das erhohte Risiko fur Urothelkarzinome es entwickeln etwa 10 Prozent der Patienten mit einer Analgetikanephropathie einen bosartigen Harnwegstumor 12 Diagnose BearbeitenAnamnestisch ist ein Gesamtverbrauch von uber 1000 g Phenacetin wegweisend Falls der Verdacht besteht dass der Patient einen Phenacetin Missbrauch verschweigt kann das Abbauprodukt Paracetamol im Urin bestimmt werden Herold Eine untere Grenze fur die Entwicklung einer Analgetikanephropathie scheint die tagliche Einnahme von einem Gramm Phenacetin uber ein bis drei Jahre zu sein oder eine Gesamtmenge von einem Kilogramm Phenacetin in Kombination mit anderen Analgetika In der Sonografie und der Computertomografie moglichst ohne Kontrastmittel finden sich im fortgeschrittenen Stadium verkleinerte Nieren mit unregelmassiger Kontur narbige Einziehungen der Nierenrinde uber den Markkegeln sowie auch schon in einem Fruhstadium Verkalkungen der Papillen und Papillennekrosen 13 Mit der verbesserten Multidetektor CT Urographie MDCTU ist eine sogenannte All in one Untersuchung moglich bei der auf eine Abdomenleeraufnahme ein Urogramm und eine Ultraschalldiagnostik verzichtet werden kann Im Urinbefund finden sich eine Leukozyturie meist ohne Bakteriurie falls nicht eine komplizierende Pyelonephritis vorliegt eventuell eine Erythrozyturie und eine geringe Proteinurie tubulare Proteinurie Differentialdiagnose Bearbeiten Differentialdiagnostisch ist an andere chronische tubulo interstitielle Nephritiden zu denken sowie an eine diabetische oder eine obstruktive Nephropathie chronisches postrenales Nierenversagen anderer Genese an eine Urogenital Tuberkulose oder an eine Sichelzellanamie Die Analgetikanephropathie wird durch korperfremde Gifte verursacht Die Uramie wird durch korpereigene Uramietoxine Uramiegifte und Nephrotoxine verursacht Therapie und Prognose BearbeitenDas Weglassen der auslosenden Noxe besonders Phenacetin ist der entscheidende Schritt in der Therapie Falls dies vor dem Entstehen einer hohergradigen Niereninsuffizienz gelingt kommt der Krankheitsprozess zum Stillstand In schweren Fallen ist an die Moglichkeiten der Nierenersatztherapie zu denken Die Behandlung einer sekundaren Pyelonephritis und von Harnwegsstauungen ist wichtig Die Alternativen einer medikamentosen Therapie der Niereninsuffizienz sind begrenzt Siehe auch BearbeitenNephrotoxin UramietoxinEinzelnachweise Bearbeiten The Merck Manual 20 Auflage Merck Sharp amp Dohme Kenilworth New Jersey 2018 ISBN 978 0 911910 42 1 S 2164 Ulrich Kuhlmann Joachim Bohler Friedrich C Luft Mark Dominik Alscher Ulrich Kunzendorf Hrsg Nephrologie 6 Auflage Georg Thieme Verlag Stuttgart New York 2015 ISBN 978 3 13 700206 2 S 519 523 Willibald Pschyrembel Klinisches Worterbuch 267 Auflage de Gruyter Verlag Berlin Boston 2017 ISBN 978 3 11 049497 6 S 80 Tinsley Randolph Harrison Harrisons Innere Medizin 19 Auflage Georg Thieme Verlag Stuttgart 2016 ISBN 978 3 88624 560 4 S 2290 f Michael J Mihatsch Bettina Khanlari und Felix Brunner Obituary to analgesic nephropathy an autopsy study In Nephrology Dialysis Transplantation 2006 21 S 3139 3145 Paul Michielsen In memoriam analgesic nephropathy circa 1972 2006 In Nephrology Dialysis Transplantation 2007 22 S 999 1001 Peter Reuter Springer Klinisches Worterbuch 1 Auflage Springer Verlag Heidelberg 2007 ISBN 978 3 540 34601 2 S 70 Gerd Herold 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